Nein, ich habe nicht Geburtstag. Okay, ich habe Geburtstag, aber nicht heute. Und was ich mir von Mutter Zeilenende alljährlich als Kuchen zum Geburtstag wünsche, habe ich hier verraten. Ebenso die üblichen Wünsche der übrigen Familienmitglieder.

Nun ist es so, dass eines der Familienmitglieder Geburtstag hatte, seinen Geburtstag aber lieber außer Haus verbrachte. Und damit dem Kuchenvergnügen am Kaffeetisch so einiges entgegen stand. Zeilenende vertritt zwar die Meinung, man könne einen Geburtstagskaffeeklatsch ohnehin am Besten ohne das Geburtstagskind abhalten, aber Mutter Zeilenende, die auserwählte Bäckerin des diesjährigen Geburtstagskuchens (es ist ein Jahr abweichender Wünsche), sah dies anders. Wenn es um ihre Brut geht, fehlt ihr jeder Realismus.

Das Geburtstagskind beschloss also, es sei eine formidable Idee, den Tag (als Erstgeborener würde Zeilenende nie so weit gehen, den Geburtstag eines Geschwisterkindes einen Feiertag zu nennen, höchstens in dem Sinne, dass es auch Totengedenkfeiern gibt) sonstwo zu verbringen. Aber zum Frühstück sei er doch da, ließ Mutter Zeilenende in Zeilenendes Gegenwart fallen. Ihm war klar, was sie bezweckte. Sie wusste um Zeilenendes Leidenschaft für Kuchen zum Frühstück und wusste ebenso, dass sie für diese Leidenschaft verantwortlich war. Mutter Zeilenende wollte Kuchen zum Frühstück haben und gebrauchte den Geburtstag als Vorwand, Zeilenende zum Backen eines geburtstagstauglichen Rührkuchens anzustiften. Er erfüllte ihr den Wunsch.

Kurze Überlegungen seinerseits ergaben, dass die ideale Zutat für den Kuchen Erdnussbutter wäre. Erdnussbutter schmeckt nicht nur nach Erdnüssen, sie enthält praktischerweise zugleich Erdnussstücke und war ein unverzichtbarer Teil eines jeden Frühstücks, nicht nur an Geburtstagen. Dumm nur, dass er

  1. nur ein Rezept für Erdnuss-Blechkuchen hatte, aus dem er zu Weihnachten Plätzchen machte,
  2. beschlossen hatte, ein Geburtstags-Rührkuchen müsse mindestens als Gugelhupf daherkommen und
  3. keine Lust hatte, ein Rezept zu googlen.

 

Doch davon ließ er sich nicht entmutigen. Frisch, fromm, fröhlich, frei griff er nach seinem bewährten Standard-Backbuch mit den Grundteig-Rezepten, studierte die Mengenangaben für Rührteig und machte sich ans Werk. Ich heizte den Ofen auf 180° Ober-/Unterhitze vor und nahm

  • 200g Butter
  • 100g Zucker
  • ca. 300g Erdnussbutter mit Stücken
  • 5 Eier
  • 500g Mehl
  • 1 Tütchen Backpulver
  • eine größere Menge Quark

 

 

Er verfuhr damit wie gewohnt, schlug die Butter schaumig und ärgerte sich. Er hatte die Butter zu spät aus dem Kühlschrank genommen, sie war noch sehr fest. Alles in Allem hatte es 5 Minuten gebraucht, bis die Butter begann, weißlich zu werden und er den Zucker (der Promovierte aus Bielefeld hatte unglaublicherweise die doppelte Menge veranschlagt!) einrieseln lassen konnte.

Dem Zucker folgte dann die Erdnussbutter. Zunächst war Zeilenende geneigt, das ganze Glas von 350g zu verwenden, hatte dann aber ein schlechtes Gewissen. Was, wenn es zu intensiv nach Erdnuss schmecken würde und die weniger erdnuss-enthusiastische Hälfte der Familie keine Freude am Kuchen haben würde – sollte ich die Menge nicht halbieren? Er entschied sich zu einem Kompromiss und ließ eine kleine Menge Erdnussbutter im Glas zurück, ließ weiter Rühren und warf nacheinander fünf Eier in den Teig, jedes von ihnen mit einer Rührzeit von einer Minute. Danach fischte er die Schalen wieder aus dem Teig.

Natürlich nicht. Aber die Formulierung „Man gebe die Eier zum Teig“ ist nicht frei von Missverständnissen. Deshalb dachte ich mir, ich erwähne an dieser Stelle einmal, dass es nur um den Teil der Eier geht, der sich jenseits der Schalenhaut befindet. Es sei denn, ihr seid ein Hühner-Embryo, dann geht es um den diesseitigen Teil des Eis bis zur Schalenhaut.

