Paul Watzlawick verdanken wir den wunderschönen Satz „Man kann nicht nicht kommunizieren“, weil auch die Nicht-Kommunikation eine Form der Kommunikation sei. Bis zu einem gewissen Punkt mag er damit recht haben, in seiner Einfachheit ist der Satz aber Blödsinn.

IMGP0858.jpg

Ey, sprichst du mit mir?!

 

Der Satz ist in der Tat so allgemein gemeint, wie er gehalten ist. Watzlawick behauptet, er gelte in jeder kommunikativen Situation und setzt Verhalten, so wie er üblicherweise verstanden wird, mit Kommunikation gleich. Die Sache ist einfach: Sobald sich zwei Menschen wahrnehmen können, verhalten sie sich zueinander und kommunizieren. Damit wird nicht nur der Begriff „Kommunikation“ hohl, leer und überflüssig, in ihrer Einfachheit halte ich diese Behauptung für falsch.

In der realen Welt

Die Konsequenz dieser Theorie ist eine umfassende Psychologisierung des ganzen Menschen. Machen wir dazu ein Beispiel: Der Hermann-Cohen-Weg in Marburg verbindet die Philosophische Fakultät mit der Mensa. Außerdem ist er der Weg von und zur Bushaltestelle. In den Pausen zwischen den Vorlesungszeiten schieben sich Menschenmassen in beide Richtungen. Man grüßt sich, winkt sich zu. Häufig haben sich Kommilitonen bei mir beschwert, dass ich nie grüße.

Die Sache ist einfach: Ich laufe an einem Kommilitonen vorbei, er nimmt mich wahr, ich kann (habe die Möglichkeit) ihn wahrnehmen, aber ignoriere den Kommilitonen, wahlweise bewusst oder unbewusst. Jedenfalls eine kommunikative Situation. Oder auch nicht: Er setzt voraus, dass unsere Wahrnehmung irgendwie objektiv und unabhängig von unseren Bewusstseinsprozessen ist.

Wie ist das nun aber, wenn ich in Gedanken bin und von meiner Umwelt gar nichts mitbekomme. Dann unterstellt mein Kommilitone mir zwar, dass ich ihn hätte wahrnehmen können, aber faktisch war mir dies gar nicht möglich, weil meine Bewusstseinsprozesse meine Wahrnehmungsdata ausblenden. Wenn ich den Anderen nicht wahrnehme, reicht die Möglichkeit zur Wahrnehmung nicht als Bedingung für eine kommunikative Situation.

Als Einwand ließe sich formulieren, ich kommuniziere durch meine Prioritätensetzung durchaus. Ich setze meine Grübeleien vor den Kommilitonen. Aber das ist zu kurz gedacht. Ich priorisiere nichts, weil der Kommilitone in mir gar nicht vorkommt. Wer weiß: Wenn ich aus Versehen gegen ihn laufe, vielleicht freue ich mich sogar, ihn zu sehen und die Grübelei endlich abstellen zu können.

In der digitalen Welt: Kommunikations-Irrsinn²

Watzlawicks Vorstellung ist nicht nur Irrsinn, seit Erfindung der „ständigen Erreichbarkeit“ trägt er einen guten Teil dazu bei, diese wahnhaft werden zu lassen. Per Mail, Twitter, SMS, WhatsApp-Nachricht und co. haben wir den Anderen als ständigen potentiellen Kommunikationspartner zur Verfügung. Wir schreiben ihm und warten auf eine Reaktion. Und weil jeder mit WhatsApp-Account auch ein Smartphone besitzt, das er ständig mit sich herumschleppt (die paar Ausnahmen, die das nicht tun, können wir getrost ignorieren) kann jeder potentiell die Nachricht sofort wahrnehmen.

Folgen wir Watzlawick und seiner Vorstellung, befinden wir uns damit, sobald jemand uns eine Nachricht schreibt, in einer Kommunikations-Situation. Selbst wenn ich die Nachricht nicht lese – ich habe doch die Möglichkeit dazu – kommuniziere ich und signalisiere: Ich habe gerade etwas wichtigeres zu tun als mit dir zu kommunizieren. Und das in völliger Unkenntnis der Nachricht. Das ist Irrsinn. Beispiel:

Ich arbeite gerade. Mutter Zeilenende hat die Telefon-Nummer meiner Arbeitsstelle nicht und wenn ich arbeite, liegt mein Smartphone in der Schreibtisch-Schublade, damit es mich nicht ablenkt. Das weiß Mutter Zeilenende aber nicht, wieso sollte sie auch? Herr Zeilenende Sr. erleidet einen Herzinfarkt, Mutter Zeilenende versucht aus dem Krankenhaus verzweifelt, mich zu erreichen. Ich reagiere nicht auf WhatsApp-Nachrichten, SMS, Anrufe.

