Mir war heute nach einem akademischen Titel. Bevor ihr in Scharen weglauft: Ich analysiere heute Popsongs. Genau genommen analysiere ich drei Popsongs und prangere den Neo-Biedermeier an. Dies hier ist eine Abrechnung mit Namikas „Lieblingsmensch“, Stereoacts „Die immer lacht“ und EFFs „Stimme“. Ich muss mich empören.

In der Bahnhofskioskliteratur ist der Biedermeier mit der „Landlust“ bereits seit einiger Zeit wieder präsent. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass Menschen, die die Landlust lesen und Aussteigerträume hegen, nicht alternativ oder avantgardistisch sind, sondern lediglich selbstoptimierte Biedermeier: Aussteigen ja, aber bitte ohne große Mühen (sie brechen in ihren eigenen Garten aus und noch nicht einmal nach Bora-Bora) und dennoch bitte möglichst perfekt und damit unter großen Mühen. Wie der Biedermeier geht es also in die Innerlichkeit, inneres Exil, zugleich verbindet es sich mit einem geradezu unheimlichen Wunsch nach der überall herrschenden Selbstoptimierung, weil das Idyll bitte ein perfektes Idyll sein soll. In das man unglaublich viel Energie steckt.

Das historische Vorbild des Biedermeier funktionierte ähnlich: In einer Zeit immenser politischer Repression (mit Napoleon ist das Projekt der Emanzipation des Bürgertums vorerst gescheitert, die Restauration erweist sich spätestens seit der Karlsbader Beschlüsse als System tyrannischer Unterdrückungsregime) und dennoch ist die Situation politisch unübersichtlich. Die Ideale der Französischen Revolution werden zur Triebfeder der Studentenbewegungen und damit des Liberalismus einerseits, als Reaktion auf die Morgendämmerung des Kapitalismus zum Kristallisationspunkt des Kommunismus. Kurz: Ideengeschichtlich tut sich viel Neues, aber der Staat klopft jedem auf die Finger, der am Neuen mittun will. Der Deutsche Michel entscheidet sich dazu, zu gärtnern und kitschige Besinnungsverse zu drechseln.

Ich könnte jetzt den Histomaten* anwerfen, um zu zeigen, dass wir uns wieder auf der gleichen Seite der Geschichte befinden. Ein neuer Nationalismus klopft ebenso an die Türen unseres politischen Ideentempels wie ein politischer Islam, die Politik in Europa versucht sich an der Restauration idyllischer Phasen der Europäischen Einigung, die von Menschen auf der Flucht empfindlich gestört wird, etc. Und um die Produktionsweisen noch beizumengen haben wir Industrie 4.0 und zunehmende Digitalisierung des Dienstleistungssektors. Andererseits taugt der Histomat nicht viel. Jede historische Epoche hat ihre eigenen Geltungsbedingungen. Man kann aus der Vergangenheit zwar Lehren für die Zukunft entnehmen, aber sie liefert keine Rezepte, wie die gewünschte Zukunft zu erreichen ist – höchstens in dem Sinne, dass man von gewissen Vorgehensweisen vielleicht die Finger lassen sollte. Das ist übrigens auch eine Lehre aus der Geschichte.

(*Kurz für Historischer Materialismus, um dessen maschinengleichen Automatismus zu betonen. Der Histomat ist eine Theorie, mit der der Marxismus erklärt, warum die Welt so ist, wie sie ist. Auch bekannt als: Mantik, Kaffeesatzleserei, Blödsinn.)

Was dennoch möglich und geboten ist: Das Radioprogramm zu kritisieren. Bereits im letzten Jahr traf mich regelmäßig der Schlag, wenn ich aus Versehen an den Einschaltknopf des Radios kam und mir Namika

Hallo Lieblingsmensch!
Ein Riesenkompliment, dafür dass du mich so gut kennst.
Bei dir kann ich ich sein,
verträumt und verrückt sein

entgegenschleuderte. Spontan drehte sich mir der Magen um, ich rollte mich krampfgeschüttelt über den Boden und betete zu Pete Seeger, er möge mich von diesen Qualen befreien. Glücklicherweise dauerte das Lied nur etwas über drei Minuten und ich war erlöst.

