Kieler Krimskrams hat vor längerer Zeit einen ungewöhnlichen Liebster-Award zugeworfen bekommen. Ungewöhnlich nicht, weil er anders ist als die anderen Liebsten, sondern weil die Fragen so ungewöhnlich sind. Sie stammen von der Koriandermadame.
Ich nehme den Liebsten – für mich doch ungewöhnlich – auf und beantworte ihn ohne Nominierung. Mit noch ein wenig mehr Ungewöhnlichkeit, denn nach und nach, mit jedem Beitrag eine Frage. Heute geht es um Sonne, es ging bereits um Schmerz und Angst.
Warum? Weil! Weil es am Ende eben so ist, dass weil!
Wir bewegen uns bei den Warum-Fragen immer auf gefährlichem Terrain. Das wissen Philosophen ebenso gut wie Eltern kleiner Kinder, die den ganzen Tag über fragen, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Und dann die Begründung hinterfragen. Es kommt irgendwann der Punkt, an dem man wahlweise keine Lust mehr hat zu antworten oder die Antwort selbst nicht mehr kennt.
Das hat mit der Frage zu tun. Bei der Frage nach Phänomenen, also empirischen Tatsachen, gibt es kein Ende. Die „reale Welt“ so wie sie ist, ist einfach. In der realen Welt gibt es kein Gesetz von Ursache und Wirkung. Denn das Kausalgesetz geht davon aus, dass es für jede Wirkung eine Ursache gibt. Die „wirkliche Welt“ wäre damit unendlich: Es gibt keinen Anfang, es gibt kein Ende, denn ich kann für die gegebenen Phänomene immer weitere Ursachen finden. Wenn die reale Welt tatsächlich nach dem Kausalgesetz funktionieren würde, hieße das, sie wäre selbst kein Phänomen. Das wäre schon sehr komisch, wenn für die Gesamtheit der Phänomene, eben die reale Welt, das Kausalgesetz selbst nicht gelten würde.
Das Kausalgesetz wie auch die Realität „existieren“ also irgendwie, aber als „Kausalgesetz“ und „Realität“ nicht unabhängig von uns als Beobachtern und, wichtig, Interpreten. Wir legen die Vorstellung von Ursache und Wirkung erst in das Zeug um uns herum und schaffen damit die „reale Welt“.
Wenn wir nach dem „Warum?“ fragen, kommt somit ein Moment, an dem wir die Empirie verlassen müssen. Wir verlassen sogar früher oder später das Feld, in dem wir eine Antwort geben. Auf die Frage, warum das Kausalgesetz ist, gibt es keine Antwort im herkömmlichen Sinne mehr. In der Tradition war die Antwort „Gott“, der kein Teil der realen Welt ist, sondern unabhängig von ihr die Letztbegründung darstellt.
Das klingt plump, ist aber clever. Denn der Bezug auf Gott leistet, dass wir vernünftig miteinander denken, forschen, sprechen, leben können. Gott ist eben kein Teil der realen Welt, sondern … irgendetwas anderes. Ein konstitutives, unhintergehbares Teil. Oder um mit Kant zu sprechen: Eine Bedingung der Möglichkeit, in diesem Fall vernünftigen Nachdenkens und Forschens über die Welt um uns herum.

Die einzig sinnvolle Möglichkeit, mit ihr umzugehen ist zu sagen: Wir wollen miteinander vernünftig sprechen, unsere Aussagen über die empirische Welt sollen sinnvoll sein und nicht bloß Geräuschproduktion. Aus diesem Grund müssen wir akzeptieren, dass die empirische Welt zunächst einfach ist, ohne dass es dafür einen Grund gibt. Und wir müssen akzeptieren, dass das Kausalgesetz gilt. Nicht, weil es sich als brauchbar erwiesen hat, sondern weil es als logisches Gesetz sinnvolle Aussagen über die „reale Welt“ erlaubt.
Warum allerdings wir wollen, dass wir uns mit anderen Menschen austauschen, sinnvoll miteinander reden, das ist mir auch bis heute ein Rätsel.
Ein Kommentar zu „Die Sonne steht am Himmel, oh warum, oh warum?“