Tante Tex hat zum Story-Samstag aufgerufen und mir nicht mehr hingeworfen als ein Wort. „Schlüssel“. Pah. Was soll ich damit? Ein Schlüssel ohne Schloss ist doch nichts wert.

storysamstag

Ich weiß nicht, wie es euch so geht. Habt ihr überhaupt noch oder schon einen Schlüsselbund? Als ich noch jünger war hatte ich nur einen Haustürschlüssel. An einem Schnürsenkel aufgefädelt, damit man ihn sich um den Hals hängen kann, wenn niemand daheim ist, um aufs Klingeln zu reagieren. Daran hat sich recht lang nicht viel bei mir geändert. Der nächste Schlüssel, den man nämlich bekommt, ist meistens der für das eigene Fahrzeug. Einen Mofa- oder Rollerführerschein habe ich nicht, mit 18 kam dann der Automobilführerschein. Und auch das Auto. Aber da hing der Schlüssel immer gesondert am Brett, damit die gesamte Familie Zugriff auf das Gefährt hat. Und man selbst Zugriff auf alle Gefährte der Familie hat.

Einen Schlüsselbund habe ich also erst gebraucht, als ich ausgezogen bin. Ohne Auto. Dafür mit einem Schlüssel für die Haustür, einem für die Wohnungstür und einem für den Briefkasten. Mein Schlüsselbund hat die Evolution aber nur partiell mitgemacht. Bis heute habe ich ein Band, das man sich um den Hals hängen kann. Daran, mit einem Clip zum Abnehmen, baumelt der Schlüsselbund. Ich erlaube mir nur so viel Anarchie, dass ich das Band nicht um den Hals trage, sondern per Schlinge an einer Gürtelschlaufe befestigt ist.

Mein Schlüsselbund wuchs und schrumpfte aber im Laufe der Jahre. In meiner nächsten Wohnung brauchte ich keinen Briefkastenschlüssel mehr, dann reichte ein Haustürschlüssel, nun habe ich wieder einen Briefkastenschlüssel, aber der Wohnungs- ist zugleich der Haustürschlüssel. Hin und wieder kamen noch arbeitsbedingt Schlüssel hinzu und verschwanden auch wieder. Die beiden aktuellen Stuttgart-Schlüssel leisten dem Haustürschlüssel meiner Eltern, der schon zu Kindertagen um meinen Hals hing, Gesellschaft. Auch wenn ich ihn nicht brauche. Irgendwie ist es schön, ihn zu haben. Denn er öffnet ein Schloss.

Ebenso ein Schloss öffnet der Schlüssel meines Fahrradschlosses. Nur leider gibt es kein entsprechendes Fahrrad. Aber das Schloss ist nun einmal da, also hat der Schlüssel seine Berechtigung. Im Unterschied zu zwei anderen, kleineren Schlüsseln. Ich habe eine dunkle Ahnung, welchem Zweck sie dienen. Ich weiß aber, dass ich sie wohl nie wieder brauchen werde. Andererseits: Es muss ein Schloss für sie geben, also kann ich sie nicht entsorgen, nicht wahr?

Nun habe ich hier den Schlüssel von Tante Tex. Ich habe ihn ausprobiert: Es ist nicht der Schlüssel zu ihrer Wohnung. Diese Tür musste ich ganz altmodisch durch Eintreten öffnen. Und auch ihr Tagebuch ließ sich damit nicht öffnen. Was ich sehr enttäuschend fand. Es hat lange gebraucht, bis ich es in der Vorratsdose für Haferflocken endlich gefunden hatte. Das mit der aufgeschlitzten Matratze tut mir übrigens leid, Tex. Aber du musst zugeben, die Matratze wäre ein naheliegenderer Ort als die Haferflockendose.

Wozu gehört also dieser Schlüssel? Oder ist es ein metaphorischer Schlüssel? Der, der meine Kreativität aufschließt? Denn hier sitze ich nun, um mich herum die Füllung einer Kaltschaummatratze, ein zertrümmertes Sparschwein (da war das Tagebuch auch nicht drin, nur ein paar Pfund … Schweinemett) enttopfte Zimmerpflanzen (auch kein Tagebuch, aber das Fensterblatt hat Wurzelfäule), lauter Haferflocken und ein verschlossenes Tagebuch. Aber ich habe natürlich nichts besseres zu tun, als über meinen Schlüsselbund zu sinnieren.

31 Kommentare zu „Schlüssel (Eine Geschichte)

  1. Du warst in der Wohnung von Tante Tex???? Echt? Hast du gar keinen Genierer? Und hat dir noch nie jemand gesagt, dass man über derlei Unternehmungen nicht spricht?
    Womöglich kommt sie dich ihrerseits heimsuchen mit einem General von Schlüssel oder auch nur einem Dietrich.