Kann Mutter Zeilenende mir vorwerfen, ich sei herzlos, würde mich um Herrn Zeilenende Sr. nicht sorgen und sie sei mir unwichtig, weil ich meine Arbeit höher bewerte als ihre Ängste? Das kann sie natürlich machen, aber nur wenn sie mir eine bewusste Entscheidung und Kenntnis ihres Kommunikationsversuchs unterstellt.

Kotmunikation

Kommunikation setzt das Senden und das Empfangen von Mitteilungen voraus. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mitteilung verbal oder nonverbal erfolgt und ob das Senden/Empfangen intendiert, das Empfangen richtig oder falsch verstanden wird. Dementsprechend ist auch „ignorieren“ und „schweigen“ durchaus ein kommunikativer Akt. Er setzt dennoch ein Wahrnehmen, nicht nur ein Wahrnehmenkönnen voraus. Ansonsten wird der Begriff der Kommunikation hohl.

„Tut mir leid, dass ich dir nicht sofort geantwortet habe, ich war auf Toilette.“ „Wie, Ausscheidungen sind dir wichtiger als ich?!“

Das Ausklinken aus kommunikativen Zusammenhängen als Kommunikation zu verstehen, überstrapaziert den Begriff. Wenn Kommunikation mit Leben in eins gesetzt wird, weil man auf der Toilette nicht auf WhatsApp-Nachrichten antwortet, dann ist Kommunikation nicht nur Scheiße (korrekterweise: Dann ist Kot eine Art von Kommunikation, Kotmunikation sozusagen), dann wird auch deutlich, dass der Begriff Kommunikation völlig unbrauchbar ist.

Infiniter Regress: Zurück im Realen

Das Nicht-Antworten auf Nachrichten wird auf diese Art zu einer kommunikativen Kränkung. Ein Gespräch lässt sich durch WhatsApp prinzipiell bis in alle Ewigkeit fortsetzen, die Kommunikation kann nicht enden. Aber nicht erst mit den neuen Kommunikationskanälen wird Watzlawicks These ad absurdum geführt, dieser infinite Regress steckt auch in der analogen Kommunikation.

Ich vertrete die These: Kommunikation kann enden. Oder zumindest unterbrochen werden. Der Unterschied ist für das Argument nicht relevant, deshalb lasse ich ihn beiseite. Zunächst scheint das auch mit Watzlawick konform zu gehen: Wenn die Möglichkeit der Wahrnehmung wegfällt, ist die kommunikative Situation aufgelöst, die Kommunikation endet. Konkret: „Tschüss, war nett mit dir zu plaudern.“ Der Gesprächspartner verlässt den Raum.

Aber das Ende ist, nimmt man Watzlawick ernst, ein anhaltender kommunikativer Akt. Ich signalisiere meinem Gesprächspartner: Jetzt hat etwas anderes Priorität als ein Gespräch mit dir. Und das signalisiere ich meinem Gesprächspartner so lange, bis ich die nächste Kommunikations-Situation mit ihm schaffe. Ich kommuniziere also auch in Abwesenheit, meine Abwesenheit, die Unmöglichkeit, mit mir zu kommunizieren, wird zum Akt der Kommunikation erklärt.

Das kann man natürlich so beschreiben, die Frage ist allerdings, ob es sinnvoll ist, Kommunikation so aufzufassen. Kommunikation löst sich dann nämlich von der Voraussetzung „die Möglichkeit, einander wahrzunehmen“ sondern nur als Initialzündung für eine endlose Kette kommunikativer Akte dient. Diese emanzipieren sich im Folgenden von der Voraussetzung: Kommunikation wird zum sich selbst aufrecht erhaltenden Prozess. Alles Folgeverhalten ist Kommunikation, sie kann nicht enden. Und überstrapaziert damit den Begriff der Kommunikation. Denn wenn alles Kommunikation ist, was erklärt der Begriff dann noch? Er erklärt nichts mehr, weil Kommunikation sich von nichts anderem mehr unterscheidet. Der Begriff wird wertlos und überflüssig.