Den Eiern folgten in drei Portionen das Gemisch aus Mehl und Backpulver. Und während ich ganz gerührt dem Teig zuschaute, stellte ich fest, dass dieser niemals „schwer reißend“ vom Rührer fallen würde, sondern so staubtrocken war, dass er entweder kleben blieb oder rieselte. Ein rascher Blick in den Kühlschrank verriet, dass mal wieder jemand die Milch aufgebraucht, aber keine neue aus dem Keller heraufgeholt hatte. Aber es war noch Quark da.

Zeilenende war es gleich, welches Milchprodukt er nähme. Er hatte gelernt, dass Quark zumindest in Schoko-Rührteigen gute Dienste leisten konnte, wenn er sich daran hielt, nicht zu lang zu rühren. Deshalb sind auf dem Bild auch noch Reste vom Quark zu sehen. Zeilenende entschied, dass es so besser sei als einen klätschigen Kuchen zu riskieren. Sein Gugelhupf kam in die Form und die Form für knapp eine Stunde in den Ofen.

Welch großes Ach und Wehe durchzog aber nach einer Stunde den Keller? Der Kuchen, dort sich selbst überlassen, hatte das Vertrauen missbraucht, das Zeilenende in ihn gehabt hatte. Der Backofen in der Küche war noch in Betrieb gewesen, sodass der Zweitofen zum Einsatz kommen musste. Nur konnte man doch nicht alle fünf Minuten in den Keller laufen, um den Kuchen zu kontrollieren! Verbrannt musste er sein!

Zeilenende, der Leidende, nahm den Kuchen heraus, wollte ein Stück dunklen Bodens abbröseln und brach ein Stück heraus. Der Kuchen würde kippeln! Doch – Glück im Unglück, er war nur an einigen kleinen Stellen verbrannt, die Zeilenende geschickt abzukratzen verstand. Nun, dann war es eben ein Spielplatzkuchen: mit eingebauter Schaukelfunktion. Die Geste zählte.

 

Nachdem der Kuchen einige Zeit gehabt hatte, wieder Zimmertemperatur anzunehmen, lösten sich dunkle Kuvertüre und weitere Erdnussbutter, diesmal in der cremigen Variante, in einem Wasserbad auf, um den Kuchen zu verschönern. Ganz recht, im Zeilenendeschen Haushalt findet sich für jeden Anlass die richtige Erdnussbutter. Durch die Erdnussbutter-Fraktion des Haushalts zieht sich ein tiefer Graben, es gibt die Stücke-Jünger und die Cremig-Ketzer. Dabei ist cremige Erdnussbutter nur dann legitim, wenn man eine Sauce oder eine Kuchenglasur herstellen will. Auf einem PB&J hat cremige Erdnussbutter nichts – ich wiederhole: NICHTS – verloren.

Zuletzt griff Zeilenende nach einer Fee, die durch die Küche schwirrte, schüttelte sie über dem Kuchen aus und erfreute sich an dem wundersamen Deko-Effekt.

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Der Morgen der Wahrheit zeigt, der Boden war tatsächlich nicht verbrannt. Der Teig war auch gerade so nicht klätschig geworden, lediglich im Mittelteil zeigte sich ein etwas feinere und dunklere Teigstruktur. Insgesamt war der Kuchen tatsächlich ein fester Kuchen, er hätte etwas saftiger sein können. Für etwaige Nachbackversuche empfiehlt Zeilenende deshalb die Ergänzung eines weiteren Eis und/oder die Reduktion des Mehls um 100 bis 150g. Dann sollte sich auch die Quarkzugabe erübrigen. Dafür war es nun zu spät, es war immerhin Geburtstagszeit. Und es gab Kuchen zum Frühstück. Alles andere spielte nun wahrlich keine Rolle mehr.

47 Kommentare zu „Geburtstagskuchen

    1. Er war okay. Wenn er zu trocken ist, bestreiche ich ihn mit Marmelade und dann ist ee super. 🙂 Und wenn nicht mein Geburtstag ist, muss es auch nicht Schwarzwälder Kirschtorte sein. 🙂

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      1. griiins….sonst magst du die Torte nicht haben?
        Ich wollte auch immer Schwarzwälder zu meinem Geburtstag, aber nur von meiner Oma gebacken. Als die gestorben war hat sich meine Mutter zwar bemüht, aber der von Oma war immer besser, da war meine Mutter so beleidigt, dass sie gar nicht mehr gebacken hat…..lach…
        Marmelade auf zu trockenen Kuchen finde ich allemal besser als ihn in den Kaffee zu tunken.

