… wird Sturmbeutel ernten. Oder wie ging das Sprichwort noch gleich? Egal, Zeilenende stellt sich heute seinem Angstgegner: Brandteig.

Der Brandteig und ich, das ist keine große Liebe. Die selige Oma Zeilenende beherrschte seine Zubereitung ganz virtuos und zauberte aus Stachelbeeren, Brandteig und Sahne immer eine vorzügliche Torte. Dabei blieb es nicht, buk sie auch Windbeutel und Eberswalder Spritzkuchen.

Mit mir und dem Brandteig ist das eine schwierigere Sache. Ich habe mich mehrfach an den Spritzkuchen versucht, meinen geht aber schnell die Luft aus und sie fallen zusammen. Überhaupt, Brandteig. Entweder nehme ich das Wort zu ernst und der Brandteig brennt mir schon im Topf an oder der Teig wird eher flüssig als fest. Ich muss geistig umnachtet gewesen sein, als ich Mutter Zeilenende versprach, ich würde Windbeutel backen.

„Mit welcher Füllung, Zeilenende?“

„Im Rezept stehen Johannisbeeren. Ich dachte an Blaubeeren.“

„Oh, mach doch Kirschen. Das hat die selige Oma Zeilenende auch immer gemacht.“

Ich hätte gewarnt sein sollen. An der seligen Oma Zeilenende lasse ich mich nicht gern messen, sie war im Backen einfach unerreicht. Einzig mein Kartoffelbrot kann mit dem ihren konkurrieren. Und – nach intensiver Übung – meine Mohntorte. Aber die Fettgebäcke und Brandteige … Nein, da war sie einsame Spitze. Ich backe deshalb vornehmlich Dinge, die sie nicht gebacken hat.

Ich ging dennoch frisch ans Werk und war stolz auf mich, der Brandteig gelang. Ich bereitete eine Füllung für die Windbeutel zu und servierte. Man servierte mir lange Gesichter. Die selige Oma Zeilenende hatte stets Obst- und Sahnefüllung getrennt. Meine seien ja nicht übel aber …

… ja, ich weiß. Gegen Kindheitserinnerungen komme ich nun einmal nicht an. Ich bin ja auch nicht besser: Der leckerste Frankfurter Kranz ist kein perfekter Frankfurter Kranz, wenn er mit der traditionellen Belegkirsche garniert wird statt mit der Variante, die die selige Oma Zeilenende bevorzugte: Eine Mokkabohne. Eine Lappalie, von außen betrachtet, aber mir unendlich wichtig.

Genug in Erinnerungen geschwelgt, frisch ans Werk. Das Geheimnis dieses Brandteigs war übrigens, dass ich ihn an einem Sonntag gebacken habe und die Batterie in der Waage leer war. Ich musste nach Gefühl, Augenmaß und Löffeltabelle abwiegen. Der Erfolg lag damit wahrscheinlich am Ungefähren dieses Rezepts.

Für den Teig:

  • 125ml Wasser
  • 25 Butter
  • 75 Mehl
  • 15 Speisestärke
  • 2-3 Eier
  • 1 Msp. Backpulver

Gebt das Wasser mit der Butter in einen Topf und kocht beides auf. Vermischt währenddessen Mehl und Speisestärke und stellt eine Rührschüssel sowie einen Handrührer mit Knethaken bereit. Zieht den Topf von der Platte, gebt das Mehlgemisch hinzu und rührt tüchtig. Dann kommt der Topf wieder aufs Feuer und nun rührt ihr. Kratzt immer wieder den sich bildenden Film vom Topfboden ab.

Nach etwa einer Minute sollte sich eine schöne „abgebrannte“ Teigkugel gebildet haben. Diese kommt in die Rührschüssel. Von diesem Arbeitschritt habe ich kein Bild, weil ich zu glauben meine, dass es beim Brandteig auf Eile ankommt und niemand zum Fotografieren in der Nähe war. Deshalb hatte ich auch bereits zwei aufgeschlagene Eier parat gestellt.Die Eier wandern nacheinander in den Teig. Der Teig soll eigentlich mit den Knethaken auf höchster Stufe bearbeitet werden, hat bei mir aber geklumpt. Ich habe ihn deshalb mit dem Schneebesen tüchtig per Hand geschlagen.

Der Brandteig benötigt so viel Ei, bis er stark glänzt und eher eine zähflüssige Masse ist, die vom Löffel abreißt und lange Spitzen bildet (ich liebe diese Kochbuch-Formulierung, auch wenn man sich darunter nichts vorstellen kann). Bei mir hat er alle drei Eier dafür benötigt und war vielleicht einen Tick zu flüssig. Aber der Teig verfestigt sich beim Abkühlen wieder. Das tut ihr jetzt. Lasst ihn abkühlen.

