Nein, das hier ist kein Beitrag über Fatshaming, Magersucht oder meine ganz persönliche Gewichtsneurose (immer noch 5kg, hmpf), nicht einmal ein Beitrag übers Körpergewicht – also nicht im engeren Sinne. Es ist ein Beitrag über Menschen, die aus dem Zeilenende das Aggro-Ende machen. Und so klingt der Beitrag auch.

Das Zeilenende ist ja gemeinhin als sanftmütiger (Fick dich!), einfühlsamer (Halt’s Maul!) Zeitgenosse (Flachwichser!) bekannt, von gewissen Ausbrüchen einmal abgesehen, die aber nie ernst gemeint sind. Aber doch gibt es sie, die seltenen Momente, in denen das Zeilenende nicht zu seiner K.I.Z.-Playlist greift, weil die Songs seine ohnehin schon gute Laune noch verstärken, sondern weil er Anregungen dafür braucht, was er den Menschen in seinem Umfeld so antun könnte. So wie neulich im Fitness-Studio.

Es begann alles damit, dass ich für das Laufband zum Aufwärmen anstehen musste. So weit, so gut. Das konnte ich noch ertragen, das gehört zum Alltag eines Trainings-Ende dazu, wenn es Ende Januar ins Fitness-Studio geht, statt wie vernünftige Zeitgenossen einfach ganzjährig laufen geht … oder wie der gute bullion

Der erste Höhepunkt war, als ich durch den Gerätepark schlenderte und feststellte, dass alle vier Geräte, mit denen ich mein Training eröffnen könnte, belegt waren. Selbst die gute alte, öde, nicht wirklich effektive Brustpresse war nicht nur komplett belagert (d. h. vier Geräte), es standen bereits mehrere Menschen davor, die ganz so aussahen, als ob sie ein Brustmuskeltraining bitter nötig hätten.

Nun gut, ich übte mich in Geduld und wechselte anschließend in den Bereich, der sich vornehm „Core Workout“ schimpft, wo man aber nicht an seinem inneren Kern arbeitet, sondern an seinem Bauch und Rücken. In diesem Bereich gibt es neben einer Liegewiese und diversen Geräten auch einige Gewichte. Diese Gewichte dienen in erster Linie der Beschwerung einer Höllenmaschine, auf der man unmotiviert vor und zurück pendelt und damit angeblich die Bauchmuskeln stählt, zumindest wenn ich mir so anschaue, wie damit meist trainiert wird. In zweiter Linie dienen diese Gewichte zur Beschwerung des eigenen Selbst, wenn der Oberkörper über einer Kante hängt zwecks Rückenstrecker- oder seitlichen Bauchmuskel-Trainings. Egal, ich bin ja kein Fitness-Blogger … Obwohl das Fitness-Ende nach einem coolen Nickname klingt.

weights-1474422_1920
Quelle: ozkay / pixabay.com

Das Fitness-Ende wollte auch schaukeln. Mit Gewichten. Doch, ach und weh, war weit und breit kein Gewicht zu erkennen! Oder – nicht ganz – einige Personen, die bislang offenbar nur ihre Brustmuskeln trainiert haben, geht man von der Oberweite aus, lagen auf dem Boden und schwenkten solche Gewichte hin und her. Und einige weitere Gewichte lagen mitten im Raum verstreut. Doch dennoch herrschte ein Ungleichgewicht. 2/3 der Gewichte schienen verschwunden.

Das Zeilenende grummelte vor sich hin und sammelte ein paar der Gewichte ein, um sie an ihren richtigen Platz zu räumen. Ein Gewicht, das seinen Bedürfnissen entsprach, fand er nicht und biss in den sauren Apfel namens „Mehr Wiederholungen, du faule Sau!“.

Eine gewisse Grund-Gereiztheit machte sich in diesem Augenblick bereits breit. Sie steigerte sich, weil das Zeilenende an diesem Abend an jedem einzelnen verdammten Gerät warten musste, bis es dran war. Zusätzlich liegt es in der Natur meines Trainingsplans, dass ich dabei viel hin und her laufe: Zwei Muskelgruppen mit je vier Übungen (mehr oder weniger) pro Abend, die beiden Muskelgruppen jeweils abwechselnd, man nennt ihn auch das Pendelelend, nein Pendelende.

Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass ich sehr erbaut war, als ich in den Core Bereich zurückkehrte, einige Minuten, nachdem ich ihn verlassen hatte, um festzustellen, dass diese gottverdammten Gewichte, die ich zuvor aufgeräumt hatte, wieder wahllos im Raum verstreut lagen UND DAMIT NICHT GENUG! … Es schienen wieder einige zu fehlen.

Stellt euch nun vor, dass ich dieses Erlebnis auch bei meinem dritten und vierten Besuch im Core Workout hatte, denn ihr erinnert euch bestimmt: Vier Übungen pro Muskelgruppe.

Ich spürte Hass. Abgrundtiefen Hass. Und ich begann nachzudenken: Was könnte die Menschen wohl dazu bringen, ihre scheiß Gewichte nach Benutzung nicht dorthin zu bringen, wo sie verdammt nochmal hingehören. Und ich überlegte, wie ich meine wirklichen Gedanken zensieren konnte, um sie hier zu verschriftlichen. Ich empfehle spätestens an dieser Stelle vielleicht einmal „Ein Affe und ein Pferd“ von K.I.Z. zu hören, falls irgendjemand mit dem musikalischen Ouevre dieser Berliner Kulturschaffenden nicht vertraut sein sollte, um zu verstehen, wie das Aggro-Ende denkt. Nackenklatscher waren da noch das Mindeste, was es gern verteilen würde. Und ich hoffe, es wird mit Blick auf diese Tatsache gewürdigt, wie gewählt ich mich in diesem Beitrag auszudrücken vermag.

