Ich kann backen und ich kann vegan. Die meisten Menschen können vegan (Nudeln mit Tomatensauce, anyone?), es ist ihnen nur nicht bewusst. Weil für sie gilt: Vegan ist bäh. Heute trete ich an, um gleich zwei Vorurteile (mal wieder) zu bekämpfen:

  1. Vegan ist bäh
  2. Vegan backen ist doch unmöglich.

Auch wenn ich beim zweiten Punkt schummle und keinen Kuchen backe.

Mutter Zeilenende verdreht vor Festivitäten immer die Augen, weil eine ihrer Freundinnen Veganerin ist. Sie stellt dann fest, dass man den Tieren doch nichts tue, wenn man ihre Milch und ihre Eier verwende und wie könne man ohne Leder – und vor Allem ohne Wolle – menschenwürdig leben? Mutter Zeilenendes Kindheit war durch Nebenerwerbs-Landwirtschaft geprägt, zur industriellen Landwirtschaft heute hat sie keinen Bezug. Für sie sind Kühe und Hühner grundsätzlich glücklich, wenn irgendwo „Freiland“ draufsteht.

Andererseits besteht Mutter Zeilenende bei Festivitäten auf mindestens zwei Sorten Fleisch und zwei Beilagen, denn: „Was, wenn jemand kein mageres Schweinefleisch mag und auch kein Kartoffelgratin?“ Den Vogel schoss sie ab, als es Ofensteaks aus dem Lummer (mager), Ofensteaks aus dem Nacken (durchwachsen) und einen Hackbraten gab, zuzüglich einem Kartoffelsalat, Brot und zwei Nudelsalaten (weil einer mit Knoblauch und einer ohne Knoblauch ist). Den Reissalat und das Putengeschnetzelte konnte ich ihr gerade so noch ausreden.

Bei solchen Voraussetzungen wundert es nicht, dass Mutter Zeilenende auf ein veganes warmes Hauptgericht besteht, denn der vegane Nudelsalat, das vegane Brot, die diversen veganen Brotbeläge reichen nicht – auch wenn die vegane Freundin dies pflichtschuldig beteuert. Also wird die Aufgabe an das Zeilenende delegiert, sich etwas einfallen zu lassen.

Und der lässt sich etwas einfallen, das auch Nicht-Veganer (was ein Scheiß-Wort ist) mögen. Denn wenn es nach dem Zeilenende ginge, gäbe es auf solchen Festivitäten eine Sorte Fleisch (wenn überhaupt) und wer das nicht mag, hat Pech gehabt. Der kann sich am Gemüse satt essen. Ist sowieso gesünder und wenn ich mir die Proportionen der Anwesenden solcher Festivitäten angucke … Sagen wir so: Es lässt sich ganz gut erkennen, welche Person sich als einzige vegan ernährt. Für den Teig eines veganen Gemüse-Strudels benötigt ihr:

  • 200g Weizenmehl
  • 1 Prise Salz
  • 5EL Wasser
  • 3EL Öl

Für süße Füllungen rate ich dringend zu einem neutralen Öl, es sei denn, ihr habt ein sehr fruchtiges Olivenöl. Dann könntet ihr ein Experiment starten. Da wir einen herzhaften Studel zubereiten und ihn mediterran füllen, ist Olivenöl das Produkt der Wahl. Wir geben alle Zutaten in eine Schüssel, legen Backpapier bereit und bringen auf dem Herd einen Topf mit etwas Wasser zum Kochen. Wir benötigen gleich einen heißen Topf ohne Wasser.

Vermischt die Zutaten miteinander und knetet so lange, bis ihr einen Teig habt. Das ist zwar etwas mühselig, weil der Strudelteig recht trocken und bröselig beginnt, aber nach einigen Minuten solltet ihr eine schöne Teigkugel haben. Macht es mit den Händen, das geht besser als mit dem Mixer. Bei meinem Teig wäre es ohne weitere Wasserzugabe mit dem Handmixer wohl unmöglich gewesen.

Habt ihr eine Teigkugel, nehmt den Topf mit dem nunmehr kochenden Wasser vom Herd, gießt das Wasser ab oder kocht Tee damit, wischt den Topf kurz trocken und legt eure Teigkugel auf dem Backpapier in den Topf. Stellt den Topf beiseite und lasst den Teig eine halbe Stunde lang in der Wärme ruhen.

Euer Teig wird sich in dieser Zeit ein wenig verfärben, wie ihr seht. Nun ist er bereit für die große Show. Strudelteig muss hauchdünn ausgezogen werden. Das klingt schwierig und ich habe es noch nie gemacht, aber es ist mir auf Anhieb gelungen. Also: Keine Panik. Rollt den Teig auf einem bemehlten Küchentuch so dünn wie möglich aus. Eure Zielgröße ist 50*70cm².

