Ich wollte am heutigen „Liveblog“-Tag mir eigentlich ein paar Gedanken über Köln und die Konsequenzen machen, weil ich das Thema bislang (sträflich?) vernachlässigt habe. Doch der heutige Morgen hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Köln gibt es morgen.

Wie ihr vermutlich alle wisst, haben wir Winter. Winter, das bedeutet für mich das bange Beten um wenig Schnee. Das liegt an meiner Vergangenheit. Als kleiner Zeilenende fand ich Schnee okay. Schnee hieß Schneeballschlacht, Einseifen, Schneemannbauen und Rodeln. Alles war in Ordnung.

Als Jugendlicher war Schnee problematisch. Das Dorfleben im Mittelgebirge zeichnet sich dadurch aus, dass Partys häufig in diversen Kellern oder Lokalitäten stattfinden, die auf verschiedenen Berggipfeln liegen, von denen man bei Schnee und Eis, nach einem halben Glas Bier nicht mehr gefahrenfrei wegkommt. Also musste man sich überlegen: Gehe ich oder gehe ich nicht, wer von den Eltern könnte mitten in der Nacht fahren und warum gibt es hier eigentlich keine Taxen?

Als Jungmann war mein unbefangenes Verhältnis zum Schnee vollends dahin. Studium, Freiheit, Selbstständigkeit, eigene Wohnung. Wir bewohnten eine Wohnung bei einer herzlichen alten Frau mit Hund, Anfang 70, gesundheitlich angeschlagen und großem Eckgrundstück. Für eine günstigere Miete übernahmen wir die Pflicht, in der schneefreien Zeit den Gehsteig regelmäßig von Schmutz und Laub zu befreien, im Winter von Schnee und Eis. Ich weiß nicht genau, wie lang der Gehsteig war, aber es dürften knapp 200m gewesen sein, an einer Ecke eine Bushaltestelle, dementsprechend stark frequentiert.

Schnee bedeutete also: Früh aufstehen, in warme Klamotten schlüpfen, 30 Minuten räumen, anschließend Eis hacken und streuen. Danach für weitere 30 Minuten unter eine kochend heiße Dusche, weil ich trotz der warmen Klamotten gefroren habe wie ein Schneider. Summa sumarum habe ich an einem verschneiten Wintertag anderthalb Stunden damit verbracht, gegen das Wetter zu kämpfen, meist mit Verlängerung über mehrere Morgenstunden.

Der Vorteil der Rückkehr ins Elternhaus war damit (vom Bügeln abgesehen der einzige): Schneeräumen übernimmt unter der Woche Bruderherz, am Wochenende Herr Zeilenende Sr. Hier ist das Grundstück zwar kleiner, dafür haben wir die Verantwortung für drei Grundstücke: Unser eigenes, das der Nachbarn unterhalb und das der Nachbarin gegenüber. Unterhalb wohnt ein Ehepaar, voll berufstätige Frau und gebrechlicher Mann, gegenüber eine Frau jenseits der 80. Beiden Parteien nehmen wir die Räumpflicht ab, weil wir ohnehin meist die ersten sind.

Nun hat Herr Zeilenende Sr. heute allerdings beschlossen, dass er lange schlafen wird. Also sah meine Routine wie folgt aus: Frühstückstisch decken, putzen (Wilhelmine von Zeilenende hat eine Blasenentzündung), Kaminofen anheizen, in warme Klamotten schlüpfen, 30 Minuten räumen, anschließend Eis hacken und streuen. Anschließend das Vogelfutter neu befüllen. Danach für weitere 30 Minuten unter eine kochend heiße Dusche, weil ich trotz der warmen Klamotten gefroren habe wie ein Schneider. Und mit dem versprochenen Apfelkuchen für heute habe ich noch nicht angefangen.

Mein Dank gilt deshalb dem netten jungen Mann von der Gemeindeverwaltung mit dem großen Traktor. Der sah mich nach zwei Grundstücken auch noch das dritte Grundstück freischaufeln und stoppte neben mir. Er hatte gerade die Schule in der Nähe geräumt und wollte weiter zum Kindergarten ein Stück oberhalb, fragte: „Bis wohin musst du räumen?“ und pflügte vergnügt über den Gehweg. Damit hat sich ein Traum erfüllt, das habe ich mir auch schon immer gewünscht. Ich möchte auch einen Schneepflug haben. 🙂

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Meine Heimat: Berge, Schnee, Wälder und kleine Dörfer. Und da fragt sich jemand, warum ich hier nicht gerne wohne.

 

Zum Schluss, um eine gute Tradition wieder aufleben zu lassen: Ich habe gestern nicht nur Brot gebacken, sondern auch mal wieder Bilder davon gemacht. Ich bin erstaunt. Ich backe mittlerweile kleinere Brote, versäuere damit mehr (400g Sauerteig auf 400g Mehl statt 400g Sauerteig auf 600g Mehl) und sie fließen nicht mehr so breit. Das dunklere ist ein Roggen-Dinkelbrot mit Roggensauerteig und Haferflocken, das hellere ist ein dunkles Weizenbrot mit Weizensauerteig und Reisflocken (die pur und im Joghurt grauenhaft schmecken – wer isst sowas?!).

15 Kommentare zu „Winterwunderland

    1. Danke … Sonntage finde ich immer furchtbar anstrengend, weil ich meine Beiträge da eigentlich immer direkt nach dem Aufstehen beginne und mein Hirn noch reichlich träge ist … Aber offenbar treffe ich Sonntags einen benebelten Ton. *gg*

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  1. Ja, die Sache mit dem Räumen ist ein zusätzliches Sportprogramm am Morgen…

    …und Mittag…

    …und Abend.

    Hier hat es wirklich ordentlich geschneit, hinter dem Haus liegen locker 15-20 cm Schnee. Den Hof halten alle sechs Anrainer so schneefrei wie möglich. Aber es ist durchaus ein zweifelhaftes Vergnügen.

    Immerhin durfte ich heute früh die Unterstützung eines ca. 50-jährigem Entfernt-Nachbarn genießen, der bei etwa -2 (gefühlt-10) Grad Celsius schon nur in kurzer Hose und Muscle-Shirt herauskam. Während wir die Eisplatten von der schrägen Kurve entfernten, muss es ihm irgendwie zu warm geworden sein, denn auch das Muscle-Shirt musste noch abgelegt werden. Ästhetisch nicht mit mir abgesprochen. Anpassen wollte ich mich auch nicht. Also sahen wir wie ein Vorher-Nachher-Paar aus. Erquickend!

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    1. Oben ohne?! Ich hab ja nichts gegen ältere Männer, die können durchaus ansehnlich sein, aber den hätte ich aus Prinzip gern verhüllt. Da wird mir beim Lesen in der warmen Stube ja schon zu kalt. *schauder*

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