Es ist schon sehr lange her, dass ich mich ausführlich in 11 Fragen zu mir selbst geäußert hat. Das muss sich zumindest „Kein Menschenfeind“ gedacht haben und warf mir einen „Liebster Award“ zu. Während ich zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich irgendeine Sehenswürdigkeit in München genieße, wo ich mir einen Kurz-Urlaub hin gegönnt habe, wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.
Bevor ihr das tut, muss ich euch aber um Mithilfe bitten: Wie kann man kein Menschenfeind sein, wenn man sich selbst als Misanthrop in Entwicklung bezeichnet? Liegt es daran, dass er noch Hoffnung hat, die Entwicklung möge stoppen oder ist es Feigheit vor der Erkenntnis, dass eine Blume auch dann eine Blume ist, wenn sie noch nicht blüht und ein Menschenfeind ein Menschenfeind ist, auch wenn er die Kunst noch nicht perfektioniert hat?
Die Frage stelle ich mir immer, bevor ich einen der Beiträge des geschätzten Kollegen lese, nur um anschließend festzustellen, dass die Lüge der „Misanthrop in Entwicklung“ ist. Er ist nicht nur kein Misanthrop, er liebt die Menschen auch, er hat nur zuweilen einen allzu klaren Blick auf sie.
Damit hätte ich meinen Nominator vorgestellt und ihn hoffentlich ein wenig belobhudelt, meinen Dank habe ich implizit damit auch kund getan. Da ich niemanden nominieren werde, gehe ich deshalb jetzt zum letzten und wichtigsten Punkt eines solchen Awards über und beantworte die Fragen.
Was ist deine prägendste Erinnerung, die du noch an deine Kindheit hast, und die dir nicht zu privat ist, um hier davon zu erzählen?
Ich beneide Menschen darum, dass sie konkrete Erinnerungen an ihre Vergangenheit haben. Selbst wenn ich mich bemühe, an konkrete Begebenheiten kann ich mich höchstens dann erinnern, wenn ich einen Anker besitze, einen Gegenstand oder die Erinnerung einer anderen Person, um meine eigenen konkreten Erinnerungen abzurufen. Vieles von dem, was länger als zwei Jahre zurückliegt, ist bei mir vorhanden (die Fakten bekomme ich auf die Reihe), aber es ist wie in einem Nebel.
Was meine Kindheit betrifft habe ich also ein paar Bilder im Kopf, die in der Regel aber mit Triggern verbunden sind, ansonsten ist es eine fluffige Erinnerungswolke aus Wärme, Geborgenheit und Glück. Auch wenn ich nicht der emotionalste Mensch auf Erden bin, meine Erinnerungen sind in erster Linie Gefühle, keine konkreten Erinnerungen, wie man sie hier erwarten würde. Extra für euch habe ich aber auch noch mal ein paar Kinderbilder von mir herausgesucht, die ich schon einmal veröffentlicht habe. Unten rechts bin ich der Größere. 😉
Hattest du im Laufe deines Lebens mit fehlendem Selbstvertrauen zu kämpfen – wenn ja, wie bist du damit umgegangen, wenn nicht, warum bist du davon verschont geblieben?
Ja. Und wie ich damit umgehe? Ich habe es bis heute. Ich nehme Erfolge und halte mich an ihnen fest, rede mir mit ihnen ein, dass ich es drauf habe, nur um im nächsten Moment wieder ein verunsichertes Zeilenende zu sein, dass schon ein Problem mit Blickkontakt hat. Wenn man so will, habe ich zur Kenntnis genommen, dass ich nur sehr wenig Selbstvertrauen habe, deshalb habe ich mir eine Rolle zugelegt, die selbstsicher wirkt (und zuweilen überzeugend ist), damit mich deshalb niemand für irre hält. Ansonsten habe ich mich aber darin eingerichtet, nichts sonderlich gut hinzubekommen und habe lieber meine Ansprüche gesenkt.
