Über das Suchen

Ich schreibe diese Zeilen natürlich, weil ich nie wieder auf die Frage „Was suchst“ beim Online-Dating antworten möchte.

Ich habe mir heute mal wieder so richtig Mühe gegeben und die Frage gleich 3x beantwortet, mit vorhersehbarem Ergebnis. Ich habe dazu keine Lust mehr und zwar aus vier Gründen:

  1. Fehlt ein „du“ am Ende.
  2. Muss ich immer wieder grübeln, ob da ein Satzzeichen fehlt oder ob jetzt gleich ein Bild folgt, von dem was ich suche.
  3. Ist mit der Information weder dem Fragenden noch mir geholfen.

Dummerweise ist „Was suchst“ der gängige Standard, ein Gespräch zu eröffnen, wenn man sich auf einer Dating-Seite herumtreibt. Ich bin mittlerweile so tolerant, dass ich über die Punkte 1 und 2 hinweg sehen kann und über kleinere Schwächen in der Ausdrucksweise auch. Wer mich persönlich kennt, weiß eventuell, dass ich keinen Deut besser bin, mich regelmäßig verhasple und gelegentlich zu Kraftausdrücken neige. Beim Schreiben hat zwar jedermann die Gelegenheit, seine Ergüsse zurückzuhalten und kritisch zu prüfen, aber was soll’s (und den Kampf gegen die Autokorrektur verliere ich auch regelmäßig).

Was den Punkt 3 angeht, weiß ich nicht, inwiefern ein mir bis dato unbekannter Herr, dessen Aussehen ich manchmal noch nicht kenne (oder nur Waschbärbauch, Bizeps und/oder Füße) dabei helfen soll, meinen Rucksack oder meine Jacke wiederzufinden. Mein Smartphone kann es ja nicht sein, das ich diesmal verlegt habe, das halte ich immerhin in Händen, während ich die Nachricht lese. Alle diese Optionen scheiden als Antworten aus, weil sie nicht zu einem sinnvollen weiteren Gesprächsverlauf führen – und glaubt ja nicht, dass ich das bloß behaupte. Ich habe es experimentell nachgewiesen. Es ist ernüchternd und lohnt der Mühe nicht, ernsthaft auf die Frage zu antworten.

Wer aufmerksam mitgelesen hat, der vermisst möglicherweise den vierten Grund, wieso ich auf die Frage nicht mehr antworten mag. Dafür ist es grundsätzlich wichtig zu wissen, dass ich in Online-Dating-Portalen nach folgenden Dingen suche:

  • Dem Heiligen Gral,
  • Invasoren vom Mars, um die Menschheit an sie zu verraten,
  • meinem Humor.

Und das auch in meinem Profil schreibe. Man sollte also annehmen, dass die betreffenden Menschen mein Profil zur Kenntnis genommen haben, bevor sie mich anschreiben. Andererseits muss ich neidlos anerkennen, dass ich schon ein attraktives Kerlchen bin – wenn ich mir selbst in einer Dating-App begegnen würde, wär mir das Profil auch scheißegal … 😉 Ich wiederhole also gern für Menschen, die mein Aussehen ganz wuschig gemacht hat, wonach ich suche.

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Zumindest in jedes Schlafzimmer passe ich mich ebenso harmonisch ein wie in jede Schublade mit Silber-Blick-Besteck 😉

Dummerweise ist das natürlich ein Test für das, was ich – Achtung, Selbstoffenbarung – suche:

  1. Ich suche Menschen, die geistig mit mir mithalten können. Die es ertragen, dass ich Gedanken nur antippe, im Kopf schon drei Sätze weiter bin als ich Worte gesprochen habe und lachen, weil sie begriffen haben, dass meine wahnsinnige, gemeine oder abgedrehte Bemerkung meinem Humor entspricht. Alles weitere ergibt sich dann von allein.

 

So altmodisch bin ich nämlich doch, dass auch ein One Night Stand vorher zu mehr fähig sein sollte als einer Debatte über das Stroh in meinem Schlafzimmer. Für Waschbärbauch, Bizeps und/oder Füße haben wir dann den Rest der Nacht immer noch Zeit.

Ich habe es nur noch nicht erlebt, dass jemandem das nach einem „Was suchst“ gelungen ist.

P.S.: Ja, ich schreibe bestimmt irgendwann auch wieder über andere Sachen. Seid solange froh, dass ich überhaupt schreibe. 😉

P.P.S.: Ich bekomme durchaus tatsächlich Bilder geschickt, manchmal sogar gänzlich ohne ein einleitendes „Was suchst“ … Sagen wir es so: Das üblicherweise abgebildete Ding habe ich definitiv nicht gesucht. Mein Smartphone ist größer.

5 Kommentare zu „Über das Suchen

      1. Einer, der damit klar kommt reicht ja schon. Nicht hier, sondern andernorts und nicht ich, weil eine in diesem Fall so gar nix bringt 🙂
        Psychohygiene gefällt mir. Vielleicht verwende ich das mal. Aus Gründen meiner psychischen Hygiene bitte ich folgende Männer xxxxx von einer Antwort abzusehen…. klingt doch gut.

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  1. Naja, schweigen vielleicht, weil man da nicht viel zu sagen kann? 🙂

    Ich bin bei dir, dass man auch einen ONS in gewisser Weise sympathisch/auf Wellenlänge finden muss.
    Ich bin nicht mehr in Online-Dating-Plattformen (is das nich so 2000er? Heutzutage hat man Tinder, Grindr, und wie sie alle heißen), aber damals fand ich die Texte in Profilen immer interessant. Einerseits gab’s die Leute, die alles preisgegeben haben (dann wird’s schwierig, die Person anzuschreiben und als Gesprächseinstieg irgendwas zu fragen) und andererseits Leute, die da gar nix geschrieben haben. Aber die, die da eben was anderes geschrieben haben, stachen heraus und haben gerade dadurch mein Interesse geweckt. Hach ja 🙂

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    1. Grindr ist imho nur was für ONS … Und für Schwule hat es seit Urzeiten Gayromeo, das für mich nach wie vor Place To be für alles ist. Und ehrlich gesagt, funktioniere ich eher über den Kopf als übers Auge. Mir ist Profil wichtig, nicht nur unter den Schuhen. 😂

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