Ich bin altmodisch. Zugegeben. Ich beantworte Fragen, die mir gestellt werden, statt Fragen dazu zu nutzen, Werbung für mich zu machen. Wer Zweiteres bevorzugt, der schaue sich lieber eine politische Talkshow an statt diesen Beitrag zu lesen. Wer Lust auf Antworten hat, sei willkommen. Es gibt schöne Fragen vom Abgebrochenen Bleistift.

award

Das Intro bezieht sich natürlich auf das Liebster Logo, das ich verwende. Aber soweit ich weiß, habe ich es für jeden Award benutzt und mag es lieber so. Vielleicht stelle ich euch die Liebsten auch mal zu einer Unter-Kategorie von „Leben“ zusammen. Zur Orientierung. Spaß macht es dennoch.

Heute stammen die Fragen von Katrin und Marie vom Abgebrochenen Bleistift. Die beiden sind zu bemitleiden, denn sie machen bald Abitur. Die beiden sind zu beglückwünschen, denn sie werden bald die Schule verlassen. Ich benutze ihren Blog als privilegierten Zugang in die Köpfe von jungen Menschen. Und aus Nostalgie. Weil mein eigenes Abi im Juno 10 Jahre her sein wird und meine Erinnerungen an die Schulzeit immer stärker verblassen und deshalb notwendig in positiverem Licht erscheinen als sie waren.

Von mir gibt es gleich mehr. Ich mag den Blog darüber hinaus, weil die beiden sich scheinbar gut verstehen, obwohl (weil?) sie doch recht unterschiedliche Charaktere sind. Und sie wunderbar zusammenpassen. Und weil ich ohne sie nie auf die Idee gekommen wäre, nach der Füllung meines Schoko-Osterhasen zu suchen. Auch wenn die Suche bislang vergebens war.

Beschreibe Deinen Blog in drei Worten…

Nachdenkliches, Lustiges, Regelübertretungen (weshalb ich noch schnell Rezensionen und Rezepte hintendran klebe)

Wer oder was hat Dich auf die Idee gebracht, einen Blog einzurichten?

Das ist die Frage nach dem Ur-Ursprung, gell? Ich habe mal den allerersten Beitrag gesucht, den ich hier veröffentlicht habe. Der ist von 2010 und mittlerweile auf privat gesetzt (zu peinlich). Das Fatale ist, ich erwähne in diesem Beitrag eine frühere Version meines Blogs. Ich erinnere mich ganz düster daran, dass ich davor tatsächlich schon einmal einen Blog hatte, in dem ich auch aus dem Alltag erzählt habe. Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr an die Adresse erinnern, ich meine mich zu erinnern, dass es darin um den Anfang meines Studiums ging, als ich mit Mathe und dem Leben gehadert habe. Das war eine sehr weinerliche Angelegenheit, noch weinerlicher als das, was ich heutzutage an meinen schlechteren Tagen verfasse. Der Urgrund für mich, einen Blog einzurichten, war Jammerei.

Hier ging es dann los, um eine Plattform zu haben, Bücher und Filme zu besprechen, das war allerdings auch nicht sehr langlebig. Ich habe es dann aufgegeben und ein paar Jahre später noch einmal probiert. Und es wieder dran gegeben. Der Rest ist Geschichte. So fing es wieder an, mit einem breiteren Ansatz. Weiter geht’s. Und seitdem hat sich wieder einiges geändert. Ich habe die Tippfehler gelassen, die lagen vor Allem an exzessiver Tablet-Nutzung. Mittlerweile schreibe ich wieder vornehmlich an der Tastatur, denn das Tablet kommt hinter meiner Anschlagzahl nicht hinterher. Aber als Ausrede taugt es nach wie vor.

  • Kaffee trinke ich immer noch, immer noch aus der Stempeldruck-Kanne.
  • Sims spiele ich momentan nicht, will es aber mal wieder versuchen.
  • Jugend und Krise habe ich gelesen und schwanke zwischen Begeisterung und Entsetzen.
  • Brote, Kuchen, Selbstgemachtes sind ein wichtiger Teil des Blogs geblieben.
  • Podcasts höre ich vereinzelt, ich schalte momentan lieber das Radio ein und höre, was mir geboten wird. Und ich höre in letzter Zeit wieder häufiger Musik.
  • Downton Abbey begeistert mich immer noch.
  • Und auch auf die Fedcon geht es in diesem Jahr wieder.

 

Was treibt Dich an, immer wieder neue Beträge zu schreiben?

