Tante Tex hat zum Story-Samstag aufgerufen. Sie meint, es sei wenig kreativ, mit dem Thema „Vorsatz“ zu arbeiten. Stellt es aber dennoch. Ich wittere Vorsatz dahinter. Deshalb heute auch keine Geschichte.

Der Vorsatz ist ja zurecht in Verruf. Wer mir vorsätzlich vors Schienbein tritt, ist ne fiese Type, wer es fahrlässig macht, ist doof, wer es versehentlich macht, war mit den Gedanken einfach woanders. Menschen, die Vorsätze haben, insbesondere was meine Schienbeine angeht, sind mir suspekt.

Ähnliches gilt für Menschen mit Vorsätzen der neujährigen Art. Da nimmt man sich vor, das Rauchen aufzugeben. Das kann selten versehentlich geschehen – höchstens dann, wenn man keinen Tabak mehr im Haus hat, bettlägerig ist und der Smartphone-Akku leer ist. Menschen, die das Rauchen versehentlich aufgeben, genießen meinen höchsten Respekt, weil ihr Bezug zur Welt sich schon vor langer Zeit in Nebel aufgelöst haben muss und sie in ihrer eigenen Welt leben.

Wer das Rauchen fahrlässig aufgibt, will etwas für seine Gesundheit tun. Er hört auf zu Rauchen, weil es der Gesundheit schadet. Hat er oder sie wahrscheinlich dank der ästhetisch zweifelhaften Bildchen bemerkt. Ich bitte das nicht falsch zu verstehen: Ich mag die Idee. Und die mit den ungeborenen Kindern finde ich so gut umgesetzt, dass ich sehr viel Wert darauf lege, stets diesen Warnhinweis zu bekommen. Und auch die anderen abstrakten Gefahren haben eine clevere Idee zugrunde liegen.

Aber ästhetisch? Ich wünsche mir, Gunther von Hagens bringt eine Sonderedition mit ästhetisch ansprechenden Warnhinweisen raus. „Rauchen macht Ihre Lunge zum Star in meiner Ausstellung“ oder so. Und die schlechte Zahnhygiene auf dem einen Bild erinnert mich auch nur daran, mal wieder einen Termin bei der Zahnärztin meines Vertrauens zu vereinbaren. Das ging wohl nach hinten los.

storysamstag

Mein eigentlicher Punkt war aber die Fahrlässigkeit. Fahrlässig ist der Vorsatz mit der Gesundheit nicht nur, weil man sich munter ein Gummibärchen nach dem anderen reinpfeift, um von der Sucht loszukommen, sondern auch, weil man nun zusätzlich auf den erfrischenden Gang zum Kiosk verzichtet und auf dem Sofa sitzen bleibt. Und weil man plötzlich so viel Zeit hat, die man vorher mit Tabak-Kaufgängen verbracht hat, kommt man auf die Idee, Knödel mit Leberkäs zu machen statt sich schnell eine Möhre zwischen zwei Kippen reinzupfeifen. Und dann isst man das. Die Formel lautet also Weniger Rauchen = (Mehr + Gehaltvoller Essen) ^ weniger Bewegung. Das ist der Gesundheit extrem zuträglich. Auf diese Erkenntnis haben sich unsere fahrlässigen Nicht-mehr-Raucher aber einen doppelten Jägermeister verdient. Prost!

Kriminell wird es bei den vorsätzlichen Nikotin-Verzichtlern. Die bringen den deutschen Staat nämlich um wichtige Steuer-Einnahmen. Die er braucht. Die Autobahnen sind doch völlig marode, da können die Teermillionen des tabak-konsumierenden Volkes doch das ein oder andere Loch stopfen. Und nach dem Ableben kann man die Löcher sogar mit den Lungen des tabak-konsumierenden Volkes stopfen. Da ist unser Bundesverkehrsminister (das ist der mit der Maut für zigarettenschmuggelnde Ausländer zur Finanzierung unserer Autobahnen) einfach noch nicht kreativ genug. Jedenfalls schaden solche Vorsätze unserem Finanzminister. Und da nicht von Vorsätzlichkeit zu sprechen … Sagen wir es so: Der Raucher an und für sich rechtfertigt sich ja gern über die Tabaksteuer, er weiß also ganz genau, was er im Verein mit Sportwettenspieler*innen und Kegelclub-Ausflügler*innen (Schaumweinsteuer!) für das Sozialwesen leistet.

Die Lektion ist also: Wer das Rauchen mit Vorsatz aufgibt, handelt asozial. Und ich fürchte, analog gilt das auch für alle weiteren Vorsätze. Die DAK Baden-Württemberg hat netterweise die Top 10 der beliebtesten Vorsätze der Baden-Württemberger*innen herausgefunden. Da „Rauchen aufgeben“ darin nicht vorkommt, scheint meine Sicht der Dinge mehrheitsfähig zu sein, aber was ist mit dem Rest?

1. Mehr Zeit für Familie und Freunde (60 Prozent)
2. Stress abbauen/vermeiden (58 Prozent)
3. Sport/mehr bewegen (55 Prozent)
4. Mehr Zeit für sich selbst (52 Prozent)
5. Gesünder ernähren (51 Prozent)
6. Sparsamer sein (35 Prozent)
7. Abnehmen (30 Prozent)
8. Weniger Handy, Computer und Internet nutzen (20 Prozent)
9. Weniger fernsehen (17 Prozent)
10. Weniger Alkohol trinken (13 Prozent)

Wer sich vorsätzlich mehr Zeit für die Familie nimmt, ändert die gültige Sozialstruktur in seiner Familie und riskiert damit die Scheidung, wer vorsätzlich Stress abbaut, will weniger effizient arbeiten, wer mehr Sport treiben will, ist vorsätzlich auf verletzungsbedingte Freizeit aus und wer mehr Zeit für sich selbst haben will, der kann nicht mehr Zeit für die Familie haben. Das ist also kein Vorsatz, sondern ein ganz profaner Widerspruch. Alles Weitere mag ich gar nicht kommentieren, ich brauche nämlich noch einen Jägermeister. Weniger Alkohol trinken kalkuliert nämlich nur vorsätzlich darauf, depressiv zu werden.

Vorsätze taugen also nichts. Wer sich mit dem Gedanken trägt, vorsätzlich zu handeln, kommt in Teufels Küche. Das lässt sich nur vermeiden, wenn man den Worten des weisen Jedi-Meister Yoda Folge leistet: „Tu es oder tu es nicht.“ Wer Vorsätze hat, nimmt Anlauf für einen Versuch. Eine ganz dumme Idee das ist. Darauf einen letzten Jägermeister und eine Belohnungs-Kippe. Prost!

15 Kommentare zu „Vorsätzliche Schäden

  1. 😂
    Ich fahr (grad) lässig mit der Bahn und bin sprachlos ob dieser scharf beobachteten Vor- Sätze des Herrn Zeilenende!
    Die Teerlungen-Autobahnflickerei solltest du dir noch patentieren lassen, bevor sie verpufft oder gar von den Politikern aufgegriffen und als eigene Idee unters Volk geworfen wird

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  2. Sehr amüsant geschrieben, musste doch ständig schmunzeln 😉

    Ich selbst habe seit Jahren nur einen einzigen Vorsatz fürs neue Jahr, den ich auch IMMER einhalte, nämlich „ich fasse keine Vorsätze mehr“…..ist das jetzt fahrlässig??????…..grins…

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