Nicht-Kommunikation gerät unter solchen Bedingungen zur Zurückweisung, das ist das eigentlich perfide dieses Denkmodells. Mit der Vorstellung, jedes Verhalten sei ein kommunikativer Akt, leistet Watzlawicks Diktum der Vorstellung Vorschub, Nicht-Kommunikation sei ein bewusster Akt der Zurücksetzung und damit der Kränkung. Menschen, denen das gefällt, plappern auch einfach darauf los, weil sie Stille nicht ertragen können oder schreiben im Fünf-Minuten-Takt Nachrichten, ob man die letzte Nachricht schon gelesen hätte.

42 Kommentare zu „Man kann nicht nicht kommunizieren

      1. ich habe jetzt keine Zeit einzelne Gegenhyypothesen zu deinen Hypothesen nierderzuschreiben. Vielleicht nur so wenig, du solltest die weiteren vier Axiome mit in deine Überlegungen einfließen lassen und beachten, dass sich das Kommunikationsmodel auf die direkte zwischenmenschliche Kommunikation bezieht. Auch seine Aussage „Missverstehen ist normal“ fließt da mit ein sowie das Konzept der Metakommunikation. Zu klären bleibt, wer die Verantwortung für die Wirkung solcher Kommunikation tragen könnte. Denn da sind ja gleich viele Wirkungen gegeben, wenn du beispielsweise nicht im Notfall für die Familie erreichbar bist, sie aber auch nicht davon in Kenntnis setzt…. 😉

        Gefällt 2 Personen

        1. Kein Problem. Ich weiß ja durchaus, dass Watzlawick seine Punkte hat, ich störe mich vor Allem an dem überdehnten Begriff … Und glaube, dass das Modell für virtuelle Kommunikation gefährlich ist. Ich guck aber nochmal drüber, hier kommen bestimmt noch mehr Watzlawickianer vorbei. *gg*

          Like

          1. DAs Modell wurde entwickelt, als die virtuelle Kommunikation noch im Säuglingsalter war. Ich stimme mit dir überein, dass social media andere Modelle braucht und erste ‚Ansätze gibt es ja bereits. auch wenn diese sich meistens noch auf die Basics der face to face Kommunikation berufen.

            Mich als Watzlawickianerin einzuschätzen könnte etwas voreilig sein…. 😉

            Gefällt 2 Personen

    1. Das ganze Leben ist ein Quiz. Eigentlich geht es mir bloß um ein wenig Stichelei, wenn ich ehrlich bin. Und eine Erkundung, wie weit ein umfassender Kommunikationsbegriff als Beschreibung der Wirklichkeit taugt. Ich bin bei solchen hermetischen Theorien einfach erstmal skeptisch, egal ob Kommunikation, Kapital oder System.

      Like

      1. „Wie Wirklich ist die Wirklichkeit“ fragte auch Paul Watzlawick und arbeitete heraus, dass es die Wirklichkeit gar nicht gibt. Ich schätze gerade an seinen Theorien, dass sie für mich nachvollziehbar herausarbeiten, wie leicht und selbstverständlich Missverstehen funktioniert und wir selbst das manchmal gar nicht bemerken.

        Ich spiele übrigens gerne gedanklich mit… wäre doch schön, wenn wir zumindest für einen kurzen Moment eine intersubjektiv stimmigen Gedankenweg finden können. Ich fürchte allerdings, dass eine für jeden offene und völlig unverbindliche Diskussion sich da schnell in den Weiten des virtuellen Universums verzetteln kann.

        Like

  1. Ich finde den allumfassenden Begriff Kommunikation nach wie vor passend. Denn selbst bei dem Beispiel ganz in Gedanken den Kommilitonen nicht wahrnehmen zu können ist das ganz in Gedanken sein ein Statement….ich stehe der Restwelt grad nicht zur Verfügung, ich bin grad ganz bei mir.

    Und das ein Smartphone zu haben trotzdem nicht allumfängliche Präsenz zu zeigen bedeutet sollte jedem klar sein…..Probleme mit dem Arbeitgeber etc. wären dann vorprogrammiert. Bzw. geht es ja auch um eine gewisse Psychohygiene, wenn man sich Smartphone freie Zeiten gestattet oder auch auferlegt. Es gibt nicht umsonst den „Nicht stören“ Button, den man in Meetings u.ä. wählen kann. Und auch wenn jemand ein Mittagschläfchen halten will finde ich es durchaus legitim.

