Schuhe

Von einem der seine Schuhe auszog, ein neues Paar zu kaufen.


Meine Schuhe und ich sind eine ewige Geschichte. Es gibt dieses hartnäckige Gerücht, dass ein Mann ein Paar Alltagsschuhe und ein Paar Kirchgangsschuhe besitzen müsse. Dazu kommen die Hausschuhe, aber das war es. Allerhöchstens darf ein Mann noch ein Paar Gummistiefel, Motorradstiefel oder Stahlkappenschuhe besitzen, um seinem Hobby zu fröhnen, dem Gartenumgraben, Motorradfahren oder dem Heimwerken – auch wenn ich nicht zu sagen weiß, wofür der Handwerker Stahlkappenschuhe braucht. Ihren wahren Wert offenbaren diese Schuhe eigentlich erst auf Festivals mit dichtem Gedränge.
Die neue männliche Fitnessbegeisterung hat zudem den Sportschuh Einzug in den männlichen Schuhschrank halten lassen, allerdings auch dies ein Funktionsschuh. Er teilt damit das Schicksal der oben genannten Fußzubehörteile. Ähnliches gilt für den Flip-Flop, dessen Einsatzgebiet fest umrissen ist. Es bleibt die ernüchternde Tatsache, dass Mann zwei Paar Schuhe haben müsse, lediglich das Aussehen hat sich gewandelt: Der Alltagsschuh war früher ein Slipper oder Mokassin, dann ein gedrosselter Wanderschuh, derzeit sind es vor allem Sneaker. Der Kirchgangsschuh hingegen ist resistent. Er dient zwar nicht mehr dem Kirchgang, sondern anderen offiziellen Anlässen, ist aber nach wie vor ein klassischer Lederschuh in braun oder schwarz.
Ich sehe das anders. Meine Vorliebe für Farben macht auch vor Schuhen nicht halt, die Modelle der letzten Jahre waren blau, rot, schwarz und braun, gern mit hervorstechenden Schnürsenkeln. Derzeit sind beide Alltagspaare blau, eines mit neongelben Schnürsenkeln, eins mit gedämpft orangefarbenen. Damit verstoße ich natürlich auch gegen die Zwei-Paar-Regel. Aber wenn ich verschiedene Farben im Kleider- wie im Schuhschrank habe, steigt die Anzahl möglicher Kombinationen und sorgt für Abwechslung im Erscheinungsbild. Aber mein Verstoß gegen die Zwei-Paar-Regel ist zunächst reinem Pragmatismus geschuldet. Ich sitze wenig, aber stehe und laufe viel und das durchaus acht Stunden am Stück. Es verlängert die Lebenszeit eines Schuhpaars erheblich, wenn man den Fußbetten zwischen zwei Tragezyklen einen Tag Pause gönnt.
Damit ergibt sich beim Schuhekauf das Primat des bequemen Sitzes. Dummerweise ist die Schuh-Industrie der Meinung, dass ein gut gedämpfter, bequemer und robuster Schuh danach aussehen muss. Mein Anspruch, gutes und schönes Schuhwerk zu erwerben, treibt den Verkäuferinnen regelmäßig Tränen der Verzweiflung in die Augen: „Herr Zeilenende, was wollen Sie denn nun, schöne Schuhe oder bequeme Schuhe? Entscheiden Sie sich!“, rufen sie entnervt aus, wenn ich nach zwei Stunden zwischen dem gesamten Lagerbestand verfügbarer Schuhe sitze, sie drehe und wende, ihre Vor- und Nachteile abwäge. Einmal entschied ich mich aus Verzweiflung über das kümmerliche Angebot für ein Paar Joggingschuhe, die mit Cordhose leider albern aussehen.
Ich mache es den Verkäuferinnen allerdings auch nicht einfach. Ich habe einen hohen Spann und eher quadratische Füße, komme in viele Schuhe damit nicht hinein oder bleibe am Zungen-Ende stecken. Je nach Marke muss ich mich zudem durch drei bis vier Größen probieren, bis der Schuh richtig sitzt. Dabei dachte ich, diese Größen seien zumindest ansatzweise normiert. Die Realität deutscher Schuhgeschäfte beweist, dass eine Größe am Fuß des Designers entlang entwickelt wird und von dieser willkürlichen Setzung ausgehend weitere Phantasiegrößen entstehen.