Am „Lieblingsmenschen“ stören mich zwei Dinge, die sich aber exzellent in meine „Landlust“-Diagnose einfügen. Da wären zum einen die hohlen Phrasen und Allgemeinplätze („Ich brauch gar nichts sagen, ein Blick reicht“, „Zeiten ändern sich und wir uns gleich mit.“, „Und die Plörre von der Tanke, schmeckt wie Kaffee auf Hawaii“) die mit schlimmstem musikalischem Kitsch überzuckert werden (ich sag nur Geigenklänge). Nicht nur, dass Namika sich ins idyllische Paradies hinfort-träumt (Hawaii), aus dem Text spricht – und das wird gern übersehen – ein gewisser Egoismus.

Wie sich dieser Lieblingsmensch so fühlt, erfahren wir nicht. Ich hatte einmal das zweifelhafte Vergnügen, zu solch einem Lieblingsmensch erklärt zu werden. Während der Andere sich unglaublich darüber freut, dass der Lieblingsmensch immer da ist, immer versteht, immer aufbaut, immer auf der Seite von Namika steht, verliert er all seine eigene Persönlichkeit. Er wird zur Funktion gemacht. Er ist das Ventil, an dem die am Leben verzweifelnde Namika sich ausleben kann ohne Rücksicht auf ihren Lieblingsmensch, denn bei dem kann sie sie sein. Keinerlei Zurückhaltung oder Rücksichtnahme dem Lieblingsmenschen gegenüber ist für sie nötig. Was eine Respektlosigkeit ist, weil es dem Lieblingsmenschen die eigenen Bedürfnisse abspricht. Eine Freundschaft basiert aber – zumindest meiner Erfahrung nach – auf Augenhöhe und gegenseitiger Rücksichtnahme. Man denkt den Anderen jeweils mit und gibt sich nicht hemmungslos seinem eigenen Weltschmerz hin. Das ist gesteigerter Biedermeier: Früher haben solche Nervensägen wie Namika noch Gedichte geschrieben, wenn sie Weltschmerz haben. Während Namika das auch heute noch tut, verstehe ich die Begeisterung für das Lied so, dass dort draußen eine Vielzahl an Menschen herumläuft, die ganz egoistisch ihren Lieblingsmenschen suchen, um sich bei ihm auszukotzen. „Leute, schreibt doch Gedichte!“ möchte man rufen. Oder Blog. Wenn ich euch belästige, seid ihr nämlich selber Schuld. Ihr lest das.

Hielt ich das bislang für eine solitäre Geschmacksverirrung, traf mich erneut der Schlag, als ich dachte, mit der Lieblingsmenschelei sei es vorbei. Ich schaltete das Radio an und erneut erschlug mich finsterster Biedermeier.

Hör auf die Stimme, hör was sie sagt, sie war immer da, komm, hör auf ihren Rat

Hör auf die Stimme, sie macht dich stark, sie will dass du’s schaffst

Okay, ich halte die innere Stimme, zumindest wenn sie Biedermeiergedichte wie „Stimme“ schreibt, für keinen guten Ratgeber. Ich will das Bauchgefühl nicht verteufeln, aber Namikas Problem ist, dass sie sich nur ihrem Bauchgefühl hingibt. Sie verzweifelt an der Welt, von der sie sich völlig entfremdet fühlt und weint darüber bittere Tränen, um sich dann bei ihrem Lieblingsmenschen auszulassen und ihn als emotionalen Blitzableiter zu benutzen.Wenn deine Stimme dir den Rat gibt, weinerlich in der Ecke zu sitzen, ist das kein guter Rat, auch wenn er von der Stimme stammt. Wenn die Stimme dir sagt, dass die Welt doof ist und du von der Brücke springen solltest, dann hat das Zeilenende einen besseren Rat auf Basis kritischer Reflektion: Robbie Williams hören. Der sagt zum Thema „Wenn du lost und gebeutelt bist“ (das ist auch so eine kitschige Wendung für die ich den Neo-Biedermeier jetzt schon hasse) einen Rat: „If you’re lost, hurt, tired and lonely […] something beautiful will come your way“. (Robbie Williams – Something beautiful) Und er macht bessere Musik als unsere Neobiedermeier-Barden.