Der Wortman hat mir letztens widersprochen, als ich vom „bloggen müssen“ sprach. Ich habe darauf nichts erwidert, weil mir der Kommentar damals offenbar durchgerutscht ist, jetzt greife ich ihn aber auf. Denn es ist trotz Wortmans Vorbehalten so, dass mein Antrieb ein selbst auferlegter Zwang ist. Das meint auch den inneren Zwang, dass da Geschichten, Begebenheiten und Erlebnisse in mir sind, die meine Finger zwingen, sich als Gedanken und in Form eines Blogbeitrags zu äußern. Ich merke, dass ich unruhig werde. Diese Unruhe lässt sich erst stillen, wenn ich mir einen Zettel schreibe oder einen Eintrag im Notizbuch mache – die wenigsten meiner Blogbeiträge entstehen vor dem blinkenden Cursor auf einer weißen Seite ohne eine Idee, wie der Beitrag aussehen könnte. So beginnen nur (die meisten) Beiträge, die ich an Sonntagen veröffentliche.

Aber das ist auch nicht alles. Es gibt auch einen äußeren Zwang, dessen Verursacher ich bin. Ich zwinge mich physisch, indem ich mich an den Schreibtisch setze und diese Ideen zu Beiträgen ausformuliere, weil sie sonst gut und gern auch eine ganze Weile als Zettel bestehen können. Ich versuche zu verhindern, dass die Zettel ebenso drücken wie die Gedanken. Und ich zwinge beim Schreiben meine Gedanken, ihren Beitrag zum Artikel zu leisten. Der Kopf ist manchmal bequem, obwohl er so viel zu leisten vermochte. Er braucht schon einmal einen Tritt ins Stammhirn.

Vielleicht ist Blogging einfach nur Ersatz für eine nicht vorhandene sadomasochistische Beziehung: Keiner, der mich auspeitscht, keiner, den ich auspeitschen kann. Also quäle ich mich und lasse mich quälen, weil die Alternative die größere Qual wäre.

In zehn Jahren sehe ich mich…

… immer noch im Internet, wie auch in fünf Jahren. Vorausgesetzt, in zehn Jahren gibt es das Internet noch. Obwohl ich geneigt bin zu glauben, das Internet besteht auch weiter, wenn sich die Menschheit selbst ausgelöscht hat. Ein sich selbst regulierendes Kreislaufsystem, das sich selbst irgendwann transzendiert, weil die diversen Bots in Chats und Sozialen Netzwerken tatsächlich Intelligenz entwickeln und den Raum jenseits des Internet zu erforschen beginnen. Sofern das möglich ist. Muss für einen Chatbot, der künstliche Intelligenz entwickelt, die Vorstellung einer Welt jenseits des Internet nicht ähnlich kurios vorkommen, wie uns die Jenseitsvorstellung – reine Glaubensfrage, aber nicht beweisbar? Wenn dem nicht so ist, zurecht ließe sich einwenden, unsere Welt und Internet sind eng miteinander verknüpft, was heißt das dann für uns? Sind wir damit nicht verdächtig nah dran, Cyborgs zu werden? Ein Teil Mensch, aber auch ein Teil mit dem Netz verbunden, Teil des Netzes?

Utopisch gewendet, werde ich in zehn Jahren einen Chip im Kopf haben, der mich das Internet als Virtuelle Realität erleben lässt. Nicht so wie in Matrix, ich denke eher an Tron. Und zwar an die gute Version, nicht an das Sequel in 3D. Andererseits ist eine Zehnjahresfrist dafür wohl zu knapp bemessen.

Wenn ich es realistischer versuchen müsste: Als ich im Abitur stand (lustigerweise jährt sich das wie erwähnt in diesem Jahr zum zehnten Mal, pfiffig von euch), hätte ich euch irgendwas gesagt von wegen: „Entweder erfolgreich im Beruf oder mit der Promotion fertig.“ Die folgenden acht Jahre habe ich mit meinem Studium verbracht. Und beruflich habe ich ganz andere Pfade eingeschlagen, als ich damals gedacht hätte. Rückblickend war das die bessere Entscheidung. 16 Semester (okay, mit Fachwechsel) machen sich vielleicht nicht optimal im Lebenslauf, dafür kann ich die Spalte „Ehrenamtliches Engagement“ tüchtig füllen. Ich habe sowohl sozial als auch fachlich so viel gelernt, dass ich kein einziges Semester missen wollte.

