Nach Asterix zum Ersten und Asterix zum Zweiten sollte es euch nicht wundern, dass zum Dritten der 36. Band „Der Papyrus des Cäsar“ seinen Weg in diesen Blog gefunden hat. Und was für ein Vergnügen die Vorarbeiten dazu waren!

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Quelle

Jaja, Zeilenende, wir WISSEN, dass du ein riesiger Asterix-Fan bist, aber jetzt mal Hand aufs Herz: Bist du nicht auch zugleich ein konservativer Knochen, der die neuen Macher Ferri und Conrad in Bausch und Bogen verurteilen wird? Im Gegenteil, liebe Freunde!

Der neue Asterix-Band macht großen Spaß. Während die beiden Macher im letzten Band bewiesen haben, dass sie die großen Reisegeschichten ihrer Vorgänger Goscinny/Uderzo beherrschen, durften sie dieses Mal zeigen, dass sie sich auch auf die aktuelle politische Weltlage verstehen.

Inhalt

Caesar schreibt den Gallischen Krieg, darin: Ein Kapitel über seine Niederlagen gegen die Unbeugsamen. Sein Verleger rät, das Kapitel zu tilgen. Caesars gekürztes Werk wird ein Bestseller, aber ein Whistleblower rettet das Original-Manuskript und übergibt es den Unbeugsamen.

Whistleblowing, Arbeitssklaven und sichere Datenüberlieferung

Die Themen werden alles Andere als subtil präsentiert, es zieht schon ziemlicher Modernismus in unserem beschaulichen Gallien ein. Conrad und Ferri sind sehr viel direkter in ihrer Darstellung, sprechen ihre Themen explizit an. Wir haben einen gallischen Whistleblower, den unsere gallischen Freunde gegen das repressive Rom verteidigen müssen, wir haben Schreiber aus Afrika, die stumm sind und für die Kommunikationsindustrie ausgebeutet werden und wir haben einen Herrscher, der (wenn auch erst durch gutes Zureden) an einem möglichst makellosen Selbstbild interessiert ist, der mit der veröffentlichten Meinung Politik zu treiben gedenkt.

Die Geschichte schnurrt durch das gesamte Heft, macht hier und da einen Haken, ist mal plausibler (der Karnutenwald als eine Art Deep Web und zugleich wirklich sicherer Hafen für unsere Information), mal weniger (Eichhörnchen und Brieftauben als SMS-Vorläufer), bereitet aber insgesamt sehr viel Vergnügen.

Frauenfiguren

„Schuld“ daran ist allerdings weniger die Hauptgeschichte, die kommt insgesamt glatt daher. Sehr viel mehr Freude machen zwei Handlungsstränge, die nebenher laufen: Da wären zum Einen die Sache mit dem Aberglauben und den Horoskopen: Unsere Gallier sind reichlich illiterat, sie interessieren sich nur für die gedruckten Horoskope in der Zeitung. Obelix ist ob seines Horoskops den ganzen Band über deprimiert, Methusalix hingegen ist beflügelt. Letzteres sehr zum Unwillen seiner Frau, die den Schürzenjäger Methusalix stets resolut davon abhalten muss, neue Frauen zu erobern.

Methusalix‘ Frau war schon immer eine Erscheinung, doch in diesem Band tritt sie noch handfester auf als früher. In den alten Bänden hatte ich häufig den Eindruck, sie ärgere sich eher still und greife nur in Notfällen ein, wenn ihr Ehemann es zu bunt treibt. In diesem Band, obwohl immer noch namenlos, greift sie beherzter zu, wirkt emanzipierter.

Ähnliches gilt für die zweite Frauenfigur, die in diesem Band ein kleines Charakterlifting bekommt: Gutemiene. Die Frau des Chefs war schon immer eine selbstbewusste Person. Gutemiene war aber in erster Linie biestig und herrschsüchtig. Majestix stand unter ihrem Pantoffel. Die Interessen der Frau des Chefs hingegen richteten sich auf die klassischen Frau-des-Chefs-Themen: Lutetia, Mode, Repräsentation. Im neuen Band ist Gutemiene selbstbewusster geworden, wagt den Eklat mit ihrem Mann nicht nur im Haus des Häuptlings, sondern auch im Feld. Sie staucht ihren Mann kurzerhand zusammen, während die Gallier den Römern gegenüber stehen. Die Emanzipation hat nun auch im gallischen Dorf Einzug gehalten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Gutemiene auch offiziell die Macht an sich reißt.

Die Macht der Comics

Ferri/Conrad wagen Unerhörtes: Der neue Asterix-Band endet nicht mit dem großen Festmahl. Sie brechen mit einer wichtigen Tradition. Keilerei, Wildschweine, Römer, Piraten, Zaubertrank, all das belassen sie so, wie es ist. Nur das Schlussbild, das muss weichen. Für Traditionalisten vielleicht ein Sakrileg, aber ein wirksames, denn Ferri/Conrad wagen den Bruch aus guten Gründen: Comiczeichner enthüllen tiefere Wahrheiten, sind aufrichtig und der Wirklichkeit verpflichtet. Sie sind Streiter für die Meinungsfreiheit. Das ist die Botschaft der gesamten Geschichte in „Der Papyrus des Cäsar“, es ist die Botschaft des letzten Bildes. Doch das Bild leistet noch mehr: Eine Verbeugung vor den Vätern – meiner Meinung nach auch eine Solidaritätsadresse an Charlie Hebdo. Dafür darf man auch mit Traditionen brechen.

Fazit

Immer noch Fan. Nuff said.

2 Kommentare zu „Besprechung: Asterix – Der Papyrus des Caesar

  1. Muss. Ich. Haben.
    Zeilenende schafft es doch jedes einzelne Mal wieder, mir den Mund wässrig zu machen. Aber warte nur: Ich schreibe noch über die zweite Episode von Biom Alpha, dann haut’s dich auch noch um und du gibst dem Drängen in dir haltlos nach… 😉

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    1. Ich bin Asket, ich habe keinerlei körperlichen Gelüste mehr, seitdem ich gerade auf dem Weihnachtsmarkt Nuss-Spätzle mit weißer Schokosauce gegessen habe. Jetzt bin ich so vollgefressen, dass ich Allem abschwöre.

      Ich zittere schon. *flüster*

      Gefällt 1 Person

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