Alle reden vom Wetter, ich wette, sogar die Deutsche Bahn tut es. Aber niemand redet von der Jahreszeit. Alles dreht sich um Wärme, Hitze und fehlenden Regeln. Aber niemand spricht über den Sommer, zumindest nicht so wie er es verdient hätte. Lasst uns über den Sommer reden, denn der Sommer ist liebenswert.

Im Gras liegen – Fühlen, träumen, riechen

Wie ist es eigentlich, sich auf einer Wiese hinzulegen und in den Himmel zu blicken? Das geht auf dem Land oder dem kleinen Grünstreifen vor einem historischen Gebäude gleichermaßen gut. Man liegt da und mit ein bisschen Glück beginnt es sofort zu kribbeln. Kleine Insekten erobern deinen Körper und halten dich für einen Teil der Umgebung. Grashalme bohren sich in deinen Rücken, wie es dir mit dem saftigen, weichen Gras des Frühlings nie passieren kann, ebensowenig wie mit dem resignierten Gras des Herbstes. Im Sommer kitzelt dich die Natur.

Über deinem Kopf ziehen Wolken vorüber. Gibt dich keinen Illusionen hin. Es gibt keine wolkenfreien Tage mehr. Zumindest ein paar Schäfchenwolken wirst du am Himmel finden. Oder ein paar Kondensstreifen, denen du hinterherschauen kannst. Wenn du über sie nachdenkst, bist du zugleich auf deiner Sommerwiese und hoch am Himmel.

Atme durch die Nase tief ein und aus. Wann sonst im Jahr liegt der Geruch von trockenen Wiesen in der Luft und erinnert uns daran, dass die schönste Zeit des Jahres angebrochen ist – die Zeit der Sommerferien, von Eis, von Urlaub am Meer und ewiger Glückseligkeit? Viel zu bald wird es doch nach Herbst riechen, der Zeit der Heimkehr ins Haus, der beginnenden Kälte und dem verzweifelten Warten auf noch den kleinsten Sonnenstrahl?

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Sommer oder: Um den Baum herum tollen

 

Leuchten, hören, ewig draußen sein

Das Faszinierende am Sommer ist dies: Ihr setzt euch abends auf die Terrasse, das Helle Licht des Tages schwindet langsam und verwandelt sich erst in einen roten Sonnenuntergang und dann in eine blaue Dämmerung. Die wird langsam dunkler und dunkler, aber nie so richtig schwarz. Dabei bleibt es warm. An keinem Moment musst du daran denken, dir Socken anzuziehen, eine lange Hose oder einen Pullover, weil du zu frieren beginnst. Der Sommer macht die Nacht zum Tage.

Die ganze Nacht wie ein Tag, warum sollte das gut sein? Auch in der Nacht könnt ihr euch auf eine Wiese legen und fühlen, wie ihr auf der Wiese liegt. Ihr könnt in den Himmel schauen und funkelnde Sterne beobachten statt Wolken. Das funktioniert auch in der Stadt. Nur weil es weniger Sterne sind, heißt das nicht, dass sie unspektakulär sind.

Auch in der Nacht liegt der Geruch von Sommer in der Luft, von dem ich nicht genug bekommen kann. Und dann ist da noch das Grillenzirpen, das zuverlässig einsetzt und mich daran erinnert, wie das kleine Zeilenende (also eher ein Wortende) vor dem Haus seiner Oma saß und dort auch stundenlang den Grillen lauschte. Ein ganz besonderes Konzert, das exklusiv im Sommer für euch gespielt wird. Ermöglicht durch die Temperaturen.

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Wem der Sommer zu sonnig ist, kann ihn auch vom Schatten aus genießen

Lasst euch auf den Sommer ein, genießt seine positiven Facetten. Seid kindisch, seid faul, seid verträumt … Oder seid übermütig, wie das Pärchen im Park, dessen Hormone eines Nachts die Sommergefühle erfunden haben. Redet nicht mehr vom Wetter: Redet von einem intensiven Sommer.

18 Kommentare zu „Über den Sommer

  1. Ja, im Optimalfall läuft es so.
    In der Realität hat man einen Vollzeitjob, Haushalt, ggf. noch Kinder zu betreuen und findet keine ruhige Minute im Tagesablauf, um sich ruhig hinzusetzen und zu verschnaufen. Und bei 35°C Wäsche waschen, Kinder baden oder einkaufen müssen, ist einfach scheiße. Vom Versuch bei diesen Temperaturen, ruhig und tief zu schlafen, um nicht am nächsten Tag in der Arbeit wie ein Schluck Wasser in der Kurve am Schreibtisch zu hängen, ganz abzusehen 😉

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    1. Danke. Sprichst mir aus der Seele. Und ich liebe den Sommer im Regelfall. Aber langsam ist bei mir ernsthaft Schicht 😦 und ich hab nur alltag und Kind derzeit und noch keinen Job. Wenn ich mich da jetzt auch noch hinschleppen müsste, würde ich glaube ich einfach umfallen.