Ich erwähne das, weil ich im Gegensatz von vor 10 Jahren noch nicht einmal einen genauen Plan habe, wie die nächsten 10 Jahre aussehen könnten. Ich bin durchaus zielstrebig, die Wegmarken sind: Job, Erfolg, gesellschaftliches Engagement. Aber wo, wie, auf welchem Weg, in welchem Beruf, das ist so offen … Fürs Bewerbungsgespräch sag ich das in schöner: „Ich stehe noch am Anfang meines Berufslebens. In zehn Jahren bin ich erfolgreich. Aber ich bin nicht so arrogant mir anzumaßen, dass ich dann auf Ihrem Stuhl sitze. Vielleicht gefällt mir der Chefsessel in einer anderen Abteilung ja besser. Dafür muss ich die Sessel aber erst kennenlernen.“ Oder so.

Von daher: Ich zerbreche mir nicht so gern den Kopf über Dinge, die sowieso anders kommen. Das kann ich jedem nur empfehlen. Und halte mich lieber daran, dass ich auch in zehn Jahren noch Blogbeiträge schreibe.

 

Was ich schon immer mal irgendein Genie fragen wollte…

„Zeilenende, wie schaffst du es, so unverschämt gut auszusehen, obwohl du morgens selbst einem Vampir mit Lepra einen Schrecken einjagst?“

Ernsthaft: „Genie“ ist ein schwieriger Begriff. Sieht man mal von der Verwendung in der Kunst ab (wo ich den Genie-Begriff nicht so emphatisch benutzen würde, wie das in Sturm und Drang oder Romantik getan wurde), gibt es sowas wie Genies doch gar nicht mehr. Ein genialer Mensch zeichnet sich meinem Verständnis des Begriffs durch die Fähigkeit aus, bekannte Probleme kreativ anzugehen. Das Genie greift dafür vor Allem auf seine umfassenden Kenntnisse zurück, löst ein technisches Problem z. B. mit Kenntnissen aus seiner Praxis als Violoncellist und philosophische Probleme durch Rückgriffe auf seine Strickfähigkeiten. Vereinzelt findet man noch Spuren von Genie, aber das Genie ist tot.

Ich will das nicht beweinen, denn das Genie wurde vom Experten abgelöst. Und der Experte ist ein Zeichen dafür, dass die Menge des der Menschheit zur Verfügung stehenden Wissens für den einzelnen Menschen unüberschaubar groß geworden ist. Der Experte ist nicht mit dem Fachmann zu verwechseln, der Experte hat einen ordentlichen Überblick über sein Gebiet, nicht nur über die einzelnen Teile. Dementsprechend kann man Genies durch interdisziplinären Austausch ersetzen.

Habe ich gerade die Intention der Frage verfehlt? Möglicherweise. Aber was ich einen Experten tatsächlich gern fragen würde ist, ob er mich das häkeln so lehren kann, dass ich es am Ende beherrsche. Etwas, das Bücher, Videoanleitungen und Mutter Zeilenende bislang zum Scheitern gebracht hat.

 

Brief oder WhatsApp?

Weder noch. E-Mail. Aber mit „Sehr geehrte Herr Zeilenende“ und „Mit freundlichen Grüßen“, bei vertrautem Umgang „Lieber Zeilenende“ und „Viele/Liebe [Ich stufe da ab. d. Verf.] Grüße“. Ich war nie ein großer Briefeschreiber. Meinen ersten Mail-Account hatte ich mit … 12? Spätestens. Kann sogar früher gewesen sein. War jedenfalls vor der Jahrtausendwende. Den nutze ich übrigens bis heute, weil er so schön spießig ist. Das war zu Zeiten, da hat man für den Mail-Account noch einen Aktivierungscode per Post zugeschickt bekommen. Ich schreibe Postkarten aus dem Urlaub, das war es an schriftlicher Korrespondenz. Ich verabscheue schon den Gedanken, Bewerbungen auf dem Postweg zu versenden.

Bei Chats hingegen … Ach, ich war ja ein großer Chatter und Instant-Messaging-Nutzer. Chat4free, AIM, ICQ, IRC (die AOL Chats lustigerweise nicht). Aber ich verbinde mit dem Chatten bis heute: Das ist etwas, das ich mache, wenn ich am PC setze und mich durch die Untiefen des Internets wusele. Ich habe natürlich WhatsApp auf dem Smartphone, ich nutze es sogar. Wir haben von der Arbeit eine Gruppe, um wichtige Nachrichten auszutauschen oder um Dienste zu koordinieren/tauschen, weil wir schichtweise arbeiten. Wir haben auch eine Familiengruppe, über die man das magische Wort („Kaffee“) in die Welt schicken kann oder über den man auch in seinem Zimmer über die neuesten Kapriolen der Katzen informiert wird. Immer erreichbar zu sein finde ich ganz nett, aber die Erwartungshaltung, die sich bei WhatsApp-Nutzung schnell einstellt, mag ich nicht. Ebensowenig wie Menschen, die Mails mit Lesebestätigung verschicken, wenn es nicht wichtig ist (wie die Bestätigung, dass ein wichtiges Dokument angekommen ist).

