Schönes verdient Schutz vor Schlägen. Um Schläge gegen Bücher zu verhindern, ist vor langer Zeit deshalb der Schutzumschlag erfunden worden, während man Rabauken, die nicht vom Schlagen lassen wollten, um sie einzuhegen, in Umschlagplätzen hart arbeiten lässt. Man erkennt solche Rabauken an den umgeschlagenen Hosenbeinen, denn sie suchen sich natürlich Alternativen, um schlagen zu können, wo es keine Bücher mehr zu schlagen gibt. Der Buch-Umschlag, ein magisch Ding?

Der Wortherkunft nach macht es uns der Schutzumschlag leicht zu verstehen, welchem Zweck er dient. Er umgibt das Buch und schützt es zumindest rudimentär vor der Unbill des Lebens. Er ist dabei zumindest einigermaßen erfolgreich. Es gelingt dem Schutzumschlag durchaus, Fettfinger vom Leinen des Einbands fern zu halten, während es ihm nicht gelingt, das umhüllende Buch vor den tendentiösen Blick literarischer Lügenbolde und deren ungerechter Verrisse zu schützen. Dabei wäre solch eine Funktion für einen Schutzumschlag sehr viel praktischer als die Sache mit den Fettfingern.

Ein lateinisches Wörterbuch mag noch so langweilig sein, es muss dennoch nicht so aussehen. Negativbeispiel – Von Dr. Marcus Gossler – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Betrachten wir einen neu gekauften typischen Schutzumschlag und das ihn umhüllende Buch, so stellen wir rasch zweierlei fest: Erstens sieht das Buch ohne Schutzumschlag wüst und leer aus und zweitens sieht das Buch mit Schutzumschlag sehr ansprechend aus, ist doch häufig genug der Schutzumschlag ein Kauf-Argument.

Betrachten wir einen benutzten typischen Schutzumschlag und das ihn umhüllende Buch, so stellen wir erneut rasch zweierlei fest: Erstens sieht das Buch ohne Schutzumschlag wüst und leer aus und zweitens sieht das Buch mit Schutzumschlag auch nicht mehr sehr ansprechend aus. Denn der geneigte Leser zieht es nun einmal vor, sein Buch mitzunehmen, wohin ihn seine Füße tragen, es ergeben sich immer Gelegenheiten zum Lesen.

Der Schutzumschlag lässt sich mittragen, ist aber nachtragend, denn früher oder später wird ihm der Geduldsfaden und damit auch das Papier reißen. Oder Kitschen zeigen. Aber immerhin ist das Leinen des Einbands frei von Fettfingern. Es ließe sich an dieser Stelle sagen, dass ein Schutzumschlag den Blick auf etwaige Fettflecke hervorragend überdeckt, der Schutzumschlag sei also ein Sichtschutzumschlag und damit sind wir dem Kern der wahren Bedeutung des Schutzumschlags wahrscheinlich näher gekommen als mit den traditionellen Überlegungen zum Schutz des Buches.

Ein lateinisches Wörterbuch mag noch so langweilig sein, es muss dennoch nicht so aussehen – Positivbeispiel. (Quelle)

Seien wir ehrlich: Niemand von uns schützt mit dem Umschlag das Buch, der Umschlag selbst wird beschützt und gehütet wie ein Augapfel. Das Buch wird wahlweise nur ohne Schutzumschlag transportiert oder mit einer schützenden Hülle um den Schutzumschlag, ein Schutzumschlagschutzumschlag sozusagen, es werden Umschläge für das Buch ohne Schutzumschlag angefertigt, während der originale Schutzumschlag gut geschützt irgendwo anders liegt, das Mindeste aber ist natürlich, dass der geneigte Leser das Buch beim Lesen auf dem heimischen Sofa von seinem Schutzumschlag befreit und legt ihn auf den Schonbezug seines Sofas.

Zumindest ich für meinen Teil halte es so und leide viel mehr unter einem eingerissenen Schutzumschlag als einem speckigen Buchdeckel, denn den kann ich verstecken und habe im Bücherregal das kunstvoll gestaltete Titelbild erhalten, das mein Buch ursprünglich zierte. Wie haltet ihr es: Schützt ihr mit dem Umschlag das Buch oder schützt ihr den Umschlag vor seiner namentlichen Aufgabe?

