Über Masken

Masken sind eine hervorragende Sache, denn sie helfen uns, unser wahres, unansehnliches Ich zu verbergen, zu verstecken, vielleicht sogar verschwinden zu lassen, zumindest für eine Weile.

Es ist ein oft bemühter Allgemeinplatz, dass mit dem Wort Person in der Antike das Gesicht eines Menschen gemeint war oder noch schlimmer – eine Maske oder Rolle im Theater. Was Person auf keinen Fall bezeichnet ist das, war wir heutzutage auch gerne unser Ich nennen, einen Kern, den niemand sehen, hören, anfassen kann, den nur der Träger dieses Kerns spüren (aber das selten angemessen in Worte fassen) kann und auf Zweifel an der Existenz steht als Strafe Hass, Verachtung, für Irre gehalten werden. Letzten Endes ist der Glaube an diese Art von Person ähnlich dem, was Menschen mit blühender Phantasie glauben: Alien-Entführungen, DIE, Gott.

Dennoch lieben wir alle unser Person-Sein und verachten es, Masken tragen zu müssen. Wir wollen alle immer und zu jeder Zeit wir sein. Wir sagen zwar gern „authentisch“, aber authentisch könnte man auch sein, wenn man eine Maske trägt. Dabei erfüllen Masken ihre Funktion, denn wenn wir unsere Masken anziehen, sorgen wir dafür, dass im sozialen Gefüge alles funktioniert wie es soll. Wir schrauben am Arbeitsplatz zurück, dass wir zickig sind, weil Zickereien den professionellen Bürobetrieb stören würden oder wir zeigen nicht, dass wir nette und hilfsbereite Menschen sind, weil nette und hilfsbereite Menschen meist ein explodierendes Überstundenkonto und kein Privatleben haben.

Manche Maske tragen wir in der Öffentlichkeit auch, weil wir nicht wollen, dass gewisse Dinge über uns anderen Menschen zur Kenntnis kommt, zum Beispiel dass wir heimlich auf Wham stehen. Eigentlich würden wir das gern auch vor uns selbst verstecken, es scheitert aber daran, dass wir ja nicht wissen, wer wir sind, wenn wir uns nicht gerade über eine Maske definieren. So gesehen ist es wahrscheinlich auch nur eine Maske, dass wir heimlich auf Wham stehen.

Am faszinierendsten sind aber diese Masken, die wir aufsetzen, um etwas zu verschlimmern, die wir dann wieder abziehen und den Ausgangszustand verbessern. Man kann sich mit meiner langjährigen Erfahrung im Jungsein sicher vorstellen, wie begeistert ich war, als ich doch tatsächlich Unreinheiten auf meiner Haut entdeckte. Jung sein schön und gut, aber ich bin doch keine 16 mehr! Es galt, die Unreinheiten zu verstecken und dabei stieß ich auf ein Zaubermittel, eine besagter Masken: Erst verschlimmerte sie meinen Zustand, denn ich sah furchteinflößender aus als seinerzeit meine Nachbarin Katharina, wenn sie als Sternsinger unterwegs war, doch als ich sie wieder ablegen durfte, sah meine Haut aus wie die eines Neugeborenen. Verrechnet man das mit meinem Alter, bin ich jetzt quasi wieder ein Teenager – und das ohne Unreinheiten, ein echter Fortschritt zur Realität. Wer also ein Problem mit Masken hat, sollte bedenken, dass Sie das Leben sehr viel schöner machen, auch wenn sie manches Gesicht temporär entstellen.

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Als Teenager hat man ja bekanntermaßen Narrenfreiheit. Von daher werde ich jetzt gemeinsam mit der Mitbewohnerin unseren Auftritt als Wham-Coverband üben. Sie ist George Michael. Ich bin … der andere.

9 Kommentare zu „Über Masken

  1. Begeisterung für Modern Talking gehört ähnlich wie manchmal aufkeimende Mordlust zu den dunklen Seiten des Menschseins, die jeder in irgendeiner Art und Weise in sich trägt. Sich immer wieder neu zu entscheiden sie im Schatten zu lassen, bedeutet für mich Zivilisation.

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  2. da du die Masken des antiken Theaters erwähnst; die waren doch was anderes als das zusammengeflickte Zeug moderner „persönlicher“ Masken. Prosopia heißen die Dinger, sind sehr groß und „vor dem Gesicht“ zu tragen (die wörtliche Bedeutung: vor dem Auge), Sie haben eine festgelegte Bedeutung, der Schauspieler dahinter ist nur ihr Träger. Schauspiele wollten auf Zusammenhänge verweisen, die weit über das kleine menschliche Ich des Schauspielers hinausgingen,und „jedermann“ betrafen. Deshalb die Masken.

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    1. Das ist eine wertvolle Ergänzung, danke dafür. Vor allem, wenn man das wieder in Bezug zum Personenbegriff nimmt. Der Verdacht liegt nahe, dass Person auch eine generalisierte Rolle ist, Personsein und Individualität zumindest in einem Spannungsverhältnis steht.

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  3. Man muss ja nicht alle Masken fallen lassen. Verschreckt das Umfeld nur. Solang sie nicht alles verdecken. Apropos…ist das eine Schokoladenmaske? Und jetzt google ich wie der andere von Wham heißt.

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  4. Verrätest du wenigstens, wie das Zauberprodukt heißt? Gewisse Leute, die älter sind als du, haben mit dem Teenager-Mist nämlich auch zu kämpfen.
    Ich schwör ja auf die „Hamorhoiden-Creme gegen Augenfältchen“-Strategie und schmier mir daher gern mal Wick Vaporup auf Unreinheiten…

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