 

Glas halbvoll oder Glas halbleer?

Kinder, ihr seid doch noch jung! Fällt euch keine kreativere Frage ein? Oder liegt es daran, dass ihr euch nicht entscheiden könnt, ob ihr in euren Sorgen ertrinken oder die Zukunft feiern wollt? In beiden Fällen gilt: Das Glas sollte tunlichst zur Gänze leer sein, damit man es wieder füllen und dann zur Gänze leeren kann und dann wieder befüllen. Im ersteren Falle, um die Sorgen zu ertränken (das ist eine schwierige Angelegenheit mit grauenvollen Nachwirkungen, aber nicht unmöglich) oder um die Partystimmung weiter anzuheizen. Alkohol, Blödsinn und Lebensfreude gehen dann idealiter eine Verbindung ein, die eure kühnsten Träume und Wünsche noch übersteigen wird. Aber beschwert euch bitte nicht bei mir, wenn euch am nächsten Tag übel ist, immer noch ein halbes Glas vor euch, immer noch nicht mit der Antwort weiter.

Ja, betrachtet es pragmatisch: Da ist ein Glas. Und solange dies gewährleistet ist, könnt ihr es leertrinken oder nachschenken, ohne entwürdigend an der Flasche zu nuckeln. 🙂

 

Zu einem perfekten Start in den Tag gehört für mich unbedingt…

… ein Tag. Ich bin gerade launisch, merkt ihr das? Weiß ich selbst nicht so ganz, weshalb. Muss daran liegen, dass perfekte Starts in den Tag mich misstrauisch machen. Meistens bin ich viel glücklicher, wenn ich den Tag schon vor dem Aufstehen verdammen und einen räudigen Hund schimpfen kann, weil … Ist eben so. Mit geringen Erwartungen kann einen so ein Tag nicht enttäuschen. Im Gegenteil: Wenn ich die erste Kanne Kaffee getrunken habe, können wir darüber reden, dass der Tag gut wird.

Überhaupt, Kaffee. Der gehört nicht zu einem perfekten Start in den Tag, der gehört zu einem perfekten Tag. Auch wenn ich mich an die skurille Regel halte: Kein Kaffee nach 18 Uhr, bis ich geschlafen habe. Es ist nicht so, dass es danach kein Koffein gäbe. Ihr müsst euch Zeilenende als einen hyperaktiven Flummi vorstellen, dessen Antrieb die drei Ks sind: Koffein, Kekse, Kippen. Und nach 18 Uhr stellt er einfach auf Cola um. Aber wir waren beim Beginn des Tages, gell? Ehrlich gesagt: Ein perfekter Tag ist, an dem ich früh aufstehe, aber ausgeschlafen bin, etwas zu tun habe und an dem es Kaffee gibt. Mehr braucht es nicht für den Anfang.

 

Wenn ich einen Tag lang tun könnte, was ich wollte, würde ich…

Was mich an dieser Frage beschäftigt, ist Folgendes: Wenn ich darauf antworte, stimme ich damit der Behauptung zu, dass ich sonst nicht täte, was ich wollte? Und würde das bedeuten, dass ihr beiden gerade geschickt versucht habt, mich dazu zu zwingen, das Konzept der Willensfreiheit über Bord zu werfen? Wenn dem so ist: Hähä, ertappt.

Wenn ihr allerdings darauf hinweisen wollt, dass das Leben uns immer wieder zu Kompromissen zwischen dem zwingt, was der Wille will und was statthaft ist … Ich sehe schon, wie Schopenhauer bei diesen Worten die Haare zu Berge stehen. Etwa so:

Tschuldigung, das musste sein, es war zu verlockend. Außerdem leiden diese Beiträge zum Liebster Award zwar nie an Humor aber doch an Bebilderung. Und das bot sich an. Zurück zum Thema. Ich wollte die Willensfreiheit verteidigen, gell? Das ist eine Bedingung der Möglichkeit ethischen Handelns und die Möglichkeit ethischen Handelns zu bezweifeln halte ich für ein starkes Stück, das mit empirischer Wissenschaft ohnehin nicht zu belegen ist, egal wie viele Bilder von Gehirnen Gerhard Roth dafür schießen will.

In der abgeschwächten Version … Gar keine Konsequenzen? Weder körperlich noch geistig? Ich würde den ganzen Tag über Streuselteig naschen. Bis ich platze. Und wenn ich dann geplatzt bin, würde ich weiter Streuselteig naschen. Und ich meine das ernst. Da mein Handeln an dem einen Tag ja keine Konsequenzen haben würde, könnte ich die Welt nicht verändern. Würde ich Kriege verbieten, schwupps würden sie am nächsten Tag weitergehen. Da esse ich lieber Streusel.

