Rufus Beck beschloss unser Literaturfestival mit einer Lesung aus „Garp und wie er die Welt sah“ von John Irving. Nach zwei Wochen, vollgepackt mit großartigen Veranstaltungen, brannte ein letztes Mal ein Feuerwerk der Unterhaltung ab. Und ich habe lediglich vier Monate gebraucht, um den Artikel zu veröffentlichen. Der ist mir immer wieder durchgerutscht. Aber an die Lesung kann ich mich immer noch erinnern. Deshalb muss der Artikel veröffentlicht werden.

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Das Publikum, alle Altersstufen dicht an dicht gedrängt, verband der eine Wunsch, Rufus Beck zu erleben und dies aus den unterschiedlichsten Gründen:

  • Da waren die Menschen, denen der Schauspieler Rufus Beck in „Der bewegte Mann“ die Schamesröte ins Gesicht getrieben hatte.
  • Da waren die Menschen, die mit Rufus Becks genialer Inszenierung der Harry-Potter-Hörbücher aufgewachsen waren.
  • Und da waren die Menschen, die John Irving und insbesondere „Garp und wie er die Welt sah“ lieben.

20:15, Prime Time. Der Gast ist vorgestellt, er sitzt auf der Bühne und erzählt. Zwei Stunden lang wird er nichts anderes tun. Rufus Beck sitzt lediglich auf seinem Hocker, aber er liest nicht nur. Er gestikuliert, er spricht, er begeistert, kurz: Er liest vor. Beim Lesen, allein mit einem Text, überliest man, übergeht Längen, die spannenden Stellen hingegen nimmt man umso intensiver wahr. Beim Vorlesen, so Rufus Beck gleich zu Beginn, verlange der Text an jeder Stelle die Aufmerksamkeit und sorgfältige Inszenierung durch den Vorleser. Der Blick ins Publikum zeigt, Rufus Beck macht es großartig. Es ist, als habe er die Zuhörer mit einem Zauber in seinen Bann geschlagen.

Ein guter Vortrag lebt von Begeisterung, Rufus Beck ist begeisternd und selbst begeistert. Jede Figur erhält an diesem Abend vom Sprecher eine eigene Stimme und erzeugt eine besondere Stimmung, so begeistert Beck das Publikum. Und auch er selbst ist begeistert von seinen Texten, er lacht und ist voll kindlicher Freude auf das, was er gleich präsentieren würde.

Text und Inszenierung gemeinsam machen den Abend perfekt. In „Garp und wie er die Welt sah“ spielt Irving mit den Möglichkeiten der Fiktion, macht aus einer Geschichte Hunderte. In Rufus Becks Lesung stellt sich der John-Irving-Effekt ein: Die Geschichte ist so irrsinnig, dass man nicht glauben kann, dass sich ein Schriftsteller so etwas ausgedacht haben könnte. Selbst wenn man die Geschichte furchtbar findet, man will wissen wie es ausgeht und liest weiter oder hört – wie an diesem Abend – bis zum Ende gebannt zu,.

Rufus Beck hat John Irvings Figuren an diesem Abend in die Wirklichkeit geholt. John Irvings Irrsinn wurde für zwei Stunden so wahr, dass der Verfasser dieser Zeilen nicht das Gefühl hat, über einen Vorleseabend mit Rufus Beck zu berichten. Er ist Garp, Walt, Helen, Jenny, Bensenhaver und co. begegnet. Es ist, als hätten sie persönlich im Museum vorbeigeschaut, um ihre Geschichten zu erzählen und würden nur zufällig alle das Gesicht von Rufus Beck tragen. Ein größeres Kompliment ist unmöglich.

Und so bin ich ein wenig enttäuscht. So geht es mir immer, wenn etwas mit John Iriving endet, egal ob es eines seiner Bücher ist oder so etwas wie die Dokumentation „John Irving und wie er die Welt sieht“. Aber, immerhin, eins bleibt. Meine alte, zerlesene Garp-Ausgabe, die schon viele Menschen begeistert hat, ist von Rufus Beck verschönert worden.

7 Kommentare zu „Lesung: Rufus Beck – Garp und wie er die Welt sah

  1. Oooooooooo! Jetzt bin ich ja sowas von neidisch! Ich habe vor einigen Jahren, als der Harry Potter-Wahn gerade begann, eine Dokumentation über Rufus Beck gesehen. Man begleitete ihn ins Studio und durfte zusehen, wie er einige Passagen einsprach. Das war sehr beeindruckend. Leider habe ich noch keine seiner Hörbuch-Versionen von Harry Potter gehört, aber das kann ich ja noch ändern. Juhu!

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    1. Kann ich nachdrücklich empfehlen. Die Harry-Potter-Hörbücher glänzen nicht nur durch epische Länge sondern auch durch die gekonnte Interpretation. Jede Figur hat ihren eigenen Tonfall. Arthur Weasley spricht beispielsweise wie ein Ostfriese. Das ist ganz großes Dings. 🙂

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