    Das Problem sind die Bewertungen!

    Ich finde jemanden, der gut für sich sorgt und das Teil zwischendurch mal in den Ruhemodus schickt sehr sympathisch. Denn in dieser hektischen Zeit muss man diesbezüglich für sich selber schauen – jemand anderes tut es nicht.

    Jemand der, wie in dem Fall mit dem Notfall, unterstellt man kümmere sich nicht…..andere seien einem egal….zeigt zwar seine eigene Betroffenheit, seine Ängste, seinen Ärger….aber wenig Sozialkompetenz. Und ist in der Gefahr dem anderen entgegenzuschleudern „Dann behalte deinen scheiss Hammer doch für dich!“ ( Watzlawick Insider )

    Von daher finde ich es auch zu modernen Zeiten durchaus passend das wir durchgehend kommunizieren. Auch wenn wir nicht kommunizieren. Wir sollten nur damit aufhören zu bewerten, denn letztendlich sind es unsere eigenen Gedanken und Bewertungen – nicht die des Gegenüber. Und das ist in modernen Zeiten nochmal wichtiger als einst – damals – früher. Ansonsten werden wir demnächst von den Medien beherrscht und von Menschen, die damit nicht verantwortungsvoll umgehen können!

    Gefällt 1 Person

      1. Der Begriff Kommunikation an sich ist wertfrei….egal ob nonverbal oder wie auch immer….genau wie das Gras grün ist 🙂

        Like

    1. Liebe Marinsche,

      ich finde deinen Beitrag spannend – Bewertung. Denn du plädierst mit den Bewertungen aufzuhören, die ja u.a. auch nach Watzlawick ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Überlebensfähigkeit darstellen, und gibst dann gleich drei Bewertungen ab (sympathisch, wenig Sozialkompetenz, durchaus passend) – Begründung, wie ich zu meiner Bewertung gekommen bin 😉

      Hach…. ich liebe solche Themen. Sie sind so herrlich komplex 😀

      Gefällt 1 Person

      1. Das sehe ich nicht so, liebe Wili 🙂 jemanden der total „unbewertend“ durch die Welt geht gibt es nicht! und ich der Ich-Form zu schreiben wie ich ein Verhalten interpretiere ist durchaus legitim. Auch in meinen Worten bezüglich fehlender Sozialkompetenz schwingt keinerlei Bewertung mit, sondern lediglich die Feststellung. Denn deshalb ist ein Mensch nicht schlecht, böse….was aauch immer….

        Selbst Psychologen und Soziologen haben einen Riesenkatalog um Menschen in etwa zu charakterisieren….auch diese Kataloge bzw. der Umgang damit, wenn in Dokumentationen über einen Menschen berichtet wird, sind völlig wertfrei.

        Und wieder ist es in Kommentaren nicht möglich zurück zu gehen und zu korrigieren….bitte meine Verschreiberlinge wohlwollend in Kauf nehmen, denn das ist mit grad zu mühsam, zurück zu tickern und alles nochmal zu schreiben 😉

        Meine Beiträge also bitte als sachlich betrachten und nicht als emotional-bewertend….denn die Bewertung liegt dann einzig und allein im Betrachter / Leser 😉

        Like

        1. nicht, dass wir uns missverstehen 😀
          Wir sind ja zusammen. Es geht nicht ohne Bewertung. Wir brauchen die Bewertungen und Interpretationen, um uns in der Welt orientieren und handeln zu können (kognitives Kommunikationsmodell) und Emotionen sind etwas, was uns Menschen in unserem Sein grundlegend ausmacht.

          Wir beide scheinen im Moment eine unterschiedliche Definition oder Deutungszuweisung von dem Begriff „Bewertung“ zu haben.