Obwohl

Es wäre ein Tag ohne Krieg. Immerhin

So naiv es klingt

Ich würde Krieg verbieten. Zumindest für einen Tag. Auch wenn es keine Konsequenzen hätte. Von dem einen Tag in Frieden abgesehen.

Und dann würde ich Streuselteig essen. Bis ich platze. Und wenn ich geplatzt bin, würde ich weiter Streuselteig naschen.

Scheiß Idealismus.

 

Mein Lebensmotto lautet …, weil …

„…“ Trifft es ganz gut. Ich hasse – hasse – HASSE Erbauungssprüche. Solche, die man sich früher ins Poesie-Album schreiben lassen musste und die irgendwelche Lebensmotti (Wer ist auf die bescheuerte Idee gekommen, dass „Mottos“ ein legitimer Plural von „Motto“ sei?) darstellten. So nach dem Motto „Lächle dein Leben an, dann lächelt es zurück“. Wer sowas glaubt, der hat vom Leben noch nie ordentlich auf die Fre … Tschuldigung, ich werde wieder ausfällig. „Was bist du denn so aggro, Zeilenende?“ Seamus guckt mich gerade tadelnd an und murmelt etwas davon, dass Höflichkeit im Leben am weitesten trüge. Damit hat Seamus nicht unrecht, aber ich verwahre mich gegen die Behauptung, dass man mit Höflichkeit sonderlich weit käme.

Jenseits von Kalenderweisheiten bietet sich ein weites Feld für ein gelungenes Lebensmotto. Andererseits: Es stellt sich die Frage, was man für ein Leben führen möchte. Wenn es ein reiches Leben sein soll, dann ist „Show me the money!“ eine legitime Wahl, wenn es um Gesundheit geht, könnte man es mit „Mens sana in corpore sano“ führen. Wenn man Schüler ist, dann sollte man sich, um die Welt nicht für total verrückt zu halten, „Nicht fürs Leben, sondern für die Hochschulzulassung lernen wir“ auf die Fahnen schreiben. Und wenn man eine Karriere bei BMW anstrebt, dann ist „Freie Fahrt für freie Bürger“ das Motto der Wahl.

Wenig überraschend dürfte es sein, dass ich ein sehr ethisch denkender Mensch bin, wenn auch kein unbedingt ethisch handelnder Mensch. Ich bin immerhin so weit, dass ich mir fürs Leben zwar Glück wünsche, aber anerkenne, keinen Anspruch darauf zu haben. Ich versuche es und gebe mich mit Zufriedenheit zufrieden. Überhaupt. Habe ich die Wahl, das (von mir als Gutes erkannte) Gute zu befördern oder materiell glücklich zu sein … Ich fürchte, ich würde mich für Ersteres entscheiden. Ein Motto? Wenn überhaupt, dann dies:

„Demnach muß ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre.“ (Immanuel Kant, AA IV 438 [GMS])

11. Glück bedeutet für mich…

Ihr schießt mit den ganz großen Kalibern der Sinnfragen, oder? Ich habe oben angedeutet, dass ich ein Recht auf Glück ablehne. Deshalb beschäftige ich mich nur ungern mit „Glück“ in dem Sinne, dass Glück ein gewisses Ideal ist und halte mich an den Begriff der „Zufriedenheit“. Der umfasst körperliches und geistiges Wohlbefinden, gesicherte finanzielle Existenz sowie gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe (Zugang zu Information, demokratische Wahlen, unabhängige Presse, ein Bibliotheksausweis und/oder Netflix-Abo …) Ich denke, wenn wir das für jeden Menschen auf Erden gewährleisten könnten, dann könnte man stärker über das Glück nachdenken. Denn Glück ist das individuell angepasste Gipfelkreuz des Zufriedenheitsberges („Boah, was für eine geile Metapher, Zeilenende. Das solltest du in ein Poesie-Album schreiben.“ – Seamus, augenrollend). Irgendwas zwischen Briefmarkensammeln und Ganztags-Trampolinspringen bei unbeschränktem Zugang zu Streuselteig.

