Ich kündigte bereits an, Sahnetorte backen zu wollen, damit die Kinder wirklich zu dick werden. Und damit das auch wirklich klappt, habe ich der Sahne noch ein wenig nachgeholfen und sie zur Canache (oder Ganache, beide Schreibweisen sind möglich) gekocht. Was man nicht alles tut, damit Blogbeiträge Wirklichkeit werden.

Eigentlich war diese Torte ja für ältere Menschen gedacht. Mutter Zeilenende stürzte ganz aufgelöst in mein Küchenlabor. Ich musterte sie kritisch, aber die Auflösung war nur seelisch. Sie war nicht aus Versehen in Natronlauge gefallen, mit der ich Brezeln backen wollte. Eine aufgelöste Mutter Zeilenende bedeutet dennoch nichts Gutes.

„Zeilenende!“

„Ja, Seamus?“

„Falscher Beitrag, Zeilenende.“

„Oh … Ja, Mutter Zeilenende?“

„Wir haben doch das Frühlingsfest von unserem Chor. Wo das ganze Dorf kommt.“

„Ja, das Fest mit dem Altersdurchschnitt von 120. Aber auch nur, weil eine von den Damen immer ihren Urururenkel mitbringt.“

„Genau. Wir haben nicht genug Kuchen. Und ich soll einen zweiten Kuchen machen. Ich habe aber keine Idee. Kannst du nicht …?“

„Das, wo immer diese toll aussehenden Torten gebacken werden? Die einzig schöne Torte, die ich kann, ist Schwarzwälder Kirsch.“

„Davon haben wir immer schon 25. Die alten Damen können nur ein Rezept.“

„Vielleicht ein Frankfurter Kranz? Du weißt, ich mag Buttercreme.“

„Gibt es auch schon 35.“

„Das sind 60 Torten. Ich dachte, Udo Jürgens sei tot?“

„Aber sein Vermächtnis lebt. Hast du eine Idee?“

„Naja, ich kanns probieren. Wenn es nichts gibt, schreib ich mit Zuckerguss was drauf.“

„Das hilft?“

„Ich schreibe: ‚Kaiser Wilhelms Lieblingstorte.‘ Dann hilft es. Das weckt Erinnerungen an den Mann, der als Pin-up-Boy in den Jugendzimmern der Besucher hing.“

„Du bist gemein, Zeilenende.“

Ob ich wirklich gemein bin, sei einmal dahingestellt. Die Wahrheit auszusprechen ist eigentlich nie eine Gemeinheit und ich finde, mir ist es gelungen, die Wahrheit sehr taktvoll auszudrücken. Ich machte mich frisch ans Werk und zauberte einen Biskuit:

  • 4 Eier
  • 4EL heißes Wasser
  • 150g Zucker
  • 1 gestr. TL Backpulver
  • 100g gemahlene Mandeln

Meine Küchenmaschine kam auf Touren. Sie schlug die Eier mit dem Wasser schaumig und anschließend die Eiermasse mit dem Zucker. Damit war sie insgesamt bestimmt fünf Minuten lang beschäftigt. In der Zweischenzeit vermischte ich Mehl und Backpulver, das ich unterhob. Dann folgten die gemahlenen Mandeln. Alles kam in eine Springform und wurde dann bei 170° etwa 30 Minuten lang bei vorgeheizter Ober-/Unterhitze gebacken.

In der Zwischenzeit widmete ich mich der Canache. Ich hätte gern was mit Buttercreme oder Sahne gemacht. Aber Buttercreme- und Sahnetorten waren schon gut besetzt. Gelatinetorten mag ich nach wie vor nicht … Blieb nur Canache. Hatte ich aber noch nie gemacht. Egal. Wenn etwas nicht schief gehen darf, geht etwas auch nicht schief, gell?

Canache ist auch eigentlich ganz einfach. Canache ist nichts weiter als gekochte Sahne mit viel Schokolade. Und unter Umständen ein wenig Butter. Man kann sie zubereiten, abkühlen lassen und schaumig rühren oder zubereiten, abkühlen lassen und vorsichtig so weit erwärmen, dass sie wieder streichfähig ist. Oder sie verwenden, solange sie streichfähig ist. Ich entschied mich für Letzteres.

Für dunkle Canache:

  • 400g Halbbitter-Kuvertüre
  • 200g Schlagsahne
  • optional 2-3 EL Branntwein

Für helle Canache:

  • 200g weiße Kuvertüre
  • 100g Schlagsahne
  • 100g Butter
  • optional 2-3 EL Kirschwasser

Bei Kuchen für Feste bin ich mit Alkohol vorsichtig. Man weiß nie, ob nicht irgendwo ein trockener Alkoholiker anwesend ist. Oder ob ein Kind mit-is(s)t. Auch wenn ich sonst exzessiven Alkoholeinsatz in der Küche predige, bei solchen Anlässen lasse ich es lieber sein. Deshalb ließ ich die Rezeptempfehlung fallen. Stattdessen kochte ich in zwei Töpfen jeweils Sahne auf, hackte Kuvertüre, zog die Töpfe vom Feuer, schmiss die Kuvertüre hinein und begann zu rühren. Ich rührte so lange, bis die Kuvertüre geschmolzen war. Dann fügte ich der hellen Canache die Butter zu. Ich rührte weiter. Als die Canache genug gerührt war, teilte ich den Biskuit, dankte und sprach:

Diese Canache sollt ihr nun gelegentlich umrühren, bis sie streichfest ist!