11 Kommentare zu „Über Schutzumschläge

  1. Sehr ausführlich 😉 und gelesen trotz geklauter Stunde. Mich nervt der SU bei eigenen Büchern, also ab damit und guuut weg gelegt, wobei gut bedeuten soll: wieder auffindbar, nur leider meist das Gegenteil der Fall ist. Dafür dann eines von den Dingen, die man findet, wenn man gerade nach etwas anderem wichtigen sucht: „Wo hab ich nochmal den Minischraubendreher für die Brille abgelegt?“.
    Glücklicherweise waren Menschen früher anscheinend anders drauf. Ich hab eine nicht unbedeutende Anzahl von Büchern (geschenkt oder günstig erworben) auf meinem Dachboden in gekennzeichneten Kisten sortiert, die über A….n neue Käufer suchen und finden. Beim Einstellen der Exemplare mit SU bin ich dann doch sehr froh, wenn ersterer vorhanden UND sehr gut erhalten UND das Leinen darunter keine Benutzungsspuren aufweist. Wobei ich bei vielen dieser Bücher den Verdacht habe, dass sie rein aus Prestigegründen im Regal der guten Stube standen. Sowas finde ich rein karmamässig für das Buch wirklich schade.
    Liebe Sonntagsgrüsse

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  2. Kinder und Katzen – ohne Strapazierbezug geht beim Sofa gar nichts (Schonbezug kann ich das nicht mehr nennen 😉 )
    Bei Büchern gilt (unter der Prämisse Kinder im Haus): Alles, was man abnehmen kann, schützt nicht. Deshalb haben Bilderbücher keinen Umschlag – da würden nur Buch und Umschlag separat maltraetiert. Und geteiltes Leid führt in diesem Fall höchstens zu geteiltem Buch und doppeltem Leid.

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  3. Wie schön, dass ich nun die Sicherheit habe, nicht alleine zu sein. Auch ich, entferne natürlich die Schutzumschläge, um sie zu schonen. Solange sie hübscher als das Buch sind, wird das wohl auch so bleiben – eigentlich müsste das Wort geändert werden. Buchgewand oder so ähnlich.

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  4. Die meisten Bücher, die einen Schutzumschlag haben, sind aus der Bücherei. Dieses Bücher sind ja doppelt geschützt. Risse in Schutzumschlägen stören mich auch. Noch schlimmer finde ich es, wenn andere Leser Eslesohren in ausgeliehene Bücher machen. Es gibt doch so viele hübsche Lesezeichen, wobei Fahrkarten auch reichen..

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  5. In meiner Kindheit kam um den Schutzumschlag noch ein selbstgeklebter Folieneinband. Bücher einbinden nannte man das, und es war eine nachmittagfüllende Betätigung an verregneten Nachmittagen. In meinem Regal stehen daher mehrere Langzeitexperimente zur Alterung verschiedener Qualitäten durchsichtiger Plastikfolien. Zu Beginn des Schuljahres, wenn zusätzlich die neu entliehenen Lehrmittel mit einer solchen Hülle zu versehen waren, erfolgte alljährlich eine wahre Orgie des Einbindens.

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  6. Hach schön 🙂 Eine solche Lobeshymne hat er endlich einmal verdient – der Schutzumschlag. Ich hüte ihn auch jeweils wie meinen Augapfel. Von meinen Kindern bekam ich vor langer Zeit einen hübschen selbstgebastelten Schutzumschlag aus Stoff geschenkt. Der ist während der Lesezeit immer ein schöner und ansprechender Schutzumschlag, denn ich mag weder zerfledderte Originalschutzumschläge noch fettige Bucheinbände.

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    1. Das ist natürlich die beste Option. Zumindest wenn man nicht so neurotisch ist wie ich. Ein Schutzumschlag muss für mich nämlich ums Buch passen und darf nicht zu groß sein. Sonst kriegt der kleine Autist in mir Heulkrämpfe. Wer das aushalten kann, ist ein glücklicher Mensch. ☺

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