Aber ihr habt ja recht, wenn ihr einwendet: „Schön und gut, lieber Zeilenende, aber wir haben keinen Bock auf so viel Geschwafel am Ende, das war doch eine hinreichend konkrete Frage. Wie würde Glück für dich aussehen?“

Ein paar Bruchstücke haben wir zusammengetragen. Ich denke ethisch, genauer irgendwie sozial-ethisch. Ich würde nicht so weit gehen, Neid und Missgunst abzuschaffen, aber „Kein Krieg“ wäre schon einmal ein Anfang, um auch mich glücklich zu wissen. Glück ist für mich nämlich nichts, das nur ich habe. Glück persönlich, das wäre auch eine sinnvolle Arbeit, an der ich neue Dinge anstoßen und alte Dinge besser machen kann. Strategische Verantwortung, wenn ihr so wollt. (Ja, liebe Personaler, ich bin an Vordenker- und Führungsaufgaben interessiert, wenn ihr mich ins Unternehmen reinwachsen lasst. Und das nicht aus Selbstsucht, sondern aus Verantwortungsbewusstsein und dienender Mentalität. Auch wenn das eine Floskel ist. Ich bin wirklich Kantianer.)

Was noch, neben Arbeit? Wirklich großes Glück wäre für mich, wenn ich in einer Großstadt wohnen könnte – allerdings mit eigenem Schrebergarten. So gerne ich gärtnere, ich bin ein Großstadtkind. Ich mag das Gefühl, unter Massen an Menschen und zugleich anonym zu sein. Ich mag die Selbstverständlichkeit, mit der ich mich durch urbanen, gut erschlossenen Raum bewegen kann ohne darüber nachdenken zu müssen, dass in 20 Minuten der nächste Zug heimwärts fährt und ich andernfalls eine Stunde auf einem zugigen Bahnsteig verbringen muss, weil mir für alles andere die Füße zu sehr weh tun. Und ich mag die Breite des Angebots. Ich wähle lieber aus einem Angebot aus, als mir von spärlichem Angebot die Freizeit oder lange Anreisezeiten diktieren zu lassen.

Freunde. Muss ich das groß erklären? Zeit für euch und das hier. Ich hoffe, man merkt jedem Beitrag an, dass ich ihn gern geschrieben habe oder zumindest schreiben musste, weil er in mir war und ich ohne das Schreiben platzen würde. Und jedem Kommentar, dass er nicht nur ein „Hallo, hier bin ich.“ ist. (Dafür habe ich die Likes. Das ist mein stummer Gruß.)

Ich denke, das wäre das größte Glück auf Erden.

33 Kommentare zu „Aggro-Ende mit Chip im Kopf muss bloggen

  1. ich neige gerade dazu Sabrina von kampfdenkalorientierchen zu bitten, das „Danke-es sind genug Liebsteaward“ – Signe in „Umleitung zu Zeilenende“ zu ändern. Das wäre eine echte win-win-win Situation: Die Fragen werden beantwortet – von dir sogar mit Freude und Hirnschmalz – und diese Antworten lesen ich und andere mit Genuss 🙂

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    1. Hihi. Danke für das Lob. Ich fürchte nur, dass die jeweiligen Fragesteller unglücklich darüber wären, weil die gewünschten Fragenbeantworter kneifen … Obwohl … Weight Watchers kann ich auch. Das mache ich jede Woche, wenn ich mir auf der Waage die Innenseiten meiner Augenlider anschaue. 😉

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  2. Hallo, hier bin ich. 🙂
    Du hast viele schöne Sachen geschrieben, ein Satz ist aber bei mir hängen geblieben: „Die fehlende Bebilderung der Liebster Award Artikel.“ Hast du Lust auf ein Experiment, lieber Zeilenende? Du stellst Fragen und ich antworte in Bildern? Fände ich spannend.

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    1. Da ist sie. Und das obwohl ich immer drei bis vier Tage brauche, um zu merken, dass ihre Beiträge mal wieder nicht in meinem Reader erscheinen und ich manuell bei ihr vorbeischauen muss. 🙂 Über die Idee habe ich tatsächlich auch schon einmal nachgedacht, mich für mich aber dagegen entschieden, weil ihr meine Texte ja so gern lest und Text + Bild den zeitlichen Rahmen endgültig sprengen würde. Aber ich bin neugierig, was du daraus machst, deshalb: Gern! Ich habe mir ein paar Fragen vom letzten Mal genommen, eine Frage aus diesem Award übernommen und mir ein paar neue Fragen überlegt, die vllt. besser für Bilder geeignet sind. Ob du je ein Bild oder eine Serie oder eine Collage machst, sei dir überlassen. Zusätzliches Angebot: Ich stelle mich danach auch deinen Bilder-Fragen. Ist dann ja ein anderer Award. *gg*

      Wer ist dein „Freund und Helfer“?
      Deine Lieblings-Küche?
      Was tut man bei einem Bad Hair Day?
      Harmonie oder Tobsuchtsanfall?
      Chaot oder Ordnungsfanatiker?
      OR oder XOR?
      Was vermisst du am meisten, wenn du einmal längere Zeit nicht bloggen kannst?
      Was ich schon immer mal irgendein Genie fragen wollte…
      Was ist Gesundheit?
      Wohin gehst Du, wenn Du traurig bist?
      Was würdest du gerne mal ausprobieren?

