Aus der losen Reihe „Zeilenende auf Jobsuche“ gibt es Weiteres zu berichten. Darunter vor Allem: Zeilenende steckt eine Absage gut weg und Zeilenende auf dem Amt.

Bangen, hoffen, warten. Ein Vorstellungsgespräch, eine Reise nach München, ein gutes Gefühl. Dann die Zeit des Abwartens: Erzähle ich jemandem davon? Wie viel erzähle ich? Spreche ich mit meiner Chefin darüber, dass die Option Vertragsauflösung bald Realität werden könnte?

Ich habe mich fürs Erzählen entschieden. Zumindest ein paar dieser neugierigen Menschen, die von meiner Jobsuche wissen und mich mit ihrer Neugierde bis zum Sport verfolgen. Die mit mir bangen und hoffen, weil sie mir den Erfolg gönnen. Weil sie Dinge von mir wissen, die in einem Bewerbungsgespräch nichts verloren haben aber der Beweis für Wille, Hartnäckigkeit und Ausdauer sind, einige dieser ominösen Soft Skills, die man besitzen sollte. Menschen, denen ich etwas bedeute, denen ich manchmal als Vorbild diene. Ja, keine Rolle in der ich mich wohlfühle, aber sich dagegen wehren macht es nicht leichter.

Seien wir ehrlich, es war eine höllische Zeit. Das Vorstellungsgespräch Ende November, eine Zusage womöglich eine Woche danach, wenn es gut läuft. Ich habe nachgefragt und wurde vertröstet. Man kennt das: Je mehr Menschen und Gremien mitreden dürfen, desto länger dauert die Entscheidung. Auch mit der Chefin habe ich gesprochen, einfach um sicherzugehen, dass meine Arbeit weitergeht, wenn ich weg bin. Dann: Warten.

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Und so saß Zeilenende unterm Baum, Vorfreude überlagerte Weihnachtsfreude überlagerte Anspannung, mischte sich zu einem Brei und klebte ihn unter dem Baum fest.

Kurz vor Weihnachten eine Mail an die zuständigen Menschen, eine kleine Erinnerung, dass ich noch da bin, getarnt als Weihnachtsgruß. Aber die Empfangsperson weilte schon im Urlaub. Bangen, hoffen, warten. Vielleicht auch deshalb ein schönes Weihnachtsfest, aber sicher nicht das Schönste. Aber es versöhnt einen mit der Absage. Ganz formell per Brief, in der zweiten Woche des neuen Jahres. Gründe verrät man auch auf Nachfrage aus Prinzip nicht. Kann ich verstehen. Bleibt der ausgesprochene Trost: Wir hatten viele Bewerbungen, die meisten haben es nicht mal zum Gespräch geschafft.

Überall enttäuschte Gesichter, die andere Chefin läuft wieder zu Hochform auf und sucht selbst Stellenangebote, die ich schon kenne, zapft Kontakte an. Der einzige, der nicht enttäuscht ist, bin ich. Ja, ich hätte den Job gern gehabt, nein: Ich wollte den Job unbedingt haben. Pfeif auf die Bezahlung und die Befristung, Stadt und Stelle wären super gewesen. Aber das lange Warten hat sich gelohnt: Ich war schon viel zu ernüchtert, um enttäuscht zu sein. Und war vorbereitet, feuerte eine neue Batterie Bewerbungen in die Welt, um abzuwarten.

Und um initiativ zu werden. Unterlagen neu sortiert, kritisch jede Qualifikation noch einmal abgeklopft und mich an Erlerntes erinnert, das vorzüglich als Soft Skill durchgeht. Lebenslauf verschönert, ein paar neue Formulierungen geübt. Termin mit dem Jobcenter vereinbart. Die hat vor allem interessiert, ob ich arbeitslos oder -suchend bin.

Nein, wirklich helfen könne man mir nicht, meinen Verzicht auf ALG I fanden sie komisch. Wäre aber kompliziert, brauchen tue ich es nicht, also verzichte ich von vorneherein. Ich will einfach nur ein wenig Hilfe. Mal ein Feedback jenseits von

Wir haben uns sehr über die Vielzahl qualifizierter Bewerbungen gefreut; auch die Darstellung Ihrer vielseitigen Qualifikationen und Erfahrungen haben wir mit großem Interesse gelesen. Jedoch entsprechen einige Profile der anderen Bewerber und Bewerberinnen unserem spezifischen Anforderungsprofil noch genauer.

zu bekommen. Das ist so nichtssagend wie unwürdig. Lasst den Satz weg, der hilft den Bewerbern auch nicht weiter.

Stellen, ja. So wirklich was hätten sie nicht. Keine spezifischen Erfahrungen oder Tipps für die Vermittlung von Geisteswissenschaftlern. Mit älteren Arbeitssuchenden gehe man einfach alle drei Wochen die Angebote durch, aber die könne man sich auch daheim in der Jobbörse ansehen. Die kenne ich schon zur Genüge. Ebenso Stepstone, Monster, FAZ, SZ, ZEIT, Meta-Suchmaschinen und branchenspezifische Portale. Mein Jobcenter war positiv überrascht. Aber – nichts zu Fortbildungsmaßnahmen, keine Idee, was ich alternativ versuchen könnte. Suchen kann ich selber, fürs Jobcenter ruhe ich jetzt.

