Weihnachten ist die Zeit des Schlemmens ohne Gedanken an die Konsequenzen. Der Schreck kommt immer hinterher, wenn die Hose endlich am Hintern passt, dafür überall anders nicht. Nach Weihnachten sind deshalb sofortige Gegenmaßnahmen notwendig. Der Konflikt wurde eingedämmt und wird bald befriedet sein, ich traue mich deshalb wieder, mir Bilder von kalorienreichen Speisen anzuschauen.
Weihnachten ist auch das Fest der Traditionen. Eine dieser Traditionen ist der Speiseplan und folgt gewissen Regeln. Die erste Regel habe ich soweit ich weiß schon einmal verraten: Heilig Abend gibt es Lasagne.
Das hat pragmatische Gründe: Lasagne kann man wunderbar am Tag vorher zubereiten und am Heiligen Abend kann Mutter Zeilenende sich ganz darauf konzentrieren, die Geschenke unterm Christbaum zu drapieren, während Herr Zeilenende Sr. den kleinen Zeilenende beschäftigt und ablenkt, damit er weiter ans Christkind glauben kann. So war es zumindest früher. Mittlerweile weiß ich natürlich, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt und nicht das Christkind, die Lasagne hat sich dennoch gehalten. Und war über viele Jahre meine absolute Leibspeise, die ihren besonderen Auftritt an Heilig Abend und an meinem Geburtstag hatte.
Für die Lasagne spricht weiterhin, dass Nesthäkchen eine ganz passable Lasagne hinbekommt und einige Experimentierfreude beweist, mal mit Pilzen, mal mit Salami. So ist die Lasagne seit Jahren seine Aufgabe. Der letzte Vorteil ist: Die Lasagne kann fertig im Ofen warten, wenn wir mit der Bescherung noch nicht durch sein sollten. Denn auch das ist Tradition: Erst Bescherung, dann Essen, dann spielen, dann Kirche.
Am 1. Weihnachtstag folgt Teil 2 der Tradition: Es gibt „klassisches Weihnachtsessen“. Elementar ist dabei der selbstgemachte Rotkohl und die selbstgemachte Beilage. Eingebürgert hat sich eine Knödel-Variation – in den letzten Jahren verschiedene Arten der Semmelknödel, in diesem Jahr Kartoffelklöße (halb und halb). Beim Fleisch gilt: Wild oder Geflügel, in diesem Jahr ist die Wahl auf Hasenpfeffer gefallen.
Das Problem bei Wild und Geflügel ist, dass verschiedene Familienmitglieder wahlweise Wild oder Geflügel nicht sonderlich mögen. Deshalb gibt es in jedem Jahr eine Alternative – häufig Schnitzel. In diesem Jahr habe ich mich für Schweinefilet mit Weißwein-Sahne-Sauce entschieden. Eigentlich wollte ich eine Biersauce machen, aber dann fand sich im Keller eine Flasche Riesling-Spätlese. Für manchen sicherlich ein Genuss, mag bei uns aber keiner. Als Saucengrundlage dennoch ganz hervorragend.
Normalerweise gibt es am 1. Weihnachtstag keinen Nachtisch, dafür am 2. Weihnachtstag. Da koche ich ein dreigängiges Überraschungsmenü mit einem Motto. Im letzten Jahr lautete es „Klassisch Leicht“, vor zwei Jahren gab es „Englische Küche“. In diesem Jahr war ich gegen Dessert, also gab es 1. Weihnachten selbst gemachtes Schokoladen-Mus, mit richtigen rohen Eiern. Und ich hätte nie gedacht, dass es so einfach geht. Bis auf Herrn Zeilenende Sr. (der keinen Nachtisch mag, aber artig probiert hat), hatten alle ihr Glas leer, bevor ich photographieren konnte.

Leider habe ich vom zweiten Weihnachtstag nur dieses eine Bild, denn wie ihr seht, hatte ich viel zu tun. Ich begann am Tag zuvor mit den Vorbereitungen für ein orientalisches Essen. Statt in drei Gänge aufzuteilen, habe ich alles zugleich aufgefahren, damit man sich munter durchprobieren kann – und weil mir orientalische Desserts alle zu süß sind, habe ich darauf verzichtet.
