Das mit dem Blogging ist eine herrlich unscharfe Sache. Es gibt keinen Druck, einen Beitrag zu veröffentlichen. Wenn uns ein Thema anspringt, denken wir uns: „Darüber könnte ich schreiben.“ Und wenn wir Zeit haben, setzen wir uns hin und schreiben das Thema nieder. So weit die Theorie.

In der Praxis sieht das nicht mehr so einfach aus. Auf der Hand liegt das Problem Zeit: Da ist der Alltag mit seinen beruflichen und privaten Anforderungen. Arbeiten gehen, das soziale Leben (Freunde, Familie) und das übrige Freizeitleben (Vereine) okkupieren unsere Zeit. Das gelingt ihnen durch die institutionelle Verantwortung, die wir übernommen haben. Arbeit ist notwendig, wenn man Geld verdienen und einen gewissen Lebensstandard sichern möchte. Familie ist etwas, das wir zum Zwecke der Genweitergabe mehr oder weniger bewusst hergestellt und uns entschieden haben, zukünftig einen großen Teil der Freizeit mit der Brutpflege zu verbringen. Und Vereinen treten wir aus Neigung bei, geben durch ihre Proben, Trainings und Veranstaltungen vor, wann wir dem dahinter stehenden Hobby Zeit widmen. Selbst wenn wir die Zeit einigermaßen frei einteilen können, ergibt sich daraus ein durchgeplanter Alltag, wie solera für die Schulferien angedeutet hat.

 

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Bloggertyp 1: Der Alltag ist ein inspirierender, aber beschwerlicher Weg. Am Ende des Tages fehlt die Kraft, die Eindrücke zu verarbeiten.

 

Das Blogging, wie alle Hobbys, die wir allein pflegen (Photographie, lesen, Handarbeiten, …) sind zeitlich flexibel, werden in einem durchstrukturierten Tag aber auch leicht an die Wand gedrängt. Die Verpflichtung zum Sport zu gehen, ist auf Grund vorgegebener Trainingszeiten verbindlicher als die Verpflichtung einen neuen Blogbeitrag zu schreiben. Und so landet das vorgenommene Thema im Unterbewusstsein. Oder im Vergessen.

Umgekehrt, wenn es viel Zeit fürs Blogging gibt, fehlt manchmal die Inspiration für einen Beitrag. Urlaub: Keine Arbeit, die Anlass für eine Geschichte über einen netten Kunden- oder grässlichen Kollegenkontakt bietet, keine Anekdote über das Meistern einer komplizierten Turnübung, die Kinder im Ferienlager, sodass man nicht stolz das neueste Meisterwerk des Dadaismus vorzeigen kann. Dann sitzt man vor seinem PC und verspürt den Horror vacui. Womöglich fällt einem beim Abspülen etwas ein, aber der Gedanke war so flüchtig, dass er sofort wieder verschwindet, weil er keinen Halt an der Wirklichkeit gefunden hat, Motto: „Ich könnte einmal über die Reform des Urheberrechts schreiben … Aber was weiß ich schon vom Urhe …. Wer hat denn die Milch im Topf anbrennen lassen?!“

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Bloggertyp 2: Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Aber selten.

Auch dazwischen sieht es nicht besser aus. Ein wohlstrukturierter Alltag inklusive einem Blogging-Alltag, öffnet zwar Räume: „Oh, es ist Donnerstag, da veröffentlichen wir was aus meinem reichen Film-, Serien- und Bücherfundus.“ Das hilft aber nur, wenn man ein themenspezifisches Blog betreibt. Da sind noch sechs andere Tage, an denen man etwas veröffentlichen könnte. Aber: „Will ich schon wieder eine Geschichte über Bewerbungen schreiben? Ich könnte ja was zu diesem besonders netten Absageschreiben verfassen:“

leider ist dies keine Einladung. Wir können es gut verstehen, wenn Sie
jetzt enttäuscht sind – enttäuscht auch darüber, dass wir uns „nicht
einmal Zeit für ein Gespräch genommen haben“.

