Am heutigen Dienstagsmontag fragt Buchfresserchen, ob sich die Darsteller von Romanverfilmungen in unser Gedächtnis eingraben, wenn wir das Buch lesen oder an das Buch denken.
Romanverfilmungen
Ich meide solche Filme mittlerweile. Ich wurde mehrfach herb enttäuscht von Adptionen. Spontan fallen mir aus der Kategorie „schauerlichste Romanverfilmungen aller Zeiten“ „Das Hotel New Hampshire“ und „Der goldene Kompass“ ein. Dies deshalb nicht nur, weil sie besonders schlecht sind, sondern weil ich nach diesen beiden Enttäuschungen beschlossen habe, keine Filme mehr zu schauen, nur weil ich den Roman gelesen und für gut befunden habe. Ich kann nicht genau sagen, woran es konkret liegt, dass ich von einer Verfilmung enttäuscht bin. Es ist meistens so, dass ich mein Lese-Erlebnis mit meinem Film-Erlebnis nicht synchron bekomme und in meinem Kopf eine fiese Dissonanz entsteht. Eine Romanverfilmung ist eben nicht bloß ein Film, sondern die Tatsache der Buchverfilmung wird gezielt genutzt, um Erwartungen zu wecken – und Leute wie mich ins Lichtspielhaus zu locken. Es ist übrigens nicht der freie Umgang mit dem Buch: Harry Potter finde ich sehr gelungen, obwohl man die ganze Harry-Cho-Beziehung herausgelassen hat, die ich ziemlich gut und für Harrys Entwicklung immens wichtig finde. Strship Troopers ist ebenfalls großartig, obwohl der Film mit dem Roman nicht viel zu tun hat bzw. eine freie Interpretation und keine Verfilmung ist.
Charakterbilder
Ich denke eher in Worten als in Bildern. Ich könnte eine Romanfigur zwar beschreiben, aber kein Phantombild anfertigen. Die Romanfiguren verbleiben bei mir meist im Status einer wabernden Entität, nur grob umrissen, weitestgehend gesichtslos. Für Romanverfilmungen eigentlich ein Vorteil. Es stört mich nicht, dass Daniel Radcliffe die falsche Augenfarbe hat und seine Frisur eigentlich nicht den Anspruch erfüllt, so widerspenstig zu sein, wie JKR beschreibt. Das ändert sich auch nach Filmkonsum nicht wesentlich. Das Bild wird etwas schärfer, Harry sieht in der Tat etwas mehr nach Daniel Radcliffe aus, aber Ron hat bei mir nur partielle Ähnlichkeit mit Rupert Grint, er ist nach wie vor wesentlich der rothaarige Sidekick von Harry, ohne konkretes Aussehen.
Andererseits finde ich „Der goldene Kompass“ auch deshalb grottenschlecht, weil Daniel Craig und Nicole Kidman überhaupt nicht nach meiner Vorstellung von Mrs. Coulter und Lord Asriel ausschauen, sowohl vom reinen Aussehen, als auch vor Allem dem Habitus nach. Ich nehme Craig den geheimnisvollen Aristokraten und Kidman die intrigante, religiös verblendete Kindsentführerin einfach nicht ab. Dafür wirken die beiden zu ehrlich und nett, zumindest im Film. Da hat keinerlei Integration des Films in meinen Vorstellungskosmos stattgefunden.
Mir fallen spontan nur drei Figuren ein, die ich gedanklich übernommen habe. Jasper aus der Twilightreihe sieht in meiner Vorstellung in der Tat so aus wie im Film, aber erst seitdem ich den Film gesehen habe. Warum auch immer. Ja, ich habe Twilight geschaut, aber nur den ersten Film, danach hatte ich genug davon. Bei den Büchern bin ich bis Band 3 durchgedrungen, habe den dritten nur noch im Fieberdelirium ertragen können und weigere mich bislang, den Rest zu lesen. Der Kerl heißt doch Jasper, oder? Der Vampir aus dem Bürgerkrieg mit den blonden Haaren, gell?
Egal, die anderen beiden Figuren sind ohnehin lustiger: Ich lese hin und wieder „Alice im Wunderland“. Der Disney-Film ist einer meiner Lieblingsfilme vergangener Kindertage. Und beim Lesen des Romans ist Alice präsent, tatsächlich gezeichnet, mit dem blauen Kleid und der Schürze, den blonden Haaren und den Strumpfhosen. Und die Grinsektze ist in der Tat dieses amorphe, lila-pinke Ding. Da schlägt die frühkindliche Prägung einfach durch. Kein Wunder, wenn man den Film über Jahre hinweg gefühlt 5x täglich geschaut hat. Aber ehrlich gesagt finde ich diese Übernahme total lustig. Wenn im Kopf beim Lesen ein Zeichentrickfilm läuft, ist das schon besonders. Das passiert mir selbst bei den meisten Comics nicht.
Wie ist es bei euch? Seid ihr visueller veranlagt als ich? Ärgert ihr euch manchmal, das sich eure Eindrücke überlagern oder werft ihr im Kino Popcorn, weil ein Charakter eurer Meinung nach völlig falsch besetzt wurde und vergesst ganz schnell, dass irgendein Casting Director sich nicht an euer Kopfkino gehalten hat? Und wie sehen Alice und die Grinsekatze in eurer Vorstellung aus?
Ich stelle mir Charakere prinzipiell entweder nur gesichtslose Schemen oder aber gezeichnet vor. Hängt dabei ganz vom Stil des Autors ab. Je humorvoller der Stil, desto comicähnlicher macht mein Hirn die Chars. Warum auch immer…
Übernommen habe ich zB HP-Charaktere, fällt aber wahrscheinlich auch in die Kategorie kindliche Prägung. Robert Langdon war für mich zB nie Tom Hanks (der spielt ihn aber td gut). Gerade bei GoT fällt mir auf, dass die Besetzung teilweise in meinem Kopf stattfindet (Tyrion, Jaime, Sansa, Catelyn: JA; Daenerys, Barristan Selmy, Viper, Berg: Nein) Erneut: Warum auch immer 😀
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Beim Drübernachdenken fiel mir auf, dass zumindest die Pratchett-Charaktere in meiner Vorstellung auch alle wie Comicfiguren ausschauen, was es noch merkwürdiger macht, dass Green Lantern und Co. in meinem Kopf allesamt nicht gezeichnet sind. o.O
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Bei mir ist es auch so, dass ich es bei einigen meiner Lieblings-Bücher partout vermeide, eine Verfilmung anzusehen, da jegliche Umsetzung den Gesamteindruck ausnahmslos schmälern würde. Selbst hochgelobte Verfilmungen spare ich mir zum Teil.
Gelegentlich – ich habe mal einen Artikel über „Misery“, die Verfilmung von „Sie“ von Stephen King geschrieben – bin ich auch sehr interessiert an einer Verfilmung. Und im gerade erwähnten Fall wurde ich auch nicht enttäuscht.
Es ist und bleibt ein zweischneidiges Schwert. Dennoch: Schönen Feierabend!
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Ja, den Artikel habe ich gelesen. Angucken würde ich ihn mir aus bekannten Gründen ja nicht. Ich bin geneigt, mir nur noch Adaptionen und keine Verfilmungen mehr anzuschauen. Wie gut, dass ich mehr der Serienjunkie bin.
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