Ich habe schon lange keinen Verriss mehr geschrieben, oder? Okay, einen halben, letzte Woche zu Mad Men, aber der hat keine Resonanz gefunden. Wenn es euch ebenso geht wie mir und meine Verrisse vermisst habt, dann dürft ihr euch freuen: Es ist mal wieder so weit. Für alle Anderen hier die Zusammenfassung: Statt „Skyline“ zu gucken könnt ihr eure Zeit getrost besser verwenden: Aus dem Fenster blicken, den Keller aufräumen oder die Pfefferkörner in der Mühle nach Größe sortieren.

Quelle

Inhalt lt. amazon.de

Nach einer wilden Partynacht wird eine Gruppe von Jugendlichen in L.A. von einem unerklärlichen Lichtphänomen geweckt, um sich kurz darauf in spurlos aufzulösen. Dasselbe Spektakel spielt sich weltweit auch in anderen Großstädten ab. Bald stellt sich heraus, dass es sich um eine außerirdische Macht handelt, die auf diese Weise nach und nach die gesamte Menschheit auszulöschen versucht. Ein Wettlauf der Übriggebliebenen gegen die Zeit und das Ende der Zivilisation beginnt – doch die Lage scheint aussichtslos.

Story, welche Story?

Fangen wir mit dem Pluspunkt dieses Films an: Filme mit außerirdischen Invasoren erklären häufig, wieso die Außerirdischen die Erde platt machen wollen. Manchmal waren die Menschen so unvorsichtig, auf sich aufmerksam zu machen, manchmal sind die Außerirdischen daran interessiert, ihren Einflussbereich auszudehnen, manchmal waren die Menschen vorher böse und haben die Außerirdischen bloß mit irgendeiner selten dämlichen Aktion zur Revanche gezwungen. „Skyline“ hingegen lässt die Außerirdischen nicht nur plötzlich und unvermittelt auftauchen, ihre Gründe für die Invasion bleiben im Dunkeln.

Diese Prämisse des Films ist eine gute Idee. In ihrer Begeisterung über diese Idee haben die Filme-Macher nur eine wesentliche Sache vergessen. Mögen die Motive der Außerirdischen auch unbekannt bleiben, wäre es nur logisch, wenn sich die Protagonisten an irgendeiner Stelle des Films die Frage nach dem Grund für die Invasion stellten. Die Menschen im Film müssten ja nicht einmal eine Antwort geben. Sie könnten ergebnislos spekulieren. Es bräuchte also kein Konzept für die Motivation der Außerirdischen seitens der Filmemacher, sie könnten die Zuschauer weiter im Ungewissen lassen.

Leider ist niemand auf diesen Gedanken gekommen. Stattdessen haben sich Cast und Crew verschworen, ihre Zuschauerschaft für dumm zu verkaufen. Nachdem der Cast nach einer halben Stunde netterweise bemerkt hat, dass er sich nun für existentiell bedroht halten sollte, scheitert er daran, das Publikum von diesem Umstand auch nur ansatzweise zu überzeugen.

Charakterlose Charaktere

Überhaupt, die Charaktere. Nach einer Stunde Film hat lediglich die Nebenfigur Oliver so etwas wie Charakter entwickelt, er ist der Verrückte, der im Angesicht der außerirdischen Invasion völlig den Verstand verliert. Er ist gleichzeitig der Einzige, der sich Gedanken über die Situation gemacht hat und eine Überlebens-Strategie zu entwickeln versucht. Außerdem besitzt Oliver das coolste Gadget des Films: Ein weißes Hemd, das völlig schmutz- und schweißabweisend ist.

Ansonsten bleiben die Figuren  blass. Keinerlei Interesse daran, darüber nachzudenken, was eigentlich passiert ist, keinerlei Gedanken über die Auswirkungen des Kontakts mit den Außerirdischen. Da wurden gleich zwei Charaktere vom blauen Licht der Aliens angestrahlt, aber sonderlich besorgt darüber wirken sie nicht. Und auch das Zünden einer Atombombe in nächster Nähe ficht die Figuren nicht an. Lauter Jubel, weil es eine schöne, aber letztlich wirkungslose Explosion gibt. Dass unsere Helden nun völlig verstrahlt sein müssten, interessiert sie genau so wenig wie die Filmemacher.