Merke: Neobiedermeier ist ausgeprägter Egoismus gepaart mit Weinerlichkeit und dem Rat, auf die eigene Weinerlichkeit auch noch zu hören. Wenn man sich im Zustand permanenter Verzweiflung befindet, dann ist das Bauchgefühl für gewöhnlich auch im Zustand permanenter Verzweiflung. In dem Fall ist es ratsam, zur Abwechslung mal auf den Kopf zu hören. Nicht nur das Sein bestimmt das Bewusstsein, das Bewusstsein kann durchaus auch das Sein bestimmen. Aber der Neobiedermeier verabsolutiert lieber das Gefühl. EFF hat ja durchaus recht, dass uns unsere Entscheidungen niemand abnehmen kann, aber zwischen etwas tun und eine Entscheidung treffen gibt es einen Unterschied. Im letzteren Fall denkt man darüber nach und entscheidet zumindest, dass die unabsehbaren Konsequenzen ein angemessener Preis dafür sind, das zu tun, worauf man Lust hat. In gesellschaftlicher Dimension gedacht ist der Herr EFF einer, der Angela Merkel wahrscheinlich feiert. Sie feiert für die Entscheidung, „alle Menschen auf der Flucht nach Deutschland zu holen“ und zwar „aus einem Gefühl heraus“ und eben nicht auf Basis einer rationalen Überlegung. Damit macht man sich zum Wegbereiter für meine liebsten geistigen Energiesparleuchten, Stichwörter „Humanitarismus“ und „Gutmenschentum“. Aber auch Humanitarismus kann man argumentativ verteidigen. Der Neobiedermeier versperrt mit seiner Gefühligkeit aber diesen Weg.

Damit nicht genug. Man könnte dieses Popgedudel ja zum Lachen finden, wenn es nicht zum Weinen wäre.

oh Sie weint, oh Sie weint, Sie weint,
aber nur, wenn Sie alleine ist, wenn Sie ist, wie Sie ist und was Sie ist

Musikalisch haut das Lied in die gleiche Kerbe. Textlich hat das Lied allein dadurch verloren, dass das beständige Wiederholen des Wortes „lacht“ für einen „Lalala“-Effekt sorgt. Sowas geht beim Eurovision Song Contest, an dessen Ende ich ohnehin nicht mehr nüchtern bin, als Schlusspunkt dieses kleinen musikalischen Ausflugs finde ich es ähnlich unterträglich.

Frau Ott erzählt in diesem Lied die Geschichte eines Menschen, der immer nur seine fröhliche Fassade zeigt und diesen Menschen dazu auffordert, der Welt auch die andere Seite zu zeigen, man würde „die eine, die immer lacht“ auch dafür lieben, wenn sie ihr wahres Gesicht, ihr Weinen zeigen würde. Sie muss sich nicht in die Rolle des Lieblingsmenschen begeben. Ob es so ratsam ist, allen Menschen immer alle Aspekte der eigenen Persönlichkeit offenzulegen, sei dahingestellt. Kennzeichnend ist aber auch an diesem Lied, dass es um Innerlichkeit geht. Während es vordergründig ums Lachen geht, geht es um die tiefen existentiellen Gefühle. Da geht es um Weinen und um Verzweiflung. Wann ist eigentlich beschlossen worden, dass Weinen und Verzweiflung die tiefen existentiellen Gefühle sind? Waren wahrscheinlich Dichter, weil Verzweiflungsgedichte die ergreifenderen sind. Wichtig ist die Feststellung, dass „die eine, die immer lacht“ nur weint, wenn sie allein ist. Kein Mensch kann also wissen, ob sie wirklich verzweifelt ist. An diesem Punkt wird die eigene Innerlichkeit, das Verzweifeln an der Welt, auf andere Menschen projiziert und unterstellt, dass wir alle geschundene Biedermeier-Seelen sind, die eine Schicksalsgemeinschaft bilden sollen. Wir setzen uns in einen Stuhlkreis und tauschen uns über unsere Gefühle aus. Lass einfach deine Gefühle heraus, dann wird alles gut. „Hör auf die Stimme, Lieblingsmensch!“.

So weit kann man meine Kritik vielleicht für überzogen halten, aber so wie das Lied wahrgenommen wird, verharrt „die eine, die immer lacht“ doch im Zustand des Wahrgenommenwerdens als „die eine, die immer lacht“. Auch wenn sie weint, wenn sie alleine ist, für die anderen bleibt sie auch am Ende des Liedes noch „die eine, die immer lacht“. Und wer einmal das zweifelhafte Vergnügen hatte, eine Menge zu erleben, die dieses Lied gröhlt, den beschleicht das Gefühl, sie soll bitte auch die „eine“ bleiben, die „immer lacht“, ein „Lieblingsmensch“ eben.

