Doctor Who auf dem Weg zurück

Wenn in der Nachbarschaft was Merkwürdiges geschieht, würde ich ehrlich gesagt nicht die Ghostbusters rufen, sondern den Doctor. Doctor Wen…? Genau den.

Okay, der Witz funktioniert im Deutschen nicht, aber egal, das wissen wir. Über Doctor Who gäbe es viel zu erzählen. Heute möchte ich nichts im engeren Sinne reviewen, sondern ein wenig über die veränderte Optik von Doctor Who reden, seitdem Peter Capaldi die Rolle übernommen hat, denn damit hat sich eine Veränderung vollzogen. Mit der Wiederbelebung 2005 übernahm Christopher Ecclestone die Rolle. Captain Jack Harkness sagte über ihn zurecht, er sähe aus wie ein deutscher U-Boot-Kapitän aus dem zweiten Weltkrieg. Ecclestone war düster, introvertiert, von Schuld zerfressen, ein nachdenklicher Doctor, ein müder Krieger. Entsprechend sah die Staffel aus.
Dann kamen David Tennant und Matt Smith. Beide waren Bubis und dem entsprach auch ihr Charakter. Sie hatten zwar düstere oder nachdenkliche Anwandlungen, insbesondere Matt Smith wurde zum Ende hin härter und unnachgiebiger, aber vor allem waren sie die stets begeisterten Spaßmacher vom Dienst, die das Universum als großes Labor und ihre Reise durch Raum und Zeit als großes Abenteuer begriffen haben. Der Look der Serie wurde freundlicher, heller, futuristischer und optimistischer.
Nun Peter Capaldi. Bevor ich meine Bemerkungen dazu mache, schaut euch mal das Intro an:

Mir fiel sofort auf, dass etwas anders war. Die Daleks waren schon immer der Hinweis darauf, dass Doctor Who sich viel und gern bei der viktorianischen Vergangenheit Englands bedient, sowohl inhaltlich als auch optisch. Von der Tradition ist man mit Tennant und Smith ein wenig abgekommen und hat aus Doctor Who eine moderne Serie gemacht, von den Storys wie vom Look der Sendung. Das Tolle ist, dass den Machern es dabei gelungen ist, die ewig lange Tradition dabei nicht über Bord zu werfen, sondern sie immer wieder einzuflechten und diesen besonderen Ton (und die Verbindung von Handlungssträngen und Stand Alone Abenteuern) in der Geschichtenerzählung zu treffen, den Doctor Who ausmacht.

Mit Peter Capaldi ist der Doctor nicht nur wieder älter und erwachsener. Der Doctor kleidet sich wie ein aus der Zeit gefallener Gentleman. Im Intro gibt es alte Zifferblätter und Unmengen an Zahnrädern. Auch das Innere der TARDIS passt sich diesem Look an. Sie erinnert wieder weniger an ein Raum- als ein Zeitschiff, weil sich auch hier Anspielungen an die Uhren finden.
Von der Art her lehnt sich der Doctor von Peter Capaldi wieder stärker an den von Christopher Ecclestone an, aber anders. Ecclestone entstammte eindeutig der Vergangenheit, er war ein Timelord, der die Bürde von Jahrhunderten zu tragen hatte und ging damit um wie ein Veteran. Capaldi macht diese Bürde auch wieder spürbar, verbirgt sie aber hinter Etikette und Form. Er verhält sich, wie man es von einem Mitglied der viktorianischen Oberschicht erwarten würde: Er zeigt stets Haltung.
Die Geschichten weisen in die gleiche Richtung: Die Weeping Angels, die populärste Bedrohung, die das „neue“ Doctor Who hervorgebracht hat und sich ähnlicher Beliebtheit wie die „klassischen“ Gegenspieler erfreut, kommen, wenn überhaupt, nur am Rande kurz vor (ich meine mich an einen toten Angel zu erinnern), stattdessen gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit den Daleks und anderen heiß geliebten Bedrohungen, es gibt auch wieder eine klassische Zeitreisegeschichte in die britische Vergangenheit und zwei in der britischen Kultur wichtige und gern bearbeitete Themen des 19. Jahrhunderts werden in die Zukunft transportiert und kunstvoll miteinander zu einer überraschenden Pointe verwoben.
Die Marschrichtung ist deutlich, denn auch die übrigen Geschichten orientieren sich stark an den viktorianischen Gothic Novels. Mit der genauen Analyse der 2014er-Staffel von Doctor Who könnte man mindestens eine Abschluss- wenn nicht gar eine Doktorarbeit füllen. Mit der 2014er-Staffel von Doctor Who haben es Steampunk-Ästhetik und Steampunk-Erzählkunst ins Fernsehen geschafft, ohne bloß dekoratives Beiwerks zu sein. Ich finde nicht nur die Optik beeindruckend, auch die Geschichten sind einfach nur wunderschön erzählt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Peter Capaldi als neuen Doctor wirklich mag, aber seine erste Staffel ist großartiges Fernsehen und es ist schön anzusehen.

11 Kommentare zu „Doctor Who auf dem Weg zurück

    1. Kann ich wirklich nur empfehlen. Doctor Who ist einfach nur … Schrullig, lustig, spannend, phantastisch, optimistisch, mit großartigen Charakteren gesegnet und wenn ich davon spreche, muss ich aufpassen, nicht ins Schwärmen zu geraten. Und sie macht wie angedeutet auch optisch einiges her. Lob, Preis und Ehr‘ sei der BBC für diese Erfindung.

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  1. ARD One strahlt derzeit die allerersten Folgen mit Christopher Eccleston und Billie Piper aus. Wenn die es wahr machen und alle Folgen seitdem wiederholen, dann kann das sehr sehr lange dauern.

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    1. Achwas … ARD One kenne ich zwar nicht, aber es klingt wie ein Mode-Sparten-Kanal für junge Menschen, da müssen die Folgen also eigtl. im Binge-Watching-Tempo laufen. *gg* Und Doctor Who hat ja immer nur so … 8-12 Folgen Pi mal Daumen.

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