Willkommen zum Dienstags-Montag, heute irritierenderweise mit Brotbild. Aber warum nicht? Ich habe auch schon Salamischeiben in Büchern als Lesezeichen gefunden. So eine Scheibe Knäckebrot eignet sich dafür sicher noch besser, hinterlässt sie doch keine Fettflecken. Memo an mich selbst: Irgendwann mal ein Knäckebrot backen. Nun aber, ohne weitere Abschweifungen (Höhö) zu Buchfresserchens wöchentlicher Montagsfrage: Welches Sprachvermögen fehlt mir, um ein Buch endlich mal im Original lesen zu können?
Sprachen und Literaturen
Ja, sicher, jeder Übersetzung geht etwas verloren, weil bestimmte Worte bestimmte kulturelle Konzepte vermitteln und es auf die Nuancen ankommt. Es kann allein schon bedeutsam sein, ob der Deutsche ein Abendbrot oder ein Abendessen in sich hineinstopft. Entscheidet er sich fürs Abendbrot, charakterisiert das den Protagonisten der Geschichte sogleich als aussterbenden Traditionalisten.
Dennoch glaube ich an die Macht der Übersetzung, ich lese zugegeben auch selten Gedichte, wo die Wahl des einzelnen Wortes so bedeutungsgeladen ist wie die Knarren der Verfolger von Bonnie und Clyde auf ihrer letzten Flucht. Vielleicht ein Grund, weshalb ich Gedichte tendentiell nicht viel abgewinnen kann. Ich wüsste auch nicht zu sagen, ob mich eine bestimmte Nationalliteratur besonders reizt. Ich mag einige der russischen Klassiker ganz gern, mit der klassischen englischen Literatur kann ich überhaupt nichts anfangen, egal ob sie durch Austen, Joyce, Dickens oder eine der Brontes (denkt euch die Pünktchen über dem e, ihr kriegt von mir auch zwei Punkte, hier: : ) vertreten wird.
Eigentlich erstaunlich, wo ich doch sonst sprachbegeistert bin. Ich fühle mich im Englischen recht gut zu Hause in Wort und Schrift, im Spanischen käme ich mit ein wenig Auffrischung durch den Alltag und wenn es mich mit einer Zeitmaschine ins Rom Ciceros verschlüge, kann ich behaupten, dass ich zumindest noch alles lesen und vieles, was man mir so erzählt, verstehen könnte. In der russischsprachigen Welt könnte ich zumindest was zu essen bestellen und den Weg zur Toilette erfragen.
Die alten Griechen
Insgesamt bin ich also glücklich, in einem Land zu leben, in dem viel und – wo ich Vergleichswerte habe – gut übersetzt wird. Ich habe zudem keine ausgeprägte Japan-Obsession und im Studium gelernt, meine kombinierten Latein-Spanisch-Kenntnisse unter Zuhilfenahme eines Wörterbuchs auch zum Querlesen französischer und italienischer Texte einzusetzen. Damit wären wir aber einmal mehr bei dem, was ich gelernt habe und da gibt es doch etwas, das ich gern mal im Original lesen würde.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich schon einmal von den „besonderen Texten“ erzählt habe. In meinem Philosophie-Studium sind mir ein paar Texte nicht bloß häufiger begegnet, sondern regelrecht ans Herz gewachsen. Das sind
-John Stuart Mills „Über die Freiheit“: Den habe ich sowohl im Original als auch in der Übersetzung an die 100 Mal gelesen habe und der damit einsamer Rekordhalter des von mir meistgelesenen Textes ist. Verständlich, war er doch Teil meiner Examensprüfung und Herzens-Wunschthema.
-Immanuel Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“: Der Text war auch Teil meines Examens, aber in Pädagogik, weil meine Prüferin in Philosophie Kant-Expertin war und ich nicht blöd bin … Zumindest nicht so blöd. 😉 Das wäre so ein Text, den ich im Original lesen musste, weil ich bis heute vergebens auf eine passable Übersetzung von Kants Schriften ins Deutsche warte … Kleiner Kantianer-Kalauer am Rande. Eigentlich mag ich Kant auch vom Stil her. Im Gegensatz zu Heidegger, der gehört in der Tat übersetzt. Andererseits: Lohnen tut das nicht.
