Brotbacken ist eigentlich keine Sache für Rezepte, deshalb kamen Brote in meinem Blog zwar immer wieder vor, Brotrezepte allerdings selten. Und erstaunlicherweise taugen die allermeisten meiner Brotrezepte auch nur als Warnhinweis. So auch in dieser Woche.

Ich wollte einmal ein schönes und außergewöhnliches Brot backen, das ohne Sauerteig auskommt. Ich entschied mich deshalb für ein Brotrezept, das keinen klassischen runden oder ovalen Brotlaib vorsah und das den Teig mit Kräutern anreicherte.

  • 50g Butter
  • 1/4l lauwarmes Wasser
  • 25g Hefe
  • 300g Roggenmehl (Typ 1150)
  • 300g Weizenmehl (Typ 405, also das „normale“ Haushaltsmehl)
  • 1 EL Salz
  • Kräuter nach Wahl und Petersilie im Verhältnis 4 Teile Petersilie auf ein Teil sonstige Kräuter

Ich bereitete mich munter vor, zerließ die Butter und vermischte die Hefe mit dem lauwarmen Wasser. Obwohl hier Frischhefe zum Einsatz kommt, benötigt ihr keinen Vorteig. Also in der Theorie. In der Praxis bin ich mir sicher, dass ein Vorteig bessere Resultate zeitigen wird. Da ich für euch aber als Rezeptbeauftragter aktiv bin, habe ich beschlossen: Tun wir, was das Rezept will.

Das Rezept sieht vor, dass ihr außerdem das Roggenmehl und die Hälfte des Weizenmehls miteinander vermischt, um anschließend die Butter und die aufgelöste Hefe hinzuzufügen. Nun soll die Mischung zu einem Teig geknetet werden. Und ihr sollt ihn schlagen, bis er Blasen wirft. Ihr werdet nur leider feststellen, dass der Teig dafür zu fest ist.

Dieser Teig soll nun 50 Minuten gehen. Das war vom Zeitmanagement her leider nicht zu machen. Außerdem war der Teig wie gesagt seeeehr fest. Ich entschied mich deshalb, ihn für 8h in den Kühlschrank zu verbannen. Und in der Tat ist er dort sogar ein wenig aufgegangen. Die Kräuter (ich habe mich für eine Mischung aus Bohnenkraut, Majoran und Oregano entschieden) werden, wenn das Gehen beendet ist, gehackt und mit dem übrigen Weizenmehl vermischt. Und dann folgt der Kraftakt, das restliche Mehl mit den Kräutern unter den Teig zu kneten.

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Die Sache dauert eine ganze Weile und ist mit viel Kraftaufwand verbunden. Am besten gelingt es, den Teig immer wieder platt zu drücken, ihn mit Mehl zu vermischen und ihn gründlich zu falten. In der Zwischenzeit könnt ihr den Ofen auf 190° vorheizen.

Ist alles Mehl in den Teig eingearbeitet, formt ihr einen Runden Laib und drückt ein Loch hinein. Durch kreisende Bewegungen vergrößert ihr das Loch. Ihr könnt dafür anfangs einen Kochlöffelstiel nehmen, später leisten euch die Hände gute Dienste. Wer geschickt ist, kann den Brotring auch packen und mit Drehbewegungen und Schwerkrafteinwirkung operieren, bis sich dieser Brotring bildet (der natürlich nicht einmal entfernt an ein Sitzkissen für Probleme am Rektum erinnert!).

Diesen Brotring sollt ihr laut Rezept noch einmal 20 Minuten gehen lassen. Auch wenn sich der Laib dadurch auch nicht mehr vergrößert, zumindest bei mir nicht.

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Der Brotring kommt für 20-30 Minuten in den Ofen. Das Rezept sieht vor, ihn mit Dampf zu backen, darauf hatte ich allerdings keine Lust. Wie man sieht, gelingt es auch so. Das Brot ist kompakt, aber saftig und schmeckt durch die gewählten Kräuter sehr herzhaft.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Erhöhung des Wasseranteils im Teig eine sinnvolle Sache ist. Das Brot soll ja keine großen Luftblasen haben, sondern einfach locker sein und auch die Mürbheit des Teiges hat ihren Reiz. Den erreicht man aber nur durch den hohen Mehlanteil im Vergleich zum Wasser. Für experimentierfreudige Nachbäcker empfehle ich deshalb, es einmal mit einem Vorteig für die Hefe zu versuchen, die Kühlschrankgare zu verlängern oder den fertig geformten Brotlaib nach der ersten Gare noch einmal längere Zeit im Kühlschrank gehen zu lassen (ggf. knapp 1h bei Zimmertemperatur in der ersten Gare und dann zum Ring geformt bis zu 24h im Kühlschrank die zweite Gare).

Verdient hat das Brot die Experimente in jedem Fall, denn der Geschmack weiß zu überzeugen und die Zubereitung ersetzt ein Guten-Morgen-Workout.

20 Kommentare zu „Das Auge des Brotes

  1. Schluckt Roggenmehl nicht extrem viel Wasser? Und macht den Teig fest? Ich hätt da wohl nochmal 125ml Wasser draufgekippt. Oder Bier. Und die Hefe mit ein bisschen Honig zum Blubbern bringen? Brotrezepte sind gemein, ich verlasse mich nur noch auf Plötzblogrezepte habe ich beschlossen. 😊Alles andere wurde nix.

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    1. Ja, tut es. Der Witz an dem Rezept ist meiner Ansicht nach, dass du nur wegen dieses geringen Wasseranteils zwar den kräftigen Geschmack von Roggen bekommst, aber zugleich eine Mürbheit wie bei einem Pizzateig. Von daher ist das Rezept eigentlich super, es überrascht halt mit seiner Flachheit. ^^

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  2. Ich wundere mich ja immer wieder neu wenn Roggen, auch anteilmäßig, ohne Sauerteig oder Backferment verarbeitet wird – denn das schließt den Roggen doch erst richtig auf für bessere Bekömmlichkeit bzw. lässt den Teig aufgehen…

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    1. Ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass bis zu 30% Roggenanteil problemlos ohne Sauerteig auskommt. Die Frage ist dann bloß, wie bekömmlich es wird. Hier hat das lange Ruhen im Kühlschrank – so vermute ich – dafür gesorgt, dass das Roggenmehl zumindest ein wenig aufgeschlossen und das Brot bekömmlich wurde. Die Hefe hingegen ist mehr zu Aromazwecken drin. Aber ebenso denke ich in diesem Fall, dass das Brot auch nicht aufgehen sollte.

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      1. Eine lange Quellzeit ist auch gut z.B. um das Phytin aufzuspalten, wobei da glaub Zimmertemperatur förderlicher wäre….klar….das das Brot nicht aufgeht ist ja nur rein optisch….mir persönlich würd es halt auch um die Bekömmlichkeit gehen….na ja….und ich bin auch nicht sooooo der Roggenfan 😉

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          1. Dann passt es ja 😀 statistisch gesehen isst Du dann meinen Anteil mit 😉 einst – damals – früher gab es bei uns häufiger Roggensuppe, mit Roggenmehl und als Säure ein saure Sahne Häubchen….ich glaube die würde ich heute nicht mehr mögen…. :-/

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              1. Ja….ich glaube Du könntest glücklich damit werden 😉 damals hatte ich eine Getreidemühle und ihn etwas grober geschrotet. Dann passt es gut mit Gemüse. Man kann aber auch feines Mehl nehmen, dann hat es etwas mehr von Vorsuppe 🙂 grob geschrotet passt es sogar mit etwas Sauerkraut im Süppchen….

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  3. Ein Riesenbagel!

    Netter Nebeneffekt im Vergleich zum Brotlaib: Die Scheibe ist überall gleich groß und der letzte muss nicht so ein Krustenpuffi essen.

    Fehlt nur das Innenansichtsfoto *hat wie immer was zu meckern*

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  4. Vom Foto her sollte man denken, dass es nicht nur gut aussieht, es macht auch einen recht appetitlichen Eindruck. Bei Roggenbrot ist allerdings mein Magen mitunter ein wenig mäkelig . Deine verwendete Kräutermischung gefällt mir dabei sehr gut.

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    1. Und auch gut für den Magen, da alle drei doch eher bittere Kräuter sind. Gerade das Bohnenkraut halte ich ja für zutiefst unterschätzt. Nicht nur am Namensgeber leistet es nämlich gute Dienste. Ich gebe es auch gern an Schmorbraten.

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