Auch wenn wir manches anders machen als andere Unternehmen, gilt eines
für uns leider gleichermaßen – es fehlt uns einfach die Zeit, um alle
Bewerberinnen und Bewerber zu einem persönlichen Gespräch einzuladen.

Problem Monothematismus: Zur Bewerbungssache hat man schon so einiges geschrieben. Und wenn man schon acht Stunden in die Sichtung von Anzeigen und das Verfassen von Anschreiben verschwendet hat, wer möchte da noch einen Beitrag schreiben?

 

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Bloggertyp 3: Thematisch vor die Wand gelaufen.

 

Blogging ist so gesehen ein Ding der Unmöglichkeit:

Der Alltag bietet so zahllose Inspirationen, dass man keine Zeit mehr hat, die Inspirationen umzusetzen. Diejenigen von uns, die mit Zetteln oder Planern arbeiten, können sich an einer reichen Ideensammlung freuen, die beständig wächst, aber nie abgearbeitet wird. Fazit: Alle drei Wochen ein Blogartikel, sodass man glaubt, der Blog sei inaktiv.

Der Alltag bietet so wenige Inspirationen, dass einem keine Themen einfallen oder neue Themen sofort wieder verschwinden. Man kann sich mit Blogparaden über Wasser halten, aber dafür fällt einem doch auch meist nichts Neues mehr ein. Fazit: Alle drei Monate ein Blogartikel, sodass man sicher sein kann, der Blog sei inaktiv.

Der Alltag ist zermürbend, bietet aber immerhin Zeit, regelmäßig etwas zu schreiben. Fazit: Über drei Wochen täglich der gleiche Blogartikel in anderen Formulierungen, sodass man denkt, der Blog werde von einem Bot betrieben.

 

Bloggingrealität schlägt Blogginglogik: Am Ende der Woche hat doch jedes Blog mindestens einen neuen Beitrag, das ein neues Thema oder ein altes Thema in interessanter neuer Variation behandelt. Der Blogger als Zauberer?

Eigentlich ein Wunder.

23 Kommentare zu „Das Wunder des Bloggens

  1. Absolut korrekt. Manchmal wünsche ich mir, Ich könnte mich klönen, um wenigstens ein bisschen was von der Liste in meinem Kopf abarbeiten zu können. Tu ich das eine, bleibt keine (oder weniger Zeit) für was anderes. Aber trotzdem: mir ist es so lieber, als dass ich da sitzen würde und nix mit meiner Zeit anzufangen wüsste. Es kann zwar beides frustrierend sein, aber -in diesem Fall- Lieber zuviel als zu wenig.

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    1. Die Liste auf Papier bannen … Das räumt Arbeitsspeicher im Kopf frei. *gg* Ansonsten: Von Herzen ja, lieber zu viel als zu wenig. Untätigkeit ist zumindest für mich die Hölle auf Erden. Wie gut, dass ich einen Blog habe. ^^

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    1. Themenblogs sind noch einmal eine besondere Herausforderung, sagen wir es so. Für mich absolut nichts, habe ich ausprobiert und sein gelassen. Weil es mir zu anstrengend war, meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden.
      Und wer ein Haus baut und nebenbei bloggt, ist nicht nur Zauberer, sondern trägt auch den Orden des Merlin 1. Klasse. 😉

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  2. Die Herangehensweise ist genau so vielfältig und bunt wie die Welt des Bloggens….ich denke man kann keine klare Linie ziehen, da es immer wieder Unterschiede in der Tagesform als auch im Zeitfenster gibt….