Bei dieser biblischen Anleihe stellte ich fest: Der Biskuit war eingefallen. Panik! Er ließ sich nur einmal teilen. Zugleich machte sich Erleichterung breit. Er war dennoch verwendbar und nicht klätschig. Und weil Zeilenende nicht dumm ist, rührte er einen Pfannkuchenteig an und buk ihn im Springform im Ofen. So hatte er einen schönen mittleren Boden gewonnen. Und niemand würde bis zur Veröffentlichung dieses Artikels merken, dass er geschummelt hatte.

Dem geneigten Lesewesen mag aufgefallen sein, dass das Rezept weniger helle als dunkle Canache benötigt. Dies liegt am Zusammenbau. Dafür benötigt ihr:

  • Drei Biskuitböden oder zwei Biskuitböden und einen geschummelten Pfannkuchenboden (oben links als Mittelstück zu sehen),
  • Helle und dunkle Canache,
  • erhitzte Aprikosenkonfitüre und Waldbeerkonfitüre (oder was der Marmeladenschrank noch so hergibt),
  • Zeit, Geduld, Nerven wie Drahtseile und ggf. den Weinbrand und das Kirschwasser, damit die Hand nicht zu zittern beginnt.

 

Beginnt mit dem ersten Boden, aprikotiert die Schnittfläche und bestreicht ihn mit etwa der Hälfte der dunklen Canache. Legt den nächsten Boden auf, drückt ihn gut an, überzieht ihn mit der warmen Waldbeerkonfitüre und verteilt etwa zwei Drittel der hellen Canache auf dem Boden. Legt den dritten Boden auf und drückt auch diesen gut an.

Nun geht es ans Dekor. Die restliche dunkle Canache ist für die Auskleidung der Torte gedacht. Wenn euch das Tortending zu wackelig ist, stellt es erst einmal in den Kühlschrank. Ggf. müsst ihr die Canache auch noch einmal vorsichtig erwärmen, bis sie streichfähig ist. Überzieht dann die gesamte Torte (und euch selbst, so habe ich es gemacht) mit der dunklen Canache und stellt sie jetzt definitiv zum Festwerden in den Kühlschrank.

Ist eure Torte nicht schon ein Prachtstück? Ich fand sie herrlich und hätte am liebsten hinein gebissen. Aber ich hatte noch helle Canache übrig. Diese erwärmte ich vorsichtig, ließ sie wieder etwas abkühlen (helle Canache ist ein Biest!) und bestrich schlussendlich den Rand der Torte damit. Das war gar nicht so leicht, ich hasse ja nichts mehr als Tortendekoration. Dennoch war ich zufrieden.

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Sicher, man hätte den Rand noch ein wenig besser glätten können, aber für meine Verhältnisse wäre das Ding als Meisterstück durchgegangen. Und sie kam auf der Festivität von Mutter Zeilenende gut an. Ich war leider nicht selbst dabei und konnte sie entsprechend nicht auf einem Teller präsentieren, aber Mutter Zeilenende war so gütig und hat ein Bild von der Torte geschossen, bevor eine Horde ausgehungerter Senior*innen sich Kuchenstück Nummer 5 nahm und meine Torte plötzlich nicht mehr existent war.

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Viele Kinder sind zu dick? Mit dieser Torte werden sie es bestimmt. Aber sie zu schneiden ist allerfeinstes Krafttraining. Das gleicht sich also aus.

41 Kommentare zu „Viele Kinder sind zu dick, das Rezept: Canache-Torte

  1. Äh. Ja. WordPress spinnt. Ich wollte noch sagen sieht lecker aus! Pfannkuchenteig als Mittelstück ist eine klasse Idee und Ganache mit weißer Schokolade ist wirklich fies!! Aber lecker 🙂

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    1. Geil reicht doch völlig. Wobei weiße Ganache auch nicht so fies ist. Sie wird nur schnell flüssig und braucht dann ewig, bis sie wieder streichfähig ist. Für einen Stressbäcker wie mich eine harte Geduldsprobe.

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  2. Ich spüre, wie die kleinen fießen Kalorien von und zu Canache mir dieses Wochenende einen Besuch abstatten werden.
    Nochmal zur Abklärung: Muss ich dieses Schoko-Sahne-Gemisch so wie es ist auf den Herd stellen oder wie üblicherweise Kuvertüre im Wasserbad erhitzen?
    Ich hoffe, die Horde 120jähriger mit dem imensen Kuchenappetit wurden bei den wenigen 80 Kuchen satt.