Es ist nicht so, dass ich die Faszination des Neobiedermeier nicht nachvollziehen könnte. Was mir allerdings Bauchschmerzen bereitet ist die Geisteshaltung, man könne nichts ändern und müsse sich ins Innere zurückziehen, sich um seine Gefühle zu kümmern und ein kleines privates Idyll zu schaffen. In der Konsequenz verabschiedet man sich mit dieser Haltung von der Gesellschaft. Missstände werden empfunden, eine Möglichkeit, die Verhältnisse zu verändern, werden nicht gesehen. Statt wenigstens kritisch zu bleiben und die Verhältnisse beständig zu hinterfragen, ob sie so sein müssen, wird sich von den Verhältnissen abgewandt. Das ist egoistisch. In diesem Sinne:

56 Kommentare zu „Zum Stand der Gesellschaft anhand ihrer Musik

    1. Ich hätt’s nicht besser sagen können! Danke 🙂

      Na ja…..vielleicht hätte ich noch I Musici’s „Pachelbel Canon in D“ erwähnt….den wird man ja wohl noch hören dürfen!? ( Augen verdreh )

      Und vermutlich hat das Zeilenende schon klammheimlich meine LISTEN & DINE Rubrik auf die Gesinnung des Marinsche abgeklopft….nichts genaues weiss man nicht…oder….doch….so bekloppte Mainstream Texte wie oben sind da zum Glück nicht zu finden…die bekomme ich auch bloß via Radio um die Ohren geschleudert derweil ich in der Küche beschäftigt bin….auf dem neuesten Stand zu sein ist ja schon wichtig…..sagt es doch viel über die Gesellschaft aus, denke ich mir dann so beim Gemüse schnibbeln….aber den Lieblingsmensch zu meinem Lieblingslied zu küren….NEVER….und die immer lacht wollte ich auch nicht sein….min Jotte näi wat muss dat anstrengönd sein….und die Stimme zum Ohrwurm werden zu lassen….nö…..das lehnt meine innere Stimme entschieden ab!

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      1. Natürlich habe ich das getan … Eigentlich mag ich Pop ja sogar ganz gerne und es gibt auch gute massenkompatible deutsche Musik … Zu Pachelbels Kanon in D fällt mir auch so einiges ein … Der ist im Pop ja auch allgegenwärtig, dass einem die Ohren bluten könnten, aber dazu vielleicht irgendwann einmal mehr. „Die Stimme zum Ohrwurm werden lassen“ gefällt mir als Formulierung aber auch ausnehmend gut. 🙂

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        1. Wenn Pachelbel dann von I Musici….nix da verpoppt 🙂

          Und wer meine Kategorie dahingehend durchforstet: eine ausführliche psychologische Deutung bitte als Pdf an das Marinsche 😀

          Ja….wenn die Stimme zum Ohrwurm wird hat derjenige ein psychologisches Problem…. 😉

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  1. Da lalala-e ich gerade wehmütig zu den Klängen des melancholischsten Sommerhits 2016 vor mich hin, und – bamm! – kaum kommt man ans Zeilenende, schon wird einem die Internationale hingeknallt, die meine 3-Jährige übrigens ganz gerne singt [solche Phänomene entstehen, wenn mein Mann das Kind in den Kindergarten fährt; von mir hat sie „Die Ode an die Freude“ 😉 ]
    Plötzlich wird man zur Biederfrau erklärt und bekommt ein schlechtes Gewissen, weil man es dem Lieblingsmenschen oft wirklich nicht leicht macht …
    „Die immer lacht“ erscheint mir im Zusammenhang mit dem Video recht treffend jene zu skizzieren, die mehr für die Selbstdarstellung leben als für sich selbst. Als Biedermeier 2.0 habe ich das noch gar nie gesehen. Ein sehr interessanter Gedanke.
    Aufgrund der Komplexität des Textes, die manche Kinderlieder kaum übertrifft, kommt mir der Song beim Mitsingen ja sehr entgegen 🙂 Aber jetzt höre ich mir doch lieber einmal einen Robbie an – und denke wehmütig daran, wie jung ich bei seinen alten Songs war *hüstel* 😉