Die Ausführung war eigentlich kein großes Problem, ich hatte mir einen Zettel gemacht und insgesamt acht Stunden in die Vorbereitung investiert. Lediglich bei zwei Punkten habe ich Hilfe in Anspruch genommen: Mutter Zeilenende musste mir helfen, das Hühnchen zu häuten und zu vierteln, das geht mit vier Händen besser als mit zweien. Außerdem habe ich Lammhackfleisch gebraucht, der Metzger meines Vertrauens hatte aber leider am 24. geschlossen und die Ersatz-Metzgerei, bei der ich für den 24. Lamm, frisch gewolft, bestellt hatte, wollte das Lamm nicht wolfen. So kam unser Fleischwolf für Spritzgebäck nach vielen Jahrzehnten zum ersten Mal für das zum Einsatz, wofür er einst erfunden wurde. Und Herr Zeilenende Sr. kurbelte mit kindlicher Begeisterung das Fleisch klein.
Im einzelnen gab es, von vorne nach hinten und links nach rechts:
- Lahmacun (für die ich Hartweizenmehl brauchte und deshalb zwei Stunden im Zug gesessen habe, um es zu kaufen)
- Fladenbrot
- zweierlei Köfte (mit Rind und mit Lamm)
- Frittierte Lauchbällchen
- Hummus
- Zucchini-Schafskäse-Mus (als einziges Gericht mit Knoblauch, weil Herr Zeilenende Sr. ihn nicht verträgt)
- Eingelegte Zucchini (hatte ich noch im Vorrat)
- Möhren-Orangen-Salat mit Zimtdressing (der Orangenblütenwasser enthält, das man sich tatsächlich in der Apotheke bestellen muss. Schmeckt aber superkallifragilistischexpialigetisch)
- Oliven
- Mit Reis gefüllte Weinblätter (ein Fehlgriff: Ich wollte Weinblätter kaufen, sie mit einer Mischung aus Hackfleisch, Reis und Trockenfrüchten füllen, anschließend ein paar Stunden lang in Zitronenwasser gar ziehen lassen. Ich erwischte die gefüllten Weinblätter. Lesen will gelernt sein.)
- Tabbouleh
- Gebratenes Joghurt-Hähnchen
Mein Einsatz wurde an beiden Tagen mit verantwortungsloser, gieriger Fresserei belohnt. Ein schöneres Kompliment gibt es nicht.
Köstlich!
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In der Tat, leider viel zu köstlich! Danke 🙂
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ach, das klingt so schön weihnachtlich vertraut (bei uns ist die Lasagne allerdings Fondue oder Racelette. Das stammt noch aus der Zeit, da die Kinder vor Aufregung zunächst kaum essen konnten) und du hast wirklich Köstliches gezaubert
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Danke sehr. So eine Tradition gibt es ja in vielen Varianten – die Würstchen mit Kartoffelsalat in vielen Haushalten dürften dem gleichen Grund geschuldet sein. 🙂
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Sehr schöne Alternativen, ich sollte mal über mein traditionelles Weihnachtsmenü nachdenken und auch mal Lasagne machen 😉
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Kann ich nur empfehlen. 🙂
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Das hast Du sehr schön gemacht….und zwei Stunden im Zug zu sitzen für Hartweizenmehl….das ist doch echte Weihnachts-Menschenliebe….ich liebe Mezze….man kann sich so herrlich durchprobieren…und für eine Gruppe ein hervorragendes Ereignis 🙂
Die Weihnachtsbasteleien sehen auch sehr schön aus….solange Fensterbilder ohne ( dazu verdonnerte ) Senioren gefertigt werden ist alles gut 😉 ….und erst die Pflanzen…..seh’n aus wie echt… :-p
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Gell? An den Pflanzen haben Horden von unfreiwillig gezwungenen Senioren ein ganzes Jahr gesessen. War schweißtreibend, sie dazu zu zwingen. *gg*
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Ein bißchen bedauer ich Dich auch dafür…. :-p
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Wenn du mal ausziehst, werden sie – lukullisch betrachtet- den Gürtel enger schnallen müssen 🙂
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Nicht nur lukullisch. Herr Zeilenende Sr. behauptet, er bräuchte einen neuen Gürtel. ^^
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Du bist der Wahnsinn 😀
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Wahnsinnig trifft es besser, aber danke 🙂
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Oder so 😀
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