Achtung, Spoiler: Aliens!

Die Außerirdischen, im Matrix-Gedenk-Design, haben im Wesentlichen drei Fähigkeiten: Sie leuchten blau, sie haben dämliche Halloween-Kürbis-Fratzen und sie lauern natürlich die ganze Zeit über vor dem Gebäude-Ausgang, um die Flucht per Auto zu vereiteln. Ansonsten tragen sie auch nichts zum Film bei, von sinnloser, ausgiebiger Zerstörung einmal abgesehen. Und natürlich gewinnen sie am Ende … Oder auch nicht.

Die Aliens als Gegenspieler begegnen den Helden im Film dennoch auf Augenhöhe. Sie sind zwar weitaus stärker als die gesamte Menschheit oder zumindest als die US Air Force (Damit sind sie, der Logik des Hollywood-Kinos folgend, stärker als die gesamte Menschheit) und sie haben wohl tatsächlich irgendeine Agenda. Andererseits haben sie ihre Invasion nicht sorgfältig genug geplant, wie das Ende eindrucksvoll demonstriert. Unsere ach so überlegenen Außerirdischen scheitern bei ihrem Versuch der Menschheitsunterjochung an einer simplen Fehlfunktion, ausgelöst durch die Liebe eines einzelnen Mannes zu seiner Freundin und dem ungeborenen Kind.

Also jetzt mal ehrlich: Eine überlegene Macht, die die gesamte Bevölkerung eines Planeten assimiliert und das offenbar nicht zum ersten Mal macht, erlebt bei der Assimilation einen kapitalen Fehlschlag: Einen Mann, der sein eigenes Bewusstsein mit in den neuen Außerirdischen-Körper nimmt und seine Freundin rettet. Entweder ist es völlig unwahrscheinlich, dass das bei der Assimilation der Bevölkerung einer gesamten Welt nur ein einziges Mal passiert und macht das Ende zu unglaubwürdigem bullshit oder es passiert häufiger. Wenn es häufiger passiert, ist es absoluter bullshit, dass diese absolut überlegene außerirdische Macht keine wirksamen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat, die Fehlfunktion sofort zu eliminieren.

Finger weg!

Ich erwarte in einem Actionfilm ja keine übermäßige Glaubwürdigkeit, ich erwarte aber entweder

  • eine nachvollziehbare Motivation für das, was auf der Leinwand insgesamt geschieht,
  • ein nachvollziehbares Verhalten der Charaktere, zumindest aber die Erkennbarkeit einzelner Charaktere
  • oder zumindest einen Schluss, den die Helden ihren Feinden gegen einen angemessenen Widerstand abtrotzen.

Die Zerstörung des Todessterns in Star Wars Episode IV ist extrem unglaubwürdig, aber bevor es zur Explosion kommt, gibt es eine Geschichte, es gibt Charaktere und es gibt vor der Explosion einen halsbrecherischen Flug durch den Tunnel inkl. Zerstörung zahlreicher Rebellen-Maschinen. Da kann man darüber hinwegsehen, dass das Imperium mit seinem Konstruktionsfehler einen kapitalen Bock geschossen hat. Und ihn dann auch noch wiederholt.

„Skyline“ ist mit Blick auf diese Kriterien das völlige Gegenteil zum Krieg der Sterne. Skyline bemüht sich keine Sekunde lang, das Geschehen auf der Leinwand zu erklären, sondern beschäftigt sich nur mit den Special Effects, die nicht einmal sonderlich beeindruckend sind. Der Film versäumt es außerdem, den Protagonisten Charakter zu verleihen, sie bleiben allesamt blass, farblos und austauschbar. Das Ende ist an den Haaren herbeigezogen und lässt nur ein Urteil zu.

Prädikat: Intellektuelle Beleidigung des Zuschauers.

Und das Schlimmste: Dieser Mist soll fortgesetzt werden.

