Ich mache aus meiner Abneigung Biskuitböden gegenüber keinen Hehl. Sicher, die Füllung ist bei einer Torte immens wichtig, aber der Teig sollte nicht außer Acht gelassen werden. Genau dies tut man, wenn man einen Biskuit benutzt. Biskuit ist Nichts gefüllt mit Luft und Zucker. Ein typisch französisches Gebäck eben.

Und weil das Zeilenende derzeit auf der Fedcon ist, reagiert es ggf. etwas lahmarschig, wünscht euch dennoch guten Appetit.

Warum, so könntet ihr berechtigterweise fragen, warum also, liebes Zeilenende, bäckst du dennoch Biskuit, wenn du ihn so verabscheust? Die Antwort ist einfach. Ich verabscheue ihn nicht. Ich mag ihn nur nicht so gern. Und das nicht einmal deshalb, weil es der vermeintlich schwierigste Teig in der Konditorei ist. Oder der Geschmackloseste. Brandteige finde ich sowohl schwieriger als auch geschmackloser. Dennoch ist Biskuitmasse gnadenlos überbewertet.

Ich beschäftige mich damit, weil man kennen sollte, worüber man urteilt. Deshalb backe ich mich durch meine Ausgabe von „Backen macht Freude“ mit der Widmung „Oma Zeilenende Muttertag 1993, Sohn und Schwägerin“. Die Rührteige habe ich erledigt, die Hefeteige habe ich erledigt, die Knetteige und Fettgebäcke habe ich beinahe erledigt, ebenso die Weihnachtsgebäcke. Es folgen noch einige Rezepte aus den Kapiteln Quark-Öl-Teig, Zwillingsteig, Brandteig, Strudelteig und Brotteig. Und mit diesem Rezept habe ich die Biskuitteige auch erledigt.

Es ist ein sehr lehrreiches Projekt, mit dem ich vor etwa zwei Jahren begonnen habe. Nicht in jeder Woche habe ich ein Rezept ausprobiert, aber das war und ist die Richtschnur. Manche Rezepte habe ich mehrfach gebacken, ein Rezept habe ich gestrichen (ich verstehe die Arbeitsschritte nicht und eine – in diesem Fall hilfreiche – Bebilderung gibt es nicht zu dem Rezept), mit jedem Rezept habe ich etwas übers Backen gelernt, über die Komposition von Rezepten und die Variationsmöglichkeiten sowie, dass der promovierte Pudding aus Bielefeld bei den Mengenangaben reichlich geizig ist. Ich habe mich über unausgewogene Hefeteige geärgert und gestaunt, welch Vielzahl an Rollen und Kränzen es gibt. Ich habe Klassiker gebacken und Dinge, die einmal Mode waren und mittlerweile zurecht vergessen.

Heute verabschieden wir uns vom Kapitel Biskuitteig, mit einem Rezept, das als erstes im Kapitel steht. Ihr benötigt für den Teig:

  • 2 Eier
  • 2-3EL heißes Wasser
  • 100g Zucker
  • 1 Päckchen Vanille-Zucker
  • 75g Mehl
  • 50g Speisestärke
  • 1 gestr. TL Backpulver
  • einen auf 170° Ober-/Unterhitze vorgeheizten Backofen

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Die Eier werden mit dem Wasser auf höchster Stufe verschlagen, bis es schäumt. Das kennt ihr mittlerweile, mit mir zusammen seid ihr ja Biskuit-Profis geworden. Auch die nächsten Arbeitsschritte werden euch nicht überraschen: Wir mischen die beiden Zuckersorten, lassen sie einrieseln und schlagen weiter, bis eine luftige, cremige Masse entsteht. Das Ganze dauert etwa fünf Minuten.

Als nächstes mischen wir Mehl, Speisestärke und Backpulver. Die Hälfte der Mischung sieben wir auf die Eischaum-Masse und heben sie vorsichtig unter. Mit einem Kochlöffel, in dessen Mitte ein Loch ist. Ich habe es euch bereits oft genug gesagt. Tut es so … oder anders. Dann hebt ihr die restliche Mehlmischung unter. Erneut mit dem besagten Kochlöffel … oder einem anderen aber baugleichen Kochlöffel … Oder? Genau! Anders. Streicht euer luftig-leichtes Gemisch in eine Springform und backt den Teig für etwa 20-30 Minuten.

Wenn ich von Springformen spreche, spreche ich üblicherweise von runden Springformen mit einem Durchmesser von 28cm. Das ist ein Standardmaß. Wenn ich andere Maße verwende, dies gelobe ich an dieser Stelle feierlich, informiere ich euch darüber. Und wenn ich sage, ihr sollt etwas in einer Springform backen, bedeutet das implizit, dass ihr gefälligst Backpapier über den Boden klemmt. Aber das wisst ihr ja … Ihr seid mit mir immerhin Profis geworden. Deshalb erwähne ich das mit dem Backpapier an dieser Stelle nicht. Ich spare mir auch den Hinweis, dass ihr den Boden zum Abkühlen auf ein Kuchengitter stürzen und das Backpapier abziehen solltet. Wie gesagt, ihr seid ja Profis.

