Ich war mir bei der Kurzbesprechung zur ersten Staffel dieser Serie nicht einmal sicher, warum ich diese Serie mag. Nach der zweiten Staffel bin ich nicht viel klüger, ich bin mir nur mittlerweile sicher, dass ich die Serie großartig finde, weil ich sie so unglaublich verabscheue. Dennoch bin ich ein wenig ratlos, wie ich sie besprechen soll.

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Heuchelei und Leichen: Mit fiesen Intrigen hat der US-Abgeordnete Frank Underwood (Kevin Spacey) inzwischen das Amt des Vizepräsidenten übernommen. Doch nun warten neue Stolpersteine: Seine Frau Claire (Robin Wright) leidet darunter, dass sie als Second Lady keine Privatsphäre mehr hat und ihre Ehe ständig im Rampenlicht steht. Und Reporterin Zoe Barnes (Kate Mara) droht aufzudecken, dass Underwood am Tod seines Kollegen Peter Russo offenbar nicht ganz unschuldig war. Aber einer wie Underwood hat auch in brenzligen Situationen immer noch ein Ass im Ärmel.
Lehren
Frank ist ein extremer Charakter. Er glaubt, wer mit einer ungesetzlichen Handlung einmal durchkommt, kommt auch ein zweites Mal damit durch. Bereits in der ersten Folge fiel mir keine passendere Bezeichnung als „Grausamkeit und Maßlosigkeit auf zwei Beinen“ ein. Während man in der ersten Staffel noch hoffen durfte, dass er nicht immer so war, ist die Lehre der zweiten Staffel: Frank Underwood war nie anders als in der Serie dargestellt.
House of Cards, das ist die Umsetzung des Mottos „Macht statt Ideen„. Frank hat keinerlei politischen Überzeugungen, ebensowenig wie der Präsident. Ersterer ist ein machtbewusstes Raubtier, letzterer hat die Mechanik der Macht nicht begriffen und es wird immer deutlicher, dass er nicht bloß ein Zauderer, sondern auch eine Marionette ist. Vielleicht hat er eine Vision, aber keine Ahnung, wie diese umzusetzen sind. Frank hingegen lebt nur für die Macht. Und wenn sie bedroht ist, wird er noch agressiver und rücksichtsloser.
Freundschaft gilt in der Welt von House of Cards nur so lange sie zum Vorteil beider gereicht. Sobald sich eine Person zurückgesetzt fühlt, wird die Freundschaft beendet und der nun ehemalige Freund eiskalt abgesägt. Freundschaft ist Frank Mittel zum Zweck. Er erschleicht sich das Vertrauen anderer Menschen und nutzt ihre Gutgläubigkeit aus, um sukzessive das schlechteste in diesen Menschen zu wecken. Als Motivation reicht ihm dafür sein Egoismus und seine Machtgier. Seine liebsten Opfer: Newcomer und junge Frauen.
Loyalität kennt er nur sehr begrenzt. Selbst mit Menschen, die er nicht instrumentalisiert und von denen man glaubt, er sei ihnen tatsächlich wohlwollend verbunden, trennt er sich, sobald es ihm opportun erscheint. Nicht nur „frische Freunde“ können damit rechnen, dass ihr Leben zerstört wird, sobald sie sein Büro lassen und bevor sie einen langfristigen Wert beweisen, auch alte Freunde müssen damit rechnen, dass Frank plötzlich jeden Kontakt abbricht. Ich rechne schon fest damit, dass er früher oder später auch Stamper opfert … Und Meechum tut mir, auch wenn ich ihn nicht sonderlich sympathisch finde, ebenfalls schon vorauseilend leid.
Die Ehe von Frank und Claire ist mir auch nach der zweiten Staffel ein Rätsel. Was die beiden zusammenhält, verstehe ich nicht. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, es sei Liebe, meistens denke ich, der Ehe liegt ein Pakt zugrunde, es gemeinsam nach oben zu schaffen und oft habe ich auch das Gefühl, die beiden sind zusammen, weil sie miteinander Spielchen spielen können, der Reiz in der Ehe liegt darin, gleichzeitig zu leiden und den jeweils anderen (damit) zu quälen.
Das Staffelfinale war absehbar, spannend war der Weg dorthin. War Frank schon in der ersten Staffel ein Monster, ist er nun ein völliges Monster. Man sitzt vor dem Fernseher und fragt sich, wie all das nur passieren kann. Aber die wirklich brisante Frage bleibt, sie drängt sich in der zweiten Staffel mit immer größerer Macht auf: Was treibt Frank eigentlich an? Gibt es eine Vision jenseits seiner persönlichen Macht? Ich finde, es ist an der Zeit, Farbe zu bekennen, Francis.
Normalerweise ziehe ich an dieser Stelle ein Fazit. Die zweite Staffel von House of Cards lässt aber alles in der Schwebe, da bleibt als Fazit nur: Weiterhin abscheulich, weiterhin sehenswert, abwarten und Staffel 3 sehen. Das ist ein wenig dürftig. Also versuche ich es mit einer Frage:
Reicht Macht um der Macht Willen als Konzept für gute Politik?
Du kannst dich definitiv auf Staffel 3 und mittlerweile auch vier freuen! 😀 Die Serie bleibt sich nämlich treu, hebt das Ganze nur noch auf ein extremeres Level.