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          1. Habe gerade recherchiert wie die Sowinetz Version denn so klingt. Wider Erwarten (bei der Random Katze dachte ich jetzt natürlich an spezielle Varianten mit Original Instrumenten aus der Zeit Beethovens oder so …) stellte ich fest, dass es sich um die von meinem Mann bevorzugte Textvariante handelt ( für die ich ihn immer rüge). So ohne Internetz bin ich sowinetz was von ahnungslos in Hinsicht auf Namen von Interpreten, tz tz! 😉

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            1. Eine Version mit Originalinstrumenten wäre bei meinem üblichen Programm schon naheliegend. Da könnte Nikolaus Harnoncourt eine gute Wahl sein. Aber Random Katze ist halt auch immer wieder für Überraschungen gut. 🙂 Die Sowinetz-Variante würde ich selber nicht unbedingt singen wollen – aber ich finde sie dennoch gelungen. 🙂

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      1. „Bei der Bledheit samma Briada, des werdts hoffentlich versteh‘!“ Großartig, den kannte ich noch nicht. Zum Thema „Götterfunken“ hätte ich noch einen interessanten Mash-up beizusteuern, sowohl wegen der Instrumentierung als auch des Textes. Und auch wenn ich zu dem Verfasser des Textes bekanntermaßen … Ach, hört’s einfach selber.

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        1. Hehe. Ja, das ist eine unbequem akkurate Beschreibung der Brüderlichkeit. 😉
          Die Tanzwut Götterfunken-Version klingt interessant. Und irgendwie gefällt mir auch die Frechheit, zu dieser auf einen Schiller-Text komponierten Musik einen Text der der Konkurrenz zum Besten zu geben. 🙂

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            1. Ehre, wo dem Herrn Geheimrat Ehre gebührt. 🙂
              Bei einem Vorstellungsgespräch würde so etwas bestimmt Aufmerksamkeit erwecken. Dennoch wäre vielleicht eine leicht an die Situation angepasste Version empfehlenswert. 😉

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              1. Wieso? „Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war“ meint doch definitiv den Beamten als Teil des Apparats, oder? Und bei irgend einem Heuschrecken-Konzern ist „ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebahr“ doch Einstellungsvoraussetzung. 😅

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    1. Du willst mir sagen, einer dieser Songs sei auch noch ein Sommerhit?! Was „Die immer lacht“ angeht, denke ich gar nicht mal, dass es der immer Lachenden um Selbstdarstellung geht, sondern dass sie immer versucht, für die Anderen stark zu sein. Das ist natürlich auch eine Art von Selbstdarstellung, aber klingt besser. Und im „Schlechtes-Gewissen-Machen“ bin ich spitze. Ich bin die Speerspitze der Solidarität. ^^

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  2. Ein interessanter Artikel und irgendwie doch sehr zutreffend. Auf jeden Fall kann ich jetzt ebenfalls besser erklären, weshalb ich diese Lieder so grausam finde.

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    1. Die Perfidie des Pops ist es ja, dass er seine geheime Agenda, die Weltherrschaft an sich reißt, unter Harmlosigkeit tarnt. Manchmal muss man eben paranoid sein, um die geheime Agenda der deutschen Musik-Industrie aufzudecken. *gg*

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    1. Danke … 🙂 Auch fürs solidarische spülen. Ich habe die Songs für den Beitrag ja gleich mehrfach hören müssen. Ich habe danach eine kräftige Runde Subway to Sally gehört, das half auch.

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  3. Ich hinterfrage Lieder die mich glücklich machen nicht. Zumeist kenne ich keine Videos der Künstler, weiß ich doch, dass es immer junge, hübsche und interessante Menschen und Orte sind die Botschaften transportieren sollen, müssen usw, damit Konsumenten dafür auch ihr Geld ausgeben, um sich ein Stück Gefühl für daheim zu sichern. Und so wird auch in Zukunft meine Musik ohne Bilder aus dem Radio trällern und es wird mir weiter egal sein wer da singt, hauptsache ich fühle mich gut dabei 😉

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    1. Ich stelle mir auch selten die Frage, warum ich etwas mag, was ich mag. Es sei denn, ich will es mit anderen teilen. In dem Fall fand ich aber den Unterschied zwischen meiner Abscheu und dem kommerziellen Erfolg dieser Lieder so extrem, dass ich gar nicht anders konnte. Außerdem brauche ich für meinen Seelenfrieden hin und wieder eine kleine Polemik. *g*