Während euer Boden auskühlt, könnt ihr weitermachen und

  • 500g Erdbeeren

waschen, entstielen und halbieren. Wenn sie arg unterschiedlich groß sind, könnt ihr die großen Hälften noch einmal halbieren, damit sie kleiner werden … Oder nicht … Oder die kleinen Hälften wieder zusammenkleben, damit sie größer werden. Ich muss euch nichts vormachen, ihr wisst, wie der Hase läuft und dass es darauf ankommt, dass die Erdbeerschicht am Ende gleichmäßig hoch ist.

Wenn euer Boden abgekühlt ist, halbiert ihr ihn … horizontal … nicht vertikal. Noch so eine überflüssige Bemerkung. Ihr merkt, ich bin schwermütig, weil unsere Biskuitbäckerei bald endet.

Unsere Torte besteht aus zwei Füllungen. Die erste sieht außerirdisch gelb aus und würde jeden BVB-Fan begeistern. Mich begeistert sie nicht, weil das Gelb durch exzessiven Pulvereinsatz entstand. Und durch ein Missverständnis:

  • 3 Päckchen Saucenpulver Vanille-Geschmack (für 250ml Milch, ohne kochen)
  • 25g Zucker
  • 250ml Milch

Im Rezept stand, man solle ein Päckchen nehmen und die Sauce „nach Anleitung, aber nur mit 250ml Milch“ zubereiten. Ihr ahnt es: Hier war eine größere Menge gefordert … Wahrscheinlich war sogar ein Pudding gemeint, den man kochen sollte, mit dem berühmten Puddingpulver, für das der Bielefelder seine Promotion bekommen hat, glaube ich. Meine Päckchen waren aber für 250ml Milch ausgelegt. Die Masse war flüssig. Ebenso nach einem zweiten Päckchen … Und nach einem dritten Päckchen war die Masse endlich streichfähig und so gelb wie Wolfgang Kubicki, wenn er bei Gegenwind in die Nordsee schifft.

Verteilt dieses strahlende Ergebnis der modernen Chemie auf dem unteren Boden und legt die Erdbeeren darauf. drückt sie dabei leicht an. Denkt daran, es soll ein möglichst ebenes Produkt am Ende stehen.

  • 2 schwach gehäufte TL gemahlene Gelatine
  • 3EL kaltes Wasser
  • 500g Schlagsahne

Eine Erdbeer-Sahne-Torte ohne Sahne ist wie eine Blaubeertorte ohne Blaubeeren, ein Hundekuchen ohne Hund und Dosen-Ravioli ohne gehackten Kuheuter: Betrug. Deshalb verrühren wir die Gelatine mit dem Wasser, lassen alles etwa 10 Minuten quellen. Dann schlagen wir die Sahne so gut wie steif und erwärmen die Gelatine vorsichtig und unter Rühren in einem Topf, bis sie sich wieder gelöst hat. Wir geben die flüssige Gelatine unter weiterem Sahneschlagen zu selbiger und verteilen etwa drei Viertel der besonders standhafte Masse auf den Erdbeeren.

Ich hoffe, niemand ist enttäuscht, weil er bei den Erdbeeren mit der Mikrometerschraube nachgeprüft hat, ob sie alle die gleiche Höhe haben. Ihr seid ja Profis und wisst, dass ihr Unebenheiten eigentlich immer mit einer Creme ausgleichen könnt.

Wir legen nun den oberen Tortenboden auf die Sahnemasse und drücken ihn vorsichtig fest. Und zwar so, dass er Parallel zum Tisch liegt, die Torte also ein geometrisches Schmuckstück ist. Dann kleiden wir sie auch oben und an den Seiten mit Sahne ein. Ich mache das mehr schlecht als ihr, denn ihr seid ja auch im Verzieren Profis geworden und macht es recht.

Wer mag, kann die Torte noch mit Erdbeeren, Mandelhobeln, Sahnetuffs, Glitzerstaub und so nem Mädchenkram verzieren. Ich bin ein Mann. Die einzige Deko, die ich kenne, ist das Öl, mit dem ich den Calendario Romano in meinem Werkzeugspind verschmiert habe, als ich die Monatsseite umgeblättert habe.

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38 Kommentare zu „Der letzte Biskuit? Erdbeer-Sahne-Torte

  1. Kuheuter!!! Wenn man Backanfänger ist, finde ich die Doktor Bielefeld Bücher ganz in Ordnung, weil sie recht anschaulich erklärt sind. Mich hat aber irgendwann die exzessive Vermarktung der Produkte gestört, deswegen gucke ich in die neueren Bücher maximal wegen der Bilder rein und hole mir Anregungen. Die älteren Bücher (ich spreche von denen meiner Mutter aus den 70ern) haben so grausame Bilder, dass ich die Bücher zwar aus historischer Sicht interessant finde aber im Leben nicht daraus kochen oder backen möchte.Da gibt es andere alte Bücher, die mir sympathischere Rezepte haben 🙂

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    1. Die neueren Bücher taugen auch nur bedingt. Gerade die Reihe XY von A bis Z finde ich von den Rezepten her einfallslos und dabei noch schlecht zu handhaben. Da wird ein Rezept 20x variiert und das war es.

