Ich backe gern. Ich backe leidlich gut. Dementsprechend habe ich einen gewissen Anspruch, wenn ich erwäge, Kuchen auszugeben. Und so stand ich in der neuen Küche und fuhrwerkte. Heraus kam ein erster Versuch, über den ich in der nächsten Zeit auch noch berichten werde.

Dass das hier nicht chronologisch funktioniert, ist eigentlich nicht dramatisch. Denn meine Backrezepte sind ohnehin nicht sortiert. Der Kuchen aus der letzten Woche wurde Anfang Mai gebacken und teilweise warten noch Rezepte von Mutter Zeilenendes Geburtstag darauf, veröffentlicht zu werden. Manchmal übertreibe ich es eben und produziere an einem Wochenende 25 Torten und 13 Salate, über die ich schreiben könnte. Doch zurück zum Thema.

Ich nahm mir vor, es wäre doch ganz nett, nach zwei Wochen auf der neuen Arbeitsstelle eine erste Probe meines Back-Könnens abzuliefern. Ich entschied mich für ein Gebäck, das man in die Hand nehmen und in kleinen Portionen essen konnte, das außerdem hitzeresistent sei, weil es im Stuttgarter Kessel ein ähnliches Klima hat wie auf dem Merkur im Sommer. Ich blätterte in einem meiner Back-Almanache und entdeckte in der Rubrik „Weihnachtsgebäck“ Mandelecken. Die Zutatenliste ergab, dass das „Weihnachtliche“ wohl Mandeln und Belegkirschen sein sollten. Das fand ich albern und beschloss, Mandelecken zu backen. Ich erwarb die notwendigen Zutaten:

  • 150g Weizenmehl
  • 1/2 gestr. TL Backpulver
  • 65g Zucker
  • 1 Päckchen Vanille-Zucker
  • Salz
  • 1 Ei
  • 65g Butter
  • 2 EL Pflaumenmus

Pflaumenmus war schon eine Variation, weil ich keine Lust auf Aprikosenmarmelade hatte. Ich hatte Lust auf Pflaumenmus. Und weil ich beim Kauf von Marmelade die Reste eine geschlagene Woche auf dem Butterbrot haben würde, entschied ich mich für Pflaumenmus.

Ich gebe zu, an der oberen Stelle habe ich ein wenig geflunkert. Eine dieser Lügen fliegt mir jetzt um die Ohren. Ich habe natürlich keinen Zucker gekauft, ich hatte noch Roh-Rohrzucker da. Den hatte ich mit umgezogen, weil Mutter Zeilenende damit nichts anfangen konnte. Ich verarbeitete ihn deshalb für dieses Rezept, womit sich die besondere Teigfärbung ergibt. Aber ansonsten entspricht alles der Wahrheit, vor Allem natürlich der Kauf eines halben gestrichenen TL Backpulver. Ich vermischte alle trockenen Zutaten, gab dann Butter und Ei dazu, fertigte daraus einen Knetteig und stellte ihn im Kühlschrank kalt.

Dann ging ich erneut einkaufen, weil es nun galt, einen Belag herzustellen. Dafür kaufte ich

  • 100g Butter
  • 100g Zucker
  • 1 Päckchen Vanille-Zucker
  • 2 EL Wasser
  • 200g gehobelte Mandeln
  • 2 EL gemahlene Mandeln
  • 100g rote Belegkirschen.

Erneut habe ich natürlich geflunkert. Regelmäßige Leser*innen meines Blogs wissen nämlich, dass ich statt Belegkirschen getrocknete Süßkirschen erwarb. Ich berichtete. Und auch für diesen Schritt erwarb ich nicht erneut Zucker, sondern verwendete erneut den Roh-Rohrzucker. Insbesondere der Kauf von 2 EL Wasser hingegen … Der ist so wahr wie er wahr sein kann. Ich gab den Zucker, die Butter und das Wasser in einen Topf und zerließ alles vorsichtig. Währenddessen schnitt ich den Belegkirschen-Ersatz in Stücke. In der Packung waren 120g statt der geforderten 100, ich naschte also nebenbei und warf dann, als Butter, Zucker und auch das Wasser endlich flüssig waren, die übrigen Zutaten in den Topf, mischte gut und ließ alles einmal aufkochen.