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  4. Spannende Analyse. Du dürftest der Erste sein, der sich von diesen Songs nicht einfach hat überrieseln lassen, sondern sich möglicherweise mehr Gedanken über deren Inhalte gemacht hat als diejenigen, die sie ‚verbrochen‘ haben. Es wäre interessant zu wissen, was die Urheber selber zu deiner Analyse sagen. Ob sie bereit wären, sich damit konstruktiv auseinanderzusetzen (wozu ja durchaus auch gehören könnte, gewisse Punkte begründet zu widerlegen oder darüber zumindest kreativ zu streiten)? Oder ob sie einfach – auf künstlerische Unfehlbarkeit pochend – mit Leberwurstigkeit reagieren würden?
    Vielleicht noch zu den Bauchschmerzen: Ich frage mich, ob der Gedanke wirklich in die Richtung geht, man KÖNNE nichts ändern? Oder ob man vielleicht in einer Ecke des Bewusstseins durchaus weiß, dass man könnte? Und irgendwo dahinter auch der Gedanke lauert, dass man sollte? Dass also die Verabschiedung von der Gesellschaft nicht in Resignation wurzelt, sondern eher ein desinteressiert schulterzuckendes „leckt mich“ ist?

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    1. So eine Diskussion wäre in der Tat spannend. Ich finde „künstlerische Unfehlbarkeit“ ja auch ein legitimes Argument. Im Einzelnen drücken die betreffenden Künstler ja einfach ein Gefühl aus, das sie haben, egal ob sie die Internationale oder den Lieblingsmenschen singen. Spannend wird es an dem Punkt, wo man feststellt, dass sich daraus ein gesellschaftlicher Trend entwickelt und das sie ein Bedürfnis artikulieren. Es wäre eine Frage des Tonfalls – auch wenn ich polemisiere, darf das natürlich gern weiter im Radio laufen.
      Was den deutschen Michel und sein „Leck mich“ angeht … Ich finde, auch „Leck mich“ ist eine Reaktion auf Resignation, basierend auf einem Ohnmachtsgefühl. In beiden Fällen entschließt er sich, lieber im Schrebergarten zu hocken (wobei das gemein den Schrebergärtnern gegenüber ist, die durchaus auch utopistischen Konzepten folgen können und damit sehr politisch sind) und sich nur um sich selbst zu kümmern. Man sollte zumindest erwarten können, sich einen Rest an Unzufriedenheit zu bewahren.

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      1. Die Diskussion wäre auch deshalb interessant, weil sich sowohl überraschende Annäherungen ergeben, als auch unüberbrückbare Gräben auftun könnten. Aber die Geschichte dahinter aus erster Hand zu erfahren kann immer eine Bereicherung sein. Vielleicht hat man nur einer temporären Befindlichkeit Ausdruck verliehen. Möglicherweise hat ein Produzent hineinregiert und bewirkt, dass ein Text mit Ecken und Kanten möglichst mainstreampublikumsfreundlich glattgebügelt werde. Und es wäre auch interessant, die selbe Diskussion einige Jahre später erneut aufzugreifen.
        Wie weit die Gleichgültigkeit des SichnurumseineneigenenScheißkümmerns auf Resignation beruht, lässt sich wohl auch deshalb nicht mit Sicherheit feststellen, weil die Resignation ja gerne unterhalb der Bewusstseinsschwelle ihr Unwesen treibt. Bildlich gesprochen (passend zum Schrebergarten) – man sieht nur die welken Blätter und nicht den wurzelfressenden Wurm.

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  5. Chapeau!
    Am gruseligsten an der Innerlichkeit finde ich ja, die schon quasi-religiöse Verteidigung eben jener Gefühle, die ja nunmal Gefühle seien. Also real. Also nicht zu kritisieren. Zu akzeptieren. Von allen. Bedigungslos.

    Liebe Grüße!
    Sarah

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    1. Danke für die wertvolle Ergänzung. 🙂 Das passt übrigens perfekt ins Bild: Diese Verabsolutierung des eigenen Gefühls ist ja auch kennzeichnend für die Romantik, zu der man den Biedermeier rechnen kann. In der Zeit sind auch immens viele Theorien zur Natur der Gefühle entstanden, wo es reichlich schwärmerisch zugeht, als Gegenbewegung zur Ratio, der Vernunft. Und dieser Kurzschluss von „Das ist so und das soll so sein“ in Sachen Gefühle ärgert mich als ausgewiesenen Rationalisten gleich doppelt.