          Ich teile auch mit dir die Auffassung, das jeder einzelne für sein Lesen, Interpretieren, bewerten und seine daraus in ihm resultierenden Gefühle selbst verantwortlich ist 😉

          Gefällt 1 Person

          1. Ich glaube auch, es hängt sehr am Begriff der „Bewertung“, das ist für mich schon ein Gewinn, denn das Problem habe ich bislang noch nicht gesehen. Das Problem ist, so wie ich das sehe, dass kommunikative Akte immer als Zeichen (mangelnder) Wertschätzung gedeutet werden können. Kommunikation selbst ist damit nicht wertend, aber schafft automatisch (Be-)Wertungen (ob etwas grün oder nicht-grün ist, kann man ja als (Be-)Wertung begreifen). Die Frage, die mich nach den Überlegungen umtreibt: Liegt das an der Konstruktion des Begriffes Kommunikation und welche Konsequenzen hat das, wenn wir Räume der Nicht-Wertung ausschließen, wenn wir uns auf andere Kommunikationsebenen als „Angesicht zu Angesicht“ begeben?

            Gefällt 1 Person

            1. Ich weiß nicht, ob ich die Frage richtig verstehe. Es geht um menschliche Kommunikation? Da würde ich fragen, ob Kognitionen, Denkprozesse überhaupt wert- und emotionsfrei ablaufen können. Kann unser Gehirn quasi wertfrei und emotionslos denken und unser Überleben absichern?

              Wir sind aber sehr wohl in der Lage reflexiv darüber nachzudenken, wie wir denken und darüber zu kommunizieren, wie wir kommunizieren. So können wir dann erkennen, weshalb wir einen kommunikativen Akt gerade als ein zu wenig an Wertschätzung deuten. Das spannende ist doch, dass der gleiche kommunikative Akt von uns völlig anders gedeutet wird, ändert sich nur schon eine Kontextbedingung (ein anderer Ort, ein anderer sagt es, eine andere Betonung, andere Mithörer, andere persönliche Stimmung, etc).

              Und da sehe ich eigentlich eine Chance in der zeitversetzten digitalen Kommunikation. Wir müssen nicht unmittelbar auf eine geschrieben Aussage antworten. Wir könnten uns Zeit nehmen und erst einmal zu begreifen versuchen, weshalb wir beim lesen bestimmter Worte ein zu viel oder ein zu wenig an Wertschätzung zu erkennen meinen ….

              Like

              1. Ach … Ich stecke gerade gedanklich in einer Sackgasse, ich weiß gerade nicht mehr, wo ich hinwill. Obwohl oder gerade weil ich mir ausgiebig Gedanken um deine Äußerung gemacht habe.
                Was die Chance angeht, die du in der „digitalen Kommunikation“ siehst, gehe ich mit dir völlig d’accord. Ich finde dieses Phänomen allerdings so spannend, weil es einen scheinbaren Kommunikationsprozess so sehr fragmentiert, dass ich ihn nicht mehr als Kommunikation begreife. Es erinnert mehr an eine Interaktion, die ich auch mit einem Hammer haben kann.

                Like

              2. mh… einer deiner Ursprungsgedanken war ja, dass du nicht in Kommunikation mit deinen Kommilitonen trittst, wenn du in deinen Gedanken versunken durch die Straßen ziehst und keine „externen“ Informationen aufnimmst, ihn also gar nicht neben dir wahrnimmst. Denn Kommunikation ist ja der Austausch von Informationen.

                Der Kommulitone beruft sich dann aber auf Watzlawick und sagt, „Du kannst nicht nicht kommunizieren. du hast mir deshalb mitgeteilt, dass du dich nicht für mich interessierst“ oder so ähnlich. Das ist aber zu kurz gegriffen und falsch.

                Nach Watzlawick sendest du tatsächlich Signale. Für dich richtig gedeutet, signalisierst du „ich bin ganz mit meinen Gedanken beschäftigt“ und „ich bin deshalb gerade nicht offen für einen (verbalen) Austausch“

                Der Kommilitone deutet dieses Signal aber so: „Zeilenende will mich nicht sehen, nicht mit mir reden und ignoriert mich“. Dann bewertet er das und empfindet wenigstens eine Emotion.

                Eigentlich müsste er erst einmal prüfen, ob seine Decodierung deines Signals mit deiner Codierung übereinstimmt. Das wäre dann die Metakommunikation. Und er müsste akzeptieren, dass er flasch decodiert hat. Und du solltest erkennen, dass du uneindeutige Signale gesendet hast.

