Kieler Krimskrams hat vor längerer Zeit einen ungewöhnlichen Liebster-Award zugeworfen bekommen. Ungewöhnlich nicht, weil er anders ist als die anderen Liebsten, sondern weil die Fragen so ungewöhnlich sind. Sie stammen von der Koriandermadame.

Ich nehme den Liebsten – für mich doch ungewöhnlich – auf und beantworte ihn ohne Nominierung. Mit noch ein wenig mehr Ungewöhnlichkeit, denn nach und nach, mit jedem Beitrag eine Frage. Die haben es, wie gesagt, in sich. Ich finde, das ist eine schöne Beschäftigung für einen Montag (und der reguläre Liebste … Ich bin dran. Tatsache: Mir fehlt momentan die Ruhe zum ausgiebigen Schreiben).

Die Koriander-Madame möchte also wissen, wovor ich Angst habe. Angst, schnaube ich verächtlich, ich habe keine irrationale Angst. Ich habe höchstens begründete Furcht. Doch das stimmt nicht, denn ich habe an der ein oder anderen Stelle im Blog mit Sicherheit durchblicken lassen, dass ich Höhenangst habe – und das nicht zu knapp. Leitern jenseits der zweiten Stufe sind mir ein Graus. Doch das ist eine simple, irrationale, lähmende Angst. Nichts, worüber man sich Sorgen machen muss, solange man nicht ganz einfach und nicht nachvollziehbar irgendwo schreckensstarr herumsteht, weil da ein Abgrund ist.

Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass solche Ängste lässlich sind. Nicht jede Angst, aber eine ausgeprägte Angst vor Schlangen ist in Mitteleuropa vielleicht kein Grund für eine aufwändige Therapie. Die vor Spinnen schon eher, die vor geschlossenen Räumen bestimmt. Das hängt aber immer vom eigenen Typ Angsthase ab, der man ist.

 

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Für dieses Bild musste ich auf einer Brücke stehen bleiben. Ich stelle mich manchmal wirklich heroisch meinen Ängsten.

Viel schlimmer als Angst ist die begründete Furcht. Nicht die, dass es morgen regnet, gewiss nicht. Das ist eher eine Sorge. Das Perfide an der begründeten Furcht ist nämlich, dass sie sich nicht wegtherapieren lässt. Zumindest hoffe ich, dass niemand so wenig Anstand besitzt, begründete Furcht wegtherapieren zu wollen.

Ich spreche von der Furcht, die einen beim Blick in die Lohntüte befallen kann, dort wo etwas über die Einzahlungen in die Rentenversicherung notiert ist. Eine Furcht, die ich nicht habe, weil ich mich nicht so genau zu rechnen traue, was meine Altersanlagen insgesamt auf das Konto bringen werden. Aber es ist ein schönes Beispiel für Furcht.

Ein weiteres schönes Beispiel ist die Furcht, allein zu sein, allein zu bleiben, allein zu sterben. Eine Furcht, die ich nicht teile, weil ich mit mir nicht allein bin, deshalb auch nie allein bleiben werde. Dass ich den Tod fürchte, arroganter Narzisst, der ich bin, ist nichts Neues, aber ich werde nicht allein sterben, weil ich ja mich selbst habe. Der Tod ist aber auch zum Fürchten. Weil er mir mich nimmt und mich mir. Er fordert also mindestens zwei Opfer, potentiell mehr.

Vor Krankheit oder körperlichem Verfall habe ich irritierenderweise keine Angst, ich gehöre sogar zu den Menschen, die Selbstzerstörung auf Raten praktizieren. Das liegt allerdings daran, dass ich gelernt habe: Ein Leben mit Gesundheit als höchstem Gut ist kein gelebtes Leben. Ein Leben mit Genuss als höchstem Gut ebenso wenig. Also braucht es ein wenig Gesundheit und ein wenig schädliches Laster. Ich habe höchstens die Furcht, dass die feine Arithmetik dahinter einmal zu schwanken beginnt.

Bin ich, von ein wenig abstrakter Furcht vor dem Tod und Angst vor Freiheit in großer Höhe, ein Narr, der blind durchs Leben rennt? Womöglich. Aber auch wenn ich gehemmt durchs Leben laufe, oft von Sorgen erfüllt bin, ich kann aber zumindest behaupten, ihm angstfrei und furchtlos die Stirn zu bieten.

19 Kommentare zu „Sag mir, wovor du Angst hast!

  1. Ein frage für die man ruhig etwas ausholen kann und die feinen Unterschiede zu Furcht und Sorge herausarbeiten kann.
    Das heroische Bild ist gelungen und du sicher kein Narr.
    Einen guten Start in die Woche.

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  2. Angst – Furcht – Sorge – ganz toll auseinander klamüsert!!!!

    Wie ich neulich mal erwähnte gibt es nur zwei angeborene Ängste, das ist die Angst vor Höhe, wir können nunmal nicht fliegen, und die Angst vor Lärm, wie schädlich Lärm tatsächlich ist, das beginnen wir gerade erst zu ahnen.

    Das gute an dieser Erkenntnis ist, wie ich finde, dass alle anderen Ängste erlernt sind, wir also die Chance haben diese wieder zu VERlernen 🙂

    Bei mir hat es größtenteils funktioniert, ich hatte knapp drei Jahre lang eine generalisierte Angsterkrankung….war keine schöne Zeit.

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    1. Ich würde sagen, auch die Angst vor Dunkelheit ist tendentiell eine „angeborene“ Angst oder eine im Laufe der Evolution entwickelte Angst, aber darüber kann man sich natürlich streiten. Ich denke aber auch, dass man angeborene Ängste durchaus loswerden kann.
      Und meine Hochachtung, dass du dich deinen Ängsten gestellt und sie überwunden hast. Denn mit sich selbst zu kämpfen, erfordert den größten Mut.

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    1. Ich denke ohnehin sehr selten … Aber wenn ich ihn mir schon einfach schnappe, dann verstoße ich wenigstens richtig gegen die Regeln … Jetzt brauche ich nur wahrscheinlich drei Monate, um Beitrag Nr. 2 zu verfassen. ^^

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