Kommt es häufiger vor, dass du es nicht schaffst, alles zu erledigen, was du dir für den Tag vorgenommen hast, und kannst du das dann so annehmen, oder ärgerst du dich über dich selbst, weil du hättest produktiver sein können?
Ich denke darüber nach, mir keine To-Do-Listen mehr zu schreiben, weil es mich so sehr ärgert. Weniger, dass ich hätte produktiver sein können, sondern dass mein Körper sich nicht so anstellen soll (Muskelkater oder Kater? Also wirklich, Körper, wir sind doch noch nicht alt!) oder die Anderen, die einem immer in die Parade fahren, nachdem man so schöne Pläne geschmiedet hat. Das ärgert mich sogar noch mehr. Am (Muskel-)Kater bin ich ja wenigstens noch selbst schuld.
Andererseits habe ich mittlerweile ein wenig Gelassenheit gelernt. Mein Grundproblem ist ja, dass ich nicht unproduktiv rumsitzen kann. Und das heißt auch: Ich kann nicht einen ganzen Tag mit Gammeln im Bett, Lesen, Seriengucken und Haste-nicht-gesehen verbringen. Zumindest konnte ich das lange Zeit nicht. Mittlerweile geht es besser. Muss dieses Alter sein.
Bist du zufrieden damit, wie dein Leben sich entwickelt hat, auch wenn du früher vielleicht andere Vorstellungen davon hattest, was du erreichen willst?
Ja. Aus verschiedenen Gründen. Unter anderem weil ich mich davon verabschiedet habe, von meinem Leben eine positive Entwicklung zu erwarten oder besser: Ansprüche an mein Leben zu haben, in welche Richtung es sich entwickeln soll über einen Zeitraum von vielleicht mehr als drei bis sechs Monaten. Das ist mein Denk- und Planungshorizont. Mit allem was darüber hinausgeht, will ich mich ehrlich gesagt nicht beschäftigen, zumindest privat nicht. Das hängt vielleicht mit meinen bisherigen Lebenserfahrungen zusammen und kann sich wieder ändern, ist aber derzeit sehr befreiend.
Zum Anderen habe ich gelernt: Wenn mir was in meinem Leben nicht passt, kann ich es entweder ändern oder ich muss über meine Einstellung nachdenken. Ich habe mir also angewöhnt, streng zu mir zu sein und mir gleichzeitig eine gewisse „Fick-dich“-Attitüde zugelegt, die es mir erlaubt, manche Sachen schlicht zu ignorieren.
Hast du ein Mantra, welches dir dabei hilft, dich konzentrieren zu können, wenn das dir gerade schwer fällt, und woraus hast du das zusammengesetzt?
Jain. Ich habe kein Mantra im Yoga-Sinne und ich habe vor allen Dingen kein Mantra für jede Lebenslage. Wenn ich mich aufs Schreiben konzentrieren muss und meine Gedanken wandern, höre ich oft Sido. Funktioniert, auch wenn ich nicht weiß, wieso. Aber grundsätzlich habe ich keine Probleme, mich durch puren Willen auf eine Aufgabe zu konzentrieren, bis der neuralgische Punkt überschritten ist, an dem der Wille bricht und auch kein Mantra mehr hilft.
Wenn ich mich aufrege oder gestresst bin, habe ich aber auch „den einen Satz“: „Ich bin ein Gänseblümchen.“ Funktioniert. Drei Mal reicht meistens. Dann fühle ich mich zwar nicht wie ein Gänseblümchen aber wie ein Ackerschachtelhalm. Dem ist es auch egal, ob er sich durch Erde hochgräbt oder durch eine Asphalt-Decke.
Nimmst du dir von Zeit zu Zeit bewusst einen Moment Ruhe, um dich erholen zu können, oder wirst du nur hibbelig, wenn deine Hände gerade nichts zu tun haben?
