Buch-Date ist, wenn Blogger*innen sich Bücher empfehlen, ohne eine große Ahnung zu haben, was man eigentlich empfehlen soll. Ich weiß nicht, wie es anderen Teilnehmer*innen geht, aber für mich ist jetzt der kitzlige Moment beim Buch-Date.

Es ist wie im richtigen Leben. Man hat das Profil des anderen Menschen gesehen, womöglich Nachrichten ausgetauscht und jetzt wird es ernst. Funktioniert das, was über Nachrichten geklappt hat, auch im persönlichen Kontakt? Findet man sich überhaupt sympathisch? Ein erstes Treffen kann schon vor dem ersten Wort zum Scheitern verurteilt sein oder schon vor dem ersten Wort ganz eindeutig ein großartiges Treffen werden, weil der erste Eindruck passt. Wahrscheinlich sind die Menschen vor solchen ersten Begegnungen immer so nervös, gleich ob es ein Treffen in romantischer Absicht ist oder nicht.

Diese lange Vorrede braucht es, denn noch nervöser als vor solche einem ersten Treffen fühle ich mich vor meinem Date mit Myriade. Das liegt an ihren Angaben:

LIEBLINGSAUTOREN: habe ich keine oder sehr viele, auf jeden Fall kann ich aber keine 3 nennen.
LIEBLINGSGENRE: habe ich auch keines. Ich lese quer durch die Landschaft mit Ausnahme von siehe unten
WAS ICH GAR NICHT LESEN MAG: Schnulziges, Action (endlose Autoverfolgungsjagden und Schießereien uä ),
BÜCHER, DIE ICH KÜRZLICH GELESEN HABE:
H.P Lovecraft „Der Fall Charles Dexter Ward“
Lizzie Doron „Das Schweigen meiner Mutter“
Henning Mankell „Treibsand“
Hendrik GROEN „The secret diary of Hendrik Groen, 83 1/4 years old“

und beispielsweise an dem, was sie in Daggis Bücher-Challenge 2016 gelesen hat. „Moment“, mag das geneigte Publikum nun denken. „Liebes Zeilenende, du nennst deine drei Lieblings-Autoren auch nur aus Gewohnheit, damit du etwas nennen kannst und du hast zwar ein Lieblings-Genre, aber auch das ist der Gewohnheit geschuldet. Ebenso magst du weder Schnulzen noch Action und du könntest hier sogar Sachbücher empfehlen.“

Aber genau das ist das Problem.

Ich unterstelle Myriade eine ähnliche Wahllosigkeit wie mir, nur dass meine Science Fiction bei ihr die Krimi-/Thriller-Ecke ist. Und wie jeder weiß, der ehrlich zu sich ist: Mit sich selbst ein Date zu haben ist das drittschlimmste auf Erden. Es wird nur getoppt durch:

  1. Mit sich selbst verheiratet sein und
  2. in Düsseldorf leben müssen.

Dementsprechend kann ich gar nicht anders als dumm herum zu labern, denn ich habe ein wenig Angst vor diesem Augenblick der Empfehlung. Ich würde gern eine ganze Schachtel Zigaretten rauchen, glaube aber nicht, dass ich die 21 Glimmstängel gleichzeitig in den Mund bekomme. Eigentlich würde ich lieber weiter unverbindliche Textnachrichten austauschen, aber da vorn sehe ich sie kommen. Hey, Myriade, schön dich mal persönlich zu sehen. Ich habe dir drei Bücher mitgebracht, die ich dir hiermit ans Herz und zur Auswahl für dein persönliches Buch-Date lege.

Holger, die Waldfee von Lars Ruppel

Ich mache aus meiner Abscheu der Lyrik gegenüber nur selten einen Hehl. Umso erstaunlicher finde ich es immer wieder, wenn mich ein Dichter doch einmal begeistert. In den letzten Jahren ist es Poetry Slammern gelungen, mir die Dichtung zumindest auf Youtube zu einem Vergnügen zu machen. Lars Ruppel ist dies auch geschrieben gelungen, denn seine Texte haben Witz und Rhythmus. Ich bin in einem Hotelzimmer auf und ab gegangen und habe für mich deklamiert, was Ruppel gereimt hat. Ich hoffe, auch dir geht er ins Blut.