    Im übrigen wars ein unscheinbares altmodisches Schatzkästchen. Ich hab es vor dir gefunden, weil ich den Zweitschlüssel hatte.
    Tja, Zeilenende, da stand ich wohl am Zeilenanfang und war schneller. Was drin war, verrate ich dir nicht. Hätte dir auch gefallen. Aber leider. Pech gehabt!

    Die meisten Tagebücher haben übrigens so einfache Schlösser, dass man mit einem spitzen Gegenstand und einigem Herumfummeln locker reinkommt. Lassen sich auch wieder unbemerkt verschließen. Hehe.

    Ich ziehe mich jetzt wieder zurück mit meinem Sssschaaaatz!

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      1. Ach was, meine Tagebücher brauchen keinen Schlüssel. Sie schüchtern durch Unleserlichkeit und Trilliarden von Wörtern auf engstem Raum ein. Wer trotzdem glaubt, es wissen zu müssen, sollte auch aushalten, wenn er verrissen wird.

        Es würde dich nicht interessieren: „Liebes Tagebuch! Ich habe gut geschlafen. Es ist ein sonniger Tag. Zeilenende war frech.“ 😉

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  2. Mein Tagebuch ist digital und hat ein Passwort…
    Aber auch ich habe Schlüssel am Schlüsselbund zu Dingen, die ich längst weggeworfen habe.
    Der ausgefallenste Schlüssel wird dekorativ von orangem Plastik geziert. Er gehört zu einem Schloss, dass mir nicht gehört, welches einen Gegenstand schützt, der ebenfalls nicht meiner ist 🙂

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  3. Ich habe nur meine nötigen Schlüßel ( Auto – Haustür / Wohnung – Briefkasten ) an einem kleinen Victorinox All-you-have-there-what-you-need StatementAnhänger 🙂 was ich gar nicht mag sind Ledercover für die Schlüßel….die schlabbern mehr im Weg rum als es wert ist, wenn man die Schlüßel dann braucht….einzig den Schlüßel zu meinem Herzen….den hüte ich gut 😉

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  4. Kleine Bestandsaufnahme. Einige hundert Violinschlüssel ohne Schloss. Mehrere Dutzend Luftschlösser ohne Schlüssel. Und in der Küche ein Saatschlüssel. Nein. Da ist ein Buchstabe verrutscht. Salatschüssel heißt das Ding. Aber die ist wenigstens hübsch bunt. Schüsselbunt. Aber kein Schlüsselbund. 😉

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  5. Da komme ich nichtsahnend heim und mich erwartet Chaos in der Wohnung. Und was zum Teufel hat dir meine unschuldige Matraze getan? Antreten zum Tür reparieren und Haferflocken aufkehren, Herr Zeilenende! Aber dalli! Kein Wunder, dass man hier immer alles wegschließen muss…

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    1. Mhm … Also, wenn du mich fragst, er sieht jetzt mittlerweile eher nach einem Schlüssel für ein Bank-Schließfach aus. Aber vielleicht ist da der Schlüssel für den Kellerschrank drin. Und in dem das Bernsteinzimmer? *hofft*

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      1. Im Kellerschrank dürften tatsächlich Schätze versteckt sein. Aber naja eher so in der „unten bauchig, oben schlank“-Form und dazu einige Kunstoffbausteine zum Türmchenbauen. Ich tippe auf ungefähr drei dieser Konstruktionen. Links daneben befinden sich allerlei Wurfgeschosse mit Blechummantelung. Zu anderen Dingen, u. a. ihrem eigentlichen Verwendungszweck, dürften sie wohl nicht mehr taugen. Tja und der restliche Kram wird sich vor allem hinsichtlich „selbst ist der Mann oder die Frau“ eignen. Darum ist es tatsächlich etwas schade …

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  6. Schlüssel🙈. Unwort des Jahres. Hab letztens meinen Schulschlüssel gesucht. Nassgeschwitzt, Stunden später, wo war er? Handtasche, ganz unten, versteckt. Böser Schlüssel…LG Ela☕

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    1. Oh … Das kenne ich. Ich habe auch einmal gedacht, meinen Arbeitsschlüssel verloren zu haben – meine Arbeitsschlüssel. Für zwei Schließsysteme. Das war auch heiß. Vor allen Dingen wurde er tatsächlich verlegt, meine Mutter hatte ihn an einen neuen Ort gelegt. Und ich durfte drei Stunden leiden … An einem Wochenende. ^^

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  7. Pingback: Tante TeX textet

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