Zu meiner unbändigen Freude stellte ich fest, dass in dieser WG ein Nudelholz vorhanden war. In meiner letzten WG habe ich mir immer mit einer leeren Weinflasche beholfen, weil ich keinen Platz für ein Nudelholz hatte (Sprach der Mann, der in seiner letzten WG nicht nur eine Küchenmaschine mit allerlei Zubehör stehen hatte, sondern auch 25 verschiedene Backformen lagerte). Damit rollte ich den Teig aus, wie sich hinterher herausstellte, ein wenig zu dünn. Ich bestrich den Boden mit Aprikosenmarmelade, also Pflaumenmus, gab die Mandelmasse auf den Teig und buk bei vorgeheizten 150° für etwa 20 Minuten.

Vielleicht hätte ich mich auch ans Rezept halten sollen. Das sprach von 170-200° bei 20-30 Minuten. Ich hatte bei meinem ersten Kuchenversuch im WG-Ofen aber die Erfahrung gemacht, dass er sehr heizstark ist und wollte nun vorsichtiger sein. Meine Überlegung: Bei normaler Dicke und der Mindestangabe würde mir die Platte verbrennen. Also rolle ich den Teig dünner, damit er knusprig wird und reduziere außerdem die Hitze. Dann könnten die 20 Minuten klappen.

Wie sich herausstellte, kam aus dem Ofen tatsächlich eine wohlduftende Platte. Doch das Zerschneiden erwies sich als schwierig. Der Boden war ein wenig zu bröselig. Der Geschmack stimmte, keine Frage. Doch wollte man diese Mandelecken am Arbeitsplatz essen, würde man die nächsten drei Wochen Kuchenbrösel aus den Tastaturen schütteln können. Sehr zur Freude meiner Mitbewohnerinnen (die gar nicht verstehen konnte, dass ich diese leckeren Ecken als misslungen betrachtete, denn ihr Geschmack war vorzüglich) überließ ich die Mandelecken ihren und meinem Magen. Und irgendwann demnächst backe ich Cookies für meinen „Einstand“. Das kann ich.

37 Kommentare zu „Zweiter Versuch (Keine Mandelecken)

  1. Gibt es das Phänomen des Backzwangs (25 !!! Torten an einem Wochenende)? Ich bin nervlich am Ende, wenn ich eine Torte gemeinsam mit den Kindern gebacken bekomme 😉 Es wäre auf jeden Fall nicht die verwerflichste Zwangshandlung und könnte durch fleißiges Essen fast spurenlos (dank Staubsauger) beseitigt werden.
    Außerdem bin ich mal wieder sprachlos, darüber wie fortschrittlich und gut organisiert deutsche Großstädte sind – da kann man sogar 2 EL Wasser kaufen! Das wäre sicher auch etwas für den Online-Versand. Ich erkenne da eine Marktlücke für Koch- und Backfanatiker 🙂

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    1. Ich hab für das Wasser zugegebenermaßen eine Standleitung zum Erzeuger. 😊 Aber mit Kindern zu backen ist ja noch mal eine ganz andere Herausforderung. Ich kann nur Kinder backen. Mit Rosmarin und Thymian in Blätterteig wickeln, 160 Grad, abgedeckt für 4h. 😉

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      1. Das Rezept stammt vermutlich aus dem bekannten Wald, in dem es so dunkel und auch so bitterkalt ist und in dem einst eine Lebkuchenfanatikerin lebte. Dann gibt es wohl nicht nur Hexenmeister mit übereifrigen Lehrlingen (ui, böse, Goethe) , sondern auch Hexenmeisterinnen mit backexperimentierenden Studenten

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  2. Ich hätte mich gern dazu gesellt und das “missratene“ Teil mit Euch niedergemacht 😉 Es schreit ja förmlich nach sofortigem Verzehr.
    Übrigens … 25 Backformen beeindrucken mich genauso wie die 25 Torten. Oder war davon auch etwas die künstlerische Freiheit des Autors? 😉
    Meinen überzähligen Rohrzucker gibt’s gewöhnlich in den Cappuccino – schmeckt sehr lecker. Das nur als Tipp für Mutter Zeilenende, falls sie denn Cappuccino mag.