Tief in seinem Innersten ist es aber nach wie vor ein Zeilenende, das diesen Blog betreibt, also kam ich natürlich irgendwann zu pragmatischen Erkenntnissen. Ich erkannte zum Beispiel, dass manche Menschen

  • dumm sind, weil sie den zusätzlichen Trainingseffekt des Aufräumens ignorieren.
  • ihr Training überdenken sollten, wenn sie am Ende ihrer Sätze nicht mehr die Kraft haben, ihre Gewichte wegzuräumen.
  • egoistisch sind, weil sie sich die Gewichte bei den Crunches auf die Füße legen, wo sie keinen Zweck erfüllen außer das Gewicht in Beschlag zu nehmen.
  • einen kleinen Penis haben und das kompensieren müssen, indem sie
    • in den Core Workout Bereich schleichen,
    • dort ein Gewicht klauen,
    • es in den Freihantelbereich schleppen,
    • das gestohlene Gewicht ihren Freunden zeigen,
    • sich anschließend imponierend wie ein Gorilla auf die Brust schlagen wollen,
    • das Gewicht dabei loslassen, sodass es
    • ihnen auf die Füße fällt
    • was zu albernem Herumgehüpfe führt
    • während das Gewicht auf Nimmerwiedersehen unter eine Hantelbank rollt.

Hat er jetzt wirklich „kleiner Penis“ geschrieben – war dies das Niveau von Aggro-Ende? Möglicherweise … Wahrscheinlicher aber ist, dass die Wortwahl in Gedanken dabei doch etwas derber war.

Wenn irgendjemand von euch also das nächste Mal einen jung gebliebenen Menschen auf einem Crosstrainer bemerkt, für den er 15 Minuten anstehen musste, und dieser Mensch so aussieht, als schimpfe er innerlich wie ein Rohrspatz, beweist ihm das Gegenteil, indem ihr euch als Mensch mit Gewichte-Problemen vorstellt und die Hosen herunterlasst … Oder überlasst ihm wenigstens euren Platz auf dem Laufband, denn den Cross-Trainer kann das Zeilenende auch auf den Tod nicht ausstehen.

14 Kommentare zu „Über Menschen, die Gewichte-Probleme haben

      1. Ich widerspreche, und sogar vehement – ach, was solls, ich ziehe meinen Einwand zurück. Ich bin zu erschöpft für eine Grundsatzdiskussion über die Begriffe „saulustig“ und insbesondere „Musik“.

        K.I.Z. – tztztztz … 🙂

        Like

  1. Köstlich. Gerade gestern, notgedrungen: „Mehr Wiederholungen, du faule Sau!“. Ich muss schon wieder lachen.
    Danke, Dein Beitrag mich auf bequemste Weise in diese so spezielle Gym-Atmosphäre gebeamt. Bauchmuskeltraining dank wiederholtem Lachen inklusive. Spar ich mir morgen die entsprechenden Einheiten! 😉

    Gefällt 1 Person

  2. Rubrik „Gefundene Sätze“…ich hab zwar heute Janosch bemüht, aber das „Das Zeilenende ist ja gemeinhin als sanftmütiger (Fick dich!), einfühlsamer (Halt’s Maul!) Zeitgenosse (Flachwichser!) bekannt…“ ist das viel schönere Fundstück.
    Schönes Wochenende

    Like

    1. Für die Mittelfinger hoch empfehle ich ja eher Casper, aber weil ich nachher Karten fürs Großstadtgeflüster-Konzert im März kaufe, erfreuen ich mich auch an dem Vorschlag.
      Dennoch war K.I.Z. der Situation angemessener.😁

      Gefällt 1 Person

  3. Ich muss sagen, wenn ich deinen Beitrag so lese hätte ich echt nicht gerne neben dir gestanden. Was zur Hölle, war denn da los bei dir? In Anbetracht dessen, dass jetzt Februar ist merke ich wie leer es eig am Morgen ist. Das Einzige was mich nervt ist, dass konstant zu wenig Kniebeugenracks vorhanden sind (nur zwei). Manchmal wünschte ich die Menschen würden ihre Neujahresvorsätze einfach gleich sein lassen, die meisten verschwinden doch eh wieder… Da müssen sie es doch gar nicht erst versuchen. PS: K.I.Z ernstahaft? 😀 Gut, ich hals Rammstein und Whamhörer sollte wohl nicht mit Steinen werfen

    Like

Datenschutzhinweise: Die Kommentarangaben werden an Auttomatic, USA (die Wordpress-Entwickler) zur Spamprüfung übermittelt und die E-Mailadresse an den Dienst Gravatar (Ebenfalls von Auttomatic), um zu prüfen, ob die Kommentatoren dort ein Profilbild hinterlegt haben. Zu Details hierzu sowie generell zur Verarbeitung Ihrer Daten und Widerrufsmöglichkeiten, verweisen wir Sie auf unsere Datenschutzerklärung. Sie können gerne Pseudonyme und anonyme Angaben hinterlassen.