Ist er abgekühlt. Knetet ihr noch das Backpulver unter und heizt den Ofen auf etwa 200° Ober-/Unterhitze vor. Die elegante Variante, Windbeutel zu machen, ist das Spritzen des Teiges mittels Kuhbesamer. Darauf hatte ich aber keine Lust. Ich war ohnehin skeptisch, ob der Brandteig gelingen würde. Und doppelt nichtige Arbeit wollte ich mir nicht machen. Ich portionierte den Brandteig deshalb mit zwei Löffeln zu acht Teighaufen und schob sie für etwas mehr als 25 Minuten in den Ofen. Und vergaß, sie auf dem Blech zu fotografieren. Den Ofen öffnen konnte ich nicht mehr, sonst würden sie zusammenfallen. Obwohl ich ohnehin nicht daran glaubte, dass sie noch aufgehen würden. Eine Viertelstunde lang war im Ofen so viel los wie im Schlafzimmer von Single-Männern in Brandenburg. Dann gingen sie doch noch auf. Nun hieß es: Sich selbst abfeiern, die Windbeutel auskühlen lassen und Füllung vorbereiten.

 

Für die Füllung:

  • 1 Glas Sauerkirschen
  • 125g Magerquark
  • 2EL Kirschwasser
  • 1TL Zitronensaft
  • 250g Schlagsahne
  • 1 Päckchen Sahnesteif
  • 8g Vanille-Zucker (1 Päckchen)
  • 50g Mandelstifte

Folgende Dinge sind zu erledigen: Kirschen abtropfen lassen, Mandeln ohne Fett anrösten und abkühlen lassen, Quark mit Kirschwasser und Zitronensaft verrühren, Sahne mit Sahnesteif und Vanille-Zucker steif schlagen.

Dann Quarkgemisch unter die Sahne heben, Kirschen und Mandeln unterrühren und die Windbeutel aufschneiden. Die Füllung großzügig zwischen den beiden Hälften verteilen. Bei richtigen Windbeuteln ist die Füllung üppig. Wir reden hier nicht über die konfektionierte Ware aus dem Supermarkt, diese lauen Lüftchen aus der Tiefkühltruhe. Richtige Windbeutel sind dick und prall, es geht um die Füllung! Das Ergebnis?

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Ich nenne es: Invasion der Kalorientierchen. 🙂

65 Kommentare zu „Wer Wind säht …

  1. Ui! Respekt! An Brandteig hab ich mich noch nie gewagt 🙂 Bin allerdings auch kein Windbeutel-Fan, weil mir die Füllungen immer zu sahnig sind. Kann man diese Prachtstücke denn essen, ohne eine riesige Sauerei zu veranstalten? Für „mit einem Haps im Mund“ sind sie ja ein bisschen groß, oder? 🙂 Hut ab! Bin beeindruckt!

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          1. Weil ich so ein Großmaul bin? Dann pass mal auf, wie elegant ich mich aus der Affäre ziehe: Videos gehören islang nicht zur Corporate Identity von Zeilenende Inc. Unsere Qualitätsmanagementabteilung entwirft in Zusammenarbeit mit dem Art Departement derzeit Leitlinien, die es uns zukünftig erlauben, auf die Bedürfnisse unserer Kunden noch besser einzugehen. Wir führen einen intensiven Austausch über die Möglichkeiten, auch die Produktion von Videos halten wir dabei für möglich, wenn die entsprechende Crowd Response absehbar ist. Unsere Marktforschung befragt deshalb einen repräsentativen Kunden von Zeilenende Inc. Erwarten Sie auch zukünftig Großes von uns.

            😉

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    1. Brandteig ist auch gar nicht so doll. Brandteig macht man immer dann, wenn man Pappe braucht, die die Füllung hält … Und dann merkt, dass Pappe zu viel Eigengeschmack hat. Und nein. Ich bin aber auch ein Schichtenesser: Deckel, Füllung, Boden. Ansonsten: Kuchengabel und Löffel, damit geht es auch.

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  2. Duuuu traust dich aber was….lach….Brandteig finde ich fürchterlich, weil er den Topf so versaut.

    sind aber tolle Windbeutel geworden….hat jemand Geburtstag oder willst du die Familie einfach nur so verwöhnen?