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    1. Klar, deshalb ist das, was ich schreibe, auch nur ein Ausschnitt. Das eigentlich schöne am Blogging ist ja, dass es absolut frei ist. Es bleibt immer so viel ungesagt … Ich mache das mit Absicht, damit ich irgendwann auch noch über Themenblogging und so schreiben kann. *gg*

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  3. Ich wäre gerne Schreiber – beim NaNoWriMo hab ich gelernt, wie an sich jeden Tag hinsetzt und schreibt. Sobald ich sitze, schreibe ich mehr als einen Beitrag und ich sitze fast täglich.
    Mein Problem ist anders: ich lass mich irgendwann ablenken. Dann geht die Luft aus und ich spiele lieber Match 3 Spiele oder gehe schwimmen (evtl. spiele ich auch mal mehr mit den Kindern 😉 ).
    Oder ich fahr die Handlung gegen die Wand, weil ich sie nicht vorher geplant habe. Nach nem Jahr ist dann sowieso die Luft raus. Mal sehen, wie lang mein Atem diesmal ist… 😉
    Zum Bloggen gehört übrigens auch das Lesen von anderen Blogs. Selbst da lasse ich mich ablenken. Scheiß Match 3 Spiele! Und wenn es die nicht gäbe würde ich Angry Birds zocken.

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    1. Bah, der rote Faden. Ich hasse ihn. Ich habe nie einen. Der Blogbeitrag heute sollte eigentlich auch was ganz anderes sagen. Ich wollte jammern, dass ich keine Zeit habe, Blogbeiträge zu schreiben. ^^
      Das Lesen gehört auch unbedingt dazu, halte ich sogar fast für noch wichtiger als das Schreiben … Oder … Ach … Ich glaub ich schreib ein Buch übers Blogging. Aber erst muss ich was backen. 😉

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  4. Ich finde es eigentlich echt cool, wenn man, wie bei dir, jeden Tag zu einem bestimmten Thema was erwarten kann. Ich schreibe mehr oder weniger durcheinander, was mir gerade so in den Sinn kommt und halte mich da nicht groß an Strukturen. Eine Liste gibt es zwar, mit Ideen und Dingen, die ich sowieso schon mal gebacken oder gekocht oder fotografiert habe, aber da kann mir was spontan Dahergelaufenes auch schnell einen Strich durch den Plan machen. Die Tatsache, wenig zu schlafen, hilft übrigens, alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Grundsätzlich ist aber der Blog das Erste, was hintenüber fallen würde, wenn andere Teile des Lebens drohen, zu kurz zu kommen.

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    1. Ja, die Grobstruktur hilft in der Tat beim Bloggen. Drei Tage sind thematisch vorgegeben (Di, Do, Fr), der Sonntag mausert sich zu einem „Zeilenende denkt übers Blogging nach“-Tag (und hat dafür schon eine eigene Kategorie angelegt). Alles andere funktioniert bei mir aber unsortiert. Ich wähle einfach die ältesten Beiträge von der Halde und gucke, ob sie „reif“ sind. Deshalb lassen sich dein und mein Blog auch nur begrenzt vergleichen: Du hast ja einen thematischen Fokus … Ich habe auch einen, aber der heißt „Zeilenende“ … Und der hat momentan viel zu viel Zeit.

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  5. Es ist wirklich ein Wunder, dass sich am Ende die Zeit für die Produktivität noch findet.
    So gerne ich schreibe – an manchen Tagen artet es in Stress aus. Ich persönlich versuche dem zu entgehen indem ich mich am Ende immer für das offline Leben entscheide. Für einen Blogeintrag sage ich nichts ab. Aber es fällt mir schwer. Man will sein Baby am Leben erhalten, will Bücher lesen und will auch mal einen Abend lang nichts tun.
    Deine Produktivität ist bewundernswert. Noch mehr, dass ich noch nie das Gefühl hatte, hier wurde etwas gepostet, nur damit etwas da steht. Gerade bei einem Blog mit so viel Text ist das toll. Also jammere ruhig ein bisschen – es ist berechtigt und ich mache solidarisch und aus eigener Erfahrung mit.

