Deutschland, wir müssen reden. Über Liebe. Und über Liebe auf Parkplätzen. Oder zu Parkplätzen? Ich weiß es nicht.

Des Deutschen liebstes Kind heißt nicht Horst oder Erika, es heißt Adam oder Isabella. So weit, so wenig erstaunlich. Generationen von Müttern haben sich wahrscheinlich gefragt, ob sie ihren Nachwuchs verchromen sollen, damit Papa wenigstens einmal so hingebungsvoll das Kind badet, wie er jeden Samstag vor der Bundesliga das Lieblingskind der Familie wäscht, poliert und liebkost. Dementsprechend gut gehütet will der liebste Schatz sein. Wer kann, stellt ihn in eine Garage oder errichtet im Schweiße seines Angesichts ein Carport für das wichtigste Mitglied der Familie. Nichts ist gut genug für den ganzen Stolz der Familie. Und wenn es am Monatsende nur noch Pellkartoffeln mit Quark gibt, die neue Unterbodenversiegelung und das Premium-Poliermittel mussten sein. Dringend!

Auch wenn man mit dem Automobil unterwegs ist, um Besorgungen zu erledigen, muss es wohl behütet abgestellt werden. Bällebäder für Automobile, das ist eine Marktlücke, die zu meinem Erstaunen noch nicht erschlossen wurde. Aber wer sein Auto liebt, der stellt es zumindest überdacht ab.

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Oder will mir dieses Schild (gesehen in Bad Oldesloe) etwas anderes sagen? Liebe und Automobile. Manchmal, wenn ich mit dem Automobil unterwegs bin und die umwaldeten Landstraßen befahre, sehe ich versteckt am Wegesrand Autos stehen. Und Wohnwagen. Und blinkende Herzen. Das Herz ist altes Zeichen für Liebe und Zuneigung. Das blinkende Herz warnt davor, dass hier so viel Liebe verteilt wird, dass sie einen regelrecht krank macht. In Deutschland, dem Land des brüderlichen Teilens, wird zwischen Brüdern eben auch die Liebe geteilt … Und der Tripper … Was bislang verschämt geschah, ist es endlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen? In verschlafenen bundesdeutschen Innenstädten, wie durch Bad Oldesloe geradezu mustergültig repräsentiert? In nächster Nähe befand sich immerhin eine Kurklinik, wo kranke Menschen mit viel Liebe wieder fit gemacht werden … Und eine Kirche, die die Liebe seit Jahrtausenden predigt.

Ich mag mir das nicht weiter ausmalen. Ich verweise an dieser Stelle – um meiner aufklärerischen Sorgfaltspflicht nachzukommen – auf die neueste Anzeigenkampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Wenn’s im Schritt brennt, mit dem Auto nur noch auf dem Parkplatz vor der Arztpraxis eures Vertrauens parken:

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13 Kommentare zu „Für Liebe bitte links abbiegen

  1. Ja, die Liebe zum Auto ist in Deutschland besonders ausgeprägt. In unserem Wohngebiet sind wir eine der ganz wenigen Familien mit nur einem Auto. Und was für Kisten sich manche leisten: Zwei dicke Audis, Mercedes und dergleichen mehr. Wahnsinn!

    Aber die Kampagne, aus der du ein Plakat-Bild ausgewählt hast, finde ich gar nicht schlecht. Sie ist eher von Humor als dem moralisch erhobenen Zeigefinger geprägt. Möglicherweise hilft sie tatsächlich ein wenig…

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    1. Ich finde die Kampagne auch super. Da gibt es noch mehr großartige Plakate. Ist mal was Anderes. Gerade weil die Aktionen zu „Gib AIDS keine Chance“ immer etwas bieder waren. Die hier erzeugen immerhin Aufmerksamkeit. Und im besten Fall Neugierde.

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  2. Und dann auch noch als Parkhaus getarnt…..also….’schweißn’sch….scheint ’ne Spielart von diesen ( flüster ) Etapplissmangs zu sein…..oder wie…oder was….achichweißochnich….

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  3. Mir fehlt ja immer ein wenig die Fantasie um die Bildersprache solcher Schilder zu deuten. Aus meiner vorstellungsvermögensarmutgeprägten Sicht könnte es zweierlei bedeuten.
    Entweder philosophisch: Wer Liebe sucht, bekommt eins auf den Deckel und wird gelinkt.
    Oder eher politisch: Die Liebe ist links zuhause. 🙂

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  4. Die Liebe zum Auto kann ich nicht wirklich nachempfinden. Jedenfalls nicht zu diesen teuren Kisten. Ein Auto an das ich mein Herz hänge, verträgt einen Kratzer. Noch weniger nachvollziehen kann ich diese omnipräsente Anzeigenkampagne. Die ist fast so schlimm wie die für Blasenschwäche. Wenn ich beides noch weiter täglich sehe, werde ich zum Hypochonder.

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