A. glaubt, sie sei mir zu nah gekommen. Schöne Formulierung, genau genommen ist es das Gegenteil. Aber eine Gelegenheit, um über Freundschaft zu reflektieren.

Vorgeschobene Anmerkung: Ich raffe diverse Kontaktversuche seitens A. aus den letzten Wochen. Momentan ist sie von ihrer Arbeit viel zu gestresst, um mich mit Nachrichten zu bombardieren. Solch ruhigen Momente sind ideal, um darüber zu schreiben. Hoffentlich zum letzten Mal.

Ich werde A.s Irrtum nicht richtig stellen. All meine Worte verhallen ohnehin ungehört irgendwo knapp vor ihrem Ohr. Bin ich der ehemalige „Lieblingsmensch“ (Oh, wie ich das Lied hasse!) oder bin ich der Schurke? Denn „Ich habe mich damit abgefunden. Ich werde nie wieder versuchen, einen Mann zu finden.“ Ich bin wohl Beides. Enttäuschungen sind etwas, mit denen man umgehen muss. Da ich als Freund enttäuscht habe, kann ich ihr aber nicht helfen, ohne mich wieder in eine Freundesrolle zu begeben. Und darauf habe ich nach Allem nun einmal keine Lust mehr.

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Noch schlimmer als „Lieblingsmensch“ ist nur noch „Dieser Weg wird kein leichter sein“

Dennoch werde ich nicht so ganz schlau aus A. Ich bin ziemlich up to date, was ihre diversen Bekannten angeht, denn das muss sie mir mitteilen. Ich bin ja ehrlich gesagt ziemlich neugierig, was sie den anderen so über mich erzählt. Leider weiß ich es nicht. Vielleicht muss ich A.s Handy entwenden und mal in ihre SMS gucken.

A. probt also die Normalität und weigert sich zu sehen, dass ich kein Bedürfnis mehr habe, der Zuhörer zu sein. A. hat mir die Frage gestellt, was sie für mich gewesen sei. Ich bin der Meinung, wenn man diese Frage stellen muss, dann läuft etwas schief. Ich habe ihr geduldig zugehört, sie getröstet, ihr Mut zugesprochen, Ratschläge gegeben, ihr den Marsch geblasen, wenn sie mal wieder überreagieren wollte. Was war sie wohl für mich? Ein Mensch, der mir am Herzen liegt, den ich gern mag, der mein Freund ist. Ich habe das nicht aus Selbstsucht getan, weil ich etwas dafür haben wollte. Ich habe es nicht aus Berechnung getan, weil es mir um ein gutes Arbeitsklima geht.

Freundschaft funktioniert meiner Erfahrung nach unausgesprochen: Man mag sich, man redet miteinander, verbringt Zeit. Man schweigt aber auch und lebt sein jeweils eigenes Leben. Man spürt dennoch, man passt zusammen. Freundschaft ist kein Geben und Nehmen, kein Kosten-Nutzen-Verhältnis, in solchen Kategorien lässt sich Freundschaft nicht beschreiben, denn Freundschaft ist zweckfrei. Ich weiß nicht, wieso A. es so schwer fällt, das zu begreifen. Eine Freundschaft aber, in der immer nur über die Freundschaft kommuniziert wird, die nur noch Meta-Kommunikation und keine echte Kommunikation kennt, ist keine Freundschaft. Deshalb habe ich A. nie eine Antwort darauf gegeben, was sie für mich sei, sondern sie bloß gefragt, was sie sich von der Antwort verspräche. Darauf bekam ich nie eine Antwort.

A. hat mich wieder gefragt, ob ich an den Tagen im Haus bin, die ich angekündigt habe. Meine Antwort war, dass es bei den Terminen bleibt, weil ich nichts anderes gesagt habe. A. war beleidigt, fand die Antwort unfreundlich. Manchmal frage ich mich, ob ich diese Nachrichten ebenso wenig beantworten sollte wie alle anderen. Sie nimmt sie ohnehin zum Anlass, mir nach einer Antwort andere Dinge mitzuteilen, die mich nicht interessieren. Und nach zwei Wochen des Schweigens bekomme ich erneut ein „Meinen Hilferuf hast du ja auch ignoriert.“ Ja, habe ich. Weil ich dir gesagt habe, dass ich dein Leben nicht mehr für dich bewältige. Das kannst du mit Anfang 40 auch mal selbst in die Hand nehmen.
Und damit ist das Thema hoffentlich durch. Aber mit A. weiß man nie. Da ist immer noch zu viel Harmonie in der Luft.

