Am heutigen Dienstags-Montag will das Buchfresserchen im Auftrag von Denise wissen, was ich von Bücherschränken, Bookcrossing und co. halte. Geschichte.

Alles fing damit an, dass ich für den Büchernachlass meiner Großmutter verantwortlich erklärt wurde. Ich sichtete die Bücher und fand das ein oder andere wunderschöne Schätzchen, das ich unbedingt behalten wollte, ich fand aber auch zahlreiche Bücher, die ich partout nicht in meinem Regal sehen wollte. Wir reden hier nicht über Konsalik und Simmel, aber über den ein oder anderen Liebesroman und auch Heimatromane, die aktuell nicht verlegt werden. Was nun damit tun? Auf Flohmärkten vertrödeln? In die Papiertonne entsorgen?

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Ich überlegte einen Augenblick, es über ebay zu versuchen, aber da ich damals häufiger auch gebrauchte Bücher über ebay kaufte, wusste ich, dass das den Aufwand wahrlich nicht lohnte. Bei manchen Büchern ergab selbst die Internet-Recherche keine aussagekräftigen Inhaltsangaben. Die Bücher waren also Wundertüten (Oder Schund, wie man’s nimmt. Aber damals war ich jung und naiv.) und bedurften zumindest ein wenig des Reinlesens. Dann, so dachte ich mir, sollte ich sie vielleicht doch anders loswerden und stieß auf meine erste Büchertauschseite. Ich meldete mich an, stellte die Bücher ein und installierte eine Logistikabteilung.

Ich habe damals studiert und hatte nicht endlos viel Platz. Genau genommen ein Zimmer von etwa 15m² und den Teil der WG, den meine Mitbewohnerin nicht in Anspruch nahm. Die Bücher mussten also bei meinen Eltern lagern. Ich erwarb haufenweise Luftpolsterumschläge, Musterbeutelklammern und ließ etwas Geld für Porto bei meinen Eltern. Wann immer jemand ein Buch anforderte, rief ich daheim an, diktierte Mutter Zeilenende den Titel des Buchs in den Block und sie machte sich auf, das Buch zu versenden, während die ertauschten Titel sich auf den Weg zur Alma Mater machten. Wo ich die noch brauchbaren Briefumschläge aufbewahrte und beim jeweils nächsten Heimatbesuch ins Zeilenendesche Bücherlager transportierte.

Ich nahm dies zum Anlass, gelegentlich mein eigenes Bücherregal umzuräumen und ggf. ungeliebte Titel in die Freiheit zu entlassen (Bücherregal umsortieren und ausmisten ist eine wunderbare Arbeit, um sich vorm Lernen zu drücken!). Ebenso verfuhr Mutter Zeilenende, die überquellende Bücherregale im Unterschied zu mir überhaupt nicht duldete und mir kurzerhand ihren Überschuss zur Verfügung stellte. So habe ich mir jahrelang meine Lesegelüste finanziert. Manchmal fühle ich mich ein wenig schuldig, weil ich so viel lese, aber den entsprechenden Autor*innen und Verlagen dafür früher keine Dankbarkeit in Form von Neukäufen erwies. Andererseits nutzte ich die Plattform auch gern, um Bücher aufzustöbern, die nicht mehr im Handel erhältlich waren. Mein erstes Buch war „Neues vom Watership Down“, ein Kurzgeschichten-Band von Richard Adams mit weiteren Geschichten über Adams‘ Kaninchen.

