Tuff Tuff Tuff, wir fahren in den Zoo

Heute mal wieder ein Beitrag aus der Kategorie „Zeilenendes wundersame Arbeitswelt“. Mein Beschäftigungsverhältnis als Therapeut im Seniorenzentrum geht in den letzten Monat und steckt so voller Programm, dass ich es zumindest ein wenig bedaure, meinen Hut zu nehmen. Dennoch ist die Entscheidung richtig, also will ich nicht wehmütig werden, sondern euch lieber an dem besonderen Ereignis teilhaben lassen. Wir sind in den Zoo gefahren.

So ein Ausflug ist eine logistische Herausforderung. Lauter gebrechliche Menschen müssen in ihren Rollstühlen in Busse verfrachtet werden, auf den Übersichtsplänen sind zwei Fragen am Wichtigsten (Wo sind die Toiletten? Wo sind die Raucherinseln?) und während des ganzen Ausflugs ist man als Betreuer von der Angst getrieben, dass die mobileren Bewohner*innen sich vom Acker machen und von den Löwen adoptiert werden. Aber zumindest für die übrigen Zoobesucher ist man neben den Tieren eine weitere Attraktion. Seht selbst und klickt für größere Ansichten auf die Bilder. Ich war relativ weit vorn in der Kolonne.

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Meine Rolli-Fahrerin, Frau W., ist ein besonderes Goldstück, beim Ausflug noch mehr als normalerweise. Kaum hatte sie ihr Lunch-Paket entgegen genommen, hatte sie das auch schon wieder vergessen. Ihre Sorge, was wir zu essen bekämen, sie habe ja kein Geld dabei, konnte ich aber beseitigen.
„Haben Sie Ihre Flinte dabei, Frau W.?“
„Ja, wieso?“
„Wir schießen uns unser heutiges Mittagessen selbst. Schon was ausgesucht?“
„Die da, Die sind schön fett. Das brauchen wir, damit Sie mal was ansetzen, Chef!“

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Mein Nachname bereitet den Bewohner*innen offenbar solche Schwierigkeiten, dass ich Chef, leeve Jung, junger Mann oder Herr Ulf bin, aber nie Herr Zeilenende. Zur Mittagszeit waren wir übrigens schon weiter gezogen. Frau W. zog dann doch ihr Lunchpaket vor, statt diese Tierchen zu bejagen. Wahrscheinlich hatte sie Sorge, dass sie mich fressen, weil ich ja „so ein Hänfling“ sei.

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Erfreut hat die Bewohner*innen vor Allem der Giraffen-Nachwuchs,

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wohingegen ich sie für diese Gesellen nicht erwärmen konnte. Ich habe ein Herz für hässliche Tiere und Marabus erinnern mich an Amtsstuben. Wenn es in der Tierwelt eine Bürokratie gäbe, dann wären die Marabus darin die Oberinspektoren.

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Auch Sex ist im Alter noch ein wichtiges Thema, wie wir am Zebragehege bemerkt haben. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass bei den Löwen, Tigern, Affen und Bären überall Siesta herrschte und sich deshalb Langeweile breit zu machen drohte.
„Was ist das denn, Chef?“
„Ein Zebra.“
„Nein, da hinten.“
„Noch ein Zebra.“
„Das mein ich nicht. Gucken Sie doch mal da … unten.“
Frau W. hatte das Zebramännchen erspäht, das leider photoscheuer war als das Weibchen.
„Das ist ein Zebrapenis, Frau W.“
„Oh…“ Pause. „Nicht, dass Sie sich in Ihrer Männlichkeit verletzt fühlen, Chef, aber beim nächsten Mal will ich ein Zebra sein und kein Mensch.“
Ich habe beinahe meine Zigarette verschluckt (wir hatten eine Raucherzone gefunden), Frau W. kicherte und das Zebraweibchen kam heran, um mal zu gucken, wer da ein Auge auf ihren Macker geworfen hatte.

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Insgesamt war der Zoobesuch voller Überraschungen, auch was die Favoriten unter den Tieren anging. Klar, Erdmännchen ziehen immer. Sie waren auch bei meinen Kolleginnen (ja, kein *)  und mir die Favoriten, sind es bei mir vor und nach jedem Zoobesuch, aber ich hatte bei den Bewohner*innen mit den Klassikern gerechnet: Nashorn, Affe, Löwe, Elefant. Dementsprechend habe ich von den beiden Favoriten neben den Erdmännchen auch keine Bilder. Eure Hausaufgabe ist somit, Capybara und Präriehund („Achwas, Herr Ulf, Sie können mir ja viel erzählen, aber ganz senil bin ich nicht. Das sind Wüstenmurmeltiere und keine Hunde.“) selbstständig zu googlen.
Die Erdmännchen haben nicht bloß Nachwuchs, sie waren auch der Endpunkt unseres Rundgangs. Nachdem wir als ungefährlich eingestuft wurden und uns das Wachmännchen den Rücken zugewandt hatte,

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haben sie uns noch eine Lehrstunde in Gruppendynamik geboten. Was klein anfängt

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Endet am Ende in einer Massenkeilerei zur Freude aller Zuschauer*innen. Vielleicht sollten wir mal einen Boxkampf im Haus veranstalten.

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Unser Ausflug war wie bereits gesagt eine logistische Herausforderung, wir mussten deshalb allzu früh wieder aufbrechen. Auch wenn mir noch am Tag danach alles weh tut vom Rollstuhlschieben (Frau W. ist eine gewichtige Person von kräftiger Statur) und weil ich als einziger männlicher Begleiter unter 60 (die Ehrenamtler sind halt keine Kollegen im engeren Sinne) alle Rollstühle in den Bus laden durfte, wäre ich gern noch länger geblieben. Mein Vorschlag, den Heimweg gemeinsam später anzutreten, lehnte Frau W. aber ab.
„Auf das eine passen wir doch nicht beide drauf, Chef.“

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„Daneben ist noch eins, Frau W.“

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„Oh. Aber eigentlich will ich lieber mit dem Bus fahren. Da sind die Sitzbezüge nicht so kaputt.“

11 Kommentare zu „Tuff Tuff Tuff, wir fahren in den Zoo

    1. Ich kann den Herrn S. ja mal fragen, ob er mich mitnimmt, wenn er sich mal wieder ne neue Freundin sucht, die siebzig Jahre jünger ist als er. Ich verspreche ihm auch, keine Konkurrenz für ihn zu sein. 🙂

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