Käsekuchen ist vielleicht der deutscheste aller Kuchen. Weil ich für tumben Nationalismus aber nichts übrig habe, New York Style Cheese Cake andererseits nicht halb so gut schmeckt wie die Quark-Variante, blieb mir in meinem anti-nationalistischen Affekt keine andere Wahl, als meinen Blick gen Osten zu richten.

Soweit ich weiß, hat der russische Zupfkuchen nichts mit Russland zu tun, ist in den slawischen Landen noch nicht einmal bekannt. Das macht aber nichts, er heißt russischer Zupfkuchen und ist damit ein internationales Gericht. Ich habe bei „Serbischer Bohnensuppe“ ja auch den Verdacht, dass die nur so heißt, weil im Topf genau so viel Unordnung herrscht wie es politische Unordnung auf dem Balkan gibt.

Käsekuchen ist, von diesen Überlegungen abgesehen, Glaubenssache. Mutter Zeilenende schwört auf eine Mischung aus Mager- und Sahnequark, ich backe ihn nur mit Magerquark. Sie nimmt zur Festigung Vanille-Puddingpulver, ich nehme Mehl. In meinen Käsekuchen kommen Rosinen und manchmal backe ich ihn sogar mit Streuseln, während sie Puristin ist. Die selige Oma Zeilenende gar schwor auf Mandarinen (akzeptabel) und Schokoguss.

Schokoguss auf Käsekuchen „geht mal gar nicht“. Wer Schokolade will, soll russischen Zupfkuchen backen. So. Das hat insgesamt drei Vorteile:

  1. Käsekuchen
  2. Schokolade
  3. knusprige Streusel

Der russische Zupfkuchen ist genau genommen also der bessere Käsekuchen … Auch wenn sich die beiden nicht vergleichen lassen, denn

  1. die Quarkmassen unterscheiden sich
  2. der russische Zupfkuchen ist deshalb leichter zu machen.

Wenn ihr mir nachbacken wollt, benötigt ihr für Boden und Streusel (die bei mir aus Geschmacksgründen dicker ausfallen):

  • 450g Weizenmehl
  • 50g Kakaopulver
  • 1 Päckchen Backpulver
  • 240g Zucker
  • 10g Vanille-Zucker (das ist etwas mehr als ein Tütchen)
  • 1 Ei
  • 250g Butter

Ihr mischt Mehl, Kakaopulver, Backpulver und die beiden Zuckersorten, anschließend knetet ihr die Butter und das Ei unter. Ich habe vergessen, diesen Schritt zu dokumentieren, allerdings ist ein Mürbteig ja bekanntermaßen kein Hexenwerk. Dieser hier allerdings erfordert Krafteinsatz. Entweder ihr verflüssigt die Butter, dann lässt der Teig sich problemlos mit dem Handmixer verarbeiten, oder ihr knetet mit der Hand. Euer Rührgerät bringt euch wegen der hohen Teigfestigkeit hier nicht weiter.

Wie so häufig habe ich den Teig über Nacht im Kühlschrank aufgehoben, weil ich des Abends genug Zeit für die Teigvorbereitung hatte. Am nächsten Tag halbiert ihr den Teig, bespannt eine Springform von 28cm Durchmesser mit Backpapier, rollt eine Hälfte des Teigs darin aus und piekst sie ihn einer Gabel mehrfach ein – wie ein durchgedrehter Psychopath.

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Während der Ofen auf 170° Ober-/Unterhitze vorheizt, könnt ihr ein weiteres Stück Butter von 250g in einem Topf zerlassen. Das brauchen wir gleich, aber abgekühlt. Denn jetzt gilt es, die Käsecreme zu machen.

  • 500g Magerquark
  • 200g Zucker
  • 8g Vanillezucker (ein Tütchen)
  • 3 Eier
  • 1 Päckchen Vanille-Puddingpulver
  • 250g zerlassene, abgekühlte Butter

Wie ihr sehen könnt, hatte wohl Mutter Zeilenende bei diesem Rezept ihre Finger im Spiel. Sei es wie es sei – ich aromatisiere meinen Käsekuchen ohnehin mit Zitrone statt mit Vanille, beim Zupfkuchen schien mir das aber nicht statthaft und so folgte ich den Anweisungen.

In einer Schüssel versammelten sich alle Zutaten bis auf die Butter. Ich schlug alles mit dem Handmixer auf – und da die Butter noch ein wenig warm war, ich aber nichts gerinnen lassen wollte, goss ich sie vorsichtig in einem dünnen Strahl zur Käsecreme. Die zerlassene Butter ist übrigens auch der entscheidende Unterschied zwischen Zupfkuchenmasse und Käsekuchenmasse. In einem richtigen Käsekuchen hätte die Butter nichts verloren.

Füllt die Käsecreme auf euren Schokoboden und nehm den zweiten Block Teig zur Hand. Von diesem zupft oder reißt ihr nun Stücke ab und verteilt sie großzügig in eurem Mund und auf dem Kuchen. Ist der Teig aufgebraucht, habt ihr es auch schon geschafft, denn das ist das schönste am russischen Zupfkuchen (neben seinem Geschmack und seinem Beitrag zur Völkerverständigung natürlich): er ist unglaublich einfach zu backen. Ihr müsst ihn nur noch für etwa 60-70 Minuten in den Ofen schieben.

Ist er fertig gebacken, öffne ich die Ofenklappe und lasse Zupfkuchen ebenso wie Käsekuchen noch eine Weile im Ofen stehen. Zum „Ablüften“ klemme ich einen Kochlöffel in die Ofentür. Nach etwa einer halben bis ganzen Stunde ist zumindest Zupfkuchen fest genug, dass er sich auf ein Kuchengitter stürzen lässt, damit man das Backpapier abziehen kann.

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Russischer Zupfkuchen ist auch ideal, wenn Gäste kommen. Vor Allem, wenn sie überraschend kommen, wie mein Cousin und seine Freundin. Sie haben glücklicherweise verhindert, dass ich den ganzen Kuchen allein gegessen habe.

33 Kommentare zu „Gebackene Küchenverständigung

  1. Einer meiner Lieblingskuchen – bitte mit ganz viel knusprigen Streuseln 😀 Ich muss Dir übrigens zustimmen, Quarkkuchen mit Schokoguss ginge bei mir gar nicht, obwohl mit Mandarinen drin finde ich ihn wiederum sehr lecker.
    Höchst appetitlich, wie Dein fertiges Werk dort so auf dem Teller ruht. Schade, dass die Technik das mit dem Durchschieben durchs Netz noch nicht bringt. Aber wahrscheinlich ist eh schon aller verspeist, oder? 😦

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    1. In der Tat. Und das schon … Ach. Sagen wir es so: Ich veröffentliche Rezepte mit ein wenig Verzögerung, weil ich zumeist Samstag oder Sonntag backe. 🙂
      Was den Guss angeht, halte ich aber auch nur Shoko für problematisch. Karamellsauce hingegen. *seufz* Ich sollte häufiger „Keeesekuchen“ backen, wie meine Lieblings-Exmitbewohnerin es so schön sagt.

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