Meechum finde ich sogar extrem sympathisch, weil er zusammen mit Stamper einer der wenigen loyalen Charaktere im Dunstkreis von Francis ist. Er würde wirklich sein Leben opfern, um ihn zu beschützen…
Dein letzter Satz ist interessant, da hab ich in der Tiefe noch gar nicht drüber nachgedacht. Wenn man politische Macht behalten will, muss kan zwangsläufig die Bevökkerung zufrieden stellen. Aber gleichzeitig hat man einfach kein Ideal, das man durchsetzen könnte, sodass auch jede politische Integrität verloren geht. Sagen wir mal so, ich hätte Francis Underwood nicht gerne in einer Machtposition. Wenngleich ich ihn auf eine seltsame Weise verdammt cool finde, muss ich gestehen. Was wohl auch an der genialen schauspielerischen Leistung von Kevin Spacey liegt.
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Meechum und Stamper mag ich aus genau dem Grund ja eigentlich nicht, wohingegen Francis … Ach, sagen wir so: Nächste Woche kommt die Besprechung von Staffel 3. 😉
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Die Serie ist einfach hervorragend, ich bin mittlerweile auch bei Folge 5 der vierten Staffel angekommen und kann nur bestätigen, dass es sich lohnt, weiterzuschauen. Kevin Spacey und Robin Wright spielen ihre Rollen einfach grandios, gerade Spacey, der es schafft, einen so schrecklichen Menschen darzustellen, den man trotzdem irgendwie mag, obwohl man ihn eigentlich nur verabscheuen kann.
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Ohja … Staffel 3 kommt nächste Woche. 🙂
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Gibt es GUTE Politik???
Irgendwann scheint jeder Politiker entweder das Handtuch zu werfen oder eben der Macht zu verfallen. Das 3. wäre wohl: ein unsichtbares Rädchen zu sein im Machtgefüge der anderen…
House oft Cards ist jedenfalls von großer Anziehungskraft, weil es so abstoßend ist. Ich freue mich schon, wenn ich Staffel 4 schauen kann 🙂
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Natürlich gibt es gute Politik. Die Frage ist nur, ob es sie in der Realität gibt. Ich find das Rädchensein gar nicht so unsttraktiv, machtlos ist man deshalb ja noch lange nicht.
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Hm, da haben wir vermutlich eine sehr unterschiedliche Vorstellung von Macht. Einzelne Rädchen sind meiner Ansicht nach wirklich austauschbar. Macht bekämen sie nur im Verbund.
Bei der guten Politik gebe ich dir recht: sie ist in der Realität leider selten anzutreffen
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Das mag sein. Ich gebe zu bedenken: Jedes der kleinen Rädchen hat ein eigenes Spezialgebiet. Es stützt seine Partei im Bundestag in Fragen wie Haushalt oder Außenpolitik, ist aber ein Experte für Straßenbauplanung und ist dort tonangebend. Ich würde Herrschaft (Macht ist für mich nochmal was anderes, wenn ich es genau nehme) also eher organisch verstehen. Der Parlamentarismus bedingt solche Strukturen. Auch Bundeskanzlerinnen kommen ja längst nicht selbst auf jede Idee, sondern müssen sich auf ihre Zuarbeiter verlassen.
Was gute Politik schließlich angeht: Mir macht es dennoch Angst, wenn Politiker meinen, das Gute gepachtet zu haben. Das entsteht doch eigentlich immer im Tun.
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Ich will das jetzt nicht ausufern lassen, aber ich möche doch noch einmal versuchen, meine Sichtweise besser zu erklären: selbst, wenn jedes kleine (!) Rädchen ein Spezialgebiet hätte, würde das nicht bedeuten, dass es nicht austauschbar wäre und damit recht machtlos, wenn man es mit der Person, dem Individuum identifiziert. Vermutlich nicht, wenn man das Rädchen als Rolle/Position betrachtet. Selbst Spezialisten sind meist ersetzbar. Falls du irgendwann einmal Veep gesehen hast (mir fällt jetzt leider kein besseres Beispiel ein): Amy vs. Dan: sogar jene Person, die Chief of Staff ist (also eher schon ein „großes Rad“) hat nur temporär Macht – eben bis ein anderer die Position übernimmt.
Aber ich stimme dir natürlich zu, dass die oben von ihnen abhängig sind. Allerdings ist ihnen wohl egal, ob es der X oder der Y recherchiert/geschrieben etc. hat.
Ich weiß auch nicht, ob viele Politiker überhaupt den Anspruch erheben, das Gute gepachtet zu haben, eher das „Richtige“ oder das ihnen und ihresgleichen Nützlichste.
Wiederum stimme ich aber darin mit dir überein, dass das Gute erst im Tun entsteht.
🙂
Ein Muster ist erkennbar: erster Teil – Differenz, zweiter Teil – Übereinstimmung. Ergo: wir sind ca. zu 50% kongruent 😉
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Du wirst lachen. Es sind wahrscheinlich eher 90% Übereinstimmung, denn so wie du den Machtbegriff ( als etwas, das auch ohne den einzelnen Menschen besteht) benutzt, ist das ziemlich nah an meiner Vorstellung. Ich bin darauf nur eingegangen, weil dahinter häufig der Vorwurf steckt, „die Abgeordneten seien nur Marionetten“. Und dem wollte ich nicht Vorschub leisten. Aber so wie du es darstellst, find ich das super und treffend. 🙂
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Man bekommt ja leider nicht viel mit, was hinter den Vorhängen in Deutschland passiert. Wenn ich allerdings sehe, wie viele Leute neben Merkel schon „verblasst“ sind, glaub ich fest daran, dass das kein Zufall ist. Wer weiß ob Merkel nicht der deutsche Frank ist…
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Angie Underwood? Jetzt habe ich nicht wenig Angst. ^^
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