Der Kapitän von C. S. Forester

Mit klassischer Abenteuerliteratur kann man schwerlich etwas falsch machen. „Der Kapitän“ ist das erste Abenteuer, das C. S. Forester über seinen Horatio Hornblower verfasst hat. Auch wenn es story-chronologisch nicht am Anfang steht, ist es literarisch doch der Auftakt einer ganz besonderen Karriere dieses Marine-Offiziers im napoleonisch bedrohten Großbritannien.

„Der Kapitän“, gemeinsam mit den beiden Nachfolgebänden Vorlage für den Spielfilm „Des Königs Admiral“ zeigt einen Helden, der nicht brutal ist, nicht übermäßig selbstsicher, aber dennoch ein überzeugender Anführer und brillanter Geist, der zwar Abenteuer erlebt aber so gar nicht der typische Protagonist eines Abenteuer-Romans, der dennoch das Kunststück vollbringt, ein wesentlich größeres Schiff als seine eigene Lydia zu nehmen … Und ein wenig – sehr amüsant zu lesenden – amouröse Andeutungen bietet „Der Kapitän“ auch – erneut in für Abenteuer-Romane eher untypische Art.

Die Sterntagebücher von Stanislaw Lem

Ja, Siegfried Lenz fühlt sich wahrscheinlich diskriminiert, weil ich Lars Ruppel meinem dritten Lieblings-Autoren vorgezogen habe. Aber ich dachte mir, man könne ruhig einmal abseitige Literatur empfehlen – eben Lyrik und wie in diesem Fall zusätzlich ein wenig Science Fiction.

Über die Sterntagebücher ließe sich viel sagen. Zu viel mag ich aber gar nicht sagen. Nur so viel: In dieser Sammlung von Kurzgeschichten brilliert Stanislaw Lem als unterhaltsamer Erzähler, der seinen Held Ijon Tichy in allerlei absurde Szenarien geraten lässt. Haufenweise Paradoxa warten darauf, bekämpft zu werden. Es gibt Zeitreisen, kosmische Bürokratie, eine sehr logische Erklärung dafür, wie das Universum entstehen konnte und so weiter und so fort. Die Sterntagebücher sind vielleicht Lems bestes Werk, denn sie verbinden Science Fiction, Humor und sehr tiefgründige Gedanken über die Natur der Dinge ohne dass man davon Kopfschmerzen bekommt. Im Gegenteil, man fühlt sich am Ende bestens unterhalten.

 

Nun, Myriade – haben wir ein Date?

13 Kommentare zu „Drei Bücher, stellvertretend für eine Myriade Möglichkeiten

  1. Aber sicher doch, mein liebes Zeilenende, wir haben ein Date ! Ich habe mich schon richtig darauf gefreut, von dir etwas empfohlen zu bekommen, allerdings hätte ich mich aus sehr ähnlichen Gründen wie du etwas davor gefürchtet, dir etwas zu empfehlen 🙂 Ob ich so einen guten Text dazu hätte schreiben können, sei auch dahingestellt. Und wenn wir schon bei den Geständnissen sind: ich liebe science fiction, wenn auch nicht jedes Produkt des Genres. Das zum Beispiel hat mir letztens sehr gut gefallen https://laparoleaetedonneealhomme.wordpress.com/2017/05/11/aurora/
    Die Wahllosigkeit nehme ich als Kompliment. Ja stimmt ich lese quer durch den Gemüsegarten, wobei mir einige Gemüse aber gar nicht schmecken. Derzeit habe ich auch einen internationalen Gemüsegarten: die literarische Weltreise …
    Danke für die Empfehlungen, ich werde mich demnächst eingehend mit ihnen beschäftigen. herzliche Grüße aus Wien

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    1. Ach … So ein Text ergibt sich automatisch, wenn man das in letzter Zeit ein paar Mal mitgemacht hat. Ich hoffe, du findest was Brauchbares in den Empfehlungen und ja: Wahllosigkeit ist bei mir in Literaturfragen ein Kompliment. ☺

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