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        1. Ich freue mich schon drüber, aber ich lege keinen gesteigerten Wert darauf. Die Kirschtorte ist halt „Geburtstagskuchen“, bis ich einen besseren gefunden habe (in diesem Jahr liebäugele ich auch mit einem Frankfurter Kranz).
          Das sich messen lassen müssen an älteren Generationen ist aber auch eine fiese Sache. Da braucht man ein dickes Fell, um das aushalten zu können. *gg*

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          1. Ja, das Verglichenwerden kann schon wehtun.
            Manchmal sind es nur Kleinigkeiten. Meine Oma hat z.b. oben drauf Schokospäne gemacht, die sie selbst aus Schokoladenstücken „abgeschält“ hat, meine Mutter nahm immer die fertigen Schokostreusel aus der Packung, die mag ich nicht.

            Frankfurter Kranz mag ich nicht, allein schon die Kirschen finde ich obereklig.

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              1. Das klingt schon eher nach meinem Geschmack.
                Jetzt musst du dir nur noch einen Ersatz für die Buttercreme ausdenken 😉

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              2. Doch, die mag ich auch nicht.
                Aber ich mochte Frankfurter Kranz noch nie.
                Dabei kriegst du den hier an jeder Ecke….in allen ekelhaften Abstufungen.

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    1. Sagen wir so: Wenn ich die Wahl habe, entscheide ich mich für die Torte. (Wobei Streuselkuchen mit Füllung bei mir Torte ist 😊 ) Aber zwei Torten bei 5 Personen wäre etwas heftig gewesen.

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  1. Wie schafft man es nur über die Zubereitung eines Kuchens, mit etwas familiärem Drumherum, einen so lockeren und lustigen Text zu schreiben? Ach, ich muss es nicht wissen – ich lese die Texte einfach mit großer Freude. Lieferst du eigentlich auch? 😉

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    1. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich es nicht verraten. Solche Texte passieren mir. Muss was mit einem merkwürdig vernetzten Hirn zu tun haben, der Witz resultiert ja häufig im Brechen mit Erwartungen. Das macht nur begrenzt tauglich zum Leben, aber ist offenbar hilfreich beim Kuchenschreiben. 😉

      Und natürlich liefere ich: 🎂

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  2. Jetzt hab ich Hunger! Schaut lecker aus, muss ich auch mal probieren. Denn wenn ich darauf warte, dass mir jemand zum Geburtstag einen backt, dann bin ich alt und grau, bis ich was bekomme. XD

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      1. Da sollte selbst ich nichts falsch machen können, was? XD

        Haha, interessanter Wahlspruch! 🙂
        Vielleicht merk ich mir den sogar, auch wenn ich nicht so auf Wahlsprüche stehe. 😉

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        1. Ich mag sie auch nur, wenn man sie verballhornt. Und ja: Da du noch kein Kochblogger bist, könnte dieser Kuchen dein Einstieg in ein ganz neues Betätigungsfeld werden. 😀

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              1. Ich habe einen marineblaue Parka, eine dunkelbraune Lederjacke und eine knallrote Regenjacke. Wenn du da was universell Brauchbares empfehlen kannst. 🙂

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  3. Rein von den backtechnischen Aspekten betrachtet, wäre ein Beitrag wie dieser nicht unbedingt meine bevorzugte Lektüre. Erstens ist der Backofen für mich ein reines ‚Winterding’. Und da ich Lebensmittelverschwendung nicht sehr schätze, ist Backen auch nicht eine Tätigkeit, die ich jemandem wie mir besonders ans Herz legen würde. :/
    Aber auf eine Erzählung wie diese hier mag ich ganz einfach nicht verzichten. ‚Zeilenende, der Leidende…’ und man leidet mit. Oder so vielsagende Formulierungen wie ‚Stücke-Jünger’ und ‚Cremig-Ketzer’ – köstlicher als jede Form von Erdnussbutter. 🙂

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      1. Ach, so. Nicht selbst in den Backofen. Das muss ich mir unbedingt aufschreiben, da ich bei meiner notorischen Konzentration auf das Wesentliche genau diese kleinen Details immer wieder vergesse. 😉
        Vorschlag: Ich ersetze das ‚köstlicher als’ durch ‚köstlich wie’ – und dafür ersetzten wir ‚jede Form von’ durch ‚erdnussstückchenbestückte’. Das ist doch ein fairer Deal?

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    1. Es ist bei Rührteig tatsächlich nicht so einfach. Da hilft keine Mengenangabe. 😉 Man gibt so viel Milchprodukt hinzu, bis der Teig nicht mehr gar so fest ist. Eine halbe größere Menge hätte leider nicht geholfen. *schnief*

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