Ich bin eigentlich kein großer Fan von Green Arrow im Allgemeinen und von Oliver Queen im Besonderen. Green Arrow war für mich immer der alberne Batman-Abklatsch in schlabberigen Strumpfhosen und mit den ebenso albernen Trickpfeilen. Wenn überhaupt, dann fand ich die Version „Connor Hawke“, der seine Identität als Superheld sucht, wesentlich ansprechender als den etwas schmierigen Playboy Oliver Queen. Für die Comics gilt das weiterhin, die Serie hingegen begeistert mich und zeigt einen wirklich großartigen Oliver-Queen-Green-Arrow.

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Inhalt lt. amazon.de

Arrow beruft sich auf die DC-Comic-Reihe und präsentiert den Milliardär Oliver Queen, der fünf Jahre lang auf einer entlegenen Insel gestrandet war – jetzt kehrt er mit einem geheimnisvollen Plan ins heimatliche Starling City zurück, um mit neuartigen, tödlichen Kampftechniken den Krieg gegen das Verbrechen aufzunehmen. Wenn der Bogenschütze Oliver das Gesetz in die eigene Hand nimmt, maskiert er sich mit einer dunklen Kapuze und geht unerbittlich gegen die korrupten Elemente in der Stadt vor, die einst seinem Vater Unrecht getan haben. Kompliziert wird sein Feldzug durch die dunklen Geheimnisse seiner eigenen Familie, durch Freunde, die selbst Beziehungen zur Unterwelt haben, und durch die Frau, die er liebt, obwohl er ihr einst großes Unrecht getan hat. Von Olivers qualvollen Erfahrungen auf der Insel bis zu Arrows atemberaubenden und listenreichen Großstadteinsätzen bieten die 23 Episoden der ersten Staffel zielgenau alles, was wir von einem Heldenabenteuer erwarten.

Action und Spannung

Arrow hat sich vorgenommen, ein hohes Tempo an den Tag zu legen. Die erste Folge bietet alles, was ein guter Pilot braucht: Ein Geheimnis, eine Agenda, viel Action und ein Mörder-Cliffhanger. Arrow hat auch nicht die typische Serienschwäche, dass die Folgen 2 und 3 gegenüber dem Piloten abfallen, sondern sie halten das Tempo hoch. Die ganze Staffel ist eine Autobahn ohne Stau. Zugegeben, die Geschichten der einzelnen Folgen ähneln sich häufig: Bedrohung, Verbrechen, Green Arrow rettet den Tag, aber das geschieht nur an der Oberfläche. Neben dem konkreten Inhalt der einzelnen Folgen erfahren wir jedes Mal etwas mehr über Oliver Queens Erlebnisse auf der Insel und die Gesamt-Story der Staffel. So werden auch schwächere Einzelfolgen gut erträglich. Die Geschichte kennt keinen Spannungsbogen über die gesamte Staffel, es ist eine Spannungsgerade, die irgendwo in Stabhochsprung-Weltrekordebene hängt. Und für alle Green-Arrow-Skeptiker sei gesagt: Die berüchtigten Trickpfeile spielen in der ersten Staffel eine ausgesprochen untergeordnete Rolle.

Die Geschichte insgesamt ist nett gemacht, auch wenn nie so ganz klar wird, was eigentlich Green Arrows Motivation für sein Tun ist. Er spricht zwar immer vom Vermächtnis seines Vaters, aber er versteht nicht, was es mit diesem Vermächtnis auf sich hat. Das ist ein Makel, allerdings führt er dazu, dass die Geschichte umso spannender wird und das Finale umso größer.

