Die Infotheke sprach zu mir und erkundigte sich nach Inspektor Gadget. Ich war verwundert und beugte mich vor. Parallel näherten sich meine Finger der Tastatur. Wollten eine Suchanfrage stellen. Stoppten. Fast hätte er mich reingelegt. Aber ich bin nur alt, noch nicht senil.

Vor zwei oder drei Wochen müsste es gewesen sein, dass ein Schlumpf, vulgo Bibliotheksbesucher unter 12 Jahren, mich fragte, ob wir Inspektor Gadget hätten. Nachdem ich an der Schreibweise fast verzweifelt wäre (Inspektor oder Inspector, Gadget oder Gagdet? ) musste ich ihn enttäuschen: Zu keiner der vier Kombinationen habe ich einen Treffer. Wir haben keine DVDs, keine Hörspiele, keine Comics und auch keine Bücher. Das war auch der Grund meiner Verwirrung. Ich war mir sicher, es richtig geschrieben zu haben. Die Vorstellung, dass wir einen Kundenwunsch nicht erfüllen könnten, treibt mich in die Verzweiflung.

Der Schlumpf erzählte mir dann eine Geschichte. Eine Kollegin habe ihm erzählt, da oben am Markt sei eine andere Bibiothek (sic!), da könne er das bekommen. Leider habe die andere Bibiothek sonntags zu, wie er herausgefunden hat. Er wollte deshalb nochmal hier fragen.

Die „andere Bibiothek“ ist keine Bibliothek, sondern die Filiale einer deutschlandweit agierenden Buchhandelskette, bei der man Medien nicht ausleihen sondern kaufen könne. Das versuchte ich dem Schlumpf zu erklären, aber das Konzept „kaufen“ schien ihm nur begrenzt verständlich, wenn es um Geschichten geht. Filme laufen schließlich gratis im Fernsehen, Bücher und DVDs kann er in der „Bibiothek“ mitnehmen. In Gedanken stellte ich mir vor, wie dieser junge Idealist in 20 Jahren vehement für die „Kulturflatrate“ in einer extremen Variante eintreten würde: Kostenloser Zugriff auf Musik, Filme, Texte, Serien, Bücher aus der ganzen Welt, vom Staat finanziert. Ich machte mir einen Vermerk, den Jungen zu wählen, sollte er jemals Politik machen und hätte er einen sauberen Plan zur Finanzierung.

Nun, zwei oder drei Wochen später, die gleiche Frage. Als ich über meine Theke spähte, blickte ich in ein grinsendes Gesicht. „Hab ich dich reingelegt?“ „Fast.“ Als höflicher Mensch wechselte ich ein paar Worte  mit dem Schlumpf, dann begann er, mir Löcher in den Bauch zu fragen, wie bei seinen Inspector-Gadget-Erkundigungen auch. Er fragte mich, ob ich schon einmal Achterbahn gefahren sei (Ja) und ob ich den Europa-Park kenne (Ja, bin ich sogar schon einmal Achterbahn gefahren). Ich erheiterte den Schlumpf mit meinem (erflunkerten) Geständnis, ich führe nur Achterbahn ohne Loopings, weil ich mich sonst in die Büsche schlagen müsse. Das stimmt natürlich nicht, ich habe bloß zu viel Angst. Er glänzte mit Fachwissen, dass Achterbahnloopings eher tropfenförmig als rund seien … Oder umgekehrt.

Anschließend wollte er wissen, warum da so viele Knöpfe an meiner Verleihtheke seien, die könne doch nur hoch und runter fahren. Hoch, runter, Position 1, Position 2, Position 3 glaubte er mir noch. Aber dass „S“ die Selbstzerstörung der Theke einleitet, wollte er mir nicht glauben … Warum auch immer, fand ich glaubwürdiger als meine Behauptung, 1, 2, 3 stünden für drei vorprogrammierte Thekenhöhen-Einstellungen. Aber wo er schon einmal beim Fragen war, wollte er auch noch wissen, wie hoch die Theke sei, wenn man sie ganz herunter fahre. Der verstellbare Schreibtisch seines Vaters fange bei 70cm an. Da wir kein Lineal hatten, er aber wusste, dass sein Finger 1cm breit sei, maßen wir die Thekenhöhe in Bibliotheksausweislängen und die Bibliotheksausweislänge in Fingerbreiten aus. Wir kamen auf 76cm … Und dürften damit recht nah an der Realität liegen.

Als der Schlumpf mit seiner Familie abgezogen war, meinte der Früh-Aufsteher (credits to floreca), dass da wohl jemand einen Narren an mir gefressen habe und ich aufpassen müsse, sonst würde ich von dem Schlumpf noch zur Adoption gezwungen.

Schaukel.jpg

Mir wird ja manchmal schon vom Schaukeln schlecht.

11 Kommentare zu „Haben Sie Inspektor Gadget?

  1. Ich messe heute noch in „Hand“ und „Fuss“;-) Mein Mann grämt sich dann immer ganz fürchterlich, weil solche „dummen Messungen“ auch noch hinhauen;-)

    Niedlich, solche Schlümpfe, gib es zu;-)

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