Nun, die Tauschplattform führte irgendwann Transaktionsgebühren ein und ich suchte mir eine neue Büchertauschplattform, die den zusätzlichen Vorteil bot, dass sie auf dem Prinzip basierte: Ein Buch für ein Buch, zumindest formal. Man erhielt einen Gutschein (oder wie es hieß, ich erinnere mich nicht mehr so deutlich) für jedes Buch, das man versandte und konnte diesen dann für ein Buch eintauschen. Es gab keine gestaffelten Preise. Diese Tauschplattform schloss irgendwann ihre Tore. Das fiel mit der Zeit zusammen, als ich mir ernsthaft Gedanken ums Examen zu machen begann. Ich verabschiedete mich also still und leise aus der Welt des Online-Tauschs. Wenn ich manchmal auf ein Bookcrossing-Buch stoße, schmunzle ich und melde den Verbleib. Ich bin umgestiegen auf Bücherschränke, bestücke den Schrank hier im Dorf gelegentlich, falle gern über besonders schöne Bücherschränke her und schenke jedem entdeckten Bücherschrank einen ausführlichen Blick. Wenn ich heute Bücher freilassen möchte, kommen sie also dahin, ganz ohne Gegenleistung, großen Aufwand und CO2-neutral.

 

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Ausbeute aus dem schönsten Bücherschrank in Köln

11 Kommentare zu „Montagsfrage: Büchertausch

  1. Ich finde das Konzept von Bücherschränken auch toll. Bei uns gibt es allerdings keine in der Nähe (glaube ich), ist vielleicht auch besser so. Mir geht es allerdings ähnlich, wie dir: Meistens wird mein Geschmack nicht getroffen.

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    1. Servicedienstleistung: München hat offenbar nur einen am Nordbad in Schwabing. Aber ihr bekommt mehr: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwabing-stadt-will-oeffentliche-buecherschraenke-testen-1.2693950

      Was den Geschmack angeht, hängt es auch davon ab, wo das Ding aufgestellt ist. Mit dem in Köln hatte ich Glück: Rheinau-Hafen, viele Startups und Agenturen, wo Menschen arbeiten, die ähnlich komisch drauf sind wie ich. Man muss beten, dass so ein Schrank da landet, wo Gleichgesinnte sind. *gg*

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    1. Stimmt! Das sind Bücherschränke aber häufig. Umso erstaunter war ich, dass er so SF-lastig ist. Andererseits: Er hatte auch Horror und Thriller zu bieten. Ich glaube, es war auch ein wenig Fantasy dabei. Ich musste aber die Gelegenheit nutzen, wenn sie sich schon bietet und hatte bei dem Beutezug nur begrenzt Platz in der Tasche, musste ja auch die Kamera-Ausrüstung transportieren. Wenn ich Pilcher und Konsalik haben will, geh ich zu dem hier im Dorf. ^^

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  2. Mir ist das Bücherschrank-Konzept auch sehr sympathisch. Bücher vernichten finde ich keine sehr gute Idee. Und aktiv interessierte Abnehmer zu suchen (und vielleicht doch nicht zu finden) kann leicht in einen recht großen Aufwand ausarten. Da sind solche ‚literarischen Futterstellen‘ optimal. Vor allem kann das Stöbern vielleicht auch die Lust auf Unbekanntes wecken. Und wenn man’s doch nicht mag, stellt man’s einfach wieder zurück und schenkt dem Buch (und einem glücklichen Finder) eine neue Chance. 🙂

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      1. Mit anderen Worten: Würde in einem Liebster die Frage ‚Kant oder Konsalik?‘ gestellt, würdest du nicht stundenlang überlegen müssen… 🙂
        [Aber wer stellt schon eine so absurde Frage, oder kommt auch nur auf die absurde Idee, dass jemand so eine absurde Frage stellen könnte?]

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  3. Wie wär es mal ein „Wanderbuch“ auszuprobieren, das bald auf #Königsreise gehen wird?

    Ein extra neues Exemplar der Neuerscheinung von dem Komiker Johann König „Kinder sind was Wunderbares“ wurde mir hierfür vom Verlag zur Verfügung gestellt.

    Freu mich darauf wenn du und deine Leser lust haben die humorvollen Anekdoten des 3fachen Vaters zu lesen.

    https://kellerbande.wordpress.com/2016/04/06/koenigsreise-oder-wer-will-das-neue-lustige-buch-kinder-sind-was-wunderbares-von-johann-koenig-lesen/

    Lg
    Anja von der Kellerbande

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