Das Buchfresserchen erkundigt sich heute, wie wir mit offenen Enden und Cliffhangern umgehen können. Eine schöne Frage, dafür vielen Dank.

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Die Sache ist gar nicht so einfach. Ich mag offene Enden dann, wenn sie gut sind. Das heißt konkret, dass das Buch ein paar kleine Hinweise gibt, wie es weitergehen könnte, ohne anzudeuten, wie es weitergeht oder noch schlimmer andeutet, dass diese runde Geschichte gar eine Fortsetzung bekommen könnte.

An offenen Enden finde ich nichts grundsätzlich verwerflich. Die Geschichte, die erzählt wird, muss natürlich enden, aber wenn Bücher eine eigene Welt erschaffen, dann werden alle Protagonisten auch nach ihrem Abenteuer ein eigenes Leben weiterführen. Denken wir an Harry Potter ohne das letzte Kapitel: Der Kampf ist aus, die Toten sind tot, aber die Lebenden leben weiter. Die Geschichte ist zu Ende, aber (wie Rowling in ihrem letzten Kapitel wenig überraschend zeigt) alle Charaktere führen ein recht banales Leben. Dennoch wäre Harry Potter auch ohne das letzte Kapitel eine runde Geschichte gewesen.

So gesehen hat jede Geschichte ein mehr oder weniger offenes Ende. So lange alle existentiell wichtigen Fragen beantwortet sind, ist das völlig in Ordnung.

Cliffhanger finde ich dämlich. Zumindest wenn sie allzu krass sind. Zumindest ein Gutteil des aktuellen Handlungsbogens sollte auserzählt sein. Dann kann man die Geschichte des nächsten Bandes gern bereits andeuten, um mich neugierig zu machen, was im nächsten Buch passiert. Aber dennoch finde ich den Trick billig: Eine gute Geschichte trägt sich selbst, auch wenn es eine übergeordnete Geschichte gibt, die über mehrere Bücher erzählt werden muss.

Wenn das Autorenwesen sich an diesen Grundsatz hält, habe ich nach jedem Band einer Reihe oder Serie die Möglichkeit zu entscheiden, ob mich die große Rahmenhandlung noch interessiert oder ob ich nicht weiterlesen will. Der Cliffhanger vor einer Entscheidung oder an einer sehr spannenden Stelle hingegen versucht, mir diese Entscheidung abzunehmen. Nun muss ich in Erwägung ziehen: „Will ich wissen, ob Charakter X jetzt abstürzt oder in letzter Minute Rettung kommt?“, das sich nicht mehr auf die Gesamt-Story bezieht, sondern nur noch eine Frage des Cliffhanger selbst ist. Diese Erzähltechnik verzeihe ich nicht so leicht und wenn mir ein Buch ohnehin nicht so gut gefallen hat, ist ihr Einsatz für mich ein Grund, das Autorenwesen an mir gar nichts mehr verdienen zu lassen.

Und ihr so? Mögt ihr das Spannen der Nerven auf die Streckbank oder findet ihr es doof?

26 Kommentare zu „Offene Cliffhanger (Montagsfrage)

  1. ich mag sie….ausser, wenn ich ewig auf die Fortsetzung warten muss, aber manchmal geben sie mir auch den Rest, danach nicht mehr weiterzuschauen. Bei Büchern erlebe ich es eigentlich nie als negativ!

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  2. Hmz, ja, ich mag das auch nicht so, zumindest die Handlung des Bandes sollte abgeschlossen sein, wenn dann die mehrbändige, zigtausend Seiten umfassende Handlung einen Cliffhanger hat, fuchst mich das auch, aber das erwarte ich schon fast. 😉

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  3. Es kommt schon sehr darauf an, wie so etwas gemacht ist. Grundsätzlich, wenn es gut geschrieben ist, kann ein offenes Ende – ganz unabhängig von einer eventuellen Fortsetzung – sehr attraktiv sein. Man erkennt, worauf es wahrscheinlich hinausläuft – aber das wird nicht ausgeschrieben. Das kommt ja auch oft vor, ohne dass die Geschichte auf Mehrteiligkeit angelegt ist. Und manchmal greift ein Autor Jahre später den Faden wieder auf.
    Wenn die Geschichte aber von Anfang an auf Mehrbändigkeit angelegt ist und ein Buch sozusagen nach dem „Coitus interruptus Prinzip“ mitten in einem Erzählstrang aufhört, nur damit die Leute bei Erscheinen des Folgebandes schnurstracks in die Buchhandlungen rennen… Darauf kann ich gerne verzichten.

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    1. Offene Enden sind das Leben der Literatur. Ein Ende ist selten geschlossen, weil es immer noch Geschichten zu erzählen gibt. Das sehe ich genau so. CI-literatur gefällt mir aber auch. Zumindest als Begriff. 🙂

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  4. Die Montagsfrage kann ich nicht eindeutig beantworten. Wie oft gilt: Es kommt darauf an …
    Wenn ich nach einem Cliffhanger lange warten muss, bis ich erfahre, wie es weitergeht, nervt es mich. Wenn ich aber z.B. eine Trilogie erst lese, wenn alle Teile erschienen sind, macht es mir nix aus.

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  5. Bei Büchern hasse ich sie. Vor allem, wenn es keine Fortsetzung gibt – da werde ich tatsächlich unglaublich sauer. Schön und gut, wenn ich dann selber herumphantasieren kann, dann muss ich aber auch gar nicht erst lesen sondern kann mir anhand ein paar Vorgaben selber Geschichten zusammendenken. Ich weiß, der Vergleich hinkt aber ich fühle mich bei so etwas tatsächlich betrogen und veräppelt. Ich mag angedeutete Enden, da kann ich dann hoffen. Manchmal gibt es auch wirklich nur ein Zwischende und man weiß nicht, wie es danach weiter geht, das finde ich aber in Ordnung, weil zumindest momentan ein zufriedenstellender (für mich als Leser) Zustand herrscht. In Serien kann (und muss) ich (leider) mit Cliffhangern leben. Aber da ich mittlerweile so viele Serien schaue, kann ich die Wartezeit immer ganz gut überbrücken 🙂

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  6. Mir geht es da ähnlich wie Dir. Cliffhanger mag ich nicht, lese aber auch keine Reihen. Offene Enden finde ich gut, wenn sie denn gut gemacht sind und man nicht einfach nur das Gefühl hat, es würde ein Kapitel fehlen.

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