25 Kommentare zu „Immer wieder A.

    1. Es ist auch meinerseits eine Vermutung oder eine Befürchtung. Sie ist nicht der Typ für „ganz vorbei“. Ich warte ab und fabriziere Blogbeiträge draus. Man soll ja immer das Positive sehen. Und wenn er gefällt, freut mich das umso mehr. 🙂

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  1. Die Parallelen zu meinem Gefecht im vergangenen Jahr sind wirklich interessant. Ich bin auch regelmäßig daran verzweifelt, dass die Gegenseite Freundschaft berechnen wollte und immer streng Buch gemäß ihren Maßstäben geführt hat (ich tu dies für dich, du das für mich, jetzt ist es aber ungerecht, ich hab doch schließlich das und das für dich getan und jetzt MUSST du aber…). Das ist für mich so falsch, dass ich sie immer nur schütteln wollte. Ist sinnlos. Da treffen Welten aufeinander, es ist einfach nur Kraftverschwendung.
    Ich wünsch dir gute Besserung mit deinem „Lieblingsmensch“ :p! LG Flo

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    1. So ein richtiges Kosten-Nutzen-Rechnen wäre mir ja lieber, bei ihr lief das unbewusst mit: Sie wollte es immer ausgesprochen haben, dass man etwas tut, die Tat allein reichte ihr nicht. Mit Kalkulationen kann ich besser umgehen. Das wirkt zwar berechnend und hat mit Freundschaft auch nichts zu tun, aber man weiß immerhin, woran man ist. A. hingegen brachte ein hohes Maß an Irritationspotential mit. Zumindest habe ich das so empfunden.

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      1. Die Rechnungen entbehrten leider einem objektiven Maßstab. Ich war aber nie im Plus, vermute ich.
        P.S.: Hiermit möchte ich „Irritationspotenzial“ als Beschönigung des Monats nominieren.

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  2. Sie wollte mehr und kann nicht glauben, dass du schwul bist? So wars irgendwie, gell?

    Doofe Situation. Ich finde, du machst das sehr gut. Akzeptieren muss sie es selbst, das kann man niemandem abnehmen.

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    1. Genau. Das war die Ausgangslage. In der Tat eine doofe Situation, weil ich nicht wirklich initiativ irgendwas ändern kann. Und das mag ich eigentlich überhaupt nicht. Beruhigend zu wissen, dass ich mit meinen Schlüssen aus meiner Sicht der Lage nicht allein stehe.

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      1. Diese Einschätzung teile ich auch. Allerdings beschleicht mich der Eindruck, dass auch in einer Welt, in der Zeilenende hetero wäre, keine Ehe mit A. zustande käme. Arme A. ;p.. (und fiese Flo ;))

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  3. Diesen Weg…..einfach in Gelassenheit weitergehen….wenn alles gesagt ist gibt es nichts mehr zu sagen…die Gesprächsebene stoisch beibehalten, die DU…so wie es Dir damit gutgeht….vorgibst….

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  4. Darauf eine Runde „American Psycho“… Stopp! Kommando zurück. Mein Bruder hat sich angewöhnt, in München, wo er schon seit einigen Jahren tätig ist, die doch immer wieder mal klingelnden Zeugen Jehowas lautstark und sehr poltrig vor die Haustür zu jagen. Lehnt man freundlich die Kontaktaufnahme ab, kommen sie wohl immer wieder, wirft man sie aber recht heftig raus, scheint die Wirkung länger anzuhalten. Ohne jetzt als großer Ratgeber auftreten zu wollen, wäre das doch vielleicht mal einen Versuch wert…

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    1. Steht als Plan B irgendwo auf der Liste. Schweigen funktioniert aber eigentlich besser. Ich habe es mal mit Anschreien probiert. Das hilft nichts und ich fühle mich schlecht, weil ich die Beherrschung verloren habe.

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      1. Wenn man das kontrolliert (und letztlich wie ein Schauspieler) macht, ist es ja kein wirklicher Kontrollverlust. Dummerweise gibt es – wie du ja schon schreibst – keine Erfolgsgarantie. Am besten einfach auf die Spam-Liste setzen, dann wird es still (zumindest elektronisch).

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  5. Freundschaft lebt doch dadurch, dass man eben meistens nicht über Zustand der Freundschaft reden muss. Vielleicht ab und an mal „ja, wir verstehen uns“ oder ein Blick in die Augen des Freundes, um dort Verständnis zu sehen, das keinerlei Worte bedarf. Selbst, wenn man nicht einer Meinung ist. Aber, wie du schon sagst, wenn auf einer oder beiden Seiten das Verlangen besteht, über Sinn, Zweck und Beschaffenheit der Freundschaft zu reden, dann ist das eh schon der Anfang vom Ende und man kann es entweder mit einem Gespräch beenden oder leise auslaufen lassen. Finde ich.

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    1. Du glaubst gar nicht, wie gut es tut, das zu hören. Als ich diesen Gedanken niedergeschrieben habe dachte ich nämlich „Irgendwie so reflektiert und vernünftig, es fehlt ein wenig das Gefühl.“ Aber es hat bislang keinen Widerspruch und jetzt noch Zustimmung geerntet, also muss doch was dran sein. Danke 🙂

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  6. Vielleicht, weil man sich bei bestehenden und gut verlaufenden Freundschaften diese Gedanken nicht machen muss. Erst, wenn es knirscht oder kracht, reflektiert man ja in der Regel über diesen Aspekt der Freundschaft. Abgesehen davon scheinst du dich auch schon etwas von ihr distanziert zu haben, da ist eventuell mehr Rationalität als Emotionalität im Spiel. Ansonsten: Gerne 🙂

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