Lang, lang ist’s her, mal sehen, ob ich es noch kann. Der folgende Beitrag dient dazu, diesem Blog seine ursprüngliche Bestimmung zurück zu geben, denn er enthält tatsächlich eine Buchrezension. Zum Einstand wird es einen Verriss geben, Nörgeleien liegen mir näher als ultimative Lobhudeleien. Aber ganz am Ende wird es eine kleine Überraschung geben. Das Opfer ist „Die magische Schriftrolle“, erster Band der Reihe „Taberna Libraria“, geschrieben von Dana S. Eliott, dem Pseudonym zweier Damen, Sandra Dageroth und Diana Kruhl. Wie der Titel andeutet, begeben wir uns also ins Fantasy-Genre.
Inhalt laut Buchcover
Ursprünglich wollten die Freundinnen Silvana und Corrie nur eine ganz normale Buchhandlung eröffnen. Doch der alte Laden, den sie im beschaulichen Woodmoore erstehen, hütet ein Geheimnis: In seinem Keller liegt ein Portal zu einer anderen Welt, in der sich übernatürliche Geschöpfe tummeln und Magie höchst real ist. Und so sind körperlose Stimmen und seltsame Buchbestellungen erst der Anfang von einem Abenteuer, bei dem Corrie und Silvana sich den Plänen eines finsteren Magiers entgegenstellen müssen.
Allgemeine Bemerkungen
Wie auf dem Photo zu erkennen, habe ich eine Schwäche für den hemmungslosen Einsatz von Post-its, sodass schön gestaltete Notizzettel bei mir verschwendet sind, gell Virginia? Außerdem nehme ich mir hin und wieder gern ein Buch von der Abreit mit heim. In diesem Fall sprach mich das Setting rund um eine Buchhandlung an. In letzter Zeit sind in den Katalogen mit Neuerscheinungen so einige Bücher über Buchhandlungen enstanden. Ich weiß nicht, ob das mit Verlustängsten oder romantischer Verklärung im Angesicht von Thalia-Bestsellertischen zu tun hat, aber ehrlich gesagt ist mir das auch egal, solange das Buch gut geschrieben ist.
Was man den Autorinnen zugute halten kann ist, dass sie Buchhandlungen lieben und ihre Buchhandlung sehr liebevoll schildern. Überhaupt haben sie es mit liebevollen Schilderungen, denn die sicherlich größte Stärke liegt in ihrer Phantasie. Amaranthina, die magische Parallelwelt, strotzt nur so vor wunderbaren Einfällen. Jeder Streifzug durch die Stadt jenseits des Portals wartet mit witzigen und kreativen Einfällen auf, jedes Fantasyweltenklischee wird bedient und doch zugleich so variiert, dass insgesamt eine authentische und besondere Welt entsteht.
Prätentiöse Sprache
Damit wären wir beim ersten von vielen Abers, die nun folgen: Bisweilen schlagen sie erzählerische Kapriolen und das Genre geht zu sehr mit ihnen durch. Da faucht eisiger Wind, da wird unternehmungslustig mit dem Schlüsselbund geklimpert, da gibt es Mrs. Phenom und Mrs. Blessing, in der Stadt unserer Welt reihen sich so viele liebevoll geführte Geschäfte mit süß anzusehenden Dingen aneinander, dass ich beim Lesen Karies bekommen habe, Witze perlen ab wie Wasser von einem Gingko-Blatt und auf einer Seite ein kerbt sich erst ein Lächeln ins Gesicht und wird anschließend ein Schmunzeln entlockt. In der Masse wirkt dieser Stil überkandidelt, vor Allem, weil er sich so hemmungslos mit den beiden Hauptcharakteren beißt.
Die Protagonistinnen
Damit sind wir bei der zweiten großen Schwäche des Romans angelangt. Die beiden Protagonistinnen sprechen in görenhaftem Ton, gelegentlich habe ich meine Zweifel, ob die beiden tatsächlich erwachsene Frauen sind, die einen eigenen Laden eröffnen. Nicht nur, dass sie klischeehaft eine Schwäche für Fast Food haben, ihre Naivität ist grenzenlos. Nach 200 Seiten wird dem Leser zwar erklärt, dass es eine Bedrohung gibt, aber spürbar wird sie für den Leser erst weitaus später. Corrie und Silvana stürzen sich bar jeglicher Vorsicht mit Enthusiasmus in jede Entdeckung. Zwar ist eine der Beiden immer die Bedenkenträgerin, dennoch verhalten sie sich bis zum Ende des Romans so, als könne ihnen nichts passieren, auch wenn sie mit gefährlichem magischen Spielzeug herumfuhrwerken. Wenn es für sie dann einmal bedrohlich wird, stehen sie Todesängste aus, bis sie gerettet werden. Drei Seiten später sind sie wieder an vorderster Front, als ob sie aus den letzten Ereignissen nicht zumindest ein wenig Vorsicht gelernt hätten. Und wenn ein Zauber zwei Mal nur knapp an der Katastrophe vorbei schrammt, probieren wir das eben noch ein drittss Mal… Könnte ja doch noch eine völlige Katastrophe werden.