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  3. Normalerweise bin ich bei Gebäck jeglicher Art raus, aber Windbeutel gehen immer. Jetzt muss ich nur noch jemand Kompetenten in meinem Umfeld finden, der dieses Rezept mal in die Tat umsetzt… 😉

    Übrigens, so wie Du Dich dem Brandteig gestellt hast, habe ich mich mittlerweile Deinen Nominierungsfragen gestellt. Was überraschenderweise schwieriger was, als ich bereit wäre zuzugeben. 😉

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  4. Bei diesem Ergebnis kann das Sprichwort nur so lauten: Wer Windbeutel sät, wird Ansturm ernten!
    Als patentierter Backfeigling ist sowas Lichtjahre von meiner Reichweite entfernt. Da bleibt mir nichts anders übrig, als mich an den schönen Formulierungen, wie z.B. ‚weil ich zu glauben meine, dass es beim Brandteig auf Eile ankommt‘, sattzulesen. 🙂

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    1. Ich back ja auch nicht zum Spaß, sondern um genau solche nichtssagenden Worthülsen zu produzieren, die dennoch gut klingen. Du gehst also genau richtig damit um. Und ich sollte mich irgendwo als Pressesprecher bewerben. ^^

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  5. Schön, dass es so gut geklappt hat. Mein Nachbackversuch des Kartoffelbrotes aus dem Jugengherbergskochkurs war nicht so gelungen, konnte aber diesmal wenigstens nicht als Schlag-Waffe eingesetzt werden.;-)

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            1. *nochmal seufz* Die einen halten mich für einen bildungsbürgerlichen Spießer, die anderen für einen Altherrenwitz auf zwei Beinen. Aber dabei bin ich doch beides zugleich. *g*

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      1. Da gibt’s eine Geschichte zu: Hatte mal Fisch zu Mittag. Danach roch es überall in meiner Bude fischig. Egal ob Bad, Küche, Flur, Wohnzimmer, überall Fisch-Geruch. Auch lüften, Geschirr abwaschen, Müll rausbringen schien überhaupt nicht zu helfen!
        Tja, wenn du einen Fisch-Rest auf den Titten liegen hast und ständig den Geruch in die Nase einsaugst, isses kein Wunder, wenn es „überall“ fischig riecht…

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  6. Ich finde ja, sie sehen hervorragend aus und schmecken sicher auch so. Aber ich kann es dir nachfühlen – an die Spezialfamilienrezepte von Großmüttern…..da scheitert man. So etwa bis man 60 ist. Dann kennt kaum mehr einer das Original und du wirst der Familienheld des Brandteiges sein.
    Ich warte noch 20 Jahre, dann mach ich wieder Dampfnudeln. Für die Nichten und Neffen. Die wissen nicht, dass das kein Vergleich zu denen ihrer Urgroßmutter sein wird.

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    1. Es ist wirklich nicht leicht. Die selige Oma Zeilenende hat gefühlt drei Viertel der Kuchen auf der Erde gebacken. Da bleiben mir nur so Schwierigkeiten wie Charlotte über. Und ich sehe nicht ein, mir die Mühe einer Biskuitrolle zu maxhen, um dann damit Kuppeln zu bauen. Am Ende wird die Gelatinemasse eh zu flüssig und … Achja. Ich stelle mich dem Vergleich also zwangsläufig, es gilt sich da zu vergleichen, wo ich triumphieren kann: Biskuit und Hefeteig.

      Mehlspeisen sind glücklicherweise ein geringeres Problem, dazu aber nächste Woche mehr. Ich bin jedenfalls froh, dass die selige Oma Zeilenende ihre Germknödel stets fertig aus der Tiefkühltruhe bezog. 🙂

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  7. Bei uns werden die Kirschen/Kirschsaft mit etwas Stärke (Puddingpulver) aufgekocht und „angedickt“. Abgekühlt kommen sie auf den Brandteigboden und füllen somit praktischerweise gleich die Luftlöcher. Darauf wird mit einem Spritzbeutel Sahne kunstfertig draufgedrückt, Deckel drauf, fertig. Habe ich selbst aber noch nie gemacht *zugeb*.
    Könntest du dich nicht einmal an einer Tarte Tropézienne versuchen? Dann könnte ich bei dir abgucken wie man sie macht. 🙂

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    1. So in etwa hat es die selige Oma Zeilenende auch gehalten.
      Was die Tarte angeht: Ich habe gerade mal geschaut. Der Teig dürfte kein Problem sein, das ist einfach ein schwerer Hefeteig. Aber die Creme. Französische Buttercreme schaff ich ja spätestens im zweiten Anlauf, aber dir andere … und dann mischen. Holla! Wenn ich mal sehr ambitioniert bin. Ich habe es aber auf der Liste, mal in meinen Büchern nach einem Rezept zu fahnden. 🙂

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  8. Ich liebe zwar Windbeutel über alles, aber Brandteig, nein an Brandteig habe ich mich nie ran getraut.
    Aber jetzt knurrt gerade mein Magen. Die Augen müssen verraten haben, was sie gerade hier in Deinem Blog Leckeres entdeckt haben.

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