Positiv gewendet: Ich tue alles, was ich kann. Zumindest dahingehend konnte man mich beruhigen. Die Lage ist kompliziert, ich bin bei Weitem nicht der Einzige mit meinem Profil, der auf der Suche ist. Nach einer großen Entlassungswelle im Herbst tue sich auf dem Markt nicht viel, er habe regelmäßig Menschen mit längerer Berufserfahrung und höherer Qualifikation da, die noch mehr Bewerbungen geschrieben haben als ich. Und ähnlich frustrierende Erfahrungen machen müssten. Und nein, an den Unterlagen liegt es auch nicht. Der Lebenslauf sei super, strukturiert, übersichtlich, aussagekräftig. Und die Anschreiben seien auch gelungen, nicht 08/15, keine Schnitzer.

Und so verlasse ich das Amt, mit nichts als zwei Stellenanzeigen unter dem Arm, aber immerhin lächelnd. Denn immerhin liegt es nicht an mir. Das ist viel wert. Das motiviert. Bewerbungscounter +4.

32 Kommentare zu „Absagen und Jobcenter

  1. Ja, die Jobsuche. Ich schaue mich aktuell ja auch regelmäßig um und manchmal frage ich mich, ob die Firmen, die Stellen ausschreiben, wirklich jemanden suchen (oder „wen“ sie suchen), denn da kommen die Standard-Absagen, wie die von dir zitierte und 2 Monate später ist die Anzeige immer noch aktiv. War dann wohl doch nichts, mit den „noch genauer entsprechenden Bewerbern“.
    Dass keine Gründe genannt werden (obwohl es für einen selbst durchaus hilfreich sein könnte, sie zu kennen), ist wohl eine Folge des Anti-Diskriminierungswahns. Einerseits zwar verständlich, andererseits kommt man als Bewerber somit aber auch nicht weiter.

    Aber was soll’s. Du bist motiviert und zuversichtlich. Darauf kommt es an und den richtigen Job wirst du daher sicherlich finden. Also, weiterhin viel Erfolg bei deiner Suche!

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    1. Ich will ja noch nicht einmal ein Feedback, warum es nichts geworden ist, zumindest nicht, wenn ich schon auf mein Anschreiben eine Absage bekomme. Aber ich will diesen blöden Satz nicht lesen. Dann lieber ein simples „leider haben wir uns nicht für sie entschieden“. Alles andere ist heiße Luft, die zumindest mich nicht interessiert.
      Und weil ich so unglaublich motiviert bin, geh ich heute Nachmittag noch ein paar Bewerbungen schreiben. *gg*

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  2. Tja, die Damen und Herren vom Jobcenter, darüber könnte ich Romane schreiben. 😉 Während meiner letzten Arbeitslosigkeit haben die mich von einer „Fortbildung“ in die nächste geschickt. Die hatten teilweise „gelbe Bilder malen“ oder „Arbeiten mit Speckstein“ zum Inhalt. Nicht gerade befriedigend…

    Aber Kopf hoch, früher oder später gibt es ein Erfolgserlebnis!

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      1. Wenn man, wie ich, handwerklich vollkommen untalentiert ist und auch keinerlei Begeisterung für jegliche handwerklichen Tätigkeiten aufbringen kann, dann klingt das nicht mehr so toll! 😉

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        1. Ich hab das mal als Vierjähriger gemacht, ich wette, meine Resultate sähen heute nicht besser aus. Du bist nicht allein, dennoch: Man wächst an seinen Herausforderungen und der Speckstein schrumpft daran. 😉

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      2. Oh Gott, das schoss mir auch direkt durch den Kopf…“Arbeiten mit Speckstein. Gar nicht mal schlecht!“ Ich glaube wir müssen in Behandlung.

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    1. Bund.de habe ich auch, da habe ich mir den Newsletter abonniert. Und den von Interamt. Ich lass ja nix unversucht. Dennoch danke für den Tipp, manchmal übersieht man das Offensichtliche. So ging es mir mit der Jobbörse der BA. Die mochte ich anfangs überhaupt nicht.

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  3. Klingt wirklich frustrierend. :/ Und unverständlich. Allein dein Schreibstil zeugt von einem wachen Geist, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Qualifikationen vorweisen kann. Und dazu bist du motiviert und zielstrebig. Viel Erfolg, wirst bestimmt deinen gewünschten Job finden! 🙂

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    1. Ich hab so viele Qualifikationen, dass eine Seite Bewerbungsschreiben kaum ausreicht. Das Doofe ist, dass es dafür so wenig Belege gibt. *g* Ich habe zum Thema EDV-Kenntnisse schonmal überlegt, im Lebenslauf zu schreiben: „Ich hatte meinen ersten PC mit 10 Jahren, was denken Sie?“ … Danke für den Zuspruch. 🙂

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      1. Ich glaube, wenn man es schafft, zu den Servern von Facebook oder Google Zutritt zu verschaffen, hat man seine Qualifikationen bewiesen und wird dort sofort eingestellt. 😀 Das wäre aber wohl zu viel verlangt.
        Das ist der Nachteil eines Autodidakten, man kann sich kein Zeugnis ausstellen. Zumindest keins, das anerkannt wird. 😀

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  4. Jobcenter ist eine Welt für sich.
    Ich kenne niemanden, der je einen Job dadurch bekommen hat, bestenfalls bei einer Zeitarbeitsfirma, was für mich moderne Sklavenhaltung bedeutet.
    Erzähl es einfach überall herum, dass du auf der Suche bist, das hat evt. die besten Chancen.
    In welchem Bereich suchst du denn?