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    2. Das mit dem Schlafen ist wahrscheinlich Typfrage. Ich schlafe relativ gut bei dem Wetter, es hätte zumindest sehr viel schlimmer sein können. Bis letzte Woche habe ich auch noch parallel zum Vollzeitjob einen Haushalt und ein Leben führen müssen mit Einkaufen, Wäsche waschen und Kinder ba … Okay, das nicht … Klar, alleinstehend macht sicherlich einiges einfacher, aber in manchen Fällen erfordert die Hitze einfach auch andere Prioritätensetzung. Ich putze beispielsweise momentan nicht mehr … Ist eh vergebliche Liebesmüh und bedeutet Zeitgewinn. 😉

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  2. Ich bin ganz bei roerainrunner. Auch ohne Kinder, dafür mit Tieren. Und bei einer Hitze, die einem regelmäßig übel und schwarz vor Augen werden lässt. Leben (im Gegensatz zu simplem Existieren durch Füllen der Lungen mit Sauerstoff) ist, wenn überhaupt, nur noch in abgedunkelten Räumen oder für wenige Stunden am Tag möglich. Hier sind die Leute so fertig, dass eine Krankheit die nächste jagt. Wir durften uns am Samstag (oder Freitag?) als heißester Ort Deutschlands küren lassen, Mitternacht noch über 30 Grad in der Wohnung. Aus dem Alter, dass ich um Mitternacht auf der Wiese liege und in den Sternenhimmel gugge, bin ich raus, weil 6,5h später der Wecker klingelt und ich mich auf die Arbeit schleppen muss. Was soll ich mit einem Sommer, den ich nicht als solchen nutzen kann? O.O

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    1. Sich nicht drüber beschweren. 😉 Ich habe letztens einen bedenkenswerten Satz gelesen, sinngemäß hieß es da, der Mensch sei dafür gemacht, in der Mittagshitze Antilopen zu jagen, weil die Herde dann ruhe und leichte Beute mache.
      Klar musste der entsprechende Mensch nicht im Büro hocken … Aber die Konsequenz daraus kann doch nicht sein zu jammern, das durchaus nutzbare Wetter zu verdammen, sondern sollte sein sich zu fragen, wie man es einrichten kann, dass man mit dem Wetter zurecht kommt und es trotzdem ein wenig genießen kann.

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      1. Vielleicht ist es bei Dir einfach kühler, aber hier -bei hochoffiziell gemessenen 39 Grad ohne auch nur ein Lüftchen- ist das Wetter für den Normalsterblichen schwer nutzbar. Resp. wie ich bereits erwähnt, werden die Menschen krank, fallen um und dann dürfte es schwerlich sein, ihnen zu erklären, -während man ihnen Luft zufächert -, dass das alles doch echt prima ist … ist immerhin Sommer und so. Ich kann halt dummerweise nicht den ganzen Tag die Füße in einem Eimer Wasser und ein Handtuch auf dem Kopf haben, nicht ins Schwimmbad gehen (weil Arbeit und so) oder mir ein Erdloch graben. Erklär mal den Bauern, sie mögen doch bitte nicht jammern, sondern sich freuen, dass sie dann halt weniger Arbeit haben, wenn die Ernte hinüber ist und den dehydrierten Wildtieren, dass das nun mal survival of the fittest ist. Wir reden hier ja nicht über 26 Grad und Gejammere, weil man den Lieblingspulli nicht mehr anziehen kann. Aber…ich habe durchaus versucht, den Sommer zu nutzen: bereits morgens um 8 (bei leckeren 30 Grad) im Garten gewesen, im Schatten. Abends um 22 Uhr (bei immer noch schwülen 34 Grad) ein bisschen spazieren gehen, auch, wenn man nach 300m die Klamotten auswringen kann. Also drehe ich das alles mal herum: Warum muss ich dem Ganzen auf Biegen und Brechen was Positives abgewinnen? 😉

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          1. Deshalb muss ich aber nicht mit aller Gewalt was Positives daran sehen. Das ist wie mit Brokkoli: „Auch, wenn alle sagen, man soll es essen, weil’s gesund ist, muss ich es noch lange nicht essen, wenn es mir nicht schmeckt.“ Dieser Sommer kotzt mich an und genauso werde ich es der Welt mitteilen. Ändern kann ich es nicht, aber mich dafür diebisch auf die Zeit freuen, wenn es wieder kälter wird, abends früher dunkel und draußen stürmt und regnet. 😀

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            1. Der Unterschied ist: Zu Brokkoli hast du eine Alternative, die zu diesem Sommer ist, wenn du nicht radikal bist und an den Südpol auswanderst, alternativlos. Das ist der Unterschied. Du kannst den Brokkoli auf dem Teller lassen. 😉

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  3. Savoir-vivre 😊 wissen wie es geht ist ganz sicher eine Kunst…aus dem etwas machen was uns das Leben kredenzt…so auch diese Hitzewelle zu wuppen 😅 da jammert ja grad jeder auf seinem, ihm eigenen Niveau…für mich bittschön die 2 vor dem Komma….dann geht‘s 😎

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  4. Mir gefällt dieser Sommer auch ausgesprochen gut. Nur für meinen Garten oder besser die Natur generell hätte ich gern nachts ab und zu etwas Regen. Wenn der Sommer auch das noch hinkriegen würde, wäre er perfekt 😀

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