Ihr werdet ihn nicht mit dem Nudelholz allein so dünn bekommen, nehme ich an. Fasst den Teig an und nehmt ihn hoch, holt euch am Besten Hilfe von Mutter Zeilenende. Seid nicht zu grob, aber allzu zärtlich müsst ihr auch nicht sein. Das ist ein Strudelteig und keine Groschenheft-Figur. Zieht und zerrt daran, wenn ihr euch traut, zieht den Teig sogar über euren Handrücken, bis er so dünn ist, dass man das Muster des Küchentuchs durch den Teig hindurch erkennen kann. Wenn die Ränder ein wenig dick sind, schneidet sie einfach ab.

An dieser Stelle fragt ihr euch bestimmt: „Zeilenende, womit füllst du den Strudel denn? Du hast doch nichts verraten!“ Das ist richtig und liegt daran, dass ich die Füllung am Tag zuvor improvisiert hatte … Und vergaß, dies in Bildern zu dokumentieren. Ich nahm eine Zucchini und schnitt sie in Viertel und dann in Scheiben, eine Aubergine schnitt ich in Würfel, ein paar Snackpaprika schnitt ich in Ringe und einige Tomaten viertelte ich. Was gelogen ist, weil ich die Gemüseschnippelarbeiten an meine Küchenhilfe, Mutter Zeilenende, delegierte.

Was ich hingegen tat: Ich salzte und pfefferte das Gemüse, gab gehackten Basilikum, Oregano und Thymian hinzu, übergoss alles mit meinem selbst angesetzten Estragon-Öl, ließ Mutter Zeilenende alles mit den Händen gut durchmischen und verbrachte das Gemüse zum Marinieren über Nacht in den Keller. Nun musste ich es nur noch auf dem Strudelteig verteilen und ihn vorsichtig aber bestimmt, unter Zuhilfenahme eines weiteren Paars Händen, aufwickeln.

Ich stellte nach getaner Arbeit fest, dass der Strudel nicht auf mein Blech passte, nicht einmal diagonal. Also legte ich ihn zum Kranz. Steht ja nirgendwo geschrieben, dass ein Strudel Phallusform haben muss. Es heißt zwar „der Strudel“, aber es heißt auch „der Rock“ … Und Röcke in Verbindung mit Phalli sind jenseits von Schottland bis heute nicht gern gesehen.

Der Strudel ist ein genügsames Wesen, es stört ihn nicht, nun einige Stunden auf die Zubereitung warten zu müssen. Er freut sich, wenn es dann so weit ist, auf vorgeheizte 170° Ober-/Unterhitze und möchte im unteren Drittel des Ofens für etwa 50-60 Minuten gebacken werden. Dabei sollte man ihn alle Viertelstunde bis 20 Minuten mit etwas Öl bepinseln. Wenn ihr eure Füllung so wie ich in Öl mariniert habt, werdet ihr spätestens nach 40 Minuten kein Öl von außerhalb mehr zuführen müssen, sondern könnt aus der Mitte des Strudelkranzes nach oben pinseln. Das soll euch aber nicht beunruhigen, der Studel wird dennoch knusprig.

Und auch wenn ich festivitätsbedingt versäumt habe, ein einzelnes Stück abzulichten, seid euch versichert: Er hat nicht nur der Veganerin so gut geschmeckt hat, dass sie sich nach dem Rezept erkundigt hat (obwohl sie sonst ein Rohkost-, Suppen- und Frittenfan ist) … Und dass die Carnivoren sich begeistert um die Reste gekümmert haben.

24 Kommentare zu „Veganes Backen … Nur anders: Gemüsestrudel

  1. Mmmm, lecker! Und den Strudelteig selbst gemacht, alle Achtung! Bei mir klänge die Backanleitung ja so: Strudelteig kaufen, auspacken, … 🙂
    Mutter Zeilenende und meine Mutter weisen in Bezug auf Erinnerungen an massentierhaltungsfreie Bauernhöfe übrigens gewisse Ähnlichkeit auf, ebenso in ihren Schlussfolgerungen daraus… Seufz … Zum Glück sind viele Mahlzeiten sowieso vegan, man darf es nur nicht verraten (sonst Bäh und Diskussion), dann kann man zu Besuch im Elternhaus noch immer die Krautfleckerl oder die Gemüsepizza genießen 🙂

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    1. Ich wollte das eigentlich nur einmal ausprobieren. Ich habe dabei festgestellt, dass Strudelteig wirklich einfach ist.
      Was Mutter Zeilenende angeht, muss ich ihr zugute halten, dass sie Fleisch und Wurst nur beim Schlachter ihres Vertrauens kauft. Was die Sache zumindest weniger dramatisch macht.

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  2. Ich backe ausschließlich vegan und bisher hat genau eine bemerkt, dass dort keine Eier oder Milch verwendet wurden. 😀
    Danke fürs Rezept 🙂

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