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  6. Ha, klasse Vergleich und Überleitungen von einem Song zum nächsten. Ich finde das was die deutsche Pop-Musik diesen Sommer so durch den Äther schickt auch ein bisschen Einfallslos. „Lieblingsmensch“ ist so ziemlich ein Lied mit dem ich null anfangen kann. Aber ich befürchte so ein Hauch Plattheit und Einfachheit wird bei POP-Musik immer da sein …

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    1. Dank deiner Verlinkung habe ich erst gesehen, dass mir dein Kommentar durchgegangen ist. Asche auf mein Haupt. Vielleicht sollte ich den Output doch mal drosseln.
      Ein „Hauch“ Plattheit ist ja nicht dramatisch. Ernsthaft. Ich mag Pop. Ich finde Madonna super, auch wenn es da mit den Botschaften seit den Anfängen in den 80ern auch nicht weit her ist. Pop ist für mich aber letztlich ein ästhetisches Phänomen, der sich gesellschaftlicher Kommentare enthält (auch wenn ich die Definition nicht bei jedem Pop-Song anbringen kann … Sagen wir: Er verzichtet mehr oder weniger explizit darauf).
      Die vorgeknöpften Lieder verfolgen hingegen durchaus eine Botschaft. EFF spricht seine Hörerschaft sogar direkt an. Von daher ist das auch nur die weinerliche Variante von Ernst Busch und seinen Arbeiterkampfliedern. *gg*

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  7. Ach du Sch…ande! Ich habe gerade realisiert, dass das Lied, bei dem die Ü50-Jährigen auf der letzten Familienfeier mitgegrölt haben, kein furchtbarer Schlager von vor mehreren Jahrzehnten, sondern ein aktueller Popsong ist. WIESO!?!?! :O :O :O Und nein, es ist kein zweifelhaftes Vergnügen, Menschen „DIEEEEEIMMALACHT!!! DIEEEEEEEEEEIMMALACHTIMMALACHTIMMALACHT!!!!“ grölen zu hören, es sollte vielmehr durch die Genfer Konvention verboten werden … ~.~
    Ich muss gestehen, auch wenn ich die Lach-Tante und die Lieblingsmensch-Trulla überaus furchtbar finde (da konnte ich nicht mal länger als drei Sekunden dem Video lauschen), dann mag ich die Musik von der Stimme. Die Art von Gedudel finde ich dann noch erträglich. Wobei ich nicht behaupten würde, dass wer auch immer das Lied geschrieben hat sich mehr dabei dachte als „Machen wir doch mal so ein Feelgood-Ding für den Sommer, so mit „hör auf deine innere Stimme und scheiß drauf, was die anderen sagen“. Das kommt doch sicher gut an, oder?“ Interessant finde ich übrigens, dass das Video eigentlich auch negative Seiten der ominösen Stimme aufzuzeigen scheint (habe das gerade zum ersten Mal gesehen und war angemessen verwirrt). Denn am Anfang haut der junge Mann ja einfach jemandem die Zeitung aus der Hand, was schon mal unfreundlich ist und im Waschsalon kommt er kurz einer Dame zu nahe, die da nicht wirklich Bock drauf zu haben scheint. Würde man immer nur auf sein Bauchgefühl hören, könnte man sich (wie du selbst im Text sagst) in so einige unschöne Situationen bringen – sowohl für sich selbst als auch für andere unschön.
    Danke jedenfalls für die Analyse. 🙂 Auch wenn ich erst nach Monaten durch MissBooleanas Artikel darauf gestoßen bin. 😀