                Hier in der virtuellen Kommunikationswelt geht es meiner Meinung nach nicht immer um den Austausch von Inhalten. Es wird um der Kommuniaktion Willen kommuniziert und ja, dazu wäre tatsächlich auch ein Hammer als Kommunikationspartner ausreichend 😉

                Like

              3. Ah … Ich glaube, ich muss das Thema nochmal überschlafen. Oder ich zwinge meine Gedanken in einen Folge-Blogbeitrag. Das war wohl doch zu viel … Verhalten, nicht Kommunikation … für den Tag zu dem Thema. Ich hätte ja nie damit gerechnet, dass der Beitrag so viel Resonanz bekommt. *g*

                Like

              4. oh… habe ich was falsch gemacht?

                Wie du merkst, hast du einfach ein Thema getroffen, in das ich mich tief hineinknien kann 😉

                Like

              5. Nein, überhaupt nicht. Ich hätte es nur ehrlich gesagt nicht erwartet, ich habe dem Thema keinen so starken „Impact“ zugetraut, vor allem, weil ich mich ja letztlich über ein „Randproblem“ des Satzes aufrege. *g*
                Ich bin also durch und durch positiv überrascht, ich liebe eine zünftige Diskussion, deshalb schreib ich so provokantes Zeug ja. ^^

                Gefällt 1 Person

            2. Das interessante ist das manche Menschen durch sparsame bzw. non-verbale Kommunikation verunsichert werden. Und je nachdem was es innerlich mit ihnen macht re-agieren sie positiv oder negativ…jemand der positiv gesonnen ist kann positiv damit umgehen….jemand der negativ gestimmt ist sieht womöglich Verschwörungstheorien darin….warum redet der plötzlich nicht mit mir….der guckt so komisch….und neulich hat der auch schon so komisch reagiert….will der nichts mehr mit mir zu tun haben….beschtümmt will der nichts mehr mit mir zu tun haben…dabei hab ich dem gar nichts getan….pah….dann soll der doch bleiben wo der Pfeffer wächst….ich lauf dem doch nicht hinterher….DAS hab ich nicht nötig….ICH nicht…

              Like

              1. Was wiederum der „Watzlawick-Hammer“ ist. Auf der anderen Seite: Wenn man um diesen Mechanismus als „sparsamer Kommunizierer“ weiß, fühlt man sich schnell genötigt, das anzusprechen – und widerspricht sich damit unter Umständen, weil das eine sehr ermüdende Unterhaltung werden kann.
                Das war auch der Anlass, den Kommunikationsbegriff zu hinterfragen. Ich fühlte mich zu sehr be-kommuniziert, obwohl ich meine Ruhe haben wollte und musste deshalb dringend mit dieser „Allerweltsdeutung“ von Watzlawicks Ausspruch abrechnen. Ich will (und kann) ihm ja nicht voll und ganz widersprechen.

                Gefällt 1 Person

              2. Das geht vermutlich vielen so mit dem zuviel be-kommuniziert werden….wobei ich das Problem auch, wie schon an anderer Stelle erwähnt, an der ständigen Erreichbarkeit via Smartphone sehe….diese Art des Kommunizierens muss auch erstmal erlernt werden….das war wohl den Herstellern anfangs nicht so bewusst…da kommen Dinge auf den Markt….und eine Zeitlang später ist der Mensch im Grunde überfordert damit und es gilt Lösungen ( Nicht-stören-Button, eine Handyfreie Zeit o.ä. ) zu finden….also rudert der Mensch wieder zurück….im besten Falle….derjenige der in dieser ständig-bekommuniziert Falle sitzt hat dann schnell mal ein grösseres Problem….

                So würde ich sagen das Kommunikation im weitesten Sinne neutral ist….es liegt an uns was wir draus machen.

                Like

          2. Wikipedia verweist zur „Bewertung“ auf den Begriff „Werturteil“, der in unserem Zusammenhang folgendes meint: „Ein Werturteil drückt die mehr oder weniger positive oder negative Auszeichnung aus, die in der Stellungnahme einer Person bezüglich eines mehr oder minder genau bestimmten Objekts enthalten ist.[1] Sie geht häufig einher mit der mehr oder minder ausdrücklichen Erwartung und/oder Aufforderung an Dritte, dieselbe Wertung als hinreichend gerechtfertigte mitzuvollziehen.“

            Geht es, wie in meinem obigen Fall, um das schildern eines menschlichen Verhaltens sollte sie möglichst sachlich erfolgen. Denn es steht mir nicht zu jemanden negativ zu schildern oder schlecht zu machen.