Habe ich doch glatt oben schon vorweg genommen. Ich nehme mir Momente der Ruhe, in denen brauche ich aber etwas Beruhigendes zu tun. Ein Buch lesen, durch die Gegend gehen, fotografieren, eine Kippe rauchen (es beginnt schon mit dem unheimlich meditativen Vorgang des Drehens) oder zumindest einen Kaffee trinken. Einfach Augen schließen und nichts tun, kann ich nicht. Mein Kopf muss abgelenkt werden, um zur Ruhe zu kommen.
Was mich immer ein wenig in Probleme stürzt, wenn ich mit jemandem verabredet bin. Tendentiell bin ich überpünktlich, durchaus eine Viertelstunde und mehr. Und warten ist ganz schlimm. Da kann ich zum Kettenraucher werden.
Ist dir einmal etwas sehr peinlich gewesen?
Manchmal ist mir sogar peinlich, was ich hier in einzelnen Artikeln schreibe und lediglich die Tatsache, dass die Peinlichkeit schon in der Welt ist, hindert mich daran, sie wieder zu löschen. Denn wenn jemand merkt, dass ich Peinlichkeiten verschwinden lasse, dann wäre mir das noch peinlicher. Grundsätzlich gilt wahrscheinlich: Je weniger Selbstbewusstsein man aufbringen kann, desto mehr Alltäglichkeiten sind einem schon peinlich. Klassisches Beispiel sowohl fürs fehlende Selbstbewusstsein (als auch das Einreden von welchem):
Lange Zeit war mir die bloße Tatsache, nackt gesehen zu werden, auch peinlich. Das hat sich gemildert, seitdem ich regelmäßig ins Fitness-Studio gehe und da dusche. Desensibilisierungs-Methode quasi. Es hat aber ein halbes Jahr gedauert, bis ich einigermaßen unbefangen war und nicht gefühlt mit hochrotem Kopf durch die Gegend gelaufen bin. Ich gehöre immer noch zu den Menschen, die mit Handtuch um die Hüften im Duschtrakt verschwinden, aber ich habe zumindest nicht das Bedürfnis, in Unterhosen duschen zu gehen. Und ich ziehe meine Unterwäsche auch nicht mit umgebundem Handtuch an oder aus. Letztes Wochenende bin ich dann sogar den halben Tag nackt durch die Wohnung gelaufen. Mal wieder ein Zeichen dafür, dass man über den Dingen stehen sollte, die einem peinlich sind.
Gehen die Pläne, die du schmiedest, in der Regel auf, oder treten ständig Probleme auf, die deinen Plan kaputt machen?
Kein Plan überlebt den Kontakt mit der Realität. Das ist eine goldene Regel, die man sich immer wieder bewusst machen sollte, damit es nicht allzu frustrierend ist.
Zugegeben, es mag ein wenig feige klingen, wie ich das Problem für mich gelöst habe, keine langfristigen Pläne zu machen (von ein wenig Altersvorsorge und einem Bausparvertrag einmal abgesehen), aber es hilft gegen die zuvor genannte Frustration, wenn der Plan mit der Realität interagiert und anschließend kollabiert. Aber hey: Was aus den Plänen dann wird, wenn sie erst einmal kollabiert sind, ist oft wunderbar. Es ist nur entschieden zu anstrengend, sich ständig darauf einstellen zu müssen, dass alles anders kommt als erwartet. Wer sich die Erwartungen spart, gewinnt Zeit und Lebensqualität.
Hast du genügend Zeit, dich um deine Herzensprojekte zu kümmern, oder hättest du lieber einen 48-Stunden-Tag?
Als notorisch rastloser Mensh habe ich ohnehin nie genug Zeit. Wie ihr als meine Leser*innen merkt, bin ich dennoch gezwungen, Prioritäten zu setzen. Ich habe faktisch nicht genug Zeit, um all das zu tun, was ich tun will. Oder genauer: Nicht die Energie, denn unter sieben, besser sind acht, Stunden Schlaf werde ich unausstehlich (es sei denn, es ist Restalkohol im Spiel).
