Reden wir über die kleinen Freuden im Leben, reden wir über Schokolade. Oder Nudeln mit Tomatensauce. Meinetwegen reden wir auch über Burger, aber dann bitte nur aus frisch gehacktem Rindfleisch, von 40 Jungfrauen fußgeformt und auf der Glut eines Feuers gegrillt, das vom Holz heiliger Bäume (Weißdorn, Linde, Yggdrasil gibt ein unvergleichliches Aroma!) gespeist wird. Über die Burgerbrötchen und die Beilagen schweigen wir lieber. Denn heute soll es einmal um die kleinen leckeren kulinarischen Verbrechen gehen, die wir so gern vor Anderen verheimlichen.

Als Kind hatte ich eine Phase, die ich rückblickend die Nutella-und-Salami-Phase nennen möchte. Sie zeichnete sich nicht nur dadurch aus, dass ich ein altkluges Kind mit experimentierfreudigem Wesen war. Zugegebenermaßen zeichnete sich diese Phase aber vor allem durch Experimentierfreude aus. Wir haben Feuerwerks-Kreiselringe um Äste gehängt und angezündet, um Sterne in den Bäumen zu erzeugen. Das funktionierte in etwa 50% der Fälle. Der Ausschuss lag allerdings in der mangelnden Qualität des Feuerwerks begründet.

salami-nutella
Offenbar bin ich aber nicht der Einzige mit dieser Leidenschaft, gefunden bei Ralph Gunesch (@felgenralle)

Ich war auch kulinarisch sehr experimentierfreudig und habe Orangensaft mit Pfeffer angereichert, vergeblich versucht, aus Buttermilch und Reis Buttermilchreis zu kochen oder Salami mit Nutella auf dem Butterbrot zu kombinieren. Während ich von der ersten Variante abrate, von der zweiten Variante dringend abrate, sei starken Mägen die Nutella-Salami-Kombination ans Herz gelegt. Die Salzigkeit einer Salami kombiniert mit der Süße von Nutella ist eine sehr … nunja … interessante Kombination. Gewöhnungsbedürftig und verdauungstraktschädigend, aber interessant. Und letztlich bestehen sowohl Salami als auch Nutella zu jeweils 105% aus Fett. In der Konsequenz esst ihr also bloß ein Butterbrot, das zu 210% aus Fett besteht … Oder so.

Der Buttermilchreis hingegen war ein Reinfall. Buttermilch zu kochen ist eine der dümmsten Ideen, die man haben kann, denn sie besteht im Wesentlichen aus Eiweiß, dass rasch ausflockt, klumpt, anbrennt und zudem durch den Erhitzungsprozess noch saurer wird. Heraus kommt ein schleimiges Etwas, das man noch nicht einmal englischen Mägen zum Frühstück servieren möchte. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich bin ein großer Fan des englischen Frühstücks.

MAGGI Ravioli in Tomatensauce, 800 g
Quelle

Als Kontinentaleuropäer ist es wahrscheinlich eine ebenso große Sünde, dies zuzugeben. Irritierenderweise ist es gesellschaftlich akzeptabler, hin und wieder eine Dose mit Ravioli zu verspeisen, womöglich kalt, als sich am köstlichen Aroma gebratenen Specks, fettiger Würstchen, saftigen Rühreis, dreier Dosen Baked Beans mit einer Alibischeibe Toast und einem herrlich klebrigen Porridge zu erfreuen. Lediglich über den Tee als Begleitung haben wir zu reden. Kein noch so guter Tee ist besser als die lausigste, schwarz gefärbte Automatenbrühe, die entfernt Ähnlichkeit mit Kaffee hat.

© Wikipedia / joadl / Cc-by-sa-3.0-at

 

Kulinarisch gesehen hat auch manches Gemüse und Gewürz hierzulande einen schweren Stand, weil es mit Armut oder Abscheu verbunden wird. Manchmal, wenn ich schlechte Laune ob der Familie habe, koche ich Eintopf. In den kommen dann Steckrübe, Sellerie (sowohl in Knollen- als auch Staudenform) und Fenchel hinein. Abgeschmeckt wird er mit einer Mischung aus Kümmel und Anis. Scheinheilig biete ich natürlich allen vorbeikommenden Familienmitgliedern an, etwas von meinem schmackhaften Gericht zu probieren. Die entsetzten Gesichter, die bei den Ausdünstungen meines Topfes panisch reißaus nehmen, versöhnen mich mit der Tatsache, dass viel zu häufig der Geruch von Maggi-Tütensuppe oder Knorr Fix in der Küche liegt, das bei mir wiederum für eine Invertierung der Magenschleimhaut sorgt.

