In dieser Woche will das Buch-Fresserchen wissen, ob es Buchreihen oder Bücher gibt, in denen wir die Antagonisten mehr mögen als die eigentlichen Protagonisten des Buches.

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Das notorische Beispiel „Harry Potter“ gilt in meinen Augen nicht, weil die Sympathien der Fans hier Draco und Snape gehören. Draco wird allerdings als Antagonist gekennzeichnet, der zu Anfang durch seine Erziehung geblendet ist und sich mit zunehmendem Alter doch sehr eindeutig selbst vor Ihr-wisst-schon-wem fürchtet und ihm aus Angst folgt. Er ist eher ein Handlanger denn ein Antagonist. Und was Snape angeht, ließe sich über dessen Rolle wohl ein ganzes Buch schreiben.

Auch wenn ich Harry stellenweise ein wenig nervig finde, ist mir in diesen Momenten dann einfach Hermine der liebste Charakter, von daher gilt für Harry Potter: Nö. Es sind die Protagonisten.

Das lässt sich auch allgemeiner sagen. Ich billige die Entscheidung des Autoren, eine bestimmte Figur zum Helden oder Protagonisten zu machen und versetze mich in ihn hinein. Ich mag ihn. Das geht so weit, dass ich sogar bei schurkischen Protagonisten im Laufe der Zeit Sympathien für den bösen Buben entwickle. Wenn ich beginne, mich für den bösen zu fiebern, dann ist das meistens ein Zeichen dafür, dass ich das Buch nicht so toll finde. Dann ist der Protagonist ein schwacher, schlecht geschriebener Charakter. Und auch wenn der Schurke dann durchaus ein Identifikationsangebot darstellt, ärgere ich mich darüber, dass das vorliegende Buch handwerklich schlecht gemacht ist. Von daher habe ich meine Erinnerungen, wann ich einen Schurken jemals sympathischer fand als den Helden einer Geschichte, wohl ziemlich gut verdrängt.

Wie ist es mit euch? Erfreut ihr euch an den strahlenden Helden in der Rüstung oder werdet ihr den Autor*innen untreu und begeistert euch vielleicht regelmäßig für die Gegenspieler?

13 Kommentare zu „Montagsfrage: Mit den Schurken fiebern

  1. gute Frage. Mir geht’s da wie dir, glaube ich. Wenn der Autor es nicht explizit beabsichtigt, ist es kein gutes Zeichen, wenn man mit dem Schurken sympathisiert. In Filmen/Serien ist das wieder was Anderes, da kann man durchaus mal umschwenken. In Büchern sollten die Autoren aber in der Lage sein, ihre Helden und die Antagonisten so zu zeichnen, dass man als Leser nicht abtrünnig wird… können leider nur viel zu wenige. Snape wird für mich übrigens immer mit Alan Rickmann verbunden sein. Deswegen hat der meine immerwährende Bewunderung.

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    1. Serien- und Filmfiguren sind oft auch ambivalenter. Der Erzählmodus funktioniert oft anders. Deshalb habe ich den Bereich ausgeklammert. Zumindest das Buch ist, wo es klassische Prota- und Antagonisten gibt, ja häufig traditioneller. Umso ärgerlicher ist es, wenn es jemand nicht hinbekommt.

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  2. Ich habe einen meiner Antagonisten versucht nicht nur einseitig als Bösen darzustellen. Es ist immer klar, dass er ein eiskalter Schweinehund ist, aber auch in denen steckt ja ein Mensch, der so nicht auf die Welt gekommen ist. Allerdings habe ich mir dafür auch drei Bände Zeit gelassen 😉

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  3. Am besten mag ich ja Bücher, in denen NUR Schurken vorkommen. Denn das ist fast immer ein Zeichen von Wirklichkeitsnähe. 😉 [So im Stil: wusst’ ich’s doch: der Mensch ist schlecht, die Welt ist schlecht…]
    Aber seriös gesagt kann ich mich nicht sonderlich dafür begeistern, wenn zu ausgeprägt schwarzweiß gezeichnet wird. Dafür gibt’s ja schließlich Grimms Märchen. Ansonsten finde ich es essentiell, dass die Charaktere sehr subtil graugestuft sind. Man muss den Antagonisten nicht unbedingt mehr mögen als den Protagonisten – aber man sollte zumindest seinen Werdegang und seine Motive verstehen können. Mir sind beim Lesen die Charaktere oft wichtiger als die eigentliche Geschichte. Also möchte ich mein Verständnis des Menschseins (mit all seinen Rätseln und Abgründen) erweitern. Auf keinen Fall sollte Literatur gleichsam Kraftfutter für eh schon überfressene Vorurteile sein.

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      1. Bei Brecht besteht für mich das Problem, dass ich zwar großen Respekt vor seinem literarischen Können habe, aber mich für sein Werk nicht so wirklich erwärmen kann. Schwarz und Weiß – das klingt für mich nach Schach. Da gibt’s ja auch Dramen mit Damen, und so…

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        1. Man muss halt die Dramen lesen, wo es nur schwarz hat. Im Guten Menschen von Sezuan ist das Böse letztlich unausweichlich. Und sein Galilei ist auch keine wirklich weiße Figur. Aber ich kann verstehen, dass man seinen Zeigefinger nicht mag.

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  4. Hallihallo,
    Ich folge meist dem Autor und bin auf der Seite des Protagonisten. Meist kommt die Handlung erst durch den Gegenspieler zustande, von daher braucht es ihn, auch wenn ich ihn nicht mag.
    Liebste Grüße, Anna

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