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    1. Ich bin zeitlich auch privilegiert und viele Worte fallen mir leichter als wenige. Von daher ist es nur halb so spektakulär, wie es scheint. Ich ziehe da lieber meinen Hut vor Bloggern der Kategorie 1, während ich mich dabei ertappe, gelegentlich auf den Spuren der Kategorie 3 zu wandeln.
      Das wäre glatt ein Grund zum Jammern. Aber auf entschieden zu hohem Niveau. Und das ist die schönste Jammerei, da hast du so recht. 🙂

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  6. Was du hier so facettenreich über das Bloggen schreibst, hat in verschiedener Hinsicht stark mit der Thematik der Freiheit zu tun. Die meisten Menschen wünschen zwar theoretisch maximale Freiheit, sind aber in der Praxis dennoch heilfroh wenn sie möglichst geregelte Strukturen vorfinden.
    Thematische Freiheit. Ein ganzer Strauß an Themen böte sich an. Und im Taumel des Hinundhergerissenseins bleibt es leicht beim Vielleicht.
    Oder die zeitliche Freiheit. Heute noch? Oder vielleicht doch besser erst morgen? Und Ausreden gibt es auch ohne Ende (manchmal sogar richtig gute).
    Von daher ist es echt ein Wunder, was immer wieder aus den diversen Blog-Hüten gezaubert wird. Und bei dieser Gelegenheit auch mal ein herzliches Dankeschön an dich für deine bezaubernden Zaubereien. 🙂

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    1. Ah, Freiheit. Ja. Freiheit von allein genügt nicht (wenn es sie überhaupt gibt). Die interessante Freiheit ist erst die Freiheit zu, das Nutzen gegebener Spielräume, die durch Grenzen eingehegt sind. Deshalb halte ich es gelegentlich für segensreich, sich auch zum Bloggen zu zwingen. Die Möglichkeiten auf eine Wirklichkeit festzulegen.
      Und jetzt gehe ich mal so rot werden wie mein Pullover. Ich bin nur ein kleiner Taschenspieler, höchstens ein gewiefter Illusionist.

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      1. Freiheit (wie ich sie sehe) ist letztlich eine Art theoretischer Wert, den es praktisch zu investieren gilt. Also Teile der Freiheit gegen ein sinnvolles „zu…“ eintauschen. Seltsamerweise ist es ähnlich wie mit Geld. Man hat erst etwas davon, wenn man es nicht mehr hat. Wer es horten will handelt auf andere Weise ähnlich dumm wie diejenigen, die es sinnlos verprassen.
        Partnerlook mit dem Pullover? Warum nicht, zur Abwechslung? 🙂
        Gewiefter Illusionist ist ja perfekt. Die nüchterne Wirklichkeit ist ja eh oft nur mit einem kunstvollen Firnis der Illusion genießbar.

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  7. Also, als Betreiber eines themenspezifischen Blogs fühle ich mich genötigt, darauf hinzuweisen, dass auch da nicht alles Gold ist, was glänzt!

    So sorgt zum Beispiel die Situation „Ich hab das Buch gelesen und könnte jetzt drüber schreiben, hab aber gerade überhaupt keinen Bock dazu“ durchaus für so etwas wie Druck! Vor allem, wenn man auf seiner Seite behauptet hat, man würde ein bis zwei Beiträge pro Woche schreiben!

    Und was noch viel schlimmer ist: Man bekommt bei einem themenspezifischen Blog leider oft gar nicht die Möglichkeit, sich mit tagesaktuellen Dingen zu befassen! Ich denke seit letztem Sonntag darüber nach, Blog zwei zu eröffnen, um mich wegen so etwas wie der Landtagswahlen auskotzen zu können! 😉

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  8. „bloggen muss…“ ist das absolute noGo. Das trifft für Leute zu, die mit Blogs Geld verdienen (wollen).
    wir machen das zum Spaß und das Reallife hat immer vorrang. Es ist also kein Problem, wenn mal keine Beiträge kommen. Je weniger man sich einen Kopf darum macht, desto schöner ist bloggen 😀

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