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    1. Ich suche … Ach … Irgendwas … Es ist mir mittlerweile ziemlich egal. Wobei „egal“ falsch ist. Auf Platz 1 steht nach wie vor ein Bibliotheksjob, aber trotz Erfahrung in dem Bereich stört die Entscheider, dass ich das entsprechende Studium nicht habe.
      Auf Platz 2 folgt alles andere, was mit Informationsmanagement zu tun hat, also Dokumentation, technische Redaktion, …
      Dahinter wird es dann beliebig, die klassischen „Irgendwas mit Medien“- und Marketing-Sachen, Assistenz-Stellen, ich bewerbe mich auch artig bei der Bundesagentur für Arbeit (^^)
      Mir gehts weniger um den konkreten Job, mir geht es mehr drum, was zu finden, wo ich was „machen“ kann, wo nicht zwangsläufig feststeht, was nächste Woche ansteht. Kurz: Stellen mit Verantwortungsperspektive und „Abwechslung“. Inhaltlich fühle ich mich tendentiell ja in der Kultur-, Sozial- oder Medizinecke ganz wohl, aber ich blicke gern über den Tellerrand.
      Letztlich bewerbe ich mich auf alles, wo ich ins Profil passe, ich suche meinen Job eher nach Ausschlusskriterien:
      -keine Zeitarbeit und keine privaten Arbeitsvermittler
      -keine Befristung unter 12 Monate
      -keine reinen sozialpädagogischen Betreuungsjobs (egal ob Alten-, Kinder- oder Flüchtlingsbetreuung … Das ist einfach absolut nicht meins)

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      1. Da müsste doch was zu finden sein.
        Was auch eine Möglichkeit ist, zugegeben eine kleine, aber manchmal klappt es, dass du umsonst arbeitest, also deine Arbeitskraft vorerst unentgeltlich zur Verfügung stellst. Wenn sie dann sehen, dass du was kannst, dann wollen sie dich vielleicht behalten.
        Bei meinem Großneffen hat es geklappt, er hat acht Wochen umsonst in seinem Traum-PC-Laden gearbeitet, jetzt ist er seit einem Jahr fest angestellt. Muß nicht immer klappen, aber es KANN klappen.

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  5. Ja, Arbeitssuche kostet meist Zeit und Nerven. Aber wenn du weiterhin frohen Mutes und zuversichtlich bist, ist das eine gute Grundlage. Ein paar Qualifikationen schaden sicherlich auch nicht, aber die innere Einstellung ist einfach wichtig in so einem Prozess.

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    1. Ich bin viel zu realistisch, als dass ich mich dem Arbeitsmarkt frohen Mutes stellen wollte. *gg* Aber ja, die Einstellung ist immens wichtig. Deshalb schreibe ich hin und wieder ein paar kleine Jammerbeiträge, danach bin ich wieder für die nächsten 10 Bewerbungen motiviert. *g*

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  6. Nur nicht das Ziel aus den Augen verlieren – visiere immer wieder DEINEN Arbeitsplatz an, den Du demnächst besetzen wirst! Im Süden Deutschlands sind die Chancen dazu vermutlich besser!? Oder wie wäre die angrenzende Schweiz?

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    1. Ich hab mal grad überblickt … Es gibt leichte Überhänge in BaWü, Bayern und NRW, wo ich mich beworben habe. Auch in die Schweiz und nach Österreich habe ich eine Bewerbung geschickt. Letztlich suche ich im gesamten deutschsprachigen Raum. Aber auch nur, weil ich so kleingeistig bin und mir eine dauerhafte Anstellung im englischsprachigen Ausland derzeit nicht vorstellen kann. 😉
      Von daher. Irgendwo gibt es einen Chefsessel mit meinem Namen, ich find ihn schon noch. *g*

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            1. Büdde 😀 die ganze Szene im Film ist köööööstlich….aber offenbar nicht als Video im Welt Weiten Netz, ich glaube sie ist aus dem Film „Der verrückte Professor“, bin mir aber nicht sicher….

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  7. Ich hätte ja einen ganz verwegenen Tipp: Audi. Die haben in der Vergangenheit reihenweise Geisteswissenschaftler eingestellt. Außerdem zahlen sie gut. Noch dazu ist die Nähe zu München auch nicht zu unterschätzen… Versuch es doch einfach mal. Ich habe in den Semesterferien 1999 dort für vier Wochen gearbeitet, das war nicht schlecht.

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