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    1. Ich bin mal so frei: ich mache das Ganze immer komplett über Wasserbad, Zeilenende hat wohl Sahne zuerst gekocht und dann vom Herd genommen und die Schoki reingeworfen. Sobald die Schokolade drin ist, nicht mehr stark und direkt erhitzen, sonst gerinnt das ziemlich schnell. Vor allem mit weißer Schokolade 🙂

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      1. Japp. Man kann es über dem Wasserbad machen. Oder mit gekochter Sahne. Ich bin ja ein Mann. Ich mag es, wenn es in der Küche brodelt. Und ich weniger Töpfe brauche. Wichtig bei der Kochmethode ist es, die Sahne nicht noch einmal aufzukochen, wenn die Kuvertüre drin ist und gründlich zu rühren, bis es abgekühlt ist. Bei weißer Canache außerdem die (zimmerwarme) Butter am besten erst zugeben, wenn sich die weiße Kuvertüre gelöst hat. Dann ist die Methode gehüpft wie gesprungen.

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  3. Hahaha… Tortenparty bei den Seniorinnen und Senioren! Schön. Und dieses Canache sieht lecker aus. Ich wusste nicht, dass das Gemisch einen Namen hat. Ich habe mal einen Nachtisch gemacht mit einem Teil Sahne und zwei Teilen irgendeiner (!) Schokolade (das kann dann durchaus Erdbeer-Crisp sein), die Schoki in der Sahne geschmolzen, in den Kühlschrank und am nächsten Tag mit dem Mixer aufge-mousst. Kaum vorstellbar, aber das macht richtig was her 😀

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  4. Okay ich gehe mal davon aus, dass die 2-3 EL Branntwein bzw. Kirschwasser die vorsichtige Variante darstellen. Und ich gehe weiter davon aus, dass EL so viel bedeutet wie Einzel-Liter. Da würde mich doch interessieren – so rein um der Neubegierde willen – wie denn die Variante für den Hausgebrauch spiritustechnisch bestückt wäre. 🙂

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    1. Neee … Die Sicherheitsvariante ist ganz ohne, der Vollständigkeit halber habe ich es aber erwähnt. Aber EL steht auch nicht für Einzel-Liter sondern EXTREM LECKER (in Kapitalen, ja). Die Menge ist zweitrangig. Da gilt der alte Küchengrundsatz „Viel hilft viel“. 😉

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      1. Huch! Ich dachte immer, EL = Einzel-Liter und TL = Toppel-Liter.
        Allerdings fuhrwerke ich in der Küche sowieso nie nach genauen Mengenangaben. Meist ist ja die Menge eh von der genauen Beschaffenheit der jeweiligen Stoffe abhängig. Und der Verzicht auf genaues Abmessen verschafft zudem Abwechslung. 🙂

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          1. Beim Backen kann man ja auch schlecht nachbessern, wenn das Zeug mal im Ofen ist. Aber bei ‚Topfspeisen‘ kommt einfach rein, was sich richtig anfühlt. 😉 Meist geht das gut. Einmal habe ich mich allerdings mit Nelkenpulver ein wenig vertan. Heftig. :/

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  5. Also, normalerweise lese ich keine Koch- und Backanleitungen, weder in Buchform noch auf Blogs, außer ich benötige ganz dringend erfahrene Hilfe bei einem bestimmten Problem, welches sich mir in der Küche mitten in der Essenszubereitung offenbart (sprich: Rezepte sind nicht so mein Interessensgebiet und Essen eher etwas, das notwendig ist und lecker sein sollte, aber so schnell wie möglich bei kleinstmöglichem Aufwand zubereitet sein muss), ABER: ich habe mich gerade köstlich amüsiert (in zweierlei Hinsicht sozusagen, weil mir das Wasser im Mund zusammenrinnt) über deinen Canache-Torten-Beitrag und dabei noch das Wort Canache kennengelernt 🙂
    Das müsste ich echt mal versuchen vegan nachzubacken, ich habe eh so ein glückliches Händchen für Backversuche (hust). Schickt mir die Kommentare danach bitte ins Irrenhaus (einen Biskuitboden zweimal durchschneiden, das schaffe ich höchstens in Kreissegmente, aber doch nicht von der schmalen Seite her!), und bitte ein Stück Torte beilegen 🙂

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    1. Vegan sollte in dem Fall kein großes Problem sein, einfach mit dem entsprechenden Produkt der Wahl (Sojasahne, Reissahne …) experimentieren. Wenn es ein wenig flüssig bleiben sollte, würde ich einfach den Schokoladenanteil ein wenig erhöhen, dann sollte es fester werden. Ich bin gespannt, wie es klappt und erwarte deinen Gegenbericht. Dann wird es auch für mich unterhaltsam. 🙂

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  6. Ich dachte immer, dass die Canache so schwierig sei, aber das scheint ja total einfach zu sein. Muss ich auch mal probieren. So ein Stück Kuchen würde ich jetzt am liebsten essen. Sieht lecker aus.

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    1. Canache ist, wenn man kräftig rührt, eigentlich unkompliziert. Und wenn sie nicht homogen genug wird: Im Unterschied zur Buttercreme kann man sich dann mit dem Zauberstab behelfen, soweit ich weiß. 😉

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