Bis hierher mag sich die geneigte Leserschaft gefragt haben, wo – abgesehen von der Nutella-Salami-Kombination – eigentlich die wahren kulinarischen Verbrechen stecken. Will das Zeilenende uns jetzt auch noch mit Handkäs oder dem daraus herstellbaren Kochkäse kommen, den wir mittlerweile als regionale Spezialität zu schätzen wissen, statt ihn in Bausch und Bogen als widerwärtiges Arme-Leute-Essen zu verdammen? Nichts liegt mir ferner! Eigentlich ist dies nur das Präludium, um euch einzulullen. Damit wäre dieser Beitrag das einzige Wiegenlied mit Vorspiel, das ich kenne.

Insbesondere der Fenchel ist eine Knolle, die Anstoß erregt – Quelle (gemeinfrei)

In der benachbarten Region, nennen wir sie Usingen, denn so heißt sie mundartlich, wenn auch nicht amtlich, geht es derber zu. Die Region ist nicht mit der gleichnamigen Stadt im Taunus zu verwechseln, vielmehr liegt sie im Westerwald. Und der Wäller ist ein komischer Mensch, der seinen Streuselkuchen gerne mit Sahnehering belegt. Bevorzugterweise tut er dies auf Leichenschmäusen. Hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass zu lang gelagerte Leichen ähnlich riechen wie Sahnehering, während der Streuselkuchen an die krümelige Erde auf dem Grab erinnern soll. Wie dem auch sei – es gibt die merkwürdigsten kulinarischen Gewohnheiten unter der Sonne. Das sage ich mir jeden Samstag.

Denn jeden Samstag erfreue ich mich an der Weichheit eines Weckchens, das mit der Saftigkeit von getrockneten Trauben gemeinsam ein Rosinenbrötchen bildet. Dieses Rosinenbrötchen, frisch vom Bäcker, leicht gebräunt, aber nicht zu lang gebacken, dass es krustig wird, harrt jeden Samstag morgen auf meinem Frühstücksteller. Während die eine Hälfte sich auf einen Belag aus Marmelade und Schichtkäse freuen darf, damit erschreckend konventionell und konservativ belegt wird, darf die Süße dieses Brötchen auf der anderen Hälfte eine Allianz eingehen mit der leicht schmierigen Würze und groben Derbheit einer groben Leberwurst.

Sorgsam streiche ich sie auf die Hälfte des Brötchens, das die meisten Rosinen enthält, betrachte es andächtig, rieche die Gewürze der Leberwurst und die Süße des Milchteiges, öffne meinen Mund und beiße hinein. Das darf natürlich niemand erfahren, aber mein Gaumen ist nie so glücklich wie am Samstagmorgen beim Frühstück.

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64 Kommentare zu „Kulinarik

  1. Nun ja, mit Wurst muss man mir als Vegetarier (nunmehr seit 23,5 Jahren) nicht kommen. Aber ein englisches Frühstück mag ich auch sehr gerne: Baked Beans, gebratene Eier, angekohlte Champignons, Cereals… Dazu noch frisches Obst: Perfekt!

    Aber hat nicht jeder von uns die eine oder andere Mampf-Marotte? Ich kann z.B. Sauere Apfelringe sehr gut mit Schoko-Erdnüssen kombinieren. Das macht meinem Magen gar nichts aus. 😎

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  2. lach mich weg….
    Wir haben in den Jugendfreizeiten immer gewettet, wer am meisten Nutellabrote mit Rollmops verdrücken kann….nun ja, gewonnen habe ich nie, aber ich war nicht schlecht. Und soooo schlimm fand ich es auch wieder nicht. 🙂

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  3. Ich habe tapfer durchgehalten und vom ersten bis letzen Buchstaben auf zunächst noch schlummernden Magen gelesen. Mittlerweile hat er sich mit dem Gaumen zusammengeschlossen. Sie drohen mir mit Hungerszreik, sollte ich es wagen….

    Dabei kenne und schätze ich die ein oder andere interessante Verirrung auch. Aber derart geballt sind sie mir doch kaum erträglich. Was habe ich/wir dir getan?

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  4. Den Fenchel würde ich so essen und mit dem englischen Frühstück hätte ich ebenfalls kein Problem, nichtmal mit dem obligatorischen Tee (wenn es hinterher noch einen Kaffee gibt 😀 ). Die Nutella und Salami Kombination ist mir dann aber doch zu ungewöhnlich 😀

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  5. Ha! Bevor wir uns auf eine vegetarische Lebensweise umgestellt haben, zählten Rosinenmürbchen mit Leberwurst ebenfalls zu meinen Favoriten! Das fanden manche schon fast pervers! Liebe Grüße, Achim