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    1. Es sind tatsächlich „nur“ 10 Backformen und 12 Tortelettformen. Aber fast 25. 😉 Was die Kuchen angeht, ist ein Dutzend Sorten Plätzchen und zwei Kuchen aber mal das Resultat eines ausgiebigen Backwochenendes gewesen. An Torten ist das Maximum 4 an einem Tag gewesen.
      Und Mutter Zeilenende trinkt nur Kaffee, schwarz. Ganz der Sohn.

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  3. Das ist aber die Luxusvariante von „leidlich gut“ backen. Wenn selbst „misslungenes“ Backwerk noch mit Genuss verzehrt werden kann. 🙂
    Das Prädikat „leidlich gut“ verleihe ich üblicherweise, wenn:
    Das Haus NICHT abgebrannt ist
    Man KEINEN neuen Backofen benötigt
    Das geplante Backwerk NICHT samt Blech im Sondermüll entsorgt werden muss
    [ Im Klartext: Ich würde mich sicherheitshalber für Mandellecken entscheiden 😉 ]

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  4. Ich habe noch nie so lustige Rezepte gelesen. Ich beginne mich für das Backen wieder zu interessieren. Meine Familie war ja früher oft nicht so begeistert von meinen Kuchen und Torten. Als einer der Söhne einmal fragte, ob ich ihm zum Geburtstag wieder etwas backe oder ob es nicht mal einen richtigen Kuchen (Benjamin-Blümchen-Torte) geben könnte, hatte ich es aufgegeben, immer selbst backen zu wollen. Aber mit deinen Rezepten könnte es wieder klappen mit dem Backen.

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    1. Es ist vor allen Dingen Übungssache. Mir misslingen auch immer noch Sachen, obwohl Iich Routine habe. Aber man bekommt ein Gespür für den Teig, wenn man es regelmäßig macht. Und es macht spätestens dann Spaß, wenn man merkt, daß man Rezepte durchaus ändern kann. Und wenn ich jemanden dazu anstiften kann, dann freue ich mich immer doppelt. Dann war es doch richtig, eher launig vom Backen zu erzählen. 🙂

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  5. Du kokettierst, mein lieber….denn ich finde auch das die Teile passabel aussehen und ganz sicher auch so schmecken 🙂 und Mandelecken ( oder allgemein Nussecken, das wissen wir spätestens seit Gildo Horn 😉 ) gehen IMMER….Frühling – Sommer – Herbst – Winter….quasi eine Ganzjahresköstlichkeit….und wenn sie dann noch knusprig sind….OMG…’schwürdmasagn….Du hast Deinen Arbeitskollegen ganz schön was vorenthalten….

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      1. Du machst das schon richtig! Denn mit jedem Stück setzt man ein Statement, wenn man irgendwo neu ist….und das soll spontan in einer positiven, in dem Fall mundenden, Resonanz liegen 🙂

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  6. Lecker unterhaltsam geschrieben, wie natürlich immer 🙂 Das nächste Mal würde ich doppelt so viel Butter dazu geben, oder noch einen Schuss Milch oder noch ein Ei, dann wird’s auch nicht bröselig. Wobei ich ganz ehrlich sagen muss, dass bröselig doch so herrlich ist, vor allem bei so feinen Eckchen 🙂 Buttrig blättrig bröselig. Ich habe Sabber.
    Mist.
    Bevor du jetzt im nächsten Artikel nämlich behauptest, dass du fett wirst, weil dein Sport nicht den ganzen Ausschussverzehr wett machen kann, wage ich frech zu behaupten, dass dir die Kollegen dein Backwerk auch so aus der Hand gerissen hätten. Investierst du das nächste Mal in ein paar Servietten oder entwendest Teller aus der ansässigen Küche und gut ist.

    🙂

    Alternativ schickst du mir bitte eine Tupperbox davon nach München.

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    1. Ah. Ich habe seit dem Umzug fünf Kilo verloren. Ich jammere demnächst also, dass ich verschwinde. 😅
      Aber ja, mehr Butter und ein Ei wird es werden. Milch finde ich im Mürbeteig nicht so schön. Wird schnell pappig. Es sei denn, man nimmt Quark, dann hat man geschummelten Blätterteig. Nussecken mit Blätterteig als Grundlage …. Mhm …

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