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      1. Auf jeden Fall. Für dich ja auch, du hattest ja hinterher eine bestimmt leckere Torte. Ich verachte ja Erdbeeren, deshalb wäre sie mir nicht ins Haus gekommen. Aber das ist ja mein persönliches Problem…

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  2. Dieser seltsame Biskuit-Schwamm ist ja in der Regel auch nicht so meins. Vielleicht ist der einfach deshalb beliebt, weil die Luftigkeit irgendwie Kalorienarmut vorgaukelt. 😉 Aber für Erdbeer-Sahne-Torte verzeihe ich (zumindest teigtechnisch) fast alles.
    Apropos mit Sahne einkleiden: Ich mag es, wenn man die Handarbeit deutlich erkennen kann und es nicht zu ‚automatig’ ausschaut.
    Apropos verzieren. Schau doch mal hier rein: https://leselebenszeichen.wordpress.com/2016/05/12/koestliche-blueten/

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    1. Blütenblätter. Am Besten noch selbst kandiert. Bin ich denn Sisi?! ^^
      Das mit den Kalorien habe ich schon fast vermutet … Wobei Biskuit da tatsächlich „harmlos“ ist, weil er ohne Fett auskommt, wenig Mehl braucht und auch der Zucker reduziert werden kann. Aber wer kalorienarm essen will, lässt am Besten die Finger vom Kuchen. Oder isst nur Kuchen. 😉

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      1. Ja, sorry. Da wusste ich das mit dem Gänseblümchen ja noch nicht. 😉
        Mir sind die Kalorien ja schnuppe. Mein inneres Höllenfeuer verbrennt alles ruck, zuck. 😉 Dennoch bin ich bei der Auswahl von Süßkram sehr…eigen.

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  3. Biskuit wird definitiv überbewertet. Erdbeeren allein würden doch völlig ausreichen. Meinetwegen darf auch etwas Sahne hinzu. Aber mehr muss wirklich nicht sein 🙂

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  4. Mhhhh… das sieht ja köstlich aus! 🙂 wirklich köstlich!
    Ich würde mich super doll freuen, wenn du bei mir vorbei schauen würdest! 🙂
    Liebe Grüße Carla! 🙂

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    1. Eine Schülerin mit Kochblog. Da schaue ich doch gern regelmäßig vorbei.
      Als Neuankömmling für dich mein Hinweis: Jeden Freitag gibt es bei mir ein Rezept, Donnerstags eine Medienbesprechung, Dienstags Philosophie oder Literatur … und den Rest der Woche, was mir so einfällt, immer mit dem Versuch, lehrreich und/oder lustig zu sein. Ich hoffe, wir lesen uns wieder. 🙂

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    1. Besteh deine Führerscheinprüfung, komm vorbei und bring einen SciFi-Film mit. Dann essen wir Torte, gucken Film und bloggen anschließend über beides. Und zum krönenden Abschluss grillen wir eine Funktionenschar. 😁

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      1. Mach ich! Unterwegs muss ich aber noch die singende Lehrerin aufgabeln, ok? 🙂

        Du sollst die Funktionenschar nicht grillen sondern differenzieren! 😉 XD
        Da werf ich doch lieber ne gute Wurst aufn Rost. 😛

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  5. Es sieht wirklich lecker aus. Biskuit ist nun nicht unbedingt meins, aber es geht schnell und ist eigentlich sehr einfach, vielleicht ist er deshalb so beliebt? Möglich. Nur würde ich ja eher eine selbstgemachte Vanillecreme, eventuell auf Mascarponebasis, bevorzugen, geauso einfach wie das anrühren von Pudding und so lecker 😉
    Liebe Grüße Luna

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    1. Ganz meine Meinung. Wenn schon Kalorien, dann richtig. 😁 Bei den Erdbeeren hätte ich aber Angst, dass die Mascarpone sie erschlägt. Ich würde dann doch eher Schmant nehmen (der verträgt sich mit Erdbeeren und Vanille erstaunlich gut)

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  6. Sieht wieder einmal äußerst lecker aus und Biskuit mag ich eh besonders gern, wahrscheinlich, weil er so leicht zu sein scheint. Da hat man zumindest das Gefühl, er hat so gar keine Kalorien 😉
    Liebe Grüße und hab ein schönes Pfingstfest wünscht die Silberdistel

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    1. Ich hatte wunderbare Pfingsttage, der Bericht folgt irgendwann noch. Biskuit ist in der Tat leicht, er lädt dann aber auch dazu ein, die ebenfalls sehr leichte,weil geschlagene Sahne, sehr dick … Wir wissen wo das endet.
      Aber egal. Kuchen ist Grundnahrungsmittel und wenn man auf Marie Antoinette gehört hätte, wäre es nie zur französischen Revolution gekommen. 😉

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