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    1. Ich habe einen entsprechenden Antrag, dieses Lied zu ächten, bereits in Vorbereitung. Es breitet sich auch aus wie eine Seuche. Ich glaube, die WHO beobachtet den deutschen Musikmarkt mit großer Sorge. Und damit bleibt der Artikel aktuell. Man kann ihn also auch Wochen nach Veröffentlichung noch genießen (und geschrieben wurde er eh noch früher *gg*). Und wenn er über die Blogophilie Aufmerksamkeit bekommt, umso besser. Ich klicke mich ja auch gern durch Miss Booleanas Lese-Empfehlungen. 🙂
      Deine Entstehungsgeschichte zu EFFs Stimme finde ich ganz plausibel, was meine These untermauert. Ich bin ja weit davon entfernt, den deutschen Musiker*innen eine geheime Agenda zu unterstellen, den Markt mit diesem gefühligen Zeug zu fluten. Wahrscheinlicher ist, dass sie unterbewusst ein entsprechendes Ansprechpotential identifizieren und dann halt so ein Rotz (pardon) als Symptom eines gesellschaftlichen Problems dabei herauskommt. Bei aller Abneigung, in der ich ihr verbunden bin, ist mir sogar der Plastikschlager von Helene Fischer noch lieber. Obwohl diese Frau bei mir spontane Migräneattacken auslöst (es gibt da gewisse traumatische Erlebnisse auf einer Seniorentanzveranstaltung, bei der ich Begleitperson war).
      Was das Video angeht, bin ich mir nicht ganz sicher, ob es tatsächlich so kontrastierend gemeint ist. Ich verstehe es so: Der junge Mann unterdrückt seine innere Stimme, die ihm zu tanzen rät. Dahingehend verstehe ich diese Zuckungen gerade am Anfang. Und weil er sich nicht auslebt, kommt es zu dem Zeitungsschlag und dem Waschsalon als Übersprungshandlung oder nicht intendiertem Verhalten, weil die Bedürfnisse der Stimme unterdrückt werden. Er nähert sich dann langsam seinen Bedürfnissen und wird komplett, als ein Mädel findet, das genau so verrückt ist wie er (Und damit haben wir auch das Hohelied auf den Seelenverwandten als idealem Beziehungspartner). Aber ehrlich gesagt: Das Video hatte ich bis gerade eben ignoriert, das ist also eine Spontaninterpretation.

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      1. Danke! Ich hoffe der Antrag wird schnellstmöglich genehmigt 😀
        Die Empfehlungen sind eigentlich auch immer gut (sofern einen das Thema interessiert natürlich ^^).
        Das is wie im Journalismus: „Klickt sich gut, machen wir.“
        Seniorentanz mit Helene Fischer? Das klingt nach einer sehr interessanten Geschichte, die aber nur für Nicht-Anwesende lustig ist. xD
        Jaja, immer diese Seelenverwandten. Vielleicht sollte man öfter wild tanzend durch die Gegend rennen und BAM findet man die Menschen fürs Leben mit denen man fortan gemeinsam seltsam herumhampeln kann. Halte ich für sehr realistisch. ^^
        Deine Interpretation ergibt durchaus auch Sinn. Ich mag meine zwar lieber, aber nur weil ich doch im tiefsten Innern meines Herzens auf meine Stimme hören und daran glauben möchte, dass auch lachende Lieblingsmenschenausnutzer negative Aspekte des Bauchgefühls ansprechen würden. Ich steh einfach zu sehr auf Happy Ends und sowas. 😉

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        1. Ich verfahre immer nach dem Prinzip: „Ist in meinem Kopf, muss da raus, also schreibe ich es.“ Funktioniert ähnlich gut wie die Journalisten-Sache. Oder ich habe mein Publikum einfach daran gewöhnt, die Themen klaglos hinzunehmen. Wer nicht kommentiert, wird erschossen. 😀

          Was Seelenverwandte betrifft, die man beim Tanzen trifft, bin ich als Tanzlegastheniker ja skeptisch. Mir würde es ja passieren, dass ich den Lieblingsmenschen aus Versehen dabei erschlage, aber es wäre eine lustige Pointe der ganze Geschichte, wenn die Ratschläge dieser Leute bei mir so phänomenal daneben gingen. Das käme auch meiner Abneigung gegenüber Happy Ends entgegen. 😀

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          1. Das Prinzip ist mir aber wesentlich sympathischer! 😀 Und der Pseudojournalismus funktioniert ja leider oft sehr gut. Ich hoffe das ändert sich noch … Oder dass zumindest der „Das wichtich, wir berichten!“-Ansatz wieder besser funktioniert. ^^‘
            Das stimmt 😀 Oder du triffst dann deinen wirklichen Lieblingsmenschen im Krankenhaus als Pflegepersonal. Das würde auch dem Teil mit dem Helfersyndrom beim Lieblingsmenschen entsprechen. Und dein unhappy Ending zunichte machen, ha! 😀

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              1. Eben 😁 Finde das is ein guter Plan. Mach dann bitte einen hochanspruchsvollen sozialkritischen Liebesroman oder so daraus und verdiene dir und dem Pfleger damit den Lebensabend in der Villa oder so. 😀

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