19 Kommentare zu „Besprechung: Skyline

  1. Schon die Überschrift auf dem Cover „Von den Machern von „300“ und „Alien vs. Predator 2“ (2!) hätte mich abgeschreckt! Und die Aliens leuchten blau? Wenn etwas blau leuchtet, dann gefälligst nur in „Rambo III“, jawohl! 😉

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  2. Zu früh auf Senden geklickt…
    Eigentlich müsste ich mir diesen Film jetzt erst recht ansehen. Schließlich habe ich auch Perlen wie Sharknado und Gallowwalkers gesehen 😀

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    1. Ach, Sharknado ist wesentlich lustig, weil er so offensichtlich schlecht ist. Skyline ist nicht einfach nur schlecht, sondern vermittelt den Anspruch, nicht schlecht sein zu wollen. Von daher rate ich auch in deinem Fall ab. 😉

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  3. Zuerst bekommst du die Tapferkeitsmedaille, denn ich habe schon vor Jahren aufgehört solche Filme zu Ende zu sehen und dafür eigene Kriterien angelegt. Filme unter 90 Minuten gehen gar nicht, denn in diesem Zeitraum schafft es fast niemand eine gute Handlung mit Charakteren als Drehbuch zu verfassen. Auch Filme mit nur einem bekannten Gesicht, von dem man zuvor nie gehört hat (ich meine den Film) scheiden aus, ebenso wie reißerische Titel a la Sharknado usw. Beim Alienthema bin ich sowieso vorsichtig, da es da nur wenige gute Storys gibt wie Alien (die ersten Teile), Predator oder auch Odyssee im Weltraum. Warum würden uns Aliens nie angreifen? Ganz einfach. Wer die Möglichkeit hat so weite Reisen durch die gesamten Galaxien zu machen, hat es nicht nötig unseren kleinen Pupsplaneten zu unterwerfen, weil auf dem Weg zu uns schon Milliarden ähnlicher Planeten zu finden sind, und das ohne uns Seuchenvögel im Gepäck zu haben. Wir wären allenfalls so etwas wie lustige Laborratten, denen man beim gegenseitigen Auffressen zusieht, um darauf Wetten abschließen zu können. Schöne Grundstory, oder? 😉

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    1. *heftet sich die Medaille an* Siehste? Siehste? Es gibt gute Gründe für Alieninvasionen auf der Erde. Oder dafür, die Erde zu zerstören (wegen einer intergalaktischen Autobahn oder so 😉 ) Von daher gebe ich die Hoffnung bei Alienfilmen nicht auf.
      Die Regel mit den 90 Minuten muss ich mir merken, ich halte mich sonst eigentlich immer nur an die 120+ Regel:
      Filme mit mehr als 2 Stunden Laufzeit sind entweder langatmig oder haben mind. 3 Actionszenen zu viel. Die mit den 90 muss ich mir aber auch merken. Wobei es bei knapp 90 Minuten ja auch Perlen gibt:
      „Moon“ ist nur unwesentlich länger als Skyline und ein ganz großartiger Film.

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  4. Um solche Filme mache ich auch einen großen Bogen. Da war wirklich allein schon das Cover abschreckend genug 🙂 Tapfer tapfer, dass du bis zum Ende durch gehalten hast. Von mir gibt’s dafür ein Fleißsternchen. Und noch ne 1 für deinen Blogartikel. Siehst du: Eins mit Sternchen *kicher*

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  5. Beim stöbern auf diesen Post gestoßen. Die ständige Begeliterin hatte den Film damals und wenn die bereit ist Science-Fiction zu schauen, dann schaut man mit ihr.
    Mit etwas Ahnung vom Drehbuchschreiben sieht man dann auch schnell Storyfäden. Der Musiker betrügt seine Freundin mit seiner Agentin und es kommt raus? Ok, mal schauen wohin das führt, in einer Gesichte über einen Alienangriff? Oh, alle sterben und der komplette Storystrang ist völlig irrelavant?
    Die gute Nachricht am Ende des Films: Als Drehbuchschreiber lernt man eine ganze Menge darüber, WIE MAN ES VERDAMMT NOCHMAL NICHT MACHT!

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    1. Stimmt. Er ist ein verdammt gutes Beispiel dafür, wie man ein schlechtes Beispiel produziert. Was habe ich geweint. Die Betrugs-SL habe ich schon wieder vollständig verdrängt. Glücklicherweise.

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