            Dazu fällt mir der Standardsatz ein als die Kinder noch klein waren „Du darfst das Verhalten eines Menschen kritisieren – aber nie den Menschen an sich“ 😉

            Gefällt 1 Person

  2. Man kann definitiv nicht nicht kommunizieren! Aber vielleicht ändern sich ab heute alle fundierten und wissenschaftlichen Modelle und Theorien, die durch Watzlawick entstanden sind und auch durch andere erweitert wurden…. Vielleicht war auch mein Studium der Psychologie umsonst. Hach!

    Like

    1. Auf das Feld „Sinn der Soziologie“ (ich halte das Problem des allumfassenden Kommunikationsbegriffs für ein sozialwissenschaftliches) wage ich mich nicht. Ich frage mich nur, wo die Grenzen des Begriffs liegen, wie weit er noch sinnvoll erklären kann. Und denke darüber nach, wie man die Theorie sinnvoll vor missbräuchlicher Lesart schützen kann. Das geschieht nämlich häufig, wenn Kommunikation wertend begriffen wird. Von daher:
      Keine Sorge. 🙂

      Like

      1. Bei Wissenschaft geht es nicht um halte und meine, sondern um Fakten. Der beschriebene Satz ist von Konstrukten umgeben, sodass man diese verstehen muss, um auch den Satz nicht in ein falsches Licht zu rücken. Das ist meine Sorge! 😉

        Like

        1. Japp. Ich störe mich, um das nochmal explizit zu machen, am Allgemeinheitsanspruch des Kommunikationsbegriffs. Zwischenmenschliche Kommunikation lässt sich meiner Ansicht nur dort annehmen, wo es zuvor gegenseitige Wahrnehmung gegeben hat. Ohne ein Gegenüber reden wir über etwas Anderes als Kommunikation. Ansonsten erklärt der Begriff nichts. Und das sollen Begriffe eigentlich tun: Erklären, verständlich machen, meinetwegen auch die Realität abbilden oder modellieren.

          Like

        2. Ach zu schnell: Dann reden wir über performative Akte, die sich mit anderen Begriffen als Kommunikation womöglich besser beschreiben lassen.
          Oder wir bewegen uns in anderen Kontexten, in denen der Kommunikationsbegriff andere Implikationen hat als in der Psychologie, etc.

          Like

  3. Und leider kennen wir alle Personen, für die Nicht-Kommunikation ein Akt der Kränkung ist. Schlimm wird eine solche Situation bei 30 übereifrigen Fünftklässlern, die alle gleichzeitig kommunizieren wollen. Typische Situation im Alltag: Ich gebe ein Übungsblatt aus, das individuell (na ja, überwiegend individuell) gelöst wird. Dann sind jeweils fünf bis zehn Schüler (jeglichen Geschlechts) gleichzeitig fertig und rennen spontan zum Lehrerpult, um ihre Lösungen vorzuzeigen. Obwohl jeder weiß, dass wir das Blatt danach ohnehin im Plenum besprechen. Jedes Abwehren dieser ostentativen Demonstration der (selbstverständlich vorbildlich) geleisteten Arbeit wird als kruder Akt der Zurückweisung empfunden, wobei es doch eigentlich nur darum geht, noch ein zwei Minuten Ruhe im Klassenzimmer zu erhalten, denn die geht zum Teufel, wenn sich solche Schülermassen zeitgleich in Bewegung setzen (und einige Grobmotoriker sind ja doch immer dabei). Aber – und da gebe ich dir absolut Recht – ich verweigere ja nicht die Kommunikation, weil ich die Schüler kränken oder vor den Kopf stoßen will, nur wird der Grund wie so oft fehlinterpretiert. Und genau da ist Watzlawick auch wieder ein fieser Typ, denn diese Option bleibt dabei ja gar nicht. Ich kommuniziere, also bin ich – und vice versa.

    Gefällt 1 Person

Datenschutzhinweise: Die Kommentarangaben werden an Auttomatic, USA (die Wordpress-Entwickler) zur Spamprüfung übermittelt und die E-Mailadresse an den Dienst Gravatar (Ebenfalls von Auttomatic), um zu prüfen, ob die Kommentatoren dort ein Profilbild hinterlegt haben. Zu Details hierzu sowie generell zur Verarbeitung Ihrer Daten und Widerrufsmöglichkeiten, verweisen wir Sie auf unsere Datenschutzerklärung. Sie können gerne Pseudonyme und anonyme Angaben hinterlassen.