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  6. Haha, das erinnert mich an unser Frühstück vor ein paar Tagen. Der 5jährige hatte eine etwas „gewöhnungsbedürftige“ Laune und dann neigt er immer dazu, sich seltsame Sachen auszudenken. In diesem Fall bestand er darauf, unbedingt eine Scheibe Wurst auf sein Schokobrot legen zu wollen. Ich wollte, dass er das zuerst mit einem kleinen Stück probiert, doch wenn er erst mal WIIIILL, dann WIIILL er.
    Ich sagte ihm, dass er das dann essen muss, egal ob er es mag oder nicht und klatschte die Wurst auf die Schoggi.
    Ha! Man konnte dabeizusehen, wie seine Zähne immer länger wurden und das Gemisch im Mund immer mehr. ‚Bloss nicht an die Geschmacksnerven kommen, bloß nicht an die Geschmacksnerven kommen‘, war der Sohn ganz Konzentration.
    Mit einer nie gesehenen Todesverachtung schluckte er den letzten Bissen herunter, verschwand vom Tisch und verlangte seither nie wieder nach dieser Kombination. Aber natürlich hat es ihm auf meine Nachfrage „gut geschmeckt!“ 😂
    Ich mag salzige Karamellschokolade. Den Grosspack konnte ich hier daheim allein verputzen, und die angewiderten Blicke meiner Mitbewohner liess ich an mir abprallen *bäääm*.

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  7. Salamibrot schmeckt gut mit Marmelade und Rosinenbrötchen mit Leberwurst? Warum nicht 😉 Es ist übrigens auch unmöglich aus Kaba eine brauchbare flüssige Schokolade zu machen, denn irgendwann löst sich das Pulver nicht mehr auf und schmeckt dann ebenfalls zweifelhaft, nicht so, dass es ein Sechsjähriger nicht doch noch löffeln würde, aber eben nur einmal 😀

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  8. ….und ich sehe manche meiner Crossover Kombis schon als abwegig an….nun denn….Salami mit Nutella…wer’s mag mag’s mögen….allemal besser als die knorpeligen Schweinsöhrchen, die ein Facebook Freund uns regelmäßig vor die ( virtuelle ) Nase hält….mit Bild…..wuuuuuuäääääääähhhhhh…..vielleicht bin ich da aber auch zu sehr Mainstream….who knows…..

    Abgesehen davon finde ich ja das solche Dinge irgendwie auch mit Erinnerungen verknüpft sind. Irgend etwas muss da in der Kindheit schie… also schön verlaufen sein das es solche Geschmacksverirr… …ver… also …schönerungen gibt…..nä…. :-/

    ( ganz dick Butter auf’s Rosinenbrötchen streich und meine Portion Leberwurst zum Zeilenende rüber schieb )

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  9. Meine Mutter kocht eine gar widerliche Buttermilchsuppe mit Nudeln. Ich renne bei ihrem Anblick schreiend davon, aber für meine Eltern ist diese Suppe ein Hochgenuss. Da bleibe ich lieber bei meinem Brötchen mit Käse und Marmelade. Oder Kartoffelpüree mit Ketchup. 😉

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  10. Endlich mal was lustiges über das Essen. Humor geht bei diesem Thema so schnell verloren. Ich gestehe: ich denke gerne an das Lapskaus, das es in meiner Kindheit (Hamburg) oft gab, zurück. Und heute liebe ich es ab und zu, mein Inneres Kind mit Miraculi (Klassiker) zu füttern. Nutella (ohne Salami) würde ich aus dem Glas löffeln, wenn ich es mir kaufen würde. Das sollte ich aus gesundheitlichen Gründen lieber lassen, gönne es mir aber ganz, ganz selten doch. Und dann wird der Löffel herausgeholt!

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    1. Bei mir ist essen immer eine lustige Angelegenheit. 😉 Labskaus mag ich auch, allerdings nur ohne Fisch. Ich hätte gerade richtig Bock drauf. Und um deiner Gesundheit willen: Lass uns das Nutella Glas teilen. *holt den Löffel*

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  11. Also, Nutella mit Butter, jederzeit, aber wie soll ich sagen? Wurst und Nutella, da verstündest du dich mit einer guten Freundin von mir, die futtert das auch, und ähnliche Merkwürdigkeiten mehr. Wobei, in letzter Zeit ist sie da artiger geworden. ^^‘

    Nene, da futtere ich lieber meine sauren Gürcken direkt ausm Glas. 😀

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  12. Full English Breakfast ist ne feine Sache (gabs zudem letztes Wochenende bei uns) mit der Einschränkung, dass der Black Pudding beim Metzger bleiben darf! 😀

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  13. Passt den Camenbert mit Preisselbeeren und Gouda mit Marmelade dann in die Abteilung Salami mit Nutella? Und ist man dann vielleicht sofort schwanger? Fragen über Fragen….. :-)))

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