Also war ich in der heiligen Stadt, die mit dem Dom, der da hingehört. Diese Stadt verfügt über ein großes Reservoir an Schuhkaufmöglichkeiten. Läden wie Kickz und Foot Locker sind bei mir zwar raus, aber es bleiben die großen Kaufhäuser, Görtz und die Markengeschäfte. Ich wollte mir endlich einmal ein paar Chucks gönnen, denn chique fand ich die schon immer … Aber versucht mal, auf dem Land an Chucks zu kommen. Und bei meinen Füßen werde ich bestimmt nicht vor Glück schreien, weil die Schuhe zu mir kommen. Wenn ich zu den Schuhen komme, ist das für alle Beteiligten, inkl. der Schuhe, wesentlich angenehmer.
Sollte das mit den Chucks nicht klappen, vielleicht ein paar andere Sneaker. Auch Feld-, Wald- und Wiesen-Sneaker können nämlich, wenn man sie auf dem Lande kauft, wie tiefergelegte Trekkingschuhe aussehen. Ich hatte also wohlweislich nachgeschaut, wo in Köln der Vans-Store zu finden ist. Ein wenig Markenfetischismus muss sein, aber der veröffentlichten Meinung nach sind die Schuhe gut, sie sehen bequem und zugleich gut aus. Das Ende vom Lied war leider, dass ich drei Stunden durch die Stadt gelaufen bin, keine neuen Schuhe bekommen habe und so verzweifelt war, dass ich nicht einmal mehr Lust auf Frust-Shopping hatte.
Es fing mit den Chucks an, die ein Laden nicht führte. Im zweiten Laden passten sie nicht. Im dritten Laden waren sie mir zu groß. Dahinter steckt eine metaphysische Gesetzmäßigkeit, die ich noch nicht verstanden habe. Resultat der Anproben war jedenfalls, dass Chucks ausgesprochen unbequem sind, wenn sie zu eng oder zu weit sind. Nebenbei habe ich diverse andere Schuhe anprobiert von Marken, die ich nicht aussprechen kann, aber die ohnehin grauenvoll geschnitten waren oder auf denen Camel steht. Um solche Schuhe mache ich einen großen Bogen, weil ich ihnen drei Mal eine Chance gegeben habe und mir drei Mal regelmäßig Blasen gelaufen habe.
Blieb als letzter Ausweg der Vans-Store. Auch dieser präsentierte seine Schuhe so wie die von mir gemiedenen Läden an großen Ausstellungswänden und ohne Rückzugsort. Wenn ich erst einmal gucken und probieren möchte, tue ich das gern ungestört und vor Allem ohne Verkäufer, die ständig um mich herumschwirren. Verkäufer nehme ich nur bei Kaufabsicht in Anspruch, weil ich weiß was für ein schwieriger Kunde ich bin und sich die Mühe für die armen unterbezahlten Arbeitssklaven in der Kölner Innenstadt lohnen soll … Und weil ich ohnehin grob weiß was ich will und brauche.
Ich habe mich in den Laden gewagt, weil die Verkäufer allesamt beschäftigt waren und ich in Ruhe probieren konnte. Wirklich schöne Schuhe, genau so stellte ich sie mir vor. Sie sahen auch breit und bequem genug aus, die Sohle machte bei den meisten Modellen einen vertrauenserweckenden Eindruck, alles schien zu passen. Markenfetischismus, Aussehen und Praktikabilität gingen Hand in Hand. Blieb nur ein Problem. Die Sache mit den Schuhgrößen gilt offenbar auch für die unterschiedlichen Kollektionen einer Marke. Ich habe gefühlt sämtliche Schuhe in der gleichen Größe ausprobiert. Sie passten alle nicht, aber alle hingen sie an unterschiedlichen Stellen. Wenn sich meine Füße nicht spontan selbst verformen, muss das Problem herstellerbedingt sein.
Da dies ohnehin meine letzte Station war, hatte ich keine Lust mehr, noch das große Größensuchspiel zu spielen. Also bleibe ich vorerst ohne neue Schuhe. Dafür falle ich beim nächsten Mal sofort in diesem Geschäft ein, schnappe mir einen Verkäufer und dann wollen wir doch mal sehen, ob ich nicht doch ein passendes Gesamtpaket bekomme. Von der Bequemlichkeit habe ich mich nämlich mit einem alten Trick überzeugt: Ich habe mir zum Abschluss (als ich abwägen musste: Verkäufer fragen, aufgeben oder wiederkommen?) das größte Modell im Laden gesucht und anprobiert. Also werde ich wiederkommen … Das hat den praktischen Vorteil, meinem Fußfetischismus (Erinnert ihr euch noch an mein Sockenproblem?) einen weiteren Beitrag gönnen zu können.

