…erwarte ich normalerweise ein Päckchen für die berufstätigen Nachbarn, die ein Herz für die deutsche Logiatikbranche haben. Ich bestelle eigentlich nur quartalsmäßig ein Buch bei einer großen Firma aus Gütersloh. Heute aber was für mich. Einer der heiß ersehnten Briefe? Kommen vielleicht als Einschreiben, weiß man ja nicht. Aber es ist ein Päckchen und der Absender ist irgendeine Firma in … Gütersloh?
Große Irrittion meinerseits. Der Postbotin einen schönen Tag gewünscht, das Päckchen vorsichtig hineingetragen. Absender studiert. Nie was von gehört. Beim Buchclub nichts bestellt, da steht aber auch immer „Der Club“ drauf. Misstrauisch am Paket gelauscht. Kein Ticken. Also keine Bombe. Vorsichtig dran gerochen. Riecht nach Karton. Kein Giftgas. Vorsichtig geschüttelt. Kein Geklapper. Also auch keine Tonscherben, mit denen mich jemand veräppeln will. Lange Geschichte.
Mutig geworden greife ich zur Schere und trenne die Kabelbinder auf. Ich hasse Verpackungen. Die Menschheit wird irgendwann einmal an einer bestimmten Erfindung zugrunde gehen: Die nicht zu öffnende Verpackung.In ihrer Begeisterung ob der Meisterleistung ihrer Ingenieure werden Lebensmittel zukünftig nur noch in solchen Verpackungen angeboten und wir werden jämmerlich verhungern. Außer mir, ich habe noch genug Spinat und Marmelade im Keller, um bis an mein Lebensende glücklich davon zu zehren.
Ich schweife ab. Habe ich erwähnt, dass zeitgenössische Milchtüten in Wirklichkeit erste Prototypen solcher Verpackungen sind? Noch nicht perfekt, aber erschreckend nah dran an meiner Vision zum Weltuntergang. Der Atomkonflikt mit dem Iran ließe sich umgehend beilegen, wenn die USA anbieten würden, die notwendigen Teile für den Bau einer Bombe zu liefern, sie aber in solchen Milchtüten zuzustellen. Die Mullahs hätten eine Bombe, aber keine Chance, sie zusammenzusetzen. Dumm nur, dass dieser Beitrag zum Weltfrieden sich langfristig gegen uns richten wird.
Genug davon. Ich trank zur Stärkung beim Paketöffnen kein Glas Milch, weil ich die Tüte nicht öffnen konnte. Dementsprechend öffnete ich den Karton mit roher Gewalt und entnahm den Lieferschein. Immer noch kein näherer Hinweis auf den Absender, der Inhalt aber zweifelsohne ein Buch. Aus Gütersloh. Wer saß denn noch in dieser schönen Stadt? Ach, Random House gehört doch zu Bertelsmann! Haben die herusgefunden, dass ich hin und wieder Verrisse schreibe und schicken mir was von der Konkurrenz, auf dass ich mich in 1200 Wörtern (So lang sind meine Rezensionen durchschnittlich, hat das Zeilenendesche Statistikamt für diesen Beitrag kurzfristig ermittelt) darüber lustig mache? Wäre ich Chef einer PR-Abteilung eines Verlages, würde ich es so machen. Oder ist das eine dieser „Wir senden Ihnen was ungefragt zu, probieren Sie es aus und zahlen Sie, wenn Sie es behalten wollen“-Sendungen?
Dann machte es Klick, als ich den Auslöser meiner Smartphone-Kamera drückte …
… und davor bereits, als ich den Titel des Buches las. In der Tat eine Sendung von Random House, aber wirklich gratis und nicht als Aufforderung zum Verriss. Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet, aber vor einiger Zeit beim Newsletter-Gewinnspiel mitgemacht. Und da stand es auch, auf Seite 2 des Lieferscheins. „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen“ … Ach nein, das ist der Titel eines ziemlich miesen Romans von Dora Heldt (Nichts gegen die Frau und ihre Romane, aber dieses bestimmte Buch war einer Veröffentlichung unwürdig.). Dennoch hatte ich gewonnen. Vielen Dank, liebe Losfee von Random House, für das Buch. Und ich verspreche, ich werde bei meiner Besprechung in ferner Zukunft (Wenn es besprechungswürdig ist und sobald ich mit meinem Kant-Leseabenteuer durch bin) lobend erwähnen, dass ich es immerhin günstig bekommen habe. Und dass die Rezension amüsant zu lesen sein wird. Bei allen anderen Vorhersagen bin ich vorsichtig, nicht dass ich beim Aufklappen doch nur eine Heizdecke erblicke.
Ein Kommentar zu „Wenn der Postmann klingelt…“