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  3. Tolle Antworten! Und das so früh am Morgen, dass die natürlich ausschließlich dem Koffeinschub zuzuschreiben sind, wie? 😉
    So kann ein Tag aber auch gut anfangen. Danke für die unterhaltsame Lektüre. 🙂

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    1. Ehrlich gesagt sitze ich seit der Nominierung daran … Samstag war ich fertig, Sonntag habe ich nochmal drüber gelesen. Und ich veröffentliche meine Beiträge immer morgens früh, damit ich einen Grund habe, mich mit den Kommentaren von langweiligen Dingen wie Stellensuche und so abzulenken. ^^ (Ich bin erst bei den Tassen drei und vier, glaube ich, ziemlich mieser Schnitt für zwei Stunden wach-sein)

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      1. Auch gut, die Einträge ein paar Stunden oder Tage gären zu lassen.

        Ach, ja, den Gedanken kenn ich irgendwoher! *pfeif*
        Mach ich gerade auch, muss ne Bewerbung abschließen und abschicken, aber mir fällt gerade nichts Intelligentes mehr ein. ^^‘
        Stellensuche ist aber auch ätzend. Ich drück dir die Daumen, dass sich was findet! 🙂

        So viel Kaffee? Ich trink ja gar keinen, von daher ist dein Schnitt immer noch besser. 😉

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        1. Wochen *hust* Das dient aber auch nur der Abfederung meiner Produktivitätslinien. Fünf Tage nix und an zwei Tagen 15 Beiträge … *gg*
          Guck eine Weile aus dem Fenster, Bewerbungsschreiben zu erzwingen hilft (im Unterschied zu Blogbeiträgen) leider nicht. Ich bin ja geneigt, den Beruf des „Bewerbungsschreibenschreibers“ zu erfinden, der einem diese Qual erspart. *g*

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          1. Oooh. 😳
            Hm, so viele Beiträge auf einmal, da überkommen dich ja Wogen der Inspiration! 😀
            Ich höre ja beim Schreiben Musik, um die Gedanken nicht zu trüb werden zu lassen. Kommt gut, ne Bewerbung mit „Waterloo“ im Hintergrund zu verfassen. XD

            Ich würd dich sogar für diesen Beruf bezahlen! 😮
            Das ist DIE Geschäftsidee! 😮

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            1. Inspiration sammle ich die ganze Woche, aber ich schreibe gern im Flow. Dann bin ich produktiver. Aber mit meinen Bewerbungsschreiben ist trotzdem kein Blumentopf zu gewinnen. Die sind mein Waterloo. ^^

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              1. Hm, ja, so ne Phase hatte ich auch, da hab ich dann wirklich vier, fünf Einträge auf einmal geschrieben. Mittlerweile ertappe ich mich dagegen häufiger dabei, mich zu fragen, ob ich schon wieder über Nachhilfeschüler meckern möchte, die Thema XYZ nicht können. ^^‘

                Kopf hoch, das wird. Ende des Jahres haben wir beide dann was gefunden…. Moment, hab ich als Berufspessimist das gerade wirklich geschrieben? 😮
                Jedenfalls, ich drück die Daumen und denk, dass sich sicher was findet.

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  4. Um es auf den Punkt zu bringen: Meiner unbescheidenen (weil keiner Bescheidenheit bedürfenden) Expertenmeinung (!) zufolge machst du allerbeste Werbung für dich, eben indem du die Fragen beantwortest. 🙂
    [Die fürsichwerbungmachenwollenden Warmluftgeneratoren stellen sich ja in Tat und Wahrheit eh meist nur Armutszeugnisse aus.]

    Und als Zugabe noch einige Gedankenstreusel von meiner Seite:

    Bloggen: Ich muss nicht – ich will. (Aber es ist ein Wollenmüssen) 😉

    Beim Chip im Kopf stelle ich mir eine ungemein praktische Variante vor. Ein winziger Prozessor an Hirnes Statt. Und der frei werdende Stauraum unter der Schädeldecke lässt sich als Zettelbox nutzen.

    ‚Das Genie ist tot…‘ Würde ich spontan noch ergänzen um: …und der Genierer am Verenden. 😉
    Auf der positiven Seite würde ich aber anmerken: Das geniale Team ersetzt das elfenbeintürmerne Genie.