24 Kommentare zu „Schuhe

  1. Schuhe sind mein Albtraum. Ich mag Schuhe, habe aber so verkorkste Füße das meist kein Schuh richtig passt. Wenn ein Schuh mir gefällt, dann passt er meist nicht. Wenn er passt, das gefällt er mir nicht. Dadurch brauche ich aber keinen großen Schuhschrank.

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  2. Für mich ist es einfach: es muss lediglich so etwas wie THINK!, Clarks, Seibel, Ecco draufstehen. (TOD`S geht auch, aber die kann ich mir nur selten leisten). In ihnen laufe ich wie auf Sofakissen und diese trage die meisten Stunden des Tages. Pumps, Chucks, Stiefel: nur wenn ich muss. Flips oder Kuschelsocken jeden Abend.
    Ich liebe Schuhe und kann mich nur schwer von ihnen trennen.
    http://www.virtualshoemuseum.com/jan-jansen

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    1. Mit Ecco fahre ich auch immer gut, bequem sind sie ohne Zweifel, aber gefallen tun sie mir meistens nicht. Ecco-Schuhe sind für mich meistens ein Kompromiss. Derzeit habe ich aber ein ziemlich cooles Paar. Das mit dem Trennen kenne ich aber auch: Ausgelatsfht? Achwas, das geht noch. Bis sie löchrig werden. *g*

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  3. Für Viel-Steher-und-Läufer sind die Nike Free genial! Ich trage sie jahrein, jahraus….sogar im Winter, weil sie dem Barfusslaufen nachempfunden sind und somit der Fuss genügend Bewegung und somit Durchblutung hat 🙂 es gibt den 3er = dem Barfusslaufen stark nachempfunden und den 5er = dem Barfusslaufen weniger stark nachempfunden.

    Aber viereckige Füsse….das schreit nach einem Foto, liebster Zeilenende 😀

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  4. Oha, Schuhekaufen ist auch eine meiner Achillessehnen, sozusagen. (Wird allerdings getoppt von der Anstrengung des Hosenkaufs.) Ich hätte als Frau mit Schuhgröße 43 ein Abo auf Schuhe, die ich „Oma-Modell“ nenne, weil meine Oma so etwas getragen hat: weißes Leder und an irgendeiner Stelle mit feinen (Atem?-)Löchern versehen oder gleich Sandale. Leider nicht mein Stil, und damit fangen die Probleme an. Als ich noch in Köln gewohnt habe, bin ich nach den ersten Irrwegen ausschließlich zu Kämpgen gegangen und wurde tatsächlich meistens fündig. Da ich keine Billigschuhe finde und tragen kann, bin ich es gewohnt, mehr für’s Paar hinzulegen, in der Regel über 100 € — dafür besitze ich noch Schuhe von vor 15 Jahren, die ich weiterhin tragen kann. Was ein Glück ist, denn in meiner derzeitigen Stadt habe ich alle Läden durch, keiner führt Damenschuhe jenseits der 42. Also bin ich, so selten ich Schuhe kaufe (ist eben eine Geldfrage, s. o.), auf Online-Händler angewiesen. Wenn sich meine Füße wenigstens für eines von sechs prophylaktisch georderten Paaren erwärmen können, bin ich froh und genieße wieder ein, zwei Jahre Ruhe auf diesem Kanal…
    Mit anderen Worten: Ich kann Deine Schuhdyssee sehr gut nachvollziehen und wünsche beim nächsten Mal mehr Erfolg!

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    1. Hosen sind bei mir auch ein Problem, aber nur, weil meine Größe ständig vergriffen ist. ^^ Bei Kämpgen habe ich immer gehadert, die Herrenschuhe sind mir zu schmal. Aber so hat jeder Seins. Wenns nicht anders geht, spricht ja auch nichts gegen den Versandhandel. Aber das ist immer so un-sinnlich.

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