Andererseits: Auch wenn ich doppelt so viel Zeit hätte, wäremir nicht geholfen, denn dann würde ich mir so viele neue Herzensprojekte suchen, dass die Zeit wieder nicht reichen würde und ich erneut Prioritäten setzen müsste. Es wäre also nichts gewonnen, wenn meine Tage länger würden. Von daher darf gern alles so bleiben wie es ist, sodass ich meinen Zeitmangel weiterhin gut verwalten kann.
Was trinkst du am häufigsten – Tee, Kaffee, Wasser, Bier? Oder doch Energy Drinks?
In diesem Blog geht es immer mal wieder um meinen Hang zum Exzess in jeder Lebenslage und um meine Freude am Rausch. Ein Schelm, wer denkt, ich würde jetzt etwas anderes sagen als Bier oder Jägermeister, gell?
Dummerweise habe ich in den letzten drei Wochen einen Jägermeister getrunken und vielleicht drei Liter Bier. Ich war also einigermaßen anständig. Tatsächlich trinke ich wohl am meisten Wasser, drei bis vier Liter am Tag. Koffeinhaltige Getränke (Kaffee, schwarz und stark, Cola, kalt und zuckerfrei) kommen aber sehr knapp dahinter. Das sind die drei Getränke, die ich täglich trinke. Tee trinke ich selten, ebenso wie Saft, Ayran nur nach einer Zecherei, also häufiger als Tee oder Saft, Energy Drinks tatsächlich nie, weil ich den Gummibärchensaft nicht mag.
Wann gehst du abends ins Bett, und wie früh klingelt morgens dein Wecker?
Ich bin Frühaufsteher und brauche sieben bis acht Stunden Schlaf. Ich stehe unter der Woche also um 6 Uhr auf und gehe zwischen 22 und 23 Uhr ins Bett.
Am Wochenende hängt es immer davon ab, wie munter ich binund ob ich Bock habe, tanzen zu gehen oder nicht. Ich schreibe das hier zum Beispiel am Samstag Abend um 23:00. Ich lümmel mich auf dem Sofa und bin nur noch wach, weil ich die zweite Staffel Defiance zu Ende schauen will und es genieße, sturmfrei zu haben. Dennoch gehe ich in einer halben Stunde ins Bett und werde wohl irgendwann zwischen 7 und 8 wach werden. Wenn im Radio ein interessanter Beitrag läuft, bleibe ich noch ein wenig liegen, ansonsten stehe ich dann auf, weil ich unproduktives Herumliegen nicht ausstehen kann.
Es hätte aber auch passieren können, dass ich in die Stadt gehe, um morgens um 6 ins Bett zu gehen. Und dann hängt es von der Helligkeit ab, wann ich zwischen 12 und 24 Uhr wieder wach werde. 😇
In diesem Sinne wünsche ich euch eine gute Nacht … und einen guten Morgen, weil ich diesen Beitrag auf acht Uhr morgens terminieren werde. Da bin ich bestimmt schon wach und schlage Zeit tot, bis ich Bock auf Frühstück habe.
Lieber Zeilenende, ich denke, tatsächlich stehst du darauf, wenn deine Pläne funktionieren, denn du bist sehr akribisch veranlagt und solche Menschen bedenken fast alle Unebenheiten bevor ein Plan in die Tat umgesetzt wird, aber damit eher locker umzugehen ist schon eine feine Philosophie 🙂
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Tatsächlich ist es bei Plänen oft tödlich, zu akribisch zu planen. Zumindest sofern andere Menschen involviert sind. Die sind furchtbar unberechenbar.
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Oh ja, da sind Tiere leichter zu integrieren 😉
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wünsche eine gute harmonische Woche, Klaus
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