-Platons „Politeia“: In der Politeia steckt so ziemlich alles drin, was Platons Lehre ausmachen könnte. Vom ersten bis zum letzten Semester war der Blick in die Politeia immer hilfreich, egal welches Thema oder welcher Autor gerade behandelt wurde, in der Politeia ließ sich ein platonischer Gedanke dazu finden. Das fand und finde ich beeindruckend. Auch wenn ich mich bei Aristoteles besser aufgehoben fühle, staune ich immer wieder über dieses Werk.
Damit hätte ich auch was gefunden, was ich gern im Original durchdringen würde. Platons Lehre ist kompliziert und ich habe lange gebraucht, ein einigermaßen konsistentes Verständnis derselben zu gewinnen. Dabei waren meine funktionalen Alt-Griechischkenntnisse vorteilhaft, d. h. ich kann das Alphabet leidlich lesen und weiß um die griechische Bezeichnung zentraler Termini. Wer weiß, wenn ich mir die Mühe gäbe, das Graecum aus Spaß an der Freude nachzumachen, vielleicht würde es mir helfen, Platon noch besser zu begreifen. Und wer kann schon damit angeben, dass er Altgriechisch beherrscht, jenseits von Graezisten, evangelischen Theologen und Experten für antike Philosophie oder Geschichte?
Wie ist es mit euch? Braucht jemand einen Tandempartner, um Deutsch zu lernen, damit ich altgriechisch lernen kann? Gibt es eine Sprache, die ihr gern beherrschen würdet, um ein bestimmtes Stück Literatur im Original lesen zu können? Oder gibt es überhaupt eine Sprache, die euch zu lernen reizen würde, jenseits von solch funktionalen Überlegungen wie: Da würde ich gern häufig Urlaub machen?
P.S.: Fast hätte ich die Brote vergessen, ich Torfnase.
Ich hatte großes Erholungsbedürfnis, also habe ich gleich drei Brote gebacken. Das linke ist ein Dinkelvollkorn-Roggenmischbrot mit vielen verschiedenen Getreideflocken und Apfelsaft. Der Apfelsaft kommt aber nicht so recht durch. Ich hatte gehofft, dass er irgend einen Effekt haben würde, aber Pustekuchen.
Das Ding in der Mitte ist nach Rezept aus dem Goldenen G+U zum Thema „Homemade“ und nennt sich Krustenbrot. Ich würde es Brot-Baguette nennen, ist ein Weizenmischbrot auf 550er-Basis und dementsprechend sehr hell, mit viel Hefe und wenig Sauerteig gebacken. Schmeckt ein wenig wie Baguette, nur noch langweiliger. Mein Bruder wird es goutieren, das alte Toastbrot. Falls jemand das Buch auch hat: Die Backzeiten taugen nicht viel, das Brot muss länger angebacken werden für eine wirklich krustige Kruste.
Rechts ist das verunglückte Brot von letzter Woche, diesmal so, wie ich es gerne gehabt hätte. Es handelt sich also um ein reines Weizenvollkornbrot mit Leinsamen. Ich habe die Leinsamen diesmal über Nacht quellen lassen und dann abgetropft. Außerdem habe ich ein kleineres Brühstück hergestellt und insgesamt mit sehr wenig Wasser im Teig angefangen, dafür nach ein paar Minuten des Knetens vorsichtig nachgegossen. Das ist für mein Ego ausgesprochen wichtig, dass es diesmal geklappt hat.
Knausgård. Schwedische Romane und Krimis. Arabische Lyrik.
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Rostand: Cyrano de Bergerac auf Französisch – das ist ja schon in der deutschen Übersetzung ein Hammer, im Original *muss* es fast automatisch noch einen Tick besser sein.
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