    Und irgendwie übermannt mich jetzt die Vorstellung, dass es eigentlich ‚Streuseelkuchen‘ heißen müsste.

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    1. Mhm … Streusoulfood … *sabber* Ich habe am Wochenende Streuselkuchen gebacken und war so beseelt von diesem Vorgang, dass ich ganz vergessen habe, ihn zu dokumentieren. Okay … Ich war eigentlich nur zu sehr damit beschäftigt, möglichst viele Streusel vor dem Backen verschwinden zu lassen.
      Genies würde ich nicht als elfenbeintürmen qualifizieren, eher im Gegenteil. Es sei denn, du willst das Künstler-Atelier zum Elfenbeinturm erklären, aber Leonardo ist für mich nach wie vor der Prototyp des Genies. Ob man ihm mit der Unterstellung „Elfenbeinturm“ Recht angedeihen lässt, wage ich zu bezweifeln. Aber du hast Recht, die Emergenzprozesse guter Teamarbeit substituieren das gute alte Genie-tum. Letztlich stört mich an dem Begriff wohl eh am Meisten, dass es ein klassischer Kampfbegriff ist.

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      1. Streusoulfood – yezzz! 🙂
        Hm. Ich würde natürlich nie im Leben zugeben, dass der Elfenbeinturm das falsche Bild war. Suboptimal, vielleicht. Wir könnten uns auf ‚hochgradig suboptimal‘ einigen (auch, weil mir die Kombination von ‚hoch‘ und ’sub‘ gefällt).
        Treffender ist vielleicht, dass die Genieerklärten auf ein menschenfern überhöhtes Podest erhoben werden (um eine etwas ausgeleierte Formulierung zu bemühen: so hoch, dass keiner rankommt). Diese ‚räusper-räusper Atmosphäre‘ hat mich beispielsweise bei der klassischen Musik saumäßig gestört. Die neueren Tendenzen scheinen aber in eine andere Richtung zu gehen.

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  5. Gute Antworten auf gute Fragen…auch wenn hier ein klein wenig Kritik daran durch die Zeilen weht selbige Spielchen zu treiben, um ein bisschen PI ÄRR zu machen 😉 will nicht jeder, der auf Fragen antwortet, dass diese auch gelesen werden…egal, welchen Namen man dem Kinde gibt? Die Idee mit den Antworten in Bildform finde ich übrigens hervorragend!

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    1. Ich habe jetzt fünf Minuten gebraucht, um zu verstehen, was du meinst. Nein, das ist keine Kritik am Seppo Blog Award. Den finde ich eigentlich super, ist aber nicht meine Kragenweite. Als echte Diva will ich gesehen werden und nicht auf mich aufmerksam machen.

      Das klang jetzt auch fies, gell? Die ersten Zeilen waren eigentlich so gemeint, wie sie da stehen. Als Kritik an politischen Talkshows, in denen Politikern Fragen gestellt werden und sie nicht antworten, sondern recht unverblümt allein Werbung machen. Und noch nicht einmal Begründungen gibt es.
      Klar will ich auch gelesen werden. Ich nehme auch an Blogparaden teil und verteile meine Inhalte gelegentlich auch auf Facebook. Wem es ganz egal ist, der lügt noch schlimmer als ich. 😉

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  6. Vielen Dank für diese ausführlichen Antworten. Es freut und ehrt uns, dass Du unsere Nominierung angenommen hast.
    Falls Du Dich über die Interpretationsfreiheit der Fragen geärgert hast, haben wir als rebellische Jugend ganz nebenbei unser Ziel erreichst. 😈 Noch mehr Sinnfragen wären aber natürlich auch möglich gewesen. 😛

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    1. Dankesehr. Kant einzubinden ist gar nicht so schwer, der ist eine richtige attention whore. 😉 Schopenhauer war aber in der Tat eine Premiere. Der zickt sonst immer, wenn ich ihn für Blogbeiträge missbrauchen will.

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      1. Kant zitiere ich nicht mehr gerne seit ich einmal mit einem Engländer über Ethik diskutierte. Deutsch ausgesprochen klingt Kant unanständig, um nicht zu sagen unmoralisch, und „verenglischt“ nach purem Unvermögen. I CAN’T say why, aber da vergeht mir die Freude am Reden 😉 Vielleicht hätte ich ihn Immanuel titulieren sollen, aber das erschien mir doch vermessen 🙂 Bis ich dieses selbst verschuldete Unvermögen über ihn zu sprechen aufgeklärt habe, muss ich mich notgedrungen meines eigenen Verstandes bedienen und schweigen – ein ziemliches Jammertal…

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