Reaktionärer Paternalismus
Überhaupt, das ständige Gerettetwerden. Ich weiß ja, dass der Ritter die Prinzessin vor dem Drachen beschützen muss, aber die magischen Wesen, die Corrie und Silvana unterstützen, führen sich schlimmer auf als Albus Dumbledore. Sie sind stets freundlich und zuvorkommend, unterstützen ohne Wenn und Aber die beiden Heldinnen, leisten Schwüre, ihr Leben zu schützen, wirken mächtige, kräftezehrende Bannzauber, all das ohne Gegenleistung und ohne gefragt werden zu müssen, aus purer Nettigkeit. Selbst eine Horde Raufbolde von Freibeutern ist in Gegenwart der Damen eine Runde perfekter, zuvorkommender Gentlemen. Zugleich heißt es an verschiedenen Stellen bei heiklen Themen „davon später mehr“, weil man die Damen nicht belasten möchte. So wird für sie eine Idylle aufrecht erhalten. Die edelmütigen Fabelwesen sind nicht nur perfide Ausgeburten eines als Höflichkeit getarnten Paternalismus und zutiefst reaktionär in ihrem Frauenbild, kuschlige Werwölfe sind auch verlässliche Spannungskiller. Denn bis zum Ende des Buches kommt so für den Leser keinerlei Gefühl für Gefahr auf.
Logiklöcher und Sonstiges
Die Protagonistinnen zu naiv, die Sprache zu gekünstelt, schwer erträglicher Paternalismus der Magiewesen, kein ordentlicher Spannungsaufbau und kaum erkennbare Bedrohung bis zur Hälfte des Buches. Hinzu gesellen sich Passagen, in der seitenlang einzelne Szenen zusammenhanglos aneinandergereit werden, ohne dass sich ein Sinn ergibt außer dem, den Leser zu ermüden … Und dann wäre da noch die Sache mit den Logiklöchern.
Die Zaubererwelt und unsere Welt sind eigentlich voneinander getrennt, aber in unserer Welt gibt es haufenweise magische Wesen. Für die Bewohner Amaranthinas ist unsere Welt eine Selbstverständlichkeit, auch wenn der Zugang kaum möglich ist. Eigentlich sollten dann auch beide Seiten nicht viel voneinander wissen, aber der Fluss von drüben nach hier ist kein Problem, von hier nach drüben … Da muss man sich ohne Erklärung abschotten, auch wenn Corrie und Silvana wie erwähnt mit offenen Armen empfangen werden. Unerklärlich bleibt auch, mit welcher Selbstverständlichkeit die Beiden die Existenz der magischen Welt hinnehmen oder dies:
Ein geheimnisvoller Fremde dringt in den Buchladen ein und stellt sich als ehemaliger Mitarbeiter vor, der sich dann als Werwolf entpuppt. Aber statt ihn aus dem Laden zu schmeißen, wird er mit offenen Armen empfangen. Das ist schon nicht mehr naiv, das ist hochgradig unlogisch.
Eine weitere Kleinigkeit ist die Tatsache, dass der Roman natürlich in England spielen muss, damit es Nebel gibt und schlechtes Wetter und wie wir alle wissen, verbergen sich magische Welten nur auf der Insel. Zumindest solche magischen Welten, in denen man das Gefühl hat, die Drachen und Hippogreife und Satyrn sind allesamt verkleidete rosa Einhörner. Magische Welten, in denen es trotz eines irren Zauberers idyllisch ist und die Sklaverei zwar ein Übel, aber nicht weiter der Rede wert. Treffend die Aussage einer Frau aus Plymouth, die mit einem Alchimisten von drüben verheiratet ist: „Ich habe so viele nette Menschen kennengelernt …“ Amaranthina ist das Klischee der Fantasywelt als heiler Zufluchtsort vor den Grausamkeiten unseres Lebens.
Fazit
Erzählerisch ist dieser Roman ein Ärgernis, schon daran ersichtlich, dass ich einen Schnitt von 100 Seiten pro Stunde geschafft habe aber dennoch zwei Wochen für das Buch gebraucht habe. Er enthält all das, was mich an Fantasyliteratur zuweilen stört oder nervt. Und dennoch kann man ihm die Phantasie beim Weltenbau zugute halten, dort ist er wirklich stark und es macht Spaß, mit Corrie und Silvana auf Entdeckungsreise zu gehen. Hinzu kommt das Ende, das ich hier nicht verraten möchte, aber mich dazu bewogen hat, dem zweiten Band doch eine Chance zu geben.
Wer Spaß an Kuschel-Fantasy hat und keine Probleme mit görenhaften, naiven Hauptcharakteren, wer sich nicht an der väterlich beschützenden Art von Greifen, Vampiren und Werwölfen stört, wer von zu viel Harmonie keine Bauchschmerzen bekommt, ist mit dem Roman gut beraten. Wer sich für Fantasywelten interessiert und auf Spannung keinen allzu großen Wert legt, sollte zugreifen. Alle anderen können es beruhigt sein lassen.
3 Kommentare zu „Dana S. Elliot – Die magische Schriftrolle (Taberna Libraria Bd. 1)“