Einen wirklichen Abstrich in Sachen Spannung gibt es lediglich dafür, dass Green Arrow seine geheime Identität verdächtig häufig lüftet. Nach nur drei Folgen weiht er einen ersten Vertrauten ein – nach drei Folgen, in denen er als Waldwichtel durch die Stadt gehüpft ist und nach drei Folgen, die er seinen Vertrauten erst kennt. Damit wird das Klischee des Superhelden, der ständig von Demaskierung bedroht ist, zwar angenehm gebrochen, aber über die gesamte Staffel hinweg geht Ollie mit seiner Doppelidentität für meinen Geschmack etwas zu sorgenfrei um.

Heldentum

Green Arrow ist kein Held, damit ist Arrow keine Superheldenserie. Der grüne Pfeil verfügt ebenso wie Batman ohnehin nicht über Superheldenkräfte und im Unterschied zu Bruce Wayne setzt Oliver Queen auch nicht sein Kapital ein, um Ausrüstung in großem Stil (Batmobil, Batboot, Batraumschiff, Batplanet) zu kaufen. Ja, nicht einmal intellektuell kann Ollie mit der Fledermaus mithalten. Muss er auch gar nicht. Denn obwohl Batman ein Rächer ist, ist er vor Allen Dingen ein Kämpfer für die Gerechtigkeit. Green Arrow ist auch ein Rächer, aber er wird nicht vom Gerechtigkeitsempfinden angetrieben. Sein Antrieb ist, das Vermächtnis seines Vaters zu ehren und (wenn auch nicht explizit gesagt) dessen Tod zu rächen, indem er zu etwas Sinnvollem wird. Dem entspringt auch die Fixierung auf unterschiedliche Ziele: Batman beschützt Gotham City prinzipiell, Green Arrow beschützt Starling City, indem er eine Liste abarbeitet.

Der Unterschied zwischen Green Arrow und Batman sind weniger die Fähigkeiten der beiden, auch die Motivation unterscheidet sich wahrscheinlich nur graduell, aber einen wichtigen Unterschied gibt es: Green Arrow ist wesentlich skrupelloser als Batman es wahrscheinlich je sein könnte. Green Arrow ist brutal, moralisch fragwürdig, eine herausfordernde Hauptfigur. Auch wenn er es bestreitet, hat Quentin Lance nicht unrecht: Green Arrow ist in der ersten Staffel ein Mörder. Mal ist er es bewusst, mal hat er tatsächlich keine andere Wahl (und ist damit kein Mörder, sondern kann sich über mildernde Umstände freuen, aber das ist eine Frage für Juristen). Faktisch ist der wesentliche Unterschied zwischen Batman und Green Arrow aber der Body Count.

Und auch privat ist Ollie kein Held. Während Bruce Wayne ein ordentlich schauspielernder Playboy ist, gibt Ollie den Playboy, der in Wirklichkeit knuddel-kaputt ist. So wie ein gut aussehender Drogenjunkie, den man auch in den Arm nehmen und trösten möchte, damit er die bösen Drogen lässt. Ihr kennt sowas. Bliebe ein letzter Unterschied: Ich habe von Bruce Wayne nie so einen Bullshit-Satz gehört wie von Oliver Queen, der sinngemäß sagt, die Insel habe alles an ihm beseitigt, was er nicht sei und seine wahre Persönlichkeit zum Vorschein gebracht. Das passt natürlich zum Bild des „Knuddel-Kaputten“, der noch erschöpft ist vom langen Weg zu sich selbst, aber mal ehrlich: Menschen haben schon ein Recht darauf, sich zu ändern und zu neuen Menschen zu werden. Das wird auch Green Arrow noch einsehen.

Oberkörper

Das war bislang Nörgelei auf höchstem Niveau und damit mache ich auch weiter, denn Green Arrow ist super. Es ist spannend, es stimmt nachdenklich und es macht Lust auf mehr. Aber Lust ist ein gutes Stichwort. Bilde ich mir das eigentlich nur ein oder gibt es in jeder Folge von Arrow mindestens eine Szene, in der wir den entblößten Oberkörper von Oliver Queen bewundern dürfen, ohne dass es dafür eine inszenatorische Notwendigkeit gibt?

Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen den Oberkörper – von den Narben abgesehen hätte ich den gern selbst … Und sei es als Poster über dem Bett … Aber der exzessive Einsatz wohldefinierter nackter Männeroberkörper ist nur dann legitim, wenn es um Channing Tatum geht, der einen Stripper spielt. Weil Stripper davon leben, (nicht nur) ihre Oberkörper zu entblößen. Im Falle von „Arrow“ ist es mir irgendwann sauer aufgestoßen, weil es reichlich billiger Sexismus ist und in der gleichen Liga wie unmotiviert herumlaufende halbnackte Frauen in den meisten anderen Produktionen spielt. Mehr nackte Männeroberkörper ist nicht ausgleichende Gerechtigkeit, es ist letzlich nur noch mehr Sexismus. Und bevor ich prüde wirke: Man hat an den Anblicken doch sehr viel mehr Spaß, wenn man sie nicht ständig präsentiert bekommt.

Erwähnenswerte Kleinigkeiten

  1. Manchmal möchte man anonym Kontakt zu einer Person aufnehmen. Es ist ein legitimes Mittel, dieser Person ein Mobiltelefon zuzuschicken. Aber warum zum Henker klingelt das Telefon immer in genau dem Augenblick, in dem der Empfänger den Umschlag mit dem Telefon öffnet?
  2. Woher nehmen die ganzen Superheldenstädte eigentlich diese ganzen „Irren der Woche“? Solch eine hohe Psychopathendichte schreit doch danach, das Grundwasser zu untersuchen!
  3. Felicity ist definitiv der unterhaltsamste Sidekick eines Superhelden seit Langem. Noch unterhaltsamer sind nur die blödsinnigen Ausreden, mit denen ihre Dienste in Anspruch genommen werden.
  4. Green Arrow kann so schnell laufen wie ein Motorrad fahren kann. Hatte er Nachhilfe vom Flash?
  5. Green Arrow oder: Wir machen den Nerds Geschenke:
    1. John Barrowman
    2. Huntress
    3. Alex Kingston
    4. Die Stimme von James Callis (Gut, und James Callis selbst … Aber wenn Sex eine Stimme hätte, dann die von James Callis!)

Die Liste ist abgearbeitet

Sowohl die von Oliver Queen als auch meine eigene für diesen Beitrag. Das lässt Fragen offen. Green Arrow wird mit der ersten Staffel als Rächer eingeführt. Seine Aufgabe ist erledigt, aber es wird noch drei (und mehr) weitere Staffeln geben. Die erste Staffel ist gut gemacht, führt die Charaktere ein, versteht sich auf Action und Spannung. Einen Helden entwickelt sie nicht. Das wird die Aufgabe der nächsten Staffeln sein. Aber Staffel 1 macht Lust darauf, Oliver Queens Weg zum Heldendasein zu begleiten. Und die Abenteuer auf der Insel sind auch noch nicht ausgestanden.

7 Kommentare zu „Besprechung: Arrow – Staffel 1

  1. Die erste Staffel liegt bei mir auch noch ungeöffnet herum – jetzt habe ich Lust bekommen, die Packung aufzureißen. Meinen Dank! (Deine „erwähnenswerten Kleinigkeiten“ – allerliebst 🙂 )

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  2. Aber für durchtrainierte Männeroberkörper braucht es doch keinen Grund, um sie herzuzeigen 😉
    Mir scheint das so ein Filmartefakt zu sein, wie die sich küssenden jungen Frauen, die auch nie fehlen dürfen in den Serien (Scrubs, The good wife). Manche finden es prickelnd, andere nervend. So ist für jeden was dabei 😀

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  3. Mich nervte es auch nach zwei weiteren Staffeln nicht, ständig den nackten Oberkörper sehen zu müssen. Ich fand das auch immer legitim dass er mal wieder nackig